Protokoll der Sitzung vom 13.06.2001

Da der Gesetzentwurf den Ausschüssen im Vorwege überwiesen worden ist, gestatten Sie mir, seinen Zweck und Inhalt kurz zu erläutern:

Mit dem Gesetzentwurf soll es gleichgeschlechtlichen Personen ermöglicht werden, ab dem 1. August 2001 eine Lebenspartnerschaft zu begründen. Die materiellrechtliche Grundlage hierfür hat die Bundesregierung mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 geschaffen, das am 1. August 2001 in Kraft treten soll. Das ebenfalls vom Bundestag beschlossene Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz enthält Regelungen über Zuständigkeiten und Verfahrensfragen. Diesem Gesetz hat allerdings der Bundesrat nicht zugestimmt. Weil nicht damit gerechnet wird, dass das Vermittlungsverfahren im Vermittlungsausschuss bis zum 1. August 2001 abgeschlossen werden kann, hat die SPD-Fraktion diesen Gesetzentwurf vorgelegt, damit das Lebenspartnerschaftsgesetz umgesetzt werden kann.

Der Gesetzentwurf bestimmt als sachlich zuständige Behörde die Standesbeamtin oder den Standesbeamten und regelt die örtliche Zuständigkeit. Darüber hinaus werden im Einzelnen das Anmeldeverfahren und das Verfahren zur Begründung der Lebenspartnerschaft geregelt. Schließlich befasst sich ein wesentlicher Teil des Gesetzentwurfes mit Dokumentations- und Mitteilungspflichten an andere und von anderen Behörden.

Die kommunalen Spitzenverbände haben nach erfolgter Einladung zur Anhörung bis zur abschließenden Beratung des Gesetzentwurfes im federführenden Ausschuss keine Stellungnahme zu den materiellen Inhalten des Gesetzentwurfes abgegeben. Zur Begründung haben sie auf die nach

ihrer Auffassung zu kurze Frist zur Stellungnahme hingewiesen.

Der Gesetzentwurf ist in den Ausschüssen von den Vertretern der CDU-Fraktion grundsätzlich abgelehnt worden. Sie haben auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren verwiesen und ihre Auffassung bekräftigt, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz verfassungswidrig sei und es damit auch keines Ausführungsgesetzes bedürfe.

Die Vertreter der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben sich in den Ausschüssen ausdrücklich für den Gesetzentwurf ausgesprochen, damit das Lebenspartnerschaftsgesetz zum geplanten In-Kraft-Treten am 1. August 2001 auch umgesetzt werden könne.

Inhaltliche Änderungen hat der Gesetzentwurf im Rahmen der Beratung in den Ausschüssen nicht erfahren. Die empfohlenen Änderungen sind ganz überwiegend klarstellender und ergänzender Art. Lassen sie mich auf die wesentlichen Änderungen eingehen:

In § 1 war neben einem klarstellenden Hinweis darauf, dass in dieser Vorschrift die sachliche Zuständigkeit geregelt wird, der Hinweis auf den neuen Artikel 17 a Abs. 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch erforderlich. Über diesen mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedeten Artikel können Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner ausländischer Herkunft wählen, ob sie ihren Namen nach deutschem Recht oder nach dem Recht ihres Herkunftsstaates führen wollen. Die Erklärung über die Ausübung ihres Wahlrechts soll ebenfalls gegenüber der Standesbeamtin oder dem Standesbeamten abgegeben werden, damit insoweit eine einheitliche sachliche Zuständigkeit sichergestellt wird. Schon an dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die Beschlussempfehlung zu § 9 Abs. 1 denselben sachlichen und rechtlichen Hintergrund hat.

§ 2 Abs. 1 Satz 2 setzt die Legaldefinition der „Erklärenden“ um, die zugegebenermaßen sprachlich umständlich, in der Benennung beider Geschlechter aber konsequent ist. Aus diesem Grund wurde der Empfehlung des mitberatenden Rechtsausschusses, es bei der Formulierung des Gesetzentwurfes zu belassen, vom federführenden Ausschuss nicht gefolgt.

§ 2 Abs. 2 Satz 3 ist gegenüber dem Gesetzentwurf neu hinzugekommen. Er berücksichtigt die Möglichkeit, dass nach der Aufhebung einer Lebens

partnerschaft unter Umständen eine neue begründet werden soll. Über die frühere Lebenspartnerschaft ist dann ein entsprechender Nachweis durch Vorlage der Lebenspartnerschaftsurkunde zu erbringen.

Schließlich ist mit § 11/1 auf Anregung des Innenministeriums eine gegenüber dem Gesetzentwurf neue Vorschrift in die Beschlussempfehlung aufgenommen worden. Sie sieht vor, dass Gerichte bestimmte Vorgänge, an denen sie mitwirken, wie z. B. die Aufhebung der Lebenspartnerschaft, an die für die Begründung der Lebenspartnerschaft zuständige Behörde, in Niedersachsen also an die Standesbeamtin oder an den Standesbeamten, und die zuständige Meldebehörde mitzuteilen haben. Die Aufnahme dieser Vorschrift ist erforderlich, weil die bundesweit geltende Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen diese Sachverhalte bislang nicht erfasst.

Die übrigen Änderungen des Gesetzentwurfes sind redaktionellen oder klarstellenden Inhalts:

In § 2 Abs. 1 Satz 1 wird entsprechend dem Zweck dieses Ausführungsgesetzes klargestellt, welche Personen eine Lebenspartnerschaft begründen können.

In § 2 Abs. 2 Nr. 3 ist eine überflüssige Verweisung auf § 6 Abs. 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes gestrichen worden.

Die Änderungen in § 2 Abs. 4 Sätze 1 und 2 sind klarstellender Natur. In Satz 4 sind die Umstände, die die Abnahme einer Versicherung an Eides statt rechtfertigen, in den Gesetzestext aufgenommen worden. Damit wird verdeutlicht, was mit dem in diesem Kontext unklaren Begriff „notfalls“ gemeint ist. Die weiteren Änderungen in Satz 4 sind klarstellender Art. Dasselbe gilt für § 2 Abs. 6 und 7.

Da einerseits § 3 die Begründung der Lebenspartnerschaft, andererseits § 5 das Lebenspartnerschaftsbuch regelt, passt § 3 Abs. 2 systematisch besser zu § 5. Die Einfügungen in § 3 Abs. 3 sind klarstellenden Inhalts, insbesondere im Hinblick auf die Art und Weise des Nachweises einer lebensgefährlichen Erkrankung.

§ 4 Abs. 1 verwendet den in § 2 Abs. 1 legaldefinierten Begriff der Erklärenden. Im übrigen stellen die Einfügungen nur klar, dass es sich hier um die örtliche Zuständigkeit handelt. Da § 9 die örtliche Zuständigkeit im Zusammenhang mit Erklärungen

über die Namensführung regelt, bezieht sich § 4 Abs. 1 nur auf die Anmeldung und Begründung einer Lebenspartnerschaft, was mit der weiteren Einfügung zum Ausdruck kommt.

Die Zusammenführung der Absätze 2 und 3 in § 4 dient dem Gesetzesverständnis und bringt ohne inhaltliche Änderung zum Ausdruck, dass letztlich vor jeder Standesbeamtin oder vor jedem Standesbeamten die Lebenspartnerschaft begründet werden kann, wenn von einer zuständigen Standesbeamtin oder einem zuständigen Standesbeamten mitgeteilt wurde, dass der Begründung der Lebenspartnerschaft kein Hindernis entgegensteht. Die eingefügte Verweisung auf § 2 Abs. 6 bringt dies zum Ausdruck und bezieht sogleich die Frist des § 2 Abs. 6 Satz 2 mit ein, wonach nach Ablauf von sechs Monaten seit Mitteilung eine erneute Anmeldung und Prüfung stattzufinden hat.

Dass über die begründete Lebenspartnerschaft ein Lebenspartnerschaftsbuch geführt wird, bestimmt § 5. Aus diesem Grund soll § 3 Abs. 2 des Gesetzentwurfes, der die Eintragung bei Begründung der Lebenspartnerschaft betrifft, als Absatz 0/1 in § 5 eingefügt werden. Da der Inhalt des amtlichen Musters im Gesetzentwurf nicht hinreichend präzise bestimmt worden ist und zudem außerhalb der Gesetzesebene, z. B. durch Verwaltungsvorschrift, eingeführt werden kann, ist die Streichung dieses Textteils beschlossen worden. Die Einfügung in Satz 2 erfolgt in Umsetzung zu § 3 Abs. 1 des Gesetzentwurfes, der die Hinzuziehung von Zeugen nur fakultativ vorsieht, was dementsprechend in der Formulierung darüber, was in das Lebenspartnerschaftsbuch einzutragen ist, berücksichtigt werden muss.

Die Änderungen in § 5 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2, 4 und 5 sind klarstellenden Inhalts.

In § 6 Abs. 1 ist aus denselben Gründen wie zu § 5 Abs. 0/1 der Textteil „nach amtlichem Muster“ gestrichen worden.

Schließlich sind auch die Einfügungen in § 11 Abs. 1 bis 3 nur klarstellender Natur. In § 11 Abs. 4 ist für eine „entsprechende“ Anwendung kein Raum. Richtigerweise handelt es sich um eine direkte Anwendung. § 11 Abs. 5 ist entsprechend der Formulierung in § 1 der Kostenordnung ohne inhaltliche Änderung formuliert worden.

Noch kürzer geht es nicht, Herr Kollege Krumfuß. - Ich eröffne jetzt die Beratung zu diesem Gesetzentwurf. Dazu hat Frau Kollegin Elsner-Solar das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ein kleiner Schritt der Gesetzestechnik, ein großer Schritt für die Gesellschaft der Bundesrepublik und damit auch für die Menschen in Niedersachsen. Man sieht es diesen dürren Texten im Gesetzentwurf der SPDFraktion nicht an, aber dahinter verbirgt sich - endlich - die Möglichkeit, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften ebenso wie Menschen in heterosexuellen Partnerschaften Verantwortung füreinander übernehmen und ihre Partnerschaft vor der Öffentlichkeit dokumentieren können.

Worum geht es im Einzelnen? - Im Juli letzten Jahres brachten die Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen umfassenden Gesetzentwurf zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften/Lebenspartnerschaften im Deutschen Bundestag ein. Es handelte sich um ein Artikelgesetz, das als Kern das Gesetz über die eingetragenen Lebenspartnerschaften enthielt. Nachdem sich während der Debatten aber abzeichnete, dass durch die Verweigerung der CDU/CSU-Opposition im Deutschen Bundestag die erforderliche Zustimmung des Bundesrates entfallen würde, teilte der Bundestag diesen Gesetzentwurf in einen zustimmungspflichtigen und in einen zustimmungsfreien Teil. Dies macht es notwendig, dass Niedersachsen ein Ausführungsgesetz zum so genannten Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 erlassen muss. Dieses Gesetz soll am 1. August 2001 in Kraft treten. Es schafft nun für gleichgeschlechtliche Paare ein eigenständiges familienrechtliches Institut: die eingetragene Lebenspartnerschaft, die in einem gesicherten Rechtsrahmen ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben unter Anerkennung ihrer gleichgeschlechtlichen Identität ermöglicht.

Das Lebenspartnerschaftsgesetz, das zu seiner Ausführung diese landesrechtlichen Regelungen braucht, ist im Niedersächsischen Landtag zügig beraten worden und ist sachlich und klar.

(Biallas [CDU]: Gar nicht!)

- Ich habe mir sagen lassen, einzelne Ausfälle habe es gegeben. Wir wissen auch, wer das gewesen ist. Ich bin aber froh darüber, dass die SPD-Fraktion und mit ihr auch die Fraktion der Grünen diesen Schritt getan haben. Wir in Niedersachsen sind darauf eingestellt, dass zum 1. August dieses Jahres die gleichgeschlechtlichen Paare, die das wollen, zu einem Standesamt gehen und dort ihre Partnerschaft beurkunden lassen können. Sie werden dann ein Dokument darüber erhalten, das sie ebenso wie andere Partnerschaften vor der Öffentlichkeit legitimiert, dass sie füreinander einstehen.

Ich betone ausdrücklich: Es ist ein familienrechtliches Institut. Es ist aber nicht der Ehe gleichgestellt. Wir alle wissen - wir haben in diesem Parlament öfter darüber beraten -, dass wichtige Teile noch fehlen. So können diese eingetragenen Lebenspartnerschaften z. B. keine Kinder adoptieren, auch wenn sie selber als Männer oder Frauen eigene Kinder haben oder mit in diese eingetragene Lebenspartnerschaft einbringen. Das ist noch ein weiter Weg dahin. Ich meine aber, dass wir mit dem Lebenspartnerschaftsergänzungsgesetz, das im Bundestag verabschiedet wurde und noch im Vermittlungsverfahren steckt, einen weiteren Schritt auf diesem Weg der Antidiskriminierung gehen werden. Wir hatten schon einen schwulen Verkehrsminister. Wir haben einen schwulen Parteivorsitzenden in diesem Bundesland. Wir werden demnächst vielleicht auch den ersten schwulen Ministerpräsidenten in einem Bundesland haben. Es wird Zeit, dass auch die CDU hinter ihrem alten Ofen hervorkommt. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Jahn [CDU]: Wohinter sollen wir hervorkommen? Unglaublich!)

Frau Kollegin Litfin, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe den Worten der geschätzten Kollegin ElsnerSolar so gut wie gar nichts hinzuzufügen; denn ich meine, sie hat das Richtige gesagt und hat das gesagt, was es zu diesem Gesetzentwurf zu sagen gilt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Frau Leuschner [SPD]: Und Schluss!)

- Nicht „und Schluss“. - Ich möchte noch gerne sagen, dass wir Grünen es gerne gesehen hätten, wenn auch das Adoptionsrecht zugestanden worden wäre. Aber darauf haben wir ja in Niedersachsen keinen Einfluss.

Ich freue mich auch darüber, dass der Gesetzentwurf, der in der Ursprungsfassung schon wirklich gut war, durch die zügigen Beratungen in den Ausschüssen noch besser geworden ist. Trotzdem habe ich doch noch eine kleine Träne im Knopfloch. Da die Gemeinsamkeiten schon durch unseren gemeinsamen Antrag zu Beginn dieses Jahres - darin haben wir zum Ausdruck gebracht, wie wir möchten, dass dieses Gesetz in Niedersachsen ausgeführt wird - klar auf der Hand gelegen haben, hätte ich mir gewünscht, wenn die Fraktionen der SPD und der Grünen diesen Gesetzentwurf gemeinsam eingebracht hätten. Nun, es hat nicht sollen sein. Wir sind nicht bockig und stimmen dem Gesetzentwurf gerne zu, weil wir ihn rundum gelungen finden.

Vielleicht noch einmal zur Information des geschätzten Kollegen Jahn, der sich ja immer freut, wenn mir nette Begebenheiten ins Haus stehen: Am 25. August dieses Jahres werde ich die große Freude haben, meine erste Schwulen-Hochzeit zu erleben, die erste eingetragene Partnerschaft von einem Paar, das mir bekannt ist, in Braunschweig zu feiern. Ich hoffe, Ernst-Henning Jahn, das freut dich genau so wie mich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Biallas, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird den vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes ablehnen. Der maßgebliche Grund für diese Ablehnung ist unsere begründete Befürchtung, dass dieses Gesetz im Kern den Grundsätzen unserer Verfassung widerspricht. Nicht etwa Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Paare stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, wohl aber die Ehe zwischen Frau und Mann sowie die Familie. Das ist so.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn es bei diesem Ausführungsgesetz nicht mehr um die Frage des Ja oder Nein zu einer staatlich organisierten gleichgeschlechtlichen Partnerschaft geht, müssen wir es ablehnen, verfassungsrechtlich Bedenkliches per Gesetz im Detail auszuführen.

(Zustimmung bei der CDU)

Gerade in einer für unsere Gesellschaft so grundsätzlichen Frage hätten wir uns von der SPD, von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Innenausschuss, gewünscht, dass Sie Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf auch bei der Ausschussberatung wenigstens substanziell hätten begründen können.

(Jahn [CDU]: Denen ist dazu auch nichts eingefallen!)

Bei den Ausschussberatungen war von Ihrer Seite ausweislich des Protokolls zum Sinn bzw. Unsinn einer solchen Regelung nicht ein einziges Wort zu hören. Das ist wirklich ein Armutszeugnis, wenn es um solch schwerwiegende Fragen für unsere Gesellschaft geht.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Elsner-Solar [SPD])

- Ich darf zwar nicht sagen, was jemand im Ausschuss gesagt hat, aber ich darf hier erzählen, dass Sie geschwiegen haben. Das ist mein Recht.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Es wäre besser gewesen, wenn Sie das auch gemacht hätten!)