Meine Damen und Herren, ein erfolgreiches Regionalmanagement ist genau das Gegenteil von bürgerferner Verwaltung. Es geht schließlich um ein aktives Management für die Regionen, das aus der Mittelinstanz heraus die regionale Entwicklung wirkungsvoll verstärkt.
Uns geht es darum, die entwickelten Konzepte praktisch zu erproben und diese Erprobung zu begleiten. So bringt es auch unser Antrag zum Ausdruck.
Die aus den eingeleiteten Modellvorhaben gewonnen Erfahrungen sollen im Jahre 2000 von der Landesregierung vorgelegt werden. Wir werden sie unserem Antrag entsprechend ausführlich im Landtag und im Fachausschuss beraten.
Ich begrüße es außerordentlich, dass hier keine weitere Einführung ohne vorhergehende Erprobung stattfinden wird und wir die weitergehenden Entscheidungen auf der Grundlage - das ist für uns wichtig - der Ergebnisse dieser Pilotprojekte treffen können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Plaue, wir haben in Niedersachsen etwa 800 Behörden, 492 davon auf der Ebene der so genannten gesamten Mittelinstanz. Die einen - die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen - wollen die Bezirksregierungen mittelfristig auflösen, Landesämter verkleinern, dafür aber neue Regionalparlamente und eine neue Regionsverwaltung schaffen, die anderen wollen die Zukunftsfähigkeit der staatlichen Mittelinstanz in Niedersachsen durch so genanntes Regionalmanagement sichern. Ich denke, der richtige Weg in Sachen Verwaltungsreform liegt - wie Sie ahnen werden - in der Mitte, dort, wo wir uns eigentlich schon seit geraumer Zeit befinden.
Ich darf einmal sehr deutlich sagen: Keine andere Fraktion, keine andere Partei in Niedersachsen hat bisher eine so konsequente Funktionalreform der niedersächsischen Landesverwaltung mit kleinen, dezentralen, aber bürgernahen Einheiten gefordert wie die CDU. Kooperationen, kurze Entscheidungswege, Verlagerung von übertragbaren Aufgaben von den Bezirksregierungen auf starke Landkreise - das fordern wir hier nun wahrlich nicht das erste Mal.
Zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen! Kunden- und bürgerfreundlicher Umbau, Herr Hagenah, Abschaffung der Bezirksregierungen,
Verkleinerung der Landesämter - alles freiwillig, versteht sich. Das hört sich zunächst sicherlich gut an. Dann aber Ihre feinsinnige Unterscheidung zwischen reiner Regionsbildung mit einem eigenen Regionsparlament und quasi unreiner Regionsbildung mit Zweckverbänden. Das Ganze heißt dann - sozusagen systemtheoretisch - demokratische Regionalisierung, was auch immer Sie darunter verstehen wollen. Ich denke, Praktiker würden darunter Beliebigkeit verstehen.
Denkbare Regionalisierungen sollen sich laut Ihrem Antrag an bisher bestehenden ÖPNV-Verbindungen orientieren, und zwar auch über Ländergrenzen hinweg. Sie wollten Fachanträge im Bereich Landwirtschaft, im Kinder- und Jugendbereich, im Bereich Verkehr stellen. Seit 1999 liegt dieser Antrag vor. Wir haben bisher keinen einzigen Fachantrag zu diesem Thema von Ihnen vorliegen. Als Quintessenz Ihres Antrages bleibt entweder durch Regionalisierung eine Gebietsreform für ganz Niedersachsen, die wir nicht wollen, oder die Schaffung regionalisierter Zweckverbände, mit denen wir auch nicht weiterkommen.
- Liebe Frau Leuschner, der Austausch von Begriffen und die krampfhafte Suche nach wirtschaftsnahen managementartigen Bezeichnungen allein ist nun wahrlich noch kein Konzept und wahrlich auch kein Rezept für Verwaltungsreform in Niedersachsen.
Der Zwischenbericht aus dem September des letzten Jahres quillt ja geradezu mit Managementbegriffen über. Ich darf einmal ein paar Begriffe aus diesem Zwischenbericht nennen: Zukünftig in Niedersachsen "one face to the customer", "frontdesk", "backoffice", "Regionalmanager" - das sind die zukünftigen Regierungspräsidenten -, "balanced scorecards", "Task Forces" - die dann eingesetzt werden.
(Rabe [SPD]: Sie kennen nur Befehl und Gehorsam, was? - Zuruf von der CDU: Und was ist mit Baywatch? - Heiterkeit)
Bereich der Privatwirtschaft wird am Ende rezeptpflichtig, ohne dass Sie dabei die Risiken und Nebenwirkungen bedenken.
Meine Damen und Herren, Sie rudern mächtig, aber Sie steuern nicht. Das ist das Problem in Sachen Verwaltungsreform in Niedersachsen.
Fakt bleibt nach nunmehr zehn Jahren, Herr Aller, Sie legen eine Bestandsaufnahme der Aufgaben der Mittelinstanz vor und verkünden, Sie hätten nunmehr in einer Datenbank des Landes 30 000 Einzeldaten gesammelt. Nur, was damit anfangen?
Einige Beispiele - Frau Leuschner, Sie sprachen von den Bezirksregierungen als Kompetenzzentren -: Zum Regionalmanagement der Bezirksregierung Lüneburg soll künftig die Sammlung regionaler Esskulturen gehören. Die Bezirksregierung Hannover wacht als erstinstanzliche Behörde über den Abbau der Diskriminierung und über die Förderung von Emanzipationsprozessen schwuler Männer; sie wird dabei behördlich vom Sozialministerium überwacht. Gleichzeitig werden die Bezirksregierungen durch das Innenministerium dahin gehend beaufsichtigt, dass die Ehrung von Eheund Altersjubiläen in Niedersachsen ihren korrekten Weg geht.
Auch an diesem Tag, meine Damen und Herren, sei einmal angemerkt, dass da, Herr Innenminister, eine Schwachstelle im System ist. Denn mein lieber Landtagskollege Klaus Wojahn hat heute seinen 37. Hochzeitstag, und kein Mensch weiß etwas davon.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Autoren der Bestandsaufnahme analysieren zutreffend, dass es auf der Ebene der Mittelinstanz einen erheblichen Reformbedarf in Niedersachsen gibt.
„Wir verfügen inzwischen in Niedersachsen über eine Datenbank mit 30 000 Einzeldaten, die voraussichtlich in 300 Aufgabenblöcken abgebildet werden können. Die umfassende Überprüfung der von der Landesverwaltung in den Behörden der Mittelinstanz wahrgenommenen Aufgaben hat ergeben, dass rund 70 Auf
gabenblöcke einer besonders intensiven fachübergreifenden Koordinierung und Bündelung bedürfen und für rund 40 Aufgabenblöcke dies nur anlassbezogen und zeitlimitiert gilt und rund 190 Aufgabenblöcken eigentlich wegfallen,“
Ich unterstelle, meine Damen und Herren, dass die Analyse im Zwischenbericht der Landesregierung wohl richtig ist, dass aber der Schluss aus dieser Analyse wohl der Falsche sein dürfte. Wenn 70 % der Aufgaben, die Sie analysiert haben, im Prinzip wegfallen können, dann kann es doch nicht richtig sein, dass man darüber nachdenkt, mehr Aufgaben auf die Bezirksregierungen zu übertragen, die dann Regionspräsidien heißen sollen, sondern dann muss man den umgekehrten Weg gehen und sagen: Die Aufgaben, die wegfallen können, fallen ganz weg, und notwendige Aufgaben gehen von den Bezirksregierungen an starke, schlagkräftige Landkreise, die dafür nun wahrlich die Strukturen vorhalten können.
Ohne Zweifel ist es richtig, dass bestimmte Aufgaben auf einer mittelinstanzlichen Ebene - gerade zur Koordinierung von Großprojekten zwischen Landkreisen - notwendig sind und auch zukünftig erhalten bleiben müssen.
Dennoch ist es auch wahr, Frau Leuscher, dass viele Aufgaben in Kooperation zwischen Landkreisen viel effektiver erledigt werden können, als dies heute der Fall ist. Mit Regionalmanagement, Leitlinien, Zielvereinbarungen oder mit neuen Steuerungsmodellen allein liegt ja noch kein Gesamtkonzept für den Verwaltungsaufbau Niedersachsens im 21. Jahrhundert vor.
Ich glaube, es ist ein Fehler, wenn in Niedersachsen der Weg beschritten wird, den Rheinland-Pfalz eingeschlagen hat, wenn hier nämlich sozusagen den Bezirksregierungen ein neues Deckmäntelchen übergehängt wird und veraltete Strukturen und Fehlentwicklungen lediglich konserviert werden.
Wenn festgestellt wird, dass in Niedersachsen in den Bereichen der Steuerverwaltung, der amtlichen Statistik, des Mess- und Eichwesens, der Materialprüfung, des Justizvollzuges, des Geodatenservices, der Landesvermessung, der Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung, des Apothekenund Arzneimittelwesens und des Schornsteinfegerwesens ganze Aufgabenblöcke nicht mehr nötig sind, wegfallen können, dann brauchen wir doch nicht den Begriff "Regionalmanagement", sondern dann brauchen wir in Niedersachsen eine durchgreifende Funktionalreform. Dabei müssen wir das Beharrungsvermögen der Landesverwaltung überwinden, indem wir dafür die Motivation der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Niedersachsen nutzen.
Als CDU-Fraktion wollen wir keine erneute Gebietsreform. Gerade Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, deuten jedoch diese Schritte an. Wir wollen eine Stärkung der Landkreise, weil hier die größte Bürgernähe gegeben ist und hier die wahren Probleme unseres Landes gelöst werden können.
Wir denken, dass nur mit professionellen Landkreisen und Strukturen, die gegenseitig kooperieren, und unter Wegfall nicht mehr notwendiger Aufgabenstrukturen die Landesverwaltung langfristig neu ausgerichtet werden kann und muss. Insofern werden wir dem Antrag der SPD-Fraktion und auch dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unsere Zustimmung nicht erteilen und sie natürlich auch nicht zustimmend zur Kenntnis nehmen.
Herr Kollege Althusmann, meinen Sie, wenn Sie von den starken Landkreisen sprechen, die heutigen Landkreise, oder hätten die eine veränderte Größe?
Lieber Herr Weber, wir sind nicht mehr beim preußischen Landrat. Wir sind heute bei professionellen Landkreisen mit gut ausgebildeten Verwaltungsbeamten, die viel mehr können, wenn Sie sie ließen und wenn Sie sie endlich finanziell besser ausstatten würden.
(Adam [SPD]: Beantworten Sie doch die Frage! Wollen Sie eine Verwal- tungs- und Gebietsreform, ja oder nein?)
Meine Damen und Herren, das Erschreckende am Antrag der Fraktion der SPD ist: Bis zum Ende des Jahres 2002 wollen Sie in Ihren so genannten Diskursen über Regionalmanagement im Lande Niedersachsen diskutieren. Wenn es eines letzten Beweises bedurft hätte, dass Sie es mit dem Thema Regionalmanagement wahrlich nicht ernst meinen und dass Sie es auch mit dem Thema Regionalisierung nicht ernst meinen - vielleicht meinen Sie es ernst; aber wir sehen das fachlich anders -, dann kann ich nur sagen, dass dies bei der SPD-Fraktion zumindest der Beweis dafür war. - Herzlichen Dank.