Protokoll der Sitzung vom 15.06.2001

(Möllring [CDU]: Das reicht Ihnen, um ein Urteil über Ihren Kollegen in Nordrhein-Westfalen abzugeben? Das ist ja eine Berichtssache! Das hat ja nicht ein Assessor entschieden!)

Das war eine Zwischenfrage.

Mir reichten die Informationen, die ich zur Verfügung hatte, um zu meiner Bewertung zu kommen, dass ich Transparenz für besser gehalten hätte als eine Einstellung des Verfahrens mit demselben Ergebnis gegen Zahlung von 300 000 DM.

(Plaue [SPD]: Es ist schon bemer- kenswert, wie die CDU ihren Ehren- vorsitzenden aus diesem Verfahren ausblendet! Da werden Sie plötzlich alle ganz kleinlaut da drüben!)

Es gibt jetzt keine Wortmeldungen für Zusatzfragen mehr.

Wir kommen zu der zweiten Frage, die von dem Abgeordneten Schünemann gestellt wird.

Frage 2: Scheitert Bewerbung eines Forstbeamten an dessen kommunalpolitischem Engagement?

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Neuorganisation der Niedersächsischen Forstverwaltung in der Harzregion wurden u. a. vier Forstamtsleiterstellen ausgeschrieben. Dabei hätten alle organisationsbetroffenen, interessierten bisherigen Forstamtsleiter der Harzregion eine der Amtsleiterfunktion entsprechende Verwendung erhalten können.

Der Leiter des Forstamtes Altenau hatte sich für die Amtsleiterstelle des Forstamtes Clausthal beworben. Der Forstbeamte ist ehrenamtlich als Ratsherr, Fraktionsvorsitzender und stellvertretender Bürgermeister sowie als Kreistagsabgeordneter im Kreistag des Landkreises Goslar kommunalpolitisch tätig. Die Wahrnehmung dieser kommunalpolitischen Mandate ist aber nur mit der Stelle eines Forstamtsleiters vereinbar, wenn diese in einer zumutbaren Entfernung zum Wohnort des Beamten liegt.

In Kenntnis dieser Situation hat das Landwirtschaftsministerium die ausgeschriebene Amtsleiterstelle in Clausthal einem anderen Bewerber übertragen und dem Leiter des Forstamtes Altenau, das am 30. September 2001 aufgelöst werden soll, empfohlen, sich für die Amtsleiterstelle des Forstamtes Riefensbeek zu bewerben. Das Forstamtsgebäude von Riefensbeek liegt zwar in ausreichender Nähe, die Forstamtsflächen befinden sich aber weit abgelegen vom Wohnort des Amtsleiters vom Forstamt Altenau. Der Wohnsitz des Mitbewerbers um die Amtsstelle in Clausthal liegt dagegen günstiger zu den Riefensbeeker Forstamtsflächen und noch in zumutbarer Entfernung zum Forstamtssitz in Riefensbeek.

Vor diesem Hintergrund drängt sich der Verdacht auf, dass unter Verstoß gegen § 35 Abs. 2 Landkreisordnung und gegen § 39 Abs. 2 NGO der Forstbeamte an der Wahrnehmung seiner kommunalpolitischen Mandate jedenfalls in dem bisherigen Umfang gehindert werden soll.

Ich frage vor diesem Hintergrund die Landesregierung:

1. Warum hat das Landwirtschaftsministerium nicht auch die Harzer Forstamtsleiterstellen wie in allen anderen Fällen im Meldeverfahren vergeben?

2. Warum hat das Landwirtschaftsministerium den Forstbeamten vor die Alternative gestellt, sich entweder um die Forstamtsleiterstelle in Riefensbeek zu bewerben oder Dezernent im Forstamt Clausthal mit niedriger dotiertem Dienstposten zu werden?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, ihre Entscheidung zu korrigieren und dem Forstbeamten die Amtsleiterstelle des Forstamtes Clausthal zu übertragen?

Die Antwort gibt der Landwirtschaftsminister - in diesem Fall als Forstminister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die von dem Abgeordneten Schünemann gestellte Frage beantworte ich wie folgt:

Im Rahmen der vierten Stufe der Forstreform - Organisation der Niedersächsischen Forstämter im Harz - werden die derzeit bestehenden zehn Forstämter mit Ablauf des 30. September 2001 aufgelöst und zum 1. Oktober 2001 die fünf Niedersächsischen Forstämter Braunlage, Clausthal, Lauterberg, Riefensbeek und Seesen neu gebildet.

Von den fünf neu eingerichteten ForstamtsleiterDienstposten sind vier Dienstposten zur Besetzung unter allen Beamtinnen und Beamten des höheren Forstdienstes der niedersächsischen Landesforstverwaltung ausgeschrieben worden. Der neu eingerichtete Dienstposten „Leitung des Niedersächsischen Forstamtes Braunlage“ wird dem Forstamtsleiter des derzeit noch bestehenden Forstamtes Braunlage übertragen, da der Beamte am 30. September 2001 das 63. Lebensjahr vollendet haben wird und ihm ein Dienststellen- und Ortswechsel nicht mehr zugemutet werden soll.

Der vom Fragesteller geäußerte mögliche Verdacht, der in Rede stehende Forstbeamte solle an der Wahrnehmung seiner kommunalpolitischen Mandate gehindert werden, wird seitens der Landesregierung entschieden zurückgewiesen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Gemäß § 8 Abs. 2 des Niedersächsischen Beamtengesetzes und § 7 des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes sind Stellen grundsätzlich zur Besetzung auszuschreiben. Anders als in den vorhergehenden Stufen der Forstreform rechtfertigte die geringe Zahl von zu vergebenden Forstamtsleiter-Dienstposten und betroffenen Beamten keine Abweichung vom Prinzip der Ausschreibung. Hinzu kommt, dass anders als in den Meldeverfahren zur ersten Stufe der Forstreform die Forstamtsleiter-Dienstposten der zum 1. Oktober 2001 neu zu bildenden Forstämter im Harz eindeutig nach der Besoldungsgruppe A 15 bewertet sind. Die Auswahl unter den Bewerbern für die

Stellen muss auf der Grundlage des verfassungsrechtlich gebotenen Leistungsgrundsatzes erfolgen. Im Übrigen erfordert das Anforderungsprofil dieser Stellen mit Leitungsverantwortung eine leistungsbezogene Personalauswahl.

Vier der Stellen sind daher im Rahmen der vierten Stufe der Forstreform entsprechend zur Besetzung ausgeschrieben worden. Ein rechtliches Ermessen für die Besetzung der Stellen in einem Meldeverfahren, in dem die Personalauswahl ausschließlich unter Berücksichtigung sozialer Kriterien erfolgt, bestand nicht. Im Übrigen sei erwähnt, dass von den bei der Auflösung von 30 Forstämtern in der ersten Stufe der Forstreform betroffenen Forstamtsleitern zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch 13 Beamte die Funktion eines Forstamtsdezernenten inne haben.

Zu 2: Dem in Rede stehenden Forstbeamten ist in seinem Interesse, auch künftig als Forstamtsleiter tätig zu sein, seitens der Verwaltung in Kenntnis des potenziellen Bewerberkreises um den Forstamtsleiter-Dienstposten des Forstamtes Clausthal vorsorglich anheim gestellt worden, sich nicht nur um diesen Dienstposten, sondern auch um den Forstamtsleiter-Dienstposten des Forstamtes Riefensbeek zu bewerben. Der Forstbeamte ist darauf hingewiesen worden, dass er im Falle des Unterliegens im Auswahlverfahren um den Forstamtsleiter-Dienstposten des Forstamtes Clausthal zur Wahrung der räumlichen Nähe seines Dienstortes zu seinem Wohnort anderenfalls als Forstamtsdezernent im Forstamt Clausthal einzusetzen sei. Der Dienstposten des Forstamtsdezernenten ist zwar mit der Besoldungsgruppe A 14 der Bundesbesoldungsordnung niedriger bewertet als die genannten Forstamtsleiter-Dienstposten, würde aber in seiner Wertigkeit dem derzeitigen Amt des Forstbeamten als Forstoberrat in der Besoldungsgruppe A 14 der Bundesbesoldungsordnung entsprechen.

Zu 3: Die Landesregierung sieht im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit des ausgewählten Bewerbers für den Forstamtsleiter-Dienstposten des Forstamtes Clausthal keine Möglichkeit, dem in Rede stehenden Forstbeamten diesen Dienstposten zu übertragen.

(Zuruf von der SPD: Alles gesagt! – Adam [SPD]: Nicht nur alles gesagt - alles klar gesagt!)

Eine Wortmeldung für eine Zusatzfrage liegt mir nicht vor.

Wir kommen zu

Frage 3: Versicherungsämter der Kommunen

Herr Groth bringt die Frage ein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gemäß §§ 92 und 93 SGB IV aus dem Jahre 1980 halten die Kommunen Versicherungsämter vor. Diese Ämter leisten in aller Regel hervorragende Arbeit und erfreuen sich in vielen Kommunen großer Beliebtheit beim Publikum.

Die kommunalen Versicherungsämter beraten, nehmen Anträge entgegen, klären Sachverhalte auf, bearbeiten Versicherungsverläufe, helfen bei der Beschaffung von Beweismitteln und beraten in allen Angelegenheiten der Sozialversicherung gemäß § 93 SGB IV. Diese und weitere Aufgaben haben auch die Träger der Sozialversicherung und nehmen sie - zunehmend gemeinsam - ebenfalls in den Kommunen wahr.

Die Kommunen dürfen jedoch trotz dieses Doppelangebots in selber Sache ihre Ämter nicht schließen, weil sie durch bundesgesetzlichen Auftrag verpflichtet sind, Versicherungsämter vorzuhalten. Schätzungsweise werden so in Niedersachsen in den Kommunen 300 bis 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finanziert und mit Aufgaben gebunden, die ein anderer eigentlich Zuständiger mindestens ebenso gut erledigt und auch durch seinen vereinfachten Zugriff auf die Unterlagen von Versicherten besser erledigen kann. Dadurch werden die Kommunen in Niedersachsen zu Ausgaben von bis zu 40 Millionen DM jährlich veranlasst.

Dies vorausgeschickt, fragen wir die Landesregierung:

1. Ist sie der Auffassung, dass die Aufgaben der kommunalen Versicherungsämter grundsätzlich auch und qualitativ gut von den Rentenversicherungsanstalten vor Ort wahrgenommen werden?

2. Ist sie willens, durch eine Initiative im Bundesrat bei nächster Novellierung des SGB dafür zu

sorgen, dass es zukünftig nicht mehr zur Pflicht der Kommunen gehört, kommunale Versicherungsämter vorzuhalten?

Die Antwort erteilt die Ministerin für Frauen, Arbeit und Soziales, Frau Dr. Trauernicht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Niedersachsen sind die Landkreise und die kreisfreien Städte zuständig für die Aufgaben der Versicherungsämter nach § 93 SGB IV.

(Möllring [CDU]: Das weiß Groth seit 30 Jahren!)

Eine der wichtigsten Aufgaben der Versicherungsämter besteht darin, die Bürgerinnen und Bürger in Angelegenheiten der Sozialversicherung zu informieren. Der Gesetzgeber unterscheidet hier zwischen der Auskunftspflicht der Versicherungsämter und der Beratungspflicht der Sozialversicherungsträger, die in § 14 SGB I normiert ist.

Hintergrund dafür ist, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Kommune Ansprechpartner haben, die sie bei den komplexen Fragen der Sozialversicherung beraten und insbesondere helfen sollen, eine Bürokratie der „langen Wege“ zu vermeiden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Die Rentenversicherungsträger in Niedersachsen kommen im Rahmen ihrer Zuständigkeit ihren Auskunfts- und Beratungspflichten mit Kompetenz und Qualität nach. Dies gilt sowohl für die Landesversicherungsanstalten als auch für die BfA.

Die Tätigkeit der Versicherungsämter umfasst allerdings nicht nur die Auskunft in Rentensachen, sondern - wie gesagt - auch in allen anderen sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten, zum Beispiel der Kranken- oder Pflegeversicherung.

Auch erreichen die Rentenversicherungsträger die Versicherten nicht in der Breite, wie dies kommunale Behörden können. Dies verdeutlichen allein die Zahlen: Derzeit gibt es in Niedersachsen 27 Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherungsträger, während die kommunalen

Aufgaben der Versicherungsämter derzeit von 95 Stellen wahrgenommen werden

Zu 2: Aus den §§ 92, 93 SGB IX ergibt sich nicht notwendigerweise die Verpflichtung der Kommunen, eigenständige Versicherungsämter vorzuhalten. Gleichwohl ergibt sich allerdings die Verpflichtung, diese Leistungserfordernisse sicherzustellen. Vor Ort in den Kommunen sind durchaus verschiedene Verwaltungsstrukturierungen denkbar, um Synergieeffekte mit verschiedenen Angeboten im Bereich der Beratung zu erreichen. Wir werden diese Anfrage zum Anlass nehmen, mit den kommunalen Spitzenverbänden Gespräche darüber zu führen, wie die Aufgaben der Versicherungsämter in den Kommunen wahrgenommen werden und organisiert sind.

Sollte sich in diesen Gesprächen herausstellen, dass die Rechtslage, d. h. die bundesrechtliche Verpflichtung zur Wahrnehmung dieser Aufgaben in Form von Versicherungsämtern, einer flexiblen, bürgernahen und modernen Kommunalverwaltung entgegensteht, werden wir einen Vorstoß unternehmen, diese Rechtslage den heutigen Erfordernissen anzupassen.

(Beifall bei der SPD)