Protokoll der Sitzung vom 16.05.2001

(Oestmann [CDU]: Er sollte von ihr eingebracht werden, aber sie ist nicht da!)

Für die Landesregierung bringt diesen Gesetzentwurf ein - -

(Frau Pawelski [CDU]: Wer ist denn da?)

- Offenbar niemand.

(Althusmann [CDU]: Ist das ein neuer Minister? - Frau Pawelski [CDU]: Wird der Punkt abgesetzt? - Biel [SPD]: Nächster Punkt! - Frau Pawel- ski [CDU]: Wir dürfen auch nicht schlafen!)

Meine Damen und Herren, ich fürchte, wir müssen tatsächlich den nächsten Tagesordnungspunkt beraten, weil mir nämlich zu diesem Tagesordnungspunkt weder eine Wortmeldung zur Einbringung - -

(Minister Bartels betritt den Plenar- saal)

Die Landesregierung, meine Damen und Herren, wird jetzt zu unser aller Freude den Gesetzentwurf einbringen. Herr Bartels, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir in der letzten Plenarsitzung das niedersächsische Jagdrecht miteinander besprochen

(Oestmann [CDU]: Sagen Sie erst einmal ein Wort der Erklärung, wo Sie waren!)

- das möchten Sie wohl gerne wissen! - und gemeinsam eine Novelle auf den Weg gebracht haben, darf ich Ihnen heute den von der Landesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung erläutern.

Meine Damen und Herren, die niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir kurze, verständliche, aufeinander abgestimmte und ausgewogene Gesetze machen. Insbesondere diese Ziele soll unser neuer Entwurf eines Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung verfolgen. Die drei bisher gültigen Gesetze werden durch dieses Gesetz abgelöst. Das ist erstens das Landeswaldgesetz aus dem Jahr 1978, zweitens das Gesetz über den Körperschafts- und Genossenschaftswald aus dem Jahr 1961 und drittens das

Feld- und Forstordnungsgesetz von 1984. Diese drei Gesetze sollen fortgeschrieben, zusammengefasst und mit einheitlichen Begriffen und deutlichen Aussagen verständlich gemacht werden. Ihre Verschmelzung bietet auch die Gelegenheit, die Zahl der Vorschriften trotz Einführung neuer Regelungen aufgrund neuerer Erkenntnisse drastisch zu senken.

Der Gesetzentwurf ist durch die Beteiligung der verschiedensten Ebenen auch noch einmal verbessert worden. Wir haben dort, wo es diametral unterschiedliche Auffassungen gab, natürlich Kompromisse schließen müssen. Ich denke, dass wir auch vernünftige Kompromisse gefunden haben.

Niedersachsen ist im Ländervergleich ein Land, das nicht übermäßig bewaldet ist. Der bundesgesetzliche Auftrag der Walderhaltung und, soweit erforderlich, der Waldmehrung ist im Gesetzentwurf von bewährter Rechtsbasis aus präzisiert worden. Dies dient der Stärkung der wichtigen Funktionen des Waldes für die Allgemeinheit:

Erstens liefert er den wichtigen nachwachsenden Rohstoff Holz und ist Erwerbsquelle für die in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen und ihre Familien, was natürlich auch eine Stärkung des ländlichen Raumes bedeutet.

Zweitens hat der Wald, wie wir alle wissen, einen unschätzbaren Wert durch seinen besonderen Naturhaushalt, insbesondere - wie jetzt auch gesetzlich klargestellt wird - als Lebensraum für wild lebende Pflanzen und Tiere. Über das besondere Waldbinnenklima hinaus sorgt er für die Verbesserung des Gesamtklimas und für die Reinhaltung der Luft. Der Wasserhaushalt ist mit dem Wald verbunden, meine Damen und Herren, aber auch landwirtschaftliche Flächen werden vor Erosion geschützt.

Drittens hat der Wald eine Erholungsfunktion. Auch diese Funktion wird durch das neue Gesetz noch einmal besonders betont und deutlich herausgestellt.

Damit sich die Bürgerinnen und Bürger an den unterschiedlichen Stellen der Landschaft nicht unterschiedliche Rechtsmaterien zu vergegenwärtigen haben, haben wir sozusagen alles in ein Gesetz gefasst - sowohl das Begehen der freien Landwirtschaft als auch das Begehen des Waldes -, sodass hier auch Einheitlichkeit hergestellt worden ist.

Besonders intensiv waren die Überlegungen und Beratungen zu der Frage, wie nach modernen Erkenntnissen der Begriff einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft zu definieren ist. Wir haben es nicht dabei belassen, nur auf die Definition der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft, die auf der Umwelt- und Agrarministerkonferenz getroffen worden ist, zu verweisen, sondern wir haben uns, auch nach der Beratung mit den Verbänden und Organisationen, dazu entschlossen, diese ordnungsgemäße Forstwirtschaft im Detail in den Gesetzentwurf hineinzuschreiben. Damit haben wir auch bedeutet, dass Nachhaltigkeit und Naturnähe wichtig sind, und versucht, eine Übereinstimmung mit den Waldbesitzenden auf der einen Seite und den Naturschutzverbänden auf der anderen Seite zu erzielen.

Meine Damen und Herren, neu ist ebenfalls eine von den Verbänden der Waldbesitzenden und den Naturschutzverbänden begrüßte Änderung, nämlich die Möglichkeit, den Wald nach einer Anzeige einer eigendynamischen Entwicklung befristet oder unbefristet zu überlassen. Diese Regelung unterstützt auch die neu eingeführte ökologische Zertifizierung des Waldes.

Vor allem für den flächenmäßig bedeutenden Wald im Eigentum des Landes Niedersachsen, meine Damen und Herren, sind gesteigerte öffentliche Pflichten unter besonderer Beachtung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes zum Wohle der Allgemeinheit zu erfüllen. Ich habe hier und da gelesen, dass draußen gesagt wird, wir machten da Abstriche. Nein, im Gegenteil, das LÖWE-Programm, der naturnahe Waldbau, gilt überall in unseren Landesforsten. Dort haben wir ihn zur Pflicht gemacht. Wir können ihn natürlich nur im Privatforst, im genossenschaftlichen Bereich durchsetzen, meine Damen und Herren, da, wo wir mit dem goldenen Zügel mithelfen, dass das attraktiv wird und die Eigentümer auch motiviert werden, hier mitzumachen.

Wie bisher im Gesetz über den Körperschafts- und Genossenschaftswald ist im öffentlichen Interesse eine fachkundige Planungen und Bewirtschaftung für den Kommunalwald und für den Genossenschaftswald der Realverbände vorgesehen. Ganz eindeutig - auch hier wird manchmal draußen Anderes behauptet -: Nein, wir bekennen uns dazu, und das bleibt. Da die Mitgliederstruktur der Realverbände eher der von Land- und Forstbetrieben im Eigentum privater Personen oder Gesellschaften ähnelt, soll der Genossenschaftswald dem

Privatwald gleichgestellt werden. Das ist auch Ausfluss der zivilrechtlichen Übertragbarkeit der Eigentumsanteile. Da die Realverbände aber nach dem Realverbandsgesetz Körperschaften des öffentlichen Rechts bleiben und ihre Wälder im Einklang mit den Interessen der Allgemeinheit zum Nutzen der Mitglieder, also besonders öffentlich-rechtlich gebunden zu verwalten haben, soll auch bei diesen die Pflicht zur fachkundigen Planung und Bewirtschaftung beibehalten werden.

Die kommunalen Körperschaften und die Genossenschaften, meine Damen und Herren, können auch weiter wählen, durch wen sie sich betreuen lassen wollen, ob sie die Landwirtschaftskammer, die Landesforstverwaltung oder aber auch Dritte, also Privatunternehmen, zur Betreuung ihrer Forsten heranziehen wollen. Dies müssen wir im Übrigen allein schon aus EU-rechtlichen Gründen machen.

Das Recht der Bürgerinnen und Bürger, den Wald und die übrige freie Landschaft zu Fuß, per Rad oder zu Pferde zu betreten, meine Damen und Herren, ist nicht eingeschränkt worden, sondern wir haben das grundsätzlich unverändert in den neuen Gesetzestext übernommen. Die bisherigen Regelungen haben sich als ausgewogen und ausgleichend bewährt und fußen weiterhin auf gegenseitiger Kompromissbereitschaft.

Insbesondere sind Diskussionen geführt wurden über das Reiten im Walde und über mögliche Einschränkungen. Nein, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf verschlechtert die Situation für die Reiter in Niedersachsen im Walde überhaupt nicht, sondern wir haben hier klare Regelungen getroffen. Die Gemeinden und Landkreise können Freizeitwege unter anderem auch zum Reiten, insbesondere bei Kostenbeteiligung der Nutzenden, weiter ausweisen.

Das Befahren mit von Tieren gezogenen Fahrzeugen fällt nicht unter den Regelungsrahmen des Gesetzes und bedarf deshalb bei der Nutzung der öffentlichen Fahrwege der Zustimmung der Grundbesitzenden. Die Ausnahmen von dem Leinenzwang für Hunde in der unveränderten allgemeinen Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit vom 1. April bis 15. Juli sind weiterhin aus Tierschutzgründen eng zu halten.

Besondere Aufmerksamkeit, meine Damen Herren, hat in den Medien und auch bei Fraktion der Grünen die Frage gefunden, ob die Bürgerinnen und

Bürger bei Dunkelheit den Wald betreten dürften. Hier sind schon ganz schlimme Unterstellungen gemacht worden, dass wir Privilegien für die jagende Zunft ins Gesetz schreiben wollen. Meine Damen und Herren, nehmen Sie es mir nicht übel: Das ist nun wirklich hanebüchener Quatsch und Unsinn. Die Regelung, die wir getroffen haben, dient dem Schutz der Waldbesitzenden vor einem unübersehbar hohen Haftungsrisiko aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheitspflicht heraus.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Bürgerinnen und Bürger sich angeblich oder tatsächlich durch die Regelung, die wir vorgeschlagen haben, betroffen sehen. Ich wusste gar nicht, dass sich seit meiner Jugendzeit in unserer Gesellschaft so viel verändert hat, dass sich offenbar alle Welt nächtens im Wald, und zwar abseits der Wege, aufhalten möchte.

(Zuruf von Oestmann [CDU])

Das ist schon neu für mich. Aber ich will einmal annehmen, dass es so ist. Meine Damen und Herren, auch das kann in Zukunft so bleiben. Aber man tut dann das, was man dort tut, auf eigene Rechnung, in eigener Haftung, und es muss nicht derjenige haften, der mit seinem Eigentum sozusagen dahinter steht. Wir haben also eine gute Regelung getroffen, die für unsere Bürgerinnen und Bürger, die hier Eigentum haben, vertretbar, aber auch notwendig ist.

Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir diesen Gesetzentwurf in der gleichen sachlichen Atmosphäre im Ausschuss miteinander beraten können, wie wir es beim Jagdgesetz gemacht haben. Ich weiß, beim Wald werden Emotionen wach, Herr Sehrt; das ist mir klar. Aber vielleicht kann man sie hier und da ein wenig zügeln. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, als einzige Wortmeldung liegt mir die des Kollegen Oestmann vor, der der CDU-Fraktion angehört. Ihm erteile ich das Wort.

Ich weiß die Großzügigkeit zu schätzen, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor Ihnen steht eine Wald besitzende Person. Das ist ein Begriff, den

Sie im Gesetzentwurf nachlesen können. Meines Wissens ist es eine Neuschöpfung. Aber wenn Sie glauben, dass die Tatsache, dies zu sein, einen Lustgewinn bedeutet, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Eine normale Wald besitzende Person ist ein relativ armes Luder,

(Möhrmann [SPD]: Das ist aber nicht geschlechtsneutral, Herr Kollege!)

und zwar aus einer ganz schlichten Tatsache heraus; das will ich einmal kurz schildern. Meine Altvorderen haben Zielbäume erzogen, große, leistungsfähige Bäume, und alles andere haben sie abhacken sollen. Nachdem sie das getan haben und die jetzigen Wald besitzenden Personen das ernten wollen, stellen wir zu unserer Verblüffung fest: Niemand will diese zielführenden, gut geformten Stämme haben. Das macht eine Problematik deutlich, die gerade mit dem Umfeld Wald einfach zwangsläufig verbunden ist. Dort laufen Dinge langfristig und sind auf kurzfristige Verwerfungen überhaupt nicht eingerichtet, und sie kommen darunter zu liegen. Aber das steht gar nicht im Entwurf.

Zur Sache will ich nur sagen: Der Gedanke ist ja vernünftig, die drei Regelungswerke, die es bisher separat gab, zusammenzuführen, weil sie sich in vielen Bereichen überschneiden. In der Hinsicht gibt es keinen Streit. Ich will einmal so sagen: Nach erster Durchsicht ist der Entwurf sehr sachkundig und lässt erwarten, dass wir am Ende ein vernünftiges Gesetz bekommen werden.

Aber - Herr Minister Bartels hat es schon gesagt beim Wald geht es auch sehr um Emotionen. Die deutsche Seele ist ja mit dem Wald in einer besonderen Weise verbunden.

(Mühe [SPD]: Heinrich Heine!)

Das Problem dabei ist, dass sich der Wald unterschiedlich über das Land verteilt und auch seine Inanspruchnahme sehr variabel ist. Der Begriff des Erholungswaldes mit all den Problemen - im Vorfeld hat es dazu erhebliche, auch emotionale Ausbrüche gegeben - erfasst eigentlich nur ganz bestimmte Randbereiche, die dann aber auch sehr nachhaltig. Große Teile des Waldes werden eigentlich von den Erholung Suchenden überhaupt nicht aufgesucht, weil es viel zu beschwerlich ist. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass dem Wald auch Dinge zugerechnet werden, weil unsere Seele das so möchte. Aber, meine Damen und Herren, man muss mit dieser Mär aufhören,

dass der Wald das große Wasserreservoir sei. Der Wald ist - das ist nun einmal in der Botanik so angelegt - der größte Wasserverbraucher aller Kulturpflanzen, die es gibt. Dass wir damit bisher ganz gut zurechtgekommen sind, hängt auch mit der Bewirtschaftung dieser Ressource zusammen.

Noch zu einem Reizwort: Das Reiten ist ja schon angesprochen worden. Dazu gilt das, was ich zuvor gesagt habe. Es gibt Massierungen von Reiterhöfen und Reitern in bestimmten Regionen, und sie haben es nicht ganz leicht, eine gute Nachbarschaft mit Spaziergängern und mit Radfahrern zu pflegen, weil sich die Dinge zum Teil zwar nicht widersprechen, aber miteinander konkurrieren, und man sich das Leben wechselseitig schwer macht. Sie haben sicherlich gelesen, dass dann, wenn es jetzt nicht funktioniert, die Pferde ein Kennzeichen kriegen. Darüber haben wir schon vor Jahresfrist einmal diskutiert. Jetzt wird es sich möglicherweise gar nicht vermeiden lassen. Ob das insgesamt eine Vereinfachung darstellt, das müssen wir einmal offen lassen.

Zu dem Betreten des Waldes außerhalb der Wege im Dunkeln: Es könnte doch ein Kompromiss geschlossen werden. Man könnte für die Findungsphase, in der Menschen erkennen, dass es zwei Sorten von Menschen gibt, das bis 25 Jahren zulassen, und alle anderen bleiben draußen. Die sind dann auch noch nicht so gebrechlich.

(Ministerpräsident Gabriel: Mindes- tens bis 45, bitte! - Heiterkeit)

- Das hat bei Ihnen bisher ja auch nicht viel geholfen.

(Ministerpräsident Gabriel: Ich finde, 25 ist ganz schön niedrig!)

- Na ja, das sind diese Spätentwickler. Die haben da so ihre eigenen Erfahrungen.