Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 3 b) ist von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen allerdings zurückgezogen worden.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 14/1880 wurde in der 58. Sitzung am 10. Oktober 2000 an den Ausschuss für innere Verwaltung zur Beratung und Berichterstattung überwiesen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Drucksache 2464 empfiehlt Ihnen der federführende Ausschuss für innere Verwaltung mit den Stimmen der Vertreter der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Stimmenthaltung der Vertreter der CDU-Fraktion, den Gesetzentwurf mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Für die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen war dabei ausschlaggebend, dass die mit diesem Gesetz auf Wunsch der Beteiligten geschaffene kommunale Großstruktur für den Großraum Hannover mit seinen speziellen Aufgaben und Problemen eine verbesserte Erledigung der öffentlichen Aufgaben erwarten lässt. Die Fraktion der CDU stimmt mit diesem Ziel zwar überein, sieht aber noch weiteren Klärungsbedarf hinsichtlich der Ausgestaltung der Region in Einzelfragen und der Auswirkungen dieser neuen Gebietskörperschaft auf andere Landesteile.
Die mitberatenden Ausschüsse für Rechts- und Verfassungsfragen, für Jugend und Sport, für Wirtschaft und Verkehr, für Umweltfragen, für Haushalt und Finanzen, für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht sowie der Kultusausschuss haben das Votum des federführenden Ausschusses jeweils mit den Stimmen der Vertreter der Fraktion der SPD unterstützt. Beim Rechtsausschuss bezieht sich dieses Votum auf den gesamten Gesetzentwurf, bei den übrigen Ausschüssen auf die für sie fachlich relevanten Teile. Der Ausschuss für Umweltfragen hat von diesem Votum ausdrücklich die Regelung der Zuständigkeiten im Naturschutzrecht ausgenommen und den federführenden Ausschuss gebeten, diese Regelung im Einzelnen zu beraten.
Von den weiter mitberatenden Ausschüssen hat der Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen die Empfehlung des federführenden Ausschusses, so weit sie ihn fachlich betraf, einstimmig unterstützt. Die Ausschüsse für Gleichberechtigung und Frauenfragen sowie für Städtebau und Wohnungswesen haben die Mitberatung ohne eigene Empfehlung abgeschlossen.
Der Entwurf der Landesregierung für das Gesetz über die Region Hannover hat in den Ausschussberatungen eine Reihe von Änderungen erfahren. Die ganz überwiegende Zahl davon ist aber redaktioneller Natur oder erschöpft sich in Detailkorrektu
ren, die ich hier nicht im Einzelnen vortrage. Ich will hier auch nicht auf den veränderten Aufbau des Gesetzes eingehen, der in den Ausschüssen zwar Anlass für eingehende Debatten gegeben hat, der aber letztlich ein gesetzestechnisches Problem ist. Darauf wie auf die Detailkorrekturen wird der schriftliche Bericht eingehen, der Ihnen noch vorgelegt wird und auf den ich insoweit verweise.
Die Erste betrifft die im Gesetzentwurf der Region eröffnete Möglichkeit, einen Regionsrat einzurichten, der aus den Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten der regionsangehörigen Gemeinden bestehen sollte. Mit weit überwiegender Mehrheit haben sich die Ausschüsse gegen eine derartige Sondergestaltung für die Region Hannover ausgesprochen. Ein solches beratendes Organ, wenn man es denn schaffen wollte, könnte nach Auffassung der Ausschüsse nicht lediglich für die Region, sondern müsste dann auch für alle anderen Landkreise eingerichtet werden. Es ist auch keine Notwendigkeit erkennbar, ein solches Beratungsorgan rechtlich zu verankern.
Meine Damen und Herren, angesichts der vorangeschrittenen Zeit möchte ich die weiteren Änderungen nicht nennen. Da die Region in diesem Jahr nur zwei Monate bestehen wird, ist in § 86 Abs. 7 eine Regelung für ihre Haushaltswirtschaft in den Monaten November und Dezember eingefügt worden. Mit dieser Vorschrift soll sichergestellt werden, dass die Region ihre Aufgaben in diesem Rumpf-Haushaltsjahr auch dann erfüllen kann, wenn zwischen den Beteiligten eine Einigung über einen Haushalt nicht rechtzeitig erzielt wird.
In diesen Zusammenhang gehören auch die Bestimmungen des § 86 Abs. 6 und Abs. 8. Sie enthalten für die Monate November und Dezember Übergangsregelungen zum Finanzausgleich für solche Aufgaben, die bisher noch von der Landeshauptstadt Hannover, ab November aber von der Region wahrgenommen werden.
Ich bitte Sie namens des Ausschusses für innere Verwaltung, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 2464 zuzustimmen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ich eröffne die Beratungen und erteile das Wort dem Kollegen Plaue. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man kann - ohne allzu große Worte zu bemühen - sagen, dass dieser Tag eine besondere, eine zentrale Bedeutung für die Kommunalpolitik in Niedersachsen hat. Es wird seit vielen Jahren wieder einmal etwas Neues geschaffen, nämlich eine neue kommunale Ebene.
Ich freue mich sehr, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Gesetzesberatungen - die, wie mir gesagt worden ist, im Innenausschuss sehr sachlich und konstruktiv geführt worden sind -, heute dazu führen, dass es eine breite Mehrheit hier im Niedersächsischen Landtag gibt, die diese neue kommunale Konstruktion beschließen wird.
Meine Damen und Herren, die Verabschiedung des Gesetzes über die Region Hannover hatte in der Region, um die es hier geht, nicht nur einen jahrelangen, sondern, ich kann wohl sagen, jahrzehntelangen Vorlauf, der 1970 begann, als sich CDU und SPD einig waren, für diesen Raum eine besondere Konstruktion zu finden. Dies ist dann allerdings an widerstrebenden Interessen innerhalb der Region gescheitert.
Über die Jahre hinweg hat sich hier etwas entwickelt, das deutlich gemacht hat, dass zwar die kommunalen Kompetenzen am Rande der Gebietskörperschaft aufhören, nicht aber die Lösung der Probleme. Die Lösung der Probleme muss überregional organisiert werden. Gerade in einem Ballungsraum wie Hannover ist dies von besonderer Bedeutung. Das hat letztendlich auch dazu geführt, dass mit dem Kommunalverband Großraum Hannover der Versuch unternommen wurde, eine die Interessen ausgleichende Körperschaft zu organisieren.
Dass dies schwierig war und letztendlich nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt hat, war auch dadurch immer absehbar, dass die Debatten um die Zusammenschlüsse dieser beiden Gebietskörperschaften, nämlich der Landeshauptstadt Hannover und des Landkreises Hannover, eigentlich nie verstummt sind, sondern immer wieder in der Kommunalpolitik geführt worden sind. Das macht auch das Besondere dieser Diskussion aus. Hier
geht es nicht um etwas, was sozusagen von oben, von der Landespolitik auf die Kommunen, auf die Region übergestülpt worden ist, sondern wir werden als Landespolitiker heute etwas nachvollziehen, was in der Region, an der Basis der Politik entstanden ist. Die Überzeugung der dort Handelnden, dass man nicht an der Grenze des eigenen Wirkungskreises aufhören darf, sondern dass man versuchen muss, das regionale Denken nicht nur in den Kopf, sondern auch in eine Institutionen einzubringen, hat in den letzten Jahren nicht an Kraft verloren, sondern zusätzlich an Dynamik gewonnen.
Ich meine, wir Landespolitiker sollten uns auch noch einmal klar machen, was es bedeutet, wenn in einem Bereich, in dem über 1 Million Einwohner wohnen - ganz grob betrachtet: die eine Hälfte in der Landeshauptstadt, die andere Hälfte, genau genommen etwas mehr, im Landkreis Hannover -, die Menschen die kommunalen Grenzen für ihren täglichen Bedarf, in ihrer täglichen Praxis längst nicht mehr wahrnehmen, aber sie immer dann, wenn sie auf Behörden stoßen, eher als hemmend und begrenzend empfinden. Wenn man sich ansieht, wie die Freizeiteinrichtungen im Landkreis Hannover und in der Stadt Hannover genutzt werden, dann stellt man fest, dass sowohl Bewohnerinnen und Bewohner des Landkreises als auch der Landeshauptstadt Hannover zu gleichen Anteilen die jeweils anderen Freizeiteinrichtungen nutzen. Wenn man sich beispielsweise im Bereich der Krankenhausversorgung ansieht, dass im Nordstadt Krankenhaus der Landeshauptstadt Hannover ein großer Anteil der Patientinnen und Patienten aus dem Landkreis Hannover kommt und dass etwa das Agnes-Karll-Krankenhaus in Laatzen die gleiche Funktion für den südlichen Bereich der Landeshauptstadt hat, dann wird deutlich, dass es eine Reihe von kommunalpolitischen Problemen gibt, auf die letztendlich jede Gebietskörperschaft einzeln keine zureichenden Antworten mehr geben kann.
Meine Damen und Herren, diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass drei Hauptverwaltungsbeamte - interessanterweise am Ende ihrer jeweiligen Dienstzeit und damit vielleicht auch ein bisschen frei von dem eigenen perspektivischen Denken
- klar, Herr Kollege, man muss einmal schauen, woran es gelegen hat, dass die an sich vernünftige Forderung nach einer solchen Zusammenarbeit in
der Vergangenheit nicht die Mehrheit gefunden hat - ein Papier auf den Weg gebracht haben - das so genannte Blaue Papier -, das nach meiner Einschätzung ein gutes, solides Fundament gewesen ist, auf das sich letztendlich die Politik in der Region Hannover verständigt hat.
Meine Damen und Herren, der Prozess zur Entstehung dieses Gesetzentwurfs macht deutlich, wie wir als Landtag Politik allgemein verstehen sollten. Wir sollten versuchen, in einem sehr engen Dialog mit den Betroffenen unsere gesetzgeberischen Maßnahmen auf ihre Trittfestigkeit hin abzuprüfen. Das haben wir mit dem Gesetz über die Bildung der Region Hannover eindeutig gemacht. Das heißt nicht, dass wir alle Wünsche, alle Forderungen aus der Region übernommen haben. Wir haben sehr sorgfältig abgeklopft, welche Auswirkungen unsere Entscheidung auf andere Landesteile haben könnte, die nicht in den Dialog eingebunden sein konnten, weil es sich hierbei in der Tat um ein Spezialgesetz handelt.
Damit, meine Damen und Herren, beziehe ich mich ganz deutlich auf die Frage, ob das ein Modell für das gesamte Land Niedersachsen ist.
- Sie sagen „Bloß nicht!“. Ich möchte das ganz anders beantworten, Herr Kollege. - Ich will hier ganz deutlich sagen: Die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes macht deutlich, dass hier die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker vor Ort gesagt haben, welchen organisatorischen Rahmen sie haben wollten. So sollten wir es auch in Zukunft handhaben, meine Damen und Herren. Wenn in den Kommunen, in den Regionen Zusammenarbeit organisiert wird, dann - das sage ich hier für meine Fraktion zu - werden wir das landespolitisch begleiten. Die Organisationsform legen jedenfalls die Menschen fest und nicht wir hier oben im Landtag.
Ich meine, dass die Region Hannover in der Tat auf einem guten Weg ist, weil das, was wir als Gesetz vorlegen, genug Gestaltungsmöglichkeiten lässt, diese beiden Gebietskörperschaften aufeinander zu zu bewegen und das weiterzuentwickeln, was hier als neue Form der kommunalen Zusammenarbeit, der kommunalen Selbstbestimmung organisiert werden kann. Dies steht im Blickwinkel der Öffentlichkeit ohnehin zentraler als viele andere Landesteile. Zum Teil wird das, was dort pas
siert, auch argwöhnisch betrachtet. Deswegen müssen die Kolleginnen und Kollegen in der Kommunalpolitik dieser Region wissen, dass sie es in der Hand haben. Sie können aus dieser Region Hannover in der Tat ein Erfolgsmodell machen.
Die Grundlagen haben wir gelegt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich freue mich, dass diese Grundlagen von der großen Mehrheit dieses Hauses heute beschlossen werden, und wünsche denjenigen, die, beginnend mit der nächsten Kommunalwahl, mit diesem Instrument arbeiten, dass sie dieses Angebot, diese Gestaltung des Landes annehmen und zu einem Erfolgsmodell für die Region Hannover entwickeln. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Bevor ich Herrn Wulff das Wort erteile, möchte ich in diesem Zusammenhang - die meisten wissen, warum - den Präsidenten der EKD, Valentin Schmidt, bei uns im Hause herzlich willkommen heißen.
Er hat alle Präsidentschaftskandidaten für die Region Hannover mitgebracht: Einer sitzt neben ihm, die beiden anderen sitzen links in der Loge. Herzlich willkommen und viel Spaß in den nächsten Wochen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bildung der Region Hannover, die wir heute beschließen, ist eine große Chance für diese Region. Wir wollen, dass sie tatsächlich genutzt wird. Wir haben den Prozess der Entscheidungsfindung konstruktiv begleitet und stimmen jetzt dem Wunsch zu, der aus der Landeshauptstadt und dem Landkreis Hannover an den Landtag getragen worden ist.
Wir sollten uns allerdings auch darüber im Klaren sein, dass es weniger zum Erfolg beiträgt, über Verwaltungsstrukturen zu reden und sie zu verändern, sondern dass es vielmehr auf die Menschen ankommt, die in diesen Strukturen arbeiten. Wer
die Erfahrungen bei der EXPO und auch hinsichtlich der mangelnden Nachnutzung der EXPO in der Landeshauptstadt gemacht hat, der muss sagen, dass wir auf die Menschen hier in der Region setzen müssen, damit sie das gemeinsam zum Erfolg führen, und nicht so sehr auf die Verwaltungsstrukturen abheben.
Es ist interessant, dass die klugen Denkanstöße von Herbert Droste, Valentin Schmidt und Jobst Fiedler gekommen sind, nicht aber von Akteuren gerade der Landeshauptstadt, die, wie Herbert Schmalstieg, über lange Zeit mit allen Tricks und Möglichkeiten gegen diese Region gekämpft haben. Die Beteiligten müssen es wollen, effiziente, moderne, einfache Verwaltungsstrukturen aufzubauen, damit sich die Bürgerinnen und Bürger im Wirrwarr der Kompetenzen zukünftig besser zurechtfinden.
Was Ihnen, Herr Plaue, auch eben wieder in keiner Weise gelungen ist und worüber der Landtag reden muss, ist die Ausräumung berechtigter Ängste und Sorgen von Städten und Gemeinden im ganzen Land, durch diese Regionsbildung ins Hintertreffen zu geraten. 1,1 Millionen Menschen werden zukünftig in dieser Region leben. Das ist ein Siebtel unserer Landesbevölkerung. Wahr ist aber, dass die große Mehrheit der Menschen in unserem Land in den ländlichen Räumen in anderen Strukturen lebt und nach unserer Meinung auch zukünftig leben will und soll.
Der Frage, welche Auswirkung diese Region Hannover auf das gesamte Land Niedersachsen hat, sind Sie konsequent ausgewichen.
Sie haben nicht - wie wir - ein Angebot für eine effektive, bürgernahe und kostengünstige Verwaltung für das gesamte Land unterbreitet. Sie haben vorgestern in Ihrem Pressegespräch wieder über die Region Braunschweig fabuliert. Sie haben eben gesagt: Wer das vor Ort will, der bekommt es von uns. Man müsse sich diesen Wunsch lediglich vor Ort zu Eigen machen. Das schürt die Sorge, dass in Regionsbildungen bestimmte Eigenarten unseres Landes unter den Tisch fallen.