Laut Presseberichten ist es ab sofort möglich, dass jugoslawische Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgeführt werden können, nachdem die Rückführung dieser Flüchtlinge seit Anfang der 90er-Jahre ausgesetzt worden war. Die Bundesregierung hat mit den Vertretern der jugoslawischen Behörden entsprechende Gespräche geführt.
1. Wie viele jugoslawische Flüchtlinge sind in Niedersachsen zur Ausreise verpflichtet, und welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, damit die jugoslawischen Flüchtlinge zurückgeführt werden?
2. Welche besonderen Anreize zur Rückkehr der jugoslawischen Flüchtlinge hat sie vorgesehen, und wann ist die Rückführungsaktion abgeschlossen?
Nachdem das Bundesministerium des Innern die Länder mit Schreiben vom 4. Juli 2001 über die Möglichkeit der Wiederaufnahme der Rückführungen in die Bundesrepublik Jugoslawien unterrichtet hatte, hat das Niedersächsische Innenministerium die Modalitäten der Rückführung mit Erlass vom 26. Juli 2001 – 45.3 – 12235/12-38-2/VORIS 26 100 00 00 00 099 – geregelt. Aus dem beigefügten Abdruck dieses Erlasses, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ergeben sich die näheren Einzelheiten.
Zu 1: Am 30. Juni 2001 hielten sich ausweislich des Ausländerzentralregisters insgesamt 12 469 jugoslawische Staatsangehörige geduldet in Niedersachsen auf. Von diesen Personen stammten nach den statistischen Erhebungen der Ausländerbehörden 9 272 Personen aus dem Kosovo, für das besondere Rückführungsregelungen gelten. Die Zahl der Geduldeten aus Serbien und Montenegro beläuft sich damit auf 3 197 Personen, wobei voraussichtlich ein noch nicht bezifferbarer Anteil aufgrund der Bleiberechtsregelung für erwerbstäti
ge Flüchtlinge aus der Bundesrepublik Jugoslawien (RdErlass MI vom 22. Mai 2001) ein Aufenthaltsrecht wird erhalten können. Es ist davon auszugehen, dass max. rd. 3 000 Personen ausreisepflichtig sind.
Zu 2: Grundsätzlich soll die freiwillige Rückkehr Vorrang vor Zwangsmaßnahmen haben. Diejenigen Flüchtlinge aus der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro), die freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, erhalten finanzielle Unterstützung im Rahmen der Programme REAG (Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany) und GARP (Go- vernment Assisted Repatriation Programme). REAG beinhaltet die Übernahme der Reisekosten und die Gewährung von Reisebeihilfen (Taschen- geld und Gepäckkosten), GARP die Zahlung einer Überbrückungshilfe in Höhe von zurzeit 675 DM pro Erwachsenem und Heranwachsendem, DM 337,50 pro Kind unter zwölf Jahren und bis zu 2.025 DM pro Familie. Die Kosten dieser Programme tragen Bund und Länder.
Die Rückführung soll so zügig wie möglich erfolgen. Ein fester Zeitrahmen kann allerdings bereits deshalb nicht genannt werden, weil in den meisten Fällen die Möglichkeit der Rückführung von der Bereitschaft der jugoslawischen Stellen, die erforderlichen Rückreisepapiere auszustellen, abhängig ist. Auch ist zu erwarten, dass ein großer Teil der Ausreisepflichtigen jetzt erneut einen Asylantrag stellen oder Abschiebungshindernisse geltend machen wird.
Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom Mein Zeichen (Bei Antwort angeben) Durchwahl Nr. (05 11) 1 20Hannover 45.3-12235/ 12-38-2 47 95 26.07.2001 VORIS 26100 00 00 00 099
Während des von der Europäischen Union mit Wirkung vom 08.09.1998 verhängten Flugembargos (Flugverbot für die JAT) konnten jugoslawische Staatsangehörige nicht in die Bundesrepublik Jugoslawien außerhalb des Kosovo zurückgeführt werden. Nach dem politischen Umbruch in der Bundesrepublik Jugoslawien und nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen hielten Auswärtiges Amt und Bundesministerium des Innern eine sofortige Wiederaufnahme von Rückführungen nicht für angezeigt, obwohl das bilaterale Rückübernahmeabkommen aus dem Jahre 1996 von keiner Seite aufgekündigt worden war. Vielmehr sollte das Rückübernahmeverfahren zunächst mit der jugoslawischen Seite abgesprochen werden.
Die Innenminister und -senatoren der Länder haben das Bundesinnenministerium gebeten, darauf hinzuwirken, dass eine entsprechende Vereinbarung die Rückführung jugoslawischer Staatsangehöriger aus dem Kosovo, insbesondere nicht-albanischer Volkszugehöriger, auch in das übrige Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien ermögliche.
Am 19./ 20.06.2001 haben in Berlin Verhandlungen mit der jugoslawischen Seite stattgefunden und zu den in der „Abgestimmten Niederschrift“ festgelegten Ergebnissen geführt, im Einzelnen wie folgt:
- Ab sofort können wieder Rückführungen in die Bundesrepublik Jugoslawien auf der Grundlage des Abkommens aus dem Jahre 1996 mit bestimmten Modifizierungen durchgeführt werden.
- Für jugoslawische Staatsangehörige mit gültigen blauen Pässen ist ein Rückübernahmeersuchen entbehrlich. Sie können ohne Formalitäten freiwillig ausreisen und zurückgeführt werden.
- Liegt bereits eine Zusage zur Rückübernahme vor (sogenannte „Altfälle“ vor Beginn des Flugembar- gos) , wird das zeitaufwendige Überprüfungsverfahren durch das jugoslawische Innenministerium durch ein auf möglichst 7 Tage verkürztes Prüfungsverfahren durch die konsularischen Vertretungen ersetzt.
- Auf die ausschließliche Beförderung der Rückzuführenden durch die JAT wird verzichtet. Begleitete und unbegleitete Rückführungen können durch deutsche und jugoslawische Luftverkehrsunternehmen mit Charter- und Linienflügen erfolgen.
- In einer weiteren Gesprächsrunde im August/ September 2001 in Belgrad soll ein neues Rückübernahmeabkommen abgeschlossen werden, das dem inzwischen entwickelten europäischen Standard entspricht und von dem sich die deutsche Seite weitere Verfahrensbeschleunigungen erhofft. Im Rahmen dieser Gespräche soll auch der Frage näher getreten werden, ob Angehörige ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo auch in das übrige Gebiet der Bundesrepublik Jugoslawien zurückgeführt werden können. Bislang ist dies noch nicht möglich.
Nach wie vor sollte die freiwillige Rückkehr Vorrang vor Zwangsmaßnahmen haben. Steht die Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr zur Überzeugung der Ausländerbehörde fest, kann in geeigneten Fällen eine angemessene Frist zur Regelung persönlicher Angelegenheiten gesetzt werden. Die freiwillige Ausreise wird nach Maßgabe des RdErl. vom 07.12.2000 - Nds. MBl.,
Seite 288 ff.- bis zum 31.12.2001 abweichend vom allgemeinen REAG-Programm gefördert; außerdem werden zusätzliche Rückkehrhilfen nach GARP gewährt. Die Rückreise kann mit gültigem blauem Reisepass und Rückkehrvignette auch auf dem Landwege erfolgen (vgl. Bekanntmachung der Vereinbarung über die Gestattung der Durchreise ausreisepflichtiger ju- goslawischer Staatsangehöriger vom 17.5.2001 – BGBl. II, Seite 536 ff.).
Im Zusammenhang mit der Ankündigung der Rückführung gemäß § 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG sollen die ausreisepflichtigen jugoslawischen Staatsangehörigen nachdrücklich auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise hingewiesen werden.
Die Duldungen sind – entsprechend dem zu erwartenden Zeitbedarf für eine erforderliche Erklärung der Rückübernahmebereitschaft durch die jugoslawischen Stellen – angemessen zu verlängern.
Im Hinblick auf den in der Regel langjährig geduldeten Aufenthalt ist ein Abschiebungstermin grundsätzlich anzukündigen, soweit nicht im Einzelfall Erkenntnisse vorliegen, die darauf hindeuten, dass die Betroffenen sich der Abschiebung entziehen werden.
Eine zeitliche Staffelung der Rückführung ist nicht vorgesehen, vorrangig sollen jedoch Straftäter und „Altfälle“ zurückgeführt werden.
Vor jeder Abschiebung ist zu prüfen, ob rechtliche oder tatsächliche Abschiebungshindernisse vorliegen. Soweit eine Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse (§ 53 AuslG) durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nicht erfolgt ist und auch nicht mehr zu erfolgen hat (Asylverfahren nach "altem Recht", § 87 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG), obliegt diese Prüfung den Ausländerbehörden.
Auf ausdrücklichen Wunsch des jugoslawischen Generalkonsulats in Hamburg nach einem Ansprechpartner je Bundesland erfolgt die Beschaffung der Rückreisepapiere durch die Bezirksregierung Lüneburg.