Herr Gabriel geht noch einmal in sich, überlegt und sagt, dass das, was er vorher gesagt habe, nunmehr falsch sei. Er sei nunmehr dafür, und Niedersachsen werde dieser Verordnung im Bundesrat weiterhin zustimmen.
An Niedersachsen werde die neue Verpackungsverordnung nicht mehr scheitern. Die SPD verlange lediglich ein Moratorium bis nach der nächsten Bundestagswahl.
(Frau Wörmer-Zimmermann [SPD]: Er kann aber schön vorlesen! - Gegen- ruf von Möllring [CDU]: Das müssen Sie gerade sagen!)
Jetzt sind alle zufrieden. Es weiß zwar immer noch niemand Bescheid, das allerdings auf wesentlich höherem Niveau.
Meine Damen und Herren, worum geht es eigentlich? - Seit 1991 gibt es in der Bundesrepublik eine sehr erfolgreiche Verpackungsverordnung. Wir Deutsche sind inzwischen Weltmeister im Trennen von Hausmüll und Verpackungen. Das Duale System Deutschland bewirkt, dass der Restmüllanteil kontinuierlich zurückgeht und die Verwertung zunimmt. Der Mehrweganteil liegt bei mehr als zwei Dritteln. Er könnte natürlich noch gesteigert werden. Das ist richtig. Die momentane Verpackungsverordnung sieht vor, dass für den Fall eines Absinkens des Mehrweganteils unter 72 % ein Pfand eingeführt wird. Das gilt für Bier und Wasser in Dosen und für Einwegflaschen. Coca Cola- und andere Sprudelgetränkebehälter sowie Alkoholbehälter, bis auf Weinbehälter, werden ausgenommen. Da diese unterschiedliche Bewertung der verschiedenen Dosen und Verpackungen der Bevölkerung natürlich schwer vermittelbar ist, will man eine neue Verordnung machen. Zwei Jahre hatte Trittin Zeit für eine neue ökologisch sinnvolle Verordnung. Passiert ist jedoch nichts.
Meine Damen und Herren, ich glaube, jeder von uns hat sich schon einmal über Müll in der Landschaft, an Straßen, an Autobahnabfahrten, in Eisenbahnwaggons und in öffentlichen Einrichtungen geärgert.
Wir alle sind sicherlich dagegen, dass öffentliche Einrichtungen als Mülldeponien missbraucht werden, und wären froh, wenn es eine wirkungsvolle neue Verordnung gäbe, nämlich eine Regelung, die ein noch besseres, ein funktionierendes Mehrwegund Sammelsystem ermöglicht. Tatsächlich hat sich das Konsumverhalten seit In-Kraft-Treten der jetzigen Verordnung verändert. Bier in Dosen, Saft in Flaschen, Wasser in Plastikbehältern - beim Kauf greifen die Verbraucher immer mehr auf Einwegverpackungen zurück. Der Grund dafür ist natürlich, dass diese Behälter schnell zu entsorgen sind. Nach Meinung der Bundesregierung soll sich das bald ändern. Zum 1. Januar 2002 soll das Zwangspfand in Höhe von 50 Pfennig oder 1 DM eingeführt werden. Nur Wein-, Sekt- und Schnapsflaschen bleiben weiterhin ausgenommen und damit pfandfrei. Trittins Hauptargument lautet: Die Pfandpflicht wird Anreize geben, wieder öfter zu Mehrwegbehältern zu greifen. - Ein Blick nach Schweden, wo es seit 1984 eine Verordnung gibt, nach der die Dosen zurückgenommen werden müssen, zeigt aber etwas anderes. Die Folge dieser Verordnung war nämlich, dass seit 1984 der Einweganteil um 20 % gestiegen ist. Erst die Einführung von Mehrwegflaschen aus Plastik hat den Siegeszug der Dosen gestoppt. Dieses hat seine Gründe: Kommt das Zwangspfand, dann muss der Handel viel Geld in ein Rücknahmesystem investieren. Je nach Interessenlage werden 1,5 bis 2,5 Milliarden DM für dieses Rücknahmesystem veranschlagt. Wenn dann die neuen Rücknahmeautomaten installiert sind, dann liegt es natürlich im Interesse der Supermärkte und Discounter, diese auch zu benutzen. Also könnte, wie es in Schweden der Fall war, der Handel ein Interesse daran haben, den Einweganteil zu erhöhen. Kleinere Einzelhändler dagegen haben nicht das Geld, in solch teure Systeme zu investieren.
Sie können das nicht bezahlen und bleiben auf der Strecke. Bezahlen müssen den Unsinn dann alle und nicht nur die Biertrinker.
Hinzu kommt, dass nicht jede Dose zurückgegeben wird. Wenn heute jemand in der Landschaft ein Gelage mit Bierdosen und Einwegverpackungen durchführt, dann wird ihn niemand dazu bewegen können, die Verpackungen dorthin zurückzubringen, von wo er sie gekauft hat.
Wenn wir Glück haben, bringt er die Verpackungen zum nächsten Container. Aber das war es dann. Auch der Besitzer eines Kiosk im Fußballstadion oder an einer belebten Kreuzung wird sich dafür bedanken, wenn er den Restmüll, nämlich die leeren Einwegverpackungen, die die Fans mit herausschleppen, in seinem Kiosk sammeln und das Pfand dafür ausbezahlen soll,
- es gibt aber auch andere Einwegverpackungen es sei denn, die Kioskbesitzer und Einzelhändler müssen ihre Dosen individuell und fälschungssicher kennzeichnen. Was passiert eigentlich mit den Dosen für Chappi, Kitekat, Ravioli, Früchte und Gemüse?
Diese werden doch auch in die Landschaft geworfen. Soll auf diese Dosen demnächst auch ein Zwangspfand eingeführt werden?
Experten rechnen mit einer Rücklaufquote von 80 % bis 90 %. Für den Handel eröffnet sich damit eine zusätzliche Einnahmequelle, denn für alles, was nicht zurückgegeben wird, hat man ein Pfand bekommen. Also könnte der Handel an hohen Einwegquoten interessiert sein, um daraus seine Investitionen und einen Gewinn zu erzielen.
Leere Dosen verschandeln oft die Umwelt. Der Umweltminister wirbt mit dem Argument: Die Pfandpflicht wird dafür sorgen, dass zukünftig weniger Dosen oder Kunststoffflaschen auf der Straße herumliegen. - Das Argument hat Sympathie in der Bevölkerung; es ist aber falsch. Eine Studie des rheinisch-westfälischen TÜV hat ergeben, dass der Anteil an Getränkeverpackungen am
Müll in der Landschaft lediglich 6 % beträgt. 94 % sind anderer Abfall. Der Anteil an Getränkeverpackungen ist also nur sehr gering. Deshalb macht es keinen Sinn, aus reiner Symbolik ein Zwangspfand einzuführen. Hier überschreitet der Aufwand den möglichen Effekt. Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Die Befürworter argumentieren weiter: Die Pfandpflicht wird für eine bessere Verwertung und eine sortenreine Sammlung sorgen. - Schon heute werden dreiviertel aller Dosen und Einwegflaschen gesammelt, sortiert und verwertet nach dem Dualen System Deutschland. Fallen die Getränkeverpackungen heraus, dann fehlt ungefähr ein Viertel der Lizenzen für das Duale System. Im Bereich Glas würde sogar die Hälfte der Einnahmen wegbrechen. Eine flächendeckende Entsorgung wäre kaum noch aufrechtzuerhalten. Als Folge würde ein Teil des heute verwerteten Glases wahrscheinlich wieder im Hausmüll landen. Das wäre also ein abfallwirtschaftlicher Rückschritt. Gleichzeitig stiegen die Entsorgungskosten für DSD. Die Verbraucher würden also zweimal zur Kasse gebeten, nämlich zum einen aufgrund der höheren DSD-Kosten und zum anderen aufgrund des Zwangspfands auf Getränkedosen und Einwegflaschen.
Meine Damen und Herren, Zwangspfand und Einwegverpackungen kosten dem Handel, dem Verbraucher und den Herstellern also nicht nur Geld, sondern es ist auch umweltpolitischer Blödsinn. Einwegverpackungen sind nicht von vornherein schlecht. Mehrwegsysteme sind nicht immer ökologisch besser. Ich würde gerne einmal die Öko-Bilanz sehen, wenn wir Kulmbacher Bier oder Pilsener Urquell in Flaschen nach Hannover karren, es hier trinken und die leeren Flaschen dann per Lkw wieder nach Pilsen bringen würden.
(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: In Hannover kann man auch Herren- häuser trinken! - Zurufe von der SPD)
Die CDU-Fraktion will, dass der ökologisch schädliche Anteil an Verpackungen sinkt, und nicht irgendeinen Imponator, um nach außen zu demonstrieren, dass wir etwas getan haben.
Deshalb fordern wir eine Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Einwegverpackungen für Getränke. Zum Beispiel Einwegflaschen aus Kunststoff,
so genannte PET-Flaschen, sind noch gar nicht abschließend geprüft worden. Außerdem begreift niemand, warum Flachmänner, Schnapsflaschen und Weinflaschen davon ausgenommen werden.
Vielleicht ist das ja die soziale Komponente, dass sich diejenigen hinter dem Bahnhof auf diese Weise leichter etwas kaufen können.
Wir fordern die Landesregierung daher auf, diese ökonomisch und ökologisch untaugliche Novelle im Bundesrat abzulehnen.
Ich frage Sie in diesem Zusammenhang, wer bei offenen Grenzen verhindern könnte, dass pfandfreie Dosen aus dem Ausland in den Handel kommen. Unsere Freunde in Holland, in Belgien, aber auch in Polen und in Tschechien wissen schon ganz genau, dass es lohnend sein wird, ihren Dosenschrott irgendwann einmal in unser Verwertungssystem einzuspeisen,
Meine Damen und Herren, das Dosenpfand in der vorliegenden Form ist ein völlig untaugliches Mittel. Die vorgelegte Novelle zur Verpackungsordnung ist innovationsfeindlich und unflexibel. Das war ein Zitat von Ministerpräsident Gabriel.
Sie ist nicht durchdacht, und sie ist ein ideologischer Schnellschuss. Deshalb lehnen wir sie ab, und wir bitten Sie, im Bundesrat das Gleiche zu tun.