Auch bei diesem Antrag, der von uns vorgelegt worden ist, konnten wir feststellen, dass er im Ministerium nicht nur angekommen, sondern auch umgesetzt worden ist; denn wir finden viele Punkte unseres Antrags in der familienpolitischen Initiative des Landes wieder.
Nun liegt uns heute zur abschließenden Beratung ein Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen vor. Unser Antrag wird seit Mai beraten. Ich frage mich, warum diese Änderung nicht in die Beratung eingeflossen ist, wo doch der Inhalt von Ihnen in der Presse durchaus publik gemacht worden ist. Außerdem gibt es zum Thema Realsplitting einen Antrag von Ihnen. Ich habe den Eindruck, dieser Antrag soll heute auf kaltem Wege mit erledigt werden; denn dieser Antrag befindet sich in der Beratung.
Meine Damen und Herren, Familienpolitik ist Querschnittspolitik. Das zeigt auch unser Antrag. Lassen Sie uns gemeinsam für die Familien an dem Ziel arbeiten: Niedersachsen gleich Familienland. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hemme, zunächst einige Sätze zu der Frage, warum wir zur abschließenden Beratung einen Änderungsantrag vorgelegt haben. Die Beratung des Antrags der SPD-Fraktion im federführenden Ausschuss war wirklich nicht hinnehmbar. Ich habe darum gebeten, ausführlich zu beraten. Wir handhaben es eigentlich immer so, dass Änderungsanträge in der ersten Beratung nicht gleich schriftlich auf den Tisch gelegt werden müssen, sondern auch das Ergebnis eines Beratungsprozesses sein dürfen. Das haben Sie verhindert, Frau Hemme. Deswegen blieb kein anderer Weg.
Meine Damen und Herren, vielleicht sind wir uns in einer Sache doch immerhin einig, und zwar darin, dass Familienfreundlichkeit vor allen Dingen die Schaffung von Rahmenbedingungen bedeutet, die dafür sorgen, dass das Leben mit Kindern nicht automatisch dazu führt, dass persönliche, berufliche und finanzielle Nachteile hingenommen werden müssen. Wenn man junge Frauen tatsächlich dazu ermutigen will, sich wieder mehr für Kinder zu entscheiden, dann muss nach meiner Einschätzung noch sehr viel getan werden. Ich glaube, dass auch Niedersachsen noch etwas mehr tun muss, um sich dieses Markenzeichen „familienfreundlich“ ans Revers heften zu dürfen.
Für mich bedeutet Infrastruktur in erster Linie die Verbesserung von Kinderbetreuungseinrichtungen. Insofern liegen unsere Auffassungen nicht weit auseinander. Ich glaube jedoch, dass es dabei um andere Dimensionen geht als um die, über die bisher zu diesem Thema beraten worden ist. Dass Bewegung darin ist, zeigt nicht zuletzt auch die Tatsache, dass selbst die CSU in Bayern der Auffassung ist, wir brauchen eine Ganztagsbetreuung. Ich finde, wir sollten nicht dahinter zurückfallen. In einem heute zu beschließenden Entschließungsantrag muss doch festgelegt werden, dass wir den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr brauchen.
Zudem brauchen wir familienfreundliche Arbeitsplätze. Auch in dieser Hinsicht sind wir uns, was die Zielsperspektive angeht, einig. Ich finde es schade, dass dazu in dem Entschließungsantrag der SPD-Fraktion, aber auch in dem Konzept der Landesregierung wenig Konkretes steht. Wir haben dazu schon vor langer Zeit einen Antrag vorgelegt, der zurzeit im Wirtschaftsausschuss beraten wird. Ich hoffe, dass über diesen Antrag positiv entschieden wird, weil er einen konkreten Beitrag zur Verbesserung der Situation für Frauen darstellt.
Ich glaube, man darf nicht darum herumreden: Wir brauchen einfach neue Männer. Wir brauchen Männer, die belastbarer sind
Frau Ministerin, was die neuen Männer angeht, so ordne ich Ihnen dafür wirklich nur begrenzt die Verantwortung zu. Aber auch dort muss man vielleicht ein bisschen schieben und Erziehungsarbeit - wenn auch manchmal unbezahlt - leisten.
Lassen Sie mich zunächst einmal etwas zu der Kinderbetreuung sagen. In dem Familienpapier der Landesregierung finden wir hierzu vor allem den Hinweis darauf, dass die Kommunen für die Kinderbetreuungsangebote zuständig sind. Meine Damen und Herren, bei der Finanzausstattung der Kommunen, die uns allen bekannt ist, ist eine solche Aussage aus meiner Sicht zynisch. Es ist doch völlig klar, dass die Kommunen nicht in der Lage sein werden, eine Aufgabe dieser Größenordnung zu schultern. Auch das Land kann es nicht. Deswegen haben wir den Vorschlag gemacht, an dieser Stelle zu einer ganz anderen Finanzverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen zu kommen. Da wir wissen, dass wir auch in Berlin das Geld nicht drucken können, schlagen wir eine Umverteilung vor, weg vom Ehegattensplitting, weg von der Eheförderung, hin zu der Förderung des Lebens mit Kindern.
Familienfreundliche Arbeitsplätze sind nach wie vor ein düsteres Kapitel. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird von den Arbeitgebern bis auf ganz wenige Ausnahmen zur Privatangelegenheit der betroffenen Frauen erklärt. Es ist hier bereits angeklungen: Auch die Landesregierung bildet da keine große Ausnahme. Ich finde sehr wohl, dass Hessen bewiesen hat, dass es auch anders geht. Ich meine, wir sollten sehr schnell den Männern und Frauen die unterhälftige Beschäftigung als Beamte bzw. Beamtinnen im Landesdienst ermöglichen. Ich finde, das wäre ein kleiner Hinweis darauf, ob das Emblem „Familienfreundlichkeit“ diese Landesregierung einmal erreichen wird. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass Sie Ihren Antrag zurückziehen, denn die Beratung im zuständigen
Ausschuss war mehr als mangelhaft. Der Abgeordnete Schumacher, der damals den Antrag im Landtag eingebracht hat, hat im Ausschuss lediglich gemeint, über den Antrag brauche man nicht mehr zu diskutieren. Er sei bereits bei der Einbringung ausgiebig diskutiert worden. Ich wollte Ihnen eigentlich noch einmal meine Einbringungsrede vortragen, damit Sie wissen, was wir dazu gesagt haben, weil es - wie gesagt - im Ausschuss keine Diskussionen gab. Die Abgeordnete Hemme meinte lediglich, Familienpolitik sei Querschnittsaufgabe. Das ist eine ganz neue Erkenntnis, Frau Hemme. Wir wissen das schon länger. Aber schön, dass auch Sie es endlich wissen.
Eines kommt noch hinzu: Während der Beratung des Antrages im Landtag hat die zuständige Ministerin ihr Familienkonzept verkündet. Hier stellt sich doch die Frage, wie Sie mit sich umgehen lassen. Die SPD-Fraktion stellt einen Antrag zur Familienpolitik, und die Ministerin bringt ein eigenes Konzept vor. Sie beraten diesen Antrag, den Sie selbst gestellt haben, wissen aber anscheinend nichts von dem Konzept der Ministerin, denn niemand von Ihnen weist darauf hin, dass ja das ganz tolle allumfassende Konzept bald vorgelegt wird. Ich finde, so kann man mit sich als Fraktion nicht umgehen lassen. Das geht doch nicht.
Wenn wir so weitermachen, dann wird die Landtagsarbeit zur Farce. Wir beraten hier Anträge, und draußen verkündet die Regierung - wie schon in der Schulpolitik geschehen - ihre eigenen Konzepte. So, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, geht es nicht.
(Zustimmung bei der CDU - Plaue [SPD]: Das ist der Unterschied zwi- schen einer Regierungsfraktion und einer Oppositionsfraktion! - Mühe [SPD]: Das ist Arbeitsteilung!)
- Herr Plaue, Sie kommen auch noch dran. - Die Ministerin sagte, es müsse ein radikales Umdenken geben. Sehr wohl, Frau Dr. Trauernicht, es muss ein radikales Umdenken geben. Wen meinen Sie aber damit? - Ihre Landesregierung, Ihre Fraktion? Uns können Sie jedenfalls nicht gemeint haben, denn wir machen Familienpolitik schon solange ich hier bin, und meine Kollegen vor mir haben das auch schon getan.
Frau Ministerin, Sie müssen einmal deutlich sagen, ob das zutrifft, was Sie in Ihrer letzten Rede gesagt haben, nämlich dass die SPD schon immer - seit 1990 - die richtige Politik gemacht hat, oder ob das stimmt, was der ehrenwerte Herr Fraktionsvorsitzende gesagt hat, nämlich - das ist dem TIL-online, der Fraktionszeitung der SPD, zu entnehmen -: Wir Sozialdemokraten haben die Familien nicht erst jetzt entdeckt. Die SPD hat bereits im vergangenen Jahr mit der Umsetzung eines neuen Kurses in der Familienpolitik begonnen.
Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Die SPD hat die Familie nicht erst jetzt entdeckt, sondern vor einem Jahr. Das ist eine tolle Erkenntnis.
(Plaue [SPD]: Das ist aber eine freie und unzulässige Interpretation! Sie müssen nicht nur lesen, sondern auch nachdenken können!)
- Warum sprechen Sie nicht so, dass man es versteht? Wenn Sie es verklausuliert schreiben, können Sie das gleich sagen. Ich habe Sie eben zitiert, verehrter Herr Kollege. Sie haben wohl einen dummen Schreiber gehabt, der das nicht richtig formuliert hat.
(Plaue [SPD]: Kennen Sie die Be- deutung eines Punktes? - Mit einem Punkt endet ein Satz, dann fängt der nächste an!)
Verehrte Ministerin, Niedersachsen ist kein Familienland. Das sagen uns auch die Verbände. Die Arbeitsgemeinschaft der Familien hat in einem Schreiben vom 13. September über mangelhafte Unterstützung geklagt. 1996 wurden im Haushalt 30 Millionen DM gekürzt. Seitdem liegen diese Haushaltsmittel konstant bei 230 Millionen DM. Das bedeutet eine Kürzung, weil natürlich die Gehaltssteigerungen nicht inbegriffen sind.
Daraufhin musste der Verband der allein erziehenden Mütter und Väter seine Arbeitszeiten reduzieren. Das ist die Familienpolitik, die Sie hier im Landtag mit zu verantworten haben.
Mir liegen zwei Schreiben einer Selbsthilfegruppe für Stieffamilien aus Celle vor. Sie wissen, dass es ein ganz wichtiges Thema ist, wie wir Stieffamilien behandeln. Wie kommen diese Familien mit der neuen Situation klar: meine Kinder, deine Kinder, unsere Kinder? - Diese Selbsthilfegruppe wollte eine Beihilfe haben. Sie haben das jedoch abgelehnt. Außerdem gibt es einen Trägerverein für Familien-, Mütter- und Kinderzentren in Gehrden. Auch hierfür wurden Mittel abgelehnt. Sie wissen, dass die Tagessätze für Familienerholung erhöht werden müssen, weil sie nie angeglichen worden sind. Viele Familien können es sich, selbst mit Hilfe des Landes, nicht leisten, in den Urlaub zu fahren. Warum haben Sie in diesem Bereich jahrelang nichts getan?
Sie sagen in Ihrem Konzept, Sie wollten Mütterzentren stärken. Das fordern wir seit Jahren. Aber, verehrte Frau Ministerin, auch dazu benötigt man Geld, und das Geld haben wir in Ihrem Haushaltsplanentwurf nicht gefunden. Stattdessen haben Sie im Haushaltsplanentwurf allein für den Beitrag Leben mit Kindern 2 Millionen Euro veranschlagt. Ich bezweifle, dass dieses Geld für die Lösung der Probleme, die wir haben, ausreichen wird.
Außerdem möchte die Ministerin Bündnisse für Kinder gründen. Es ist immer gut, wenn man sich an einen Tisch setzt und redet. Ich hoffe aber, es kommt mehr dabei heraus als beim Bündnis für Arbeit, bei dem nur geredet und sehr wenig getan wird.
(Mühe [SPD]: So ein Quatsch! Da ist doch etwas herausgekommen in Be- zug auf die Jugendarbeitslosigkeit! Sie sind eine richtige Ignorantin!)
- Entschuldigung! Redet doch einmal mit den Betroffenen, die an diesen Gesprächen teilnehmen. Alle sagen, es wird nur geredet und geredet.
Frau Ministerin, Sie fordern mehr Betreuung für Kinder. Wir brauchen mehr Ganztagsplätze an den Schulen und in den Kindergärten. - Hierbei verweisen Sie jedoch zugleich auf die Kommunen, die sich nicht aus der Verantwortung ziehen sollen. Meine Damen und Herren, wer hat denn in den vergangenen Jahren den Kommunen so massiv in die Taschen gegriffen, dass sie gar nicht mehr in der Lage sind, sich intensiv um Kinderbetreuung zu kümmern?
(Plaue [SPD]: Lesen Sie doch ab und zu mal Zeitung, Frau Pawelski! Sie kennen doch das Urteil des Staatsge- richtshofes!)
Wer hat denn im Wahlkampf 1990 versprochen, alle Betreuungskosten für Kindergärten für die Kommunen zu übernehmen?
Sie und ich, Herr Mühe, waren doch im Ausschuss dabei, als das Stück für Stück reduziert wurde. Jetzt sind Sie bei schlappen 16 %. Das ist doch peinlich, was Sie leisten.