Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sofortige Abstimmung beantragt. Ich nehme an, dass sich das nur auf den Antrag unter Tagesordnungspunkt 39 bezieht. Darauf werden wir zurückkommen, wenn wir über
Wer den Antrag der Fraktion der CDU zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Umweltfragen sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überweisen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke sehr. Das genügt.
Bei Tagesordnungspunkt 39 geht es um den Antrag „Total tote Dose - Pfandpflicht einführen - der Novelle der Verpackungsverordnung zustimmen“. Über diesen Antrag soll, wenn es nach der Fraktion der Grünen geht, sofort abgestimmt werden. Widerspricht jemand diesem Antrag? - Das ist der Fall. Deshalb lasse ich auch in diesem Fall über die Ausschussüberweisung abstimmen.
Wer diesen Antrag zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Umweltfragen sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überweisen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Das ist ebenfalls so beschlossen.
Tagesordnungspunkt 43: Erste Beratung: Ausbildungskapazitäten bei der Polizei in Niedersachsen erhöhen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2457
Dieser Antrag wird vom Kollegen Schünemann eingebracht und begründet. - Herr Kollege Schünemann, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Polizeibeamtinnen und -beamten in Niedersachsen leisten eine hervorragende Arbeit,
allerdings unter immer schwierigeren Bedingungen. Sie bekommen immer mehr Aufgaben zugewiesen; so etwa, um nur einige Beispiele zu nennen, im Bereich der organisierten Kriminalität, bei der Bekämpfung des Extremismus - im Moment gerade des Rechtsextremismus - und in Bereichen
Meine Damen und Herren! Die Belastungsgrenze ist allmählich überschritten. Wir müssen uns wirklich Gedanken darüber machen, wie die Polizeibeamten in Niedersachsen diese Aufgaben noch erfüllen können. Darüber sollten wir ernsthaft nachdenken und diskutieren.
Wir wissen, dass die Polizeidichte in Niedersachsen die schlechteste in ganz Deutschland ist. Das ist aber nur eine statistische Größe, denn es sind in Wirklichkeit noch sehr viel weniger Polizeibeamter vor Ort auf der Straße, weil nämlich nicht alle Stellen besetzt sind. Das hat ganz verschiedene Gründe. Ich will nur einige wenige nennen.
Einer der Gründe ist die Einführung der zweigeteilten Laufbahn. 80 Polizeistellen werden jedes Jahr gestrichen.
Wir begrüßen - dass will ich ausdrücklich sagen -, dass immer mehr Frauen in den Polizeidienst eingestellt werden. Der Innenminister hatte versprochen, dass zusätzliche Stellen zur Verfügung gestellt werden, damit Erziehungszeiten ausgeglichen werden können. Wir haben nachgefragt. Leider ist dieses Versprechen nicht in vollem Umfang eingelöst worden. Das ist etwas, worüber wir uns auch an anderer Stelle noch einmal unterhalten müssen.
Drittens. Gerade im Jahre 2000 haben die so genannten sonstigen Abgänge dazu geführt, dass nicht, wie üblich, 70 Stellen nicht wiederbesetzt werden konnten, sondern insgesamt 200. Das lag daran, dass die Vorruhestandsregelung in Anspruch genommen worden ist und insofern über 200 Stellen noch zusätzlich hätten besetzt werden müssen. Meine Damen und Herren, dafür ist keine Vorsorge getroffen worden. Es sind nicht genügend Ausbildungs- und Fachhochschulplätze zur Verfügung gestellt worden. Insofern gab es Probleme, diese Polizeistellen wiederzubesetzen. Darauf müssen wir uns in der Zukunft besser vorbereiten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch etwas anderes wird uns hier beschäftigen müssen, nämlich die wachsende Pensionierungswelle bei der Polizei in Niedersachsen. Wir haben das Gleiche im Bildungsbereich. Gestern haben wir uns sehr ausführlich darüber unterhalten. Auch im
Bildungsbereich haben wir Ihnen frühzeitig gesagt, wie die Entwicklung ist, und haben Ihnen Möglichkeiten aufgezeigt, darauf zu reagieren. Leider haben Sie diese Vorschläge nicht berücksichtigt. Das hat zu einer katastrophalen Unterrichtsversorgung geführt, das hat dazu geführt, dass wir den Kindern nicht die gleichen Zukunftschancen geben können wie in anderen Bundesländern.
Meine Damen und Herren, etwas Ähnliches darf im Polizeibereich nicht passieren. Wir müssen versuchen, hier rechtzeitig zu reagieren.
Herr Innenminister, Sie können zeigen - da haben Sie unsere volle Unterstützung -, dass Sie sich im Kabinett besser durchsetzen können als Ihre Kollegen, die Kultusministerin, Frau Jürgens-Pieper.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme einmal die amtliche Statistik, die das Innenministerium herausgegeben hat. Das ist die Altersübersicht der Schutz- und Kriminalpolizei des Landes Niedersachsen. Hier können Sie genau sehen, welche Pensionierungswelle auf uns zurollt. Im Jahr 2000 gab es etwa 400 Pensionierungen. Ab dem Jahr 2007 werden wir bereits 500 Pensionierungen pro Jahr haben. Im Jahr 2020 schließlich werden wir nicht 400 oder 500, sondern 900 Pensionierungen haben. Meine Damen und Herren, darauf müssen wir vorbereitet sein.
Wir sind uns doch darin einig, dass die Polizeidichte in Niedersachsen nicht noch weiter abnehmen kann. Wir befinden uns hier schon an letzter Stelle. Noch weiter abrutschen kann man da schon nicht mehr. Wir müssen aber sehen, dass die Situation, vor allem aber das Ausmaß der Belastungen der Polizeibeamten nicht noch schwieriger wird. Deshalb müssen wir mindestens jede frei werdende Stelle wiederbesetzen. Darüber sind wir uns hoffentlich einig.
Wir müssen auch das, was der Innenminister zugesagt hat, 100-prozentig erfüllen. Wir müssen für Frauen, die eingestellt werden sollen, noch zusätzliche Stellen zur Verfügung stellen. Wir müssen darüber hinaus auch Vorsorge für die sonstigen Abgänge treffen. Schließlich müssen wir mehr Anwärterstellen zur Verfügung stellen, als vom Bedarf her notwendig wäre.
Dies, meine Damen und Herren, haben wir in Niedersachsen bislang nicht ausreichend getan. Ich hoffe, dass wir uns jetzt wirklich einig sind und zwischen den Fraktionen nicht streiten, sondern versuchen, diese Entwicklung gemeinsam und frühzeitig in Angriff zu nehmen. Wir bieten Ihnen in diesem Bereich unsere Zusammenarbeit an, meine Damen und Herren.
Darüber hinaus wollen wir Ihnen einen weiteren konstruktiven Vorschlag machen. Herr Innenminister, ich hoffe, dass Sie uns darin zustimmen. Die Gewerkschaften der Polizei, mit denen wir Gespräche geführt haben, haben uns noch einmal ausdrücklich auch auf diese Entwicklung hingewiesen. Sie haben gesagt: Wenn wir in Zukunft nicht 400 oder 500, sondern 700 bis 900 Polizeibeamte jährlich ausbilden müssen, dann reichen die Ausbildungskapazitäten an den drei bestehenden Fachhochschulstandorten in Niedersachsen nicht aus. Dann brauchen wir in Niedersachsen einen vierten Fachhochschulstandort. Das ist sicherlich auch sehr sinnvoll.
Aufgrund der Bundeswehrstrukturreform, die Herr Scharping ja durchgesetzt hat, ist unser Land schweren Belastungen ausgesetzt worden. Fünf Standorte werden ganz geschlossen, und in weiteren Standorten werden drastische Reduzierungen vorgenommen, sodass man auch dort schon fast von Schließung sprechen muss. All diese Standorte, in denen Kasernen geschlossen werden, befinden sich in strukturschwachen Gebieten. Sie liegen im ländlichen Raum. Wir sollten alles daran setzen, diesen Gemeinden, diesen Städten Alternativen aufzuzeigen und ihnen zu helfen. Eine Alternative wäre, in diesen Gebieten eine solche Fachhochschule anzusiedeln. Deshalb schlagen wir Ihnen vor, alle betroffenen Standorte dahin gehend zu überprüfen, ob es wirtschaftlich wäre, dort in ihren Kasernen einen vierten Fachhochschulstandort aufzunehmen. Ich kenne die Kasernen - zumindest die aus meinem Bereich. Wenn man sich diese Kasernen anschaut, kann man sich durchaus vorstellen, dass dies eine gute Lösung wäre und wir über eine solche Lösung ernsthaft nachdenken sollten.
Meine Damen und Herren, im Jahr 2007 beginnt die Pensionierungswelle. Im Jahr 2007 werden bereits 50 mehr aus Altersgründen aus dem Dienst ausscheiden. Dann geht es in 50-er Schritten immer drastisch weiter. Von daher ist es sinnvoll,
rechtzeitig ausreichende räumliche Angebote vorzuhalten. Wir machen Ihnen diesen konstruktiven Vorschlag. Ich hoffe, Herr Innenminister, dass Sie diesen Ball, den wir Ihnen auf den Elfmeterpunkt gelegt haben - als Opposition nehmen wir den Torwart auch noch raus -, nun wirklich versenken. Ich traue Ihnen als Innenminister die Kraft zu, diesen Elfmeter zu schaffen. Ergreifen Sie also diese Chance! Versenken Sie diesen Ball im Interesse der Polizeibeamten und vor allem im Interesse der inneren Sicherheit in Niedersachsen. Ich hoffe auf Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. Wir wollen für die Polizei etwas konstruktiv tun. Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es trifft zu, dass die Zahl der Pensionierungen bei der Polizei in den kommenden Jahren erheblich zunehmen wird, wie vom Kollegen Schünemann soeben dargestellt worden ist. Dies ist insbesondere vom Jahr 2020 an der Fall. In diesem Zusammenhang aber von „Dramatik“ zu sprechen ist, gelinde gesagt, etwas übertrieben. Selbstverständlich stellt sich die Landesregierung zeitgerecht auf die sich verändernde Personalsituation ein.
Die Einstellungsplanungen berücksichtigen die natürlichen Abgänge durch Pensionierungen wegen Erreichens der Altersgrenze und die aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre zu erwartenden unnatürlichen Abgänge durch Krankheit, Tod und Anderes. Die erforderlichen Kapazitäten für den Polizeivollzugsdienst werden bedarfsgerecht eingestellt. Die Einstellungen erfolgen mit einem dreijährigen Vorlauf entsprechend dem Ausbildungszeitraum an der Fachhochschule. Dieses Verfahren berücksichtigt auch durch erhöhte Einstellungen und die durch Erziehungszeiten frei werdenden Planstellen, die damit ausgeglichen werden können.
Zu Ihrer Forderung, Anwärterstellen mit Vorlauf im Haushalt auszuweisen: Auch hier geht die Landesregierung nach haushaltsrechtlichen Vorgaben und bedarfsgerecht vor.
Meine Damen und Herren, in absehbarer Zeit - das ist gerade angesprochen worden - fällt auch die Aufstiegsausbildung für den gehobenen Dienst weg. Dadurch wären Kapazitäten in Oldenburg und Hann. Münden frei. Ob diese Plätze ausreichen werden, werden wir im Ausschuss sicherlich noch erörtern, wie auch all die anderen Punkte, die noch angesprochen worden sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schünemann, ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Sie auch jetzt wieder Segmente des Kommunalwahlkampfes in den Landtag hineintragen. Ich hoffe, ich habe Sie richtig verstanden, dass Sie lediglich die Kaserne in Stadtoldendorf als zusätzlichen Standort für eine Fachhochschule der Polizei vorschlagen wollen, nicht aber gemeint haben, dass alle frei werdenden Bundeswehrstandorte in Niedersachsen mit der Polizei aufgefüllt werden sollen. Das wäre dann doch etwas übertrieben.
Ich kann mir vorstellen, dass es für das von Ihnen hier angesprochene Problem auch noch andere Lösungen gibt, die auf weniger Polizei hinaus laufen. Für mich muss zunächst einmal der Rechtsradikalismus bekämpft werden. Auch der Ausstieg aus der Atomenergie ist für mich eine Aufgabe, die zunächst einmal politisch gelöst werden muss. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Polizei in Niedersachsen dauerhaft als Konfliktlöser für gesellschaftliche Fehlentwicklungen oder nicht entschiedene Politik eingesetzt werden kann.
Ich finde es gut, dass die CDU realisiert hat, dass der demographische Wandel auch die Polizei erreicht. Genau wie unsere Gesellschaft in Zukunft Zuwanderung braucht, Herr Kollege Schünemann, so werden wir in wenigen Jahren - natürlich können wir wie in allen Bereichen des Arbeitsmarktes auch innerhalb der Polizei eine Überalterung feststellen - auch bei der Polizei einen Nachwuchs
mangel zu verzeichnen haben. Deshalb sage ich ganz deutlich: Zuwanderung von Migranten und Migrantinnen in die Polizei. Dafür müssen endlich entsprechende Konzepte auf den Tisch.
Nun zu Ihren Vorstellungen zur Frauenpolitik. Ich weiß, dass sich Innenpolitiker damit immer noch schwer tun. In Ihre Köpfe sollte endlich einmal hinein gehen, dass auch für die Polizei gilt: Fehlzeiten, Erziehungszeiten. Das ist etwas, was Frauen und Männer betrifft. Wir brauchen hier keine Sonderregelung für Frauen, sondern wir brauchen hier Regelungen für Frauen und Männer. Ich würde mich freuen, wenn die Polizeibeamten ihren Erziehungsauftrag als Väter auch wahrnehmen würden.
Ich möchte noch auf etwas anderes hinweisen, was auch mit dem demographischen Wandel zu tun hat. Wenn es stimmt, was Herr Pfeiffer uns hier immer erzählt, dass die Polizei hauptsächlich von jungen Männern im Alter zwischen 14 und 24 Jahren belastet wird, dann wird sich, wenn Sie bis ins Jahr 2020 gehen, auch die Kriminalität in der Gesellschaft verändern. Ich will das mal etwas zugespitzt darstellen: Vielleicht brauchen wir in einer Gesellschaft, die vorwiegend aus älteren Menschen besteht, dann hauptsächlich ältere Polizeibeamte, die Omas über die Straße helfen. Ihnen fällt nichts anderes ein, als bis zum Jahr 2020 jeden pensionierten Polizeibeamten durch einen neuen zu ersetzen. Das ist Ihre Rechnung. Mir fällt aber noch eine ganze Reihe von anderen Konzepten ein, nämlich auch die Verantwortung der Innenpolitik, einen Beitrag zur Reduzierung der Kriminalität zu leisten.
Nun zu den Fachhochschulen. Ich glaube, dass es unsinnig ist, einen neuen Fachhochschulstandort zu schaffen. Wir sollten uns lieber Gedanken machen, wie die Fachhochschule der Polizei mit den anderen Fachschulen vernetzt werden kann, die wir hier im Lande haben. Das wird auch den Polizeibeamten gut tun, wenn sie noch mehr Unterrichtseinheiten mit anderen Fachhochschulen haben und wenn es insbesondere auch gemeinsame Aus- und Fortbildungen gibt, die in anderen Räumen als denen der Fachhochschule stattfinden.