Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der ersten Beratung dieses Antrages im Juni letzten Jahres habe ich bereits festgestellt, dass unser Land natürlich qualifizierte Schülerinnen und Schüler braucht, die den sich ständig ändernden Anforderungen in Zeiten der Globalisierung gewachsen sind. Das, so denke ich mir, ist aber jedem in diesem Hause klar.
Unserer Ansicht nach haben dabei Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung, Teamfähigkeit und Vermittlung gesellschaftlicher Werte einen ebenso großen Stellenwert wie auch die fachliche Ausbildung. Hierzu gehört natürlich ohne Frage auch die Entwicklung grundlegender Kenntnisse in Mathematik, den Naturwissenschaften und im Bereich der Informationstechnologie. Im Rahmen des Möglichen leistet die Landesregierung in allen Bereichen meiner Ansicht nach da eine gute Arbeit. Ich will das an einigen Beispielen aufzeigen.
Das Handeln der Landesregierung mit dem Aktionsprogramm n-21 schreitet weit vor dem voran, was Sie von der CDU in dem Antrag vorgelegt haben. Die Erfolge sind messbar. Allein mehr als 130 000 Besuche auf den Internetseiten von n-21 seit November 2000 zeigen das große Interesse der Menschen im Lande und die große Resonanz auf dieses Programm.
Die Chronologie spricht für sich. Seitdem im Dezember 1999 das Aktionsprogramm n-21 von Ministerpräsident Gabriel angekündigt wurde, hat sich eine beispiellose Erfolgsbilanz entwickelt. Ziel des Aktionsprogramms ist es, Schülerinnen und Schüler für die Wissensgesellschaft zu qualifizieren. Perspektive ist eine Lernkultur, in deren Zentrum problemorientiertes, selbstgesteuertes und kooperatives Lernen und die Vermittlung von Medienkompetenz stehen. Realisiert wird das Aktionsprogramm im Rahmen einer Public Private Partnership durch den Verein n-21 und durch eine Projektgruppe im Kultusministerium. Die Bilanz ist sehenswert. Im Januar 2001 fand eine erste Förderrunde statt. Im Februar 2001 wurde ein Kooperationsvertrag mit einem Volumen von mehr als 10 Millionen DM von Ministerpräsident Gabriel und dem Chef von Microsoft, Bill Gates, abgeschlossen. Zum Stichtag 1. März 2001 sind 901 Förderanträge mit einem Zuschussbedarf von rund 20 Millionen DM gestellt worden. Die Begutachtung der Anträge ist abgeschlossen, wie Sie wissen. 719 Anträge niedersächsischer Schulen sowie
Aber es geht natürlich weiter. Ich will nur ein paar Schlaglichter aufzeigen. VW fördert Schulen an Produktionsstandorten in Niedersachsen mit mehr als 2 Millionen DM. Informationsveranstaltungen zum Thema „Lernen mit Notebooks“ haben stattgefunden. Eine umfassende Basisqualifikation der Lehrkräfte findet statt. Es gibt extra dafür einen Fortbildungsmarkt in Niedersachsen. Im Juli 2001 wurden im Rahmen des Programms ZIBS - Zukunftsinvestitionen für berufliche Schulen - für das Jahr 2001 17 Millionen DM, für das Jahr 2002 8 Millionen DM für berufsbildende Schulen zur Verfügung gestellt.
Am 10. August fand in Wolfsburg die Festveranstaltung zum einjährigen Geburtstag des Aktionsprogramms n-21 statt. Das aktuelle Sponsorenvolumen erreichte zu diesem Zeitpunkt 17 Millionen DM. Im Rahmen der Geburtstagsfeier haben Ministerpräsident Sigmar Gabriel und Günter Junk, Geschäftsführer von Cisco Deutschland, eine Kooperationsvereinbarung mit einem Projektvolumen in Höhe von weiteren 10 Millionen DM unterzeichnet.
Was können Sie dem noch entgegensetzen? Das frage ich Sie. Wenn das keine Erfolgsstory ist, meine Damen und Herren, dann weiß ich es auch nicht.
Das ist viel mehr als das, was Sie in Ihrem Antrag gefordert haben. Die Aktivitäten dieser Landesregierung lassen Ihren Antrag in diesem Passus geradezu lächerlich aussehen.
Ich will jetzt kurz auf die anderen Punkte eingehen, die von Ihnen hier erwähnt worden sind. Die Aspekte dessen, was die Landesregierung z. B. zum Lehrermangel in die Wege geleitet hat, wird die Kultusministerin ausführlich ansprechen. Natürlich ist uns allen klar, dass im Bereich Naturwissenschaften und Informationstechnologie unsere Gesellschaft in der Gegenwart und Zukunft qualifizierte Arbeitskräfte braucht. Wir wissen auch, dass es dafür keine hinreichende Zahl von Arbeitsplatzbewerbern gibt, weder für die Industrie noch für die Schule. Wenn die Nachfrage von Schülerinnen und Schülern in der gymnasialen
Oberstufe nach diesen Fächern aber schon abnimmt und gering ist, dann ist klar, dass wir dann auch keine hinreichende Zahl von Studierenden haben.
Wir müssen uns fragen, warum das so ist. Die Ergebnisse der TIMSS-Studie haben es hinreichend dargelegt. Wir haben es immer wieder analysiert. Ich gehe davon aus, dass das inzwischen im Hause klar ist, selbst bei der CDU. Die Schlussfolgerungen liegen auf der Hand: Die unzureichende, offensichtlich nicht praxisnahe und wenig schüleradäquate Vermittlung des Lernstoffs in diesen Bereichen ist das Hauptproblem.
Die Hochschulen haben dieses Problem erkannt. Die Fachdidaktiker arbeiten daran. Entsprechende Veränderungen sind eingeleitet worden. Ich meine, wir sind auf dem besten Wege, die Situation zu verbessern.
In den anderen Bereichen greifen Maßnahmen der Landesregierung bereits. Wir haben die Anzahl der Stellen in den Ausbildungsseminaren erhöht. Damit sind die Wartezeiten für den Vorbereitungsdienst bzw. für das Referendariat nahezu auf null gesunken.
Wir haben qualifizierte Fachpraxiskräfte für den Schulunterricht eingestellt. Notwendige pädagogische Kenntnisse werden ihnen durch Fort- und Weiterbildung vermittelt.
Es hat eine Reihe von Werbemaßnahmen gegeben, u. a. eine auch von den Lehrerverbänden unterstützte Werbemaßnahme des Ministeriums. Schade, dass Sie als Opposition daran nicht mitgewirkt haben. Das zeigt auf, wie ernst Sie dieses Problem nehmen.
Unabhängig davon, wie die Zahlen im Hinblick auf den Lehrermangel in einigen Bereichen des Landes aussehen - dieser ist in einigen Fächern und in einigen Regionen durchaus vorhanden -, ist das entscheidende Problem ein anderes. Das Problem besteht vielmehr darin, dass wir die Zahl der Lehramtstudierenden perspektivisch noch erhöhen müssen. Wir haben diese Zahl bereits um 25 % erhöht. Dennoch sind die Bedarfe vorhanden, und zwar weniger im Fach Mathematik, sondern vielmehr in den naturwissenschaftlichen Fächern, aber auch im Bereich Informationstechnologie, Evangelische Religion, Musik, Latein, Russisch, Politik, in den nächsten Jahren zum Teil sogar im Bereich Geschichte und Kunst. Wenn die Zahl der ausscheidenden Lehrkräfte ab 2006/2007 weiter steigen
Tatsache ist allerdings, das die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung in den letzten Jahrzehnten nicht nur in Niedersachsen, sondern überall an den deutschen Hochschulen zugunsten anderer Studiengänge geschröpft worden ist. Das muss von den Hochschulen selbst geändert werden. Daher plädiere ich massiv für die Aufwertung der Lehrerausbildung an unseren Hochschulen.
Bei zusammenfassender Betrachtung kommt es im Kern darauf an, dass man sich mit den folgenden zwei Fragen beschäftigt:
Erstens. Wie ist ein breiteres Verständnis für den naturwissenschaftlich-technischen Bereich an den Schulen zu entwickeln?
Zweitens. Wie gewährleisten wir in den nächsten Jahren eine quantitativ und qualitativ hochwertige Lehrerinnen- und Lehrerausbildung in diesen Sektoren?
Das sind die wichtigen Fragen, denen man sich stellen muss, auf die Ihr Antrag jedoch leider keine Antwort gibt. Weil in Ihrem Antrag nichts anderes als das gefordert wird, was die Landesregierung längst leistet, haben wir diesen Antrag im Kultusausschuss abgelehnt und werden das auch heute tun. - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Wulf, Fakt ist doch, dass das Lernen in Niedersachsen drastisch erschwert worden ist und dass man eher in Schlaglöcher fällt, in die man umso härter fällt, wenn man nach den von Ihnen angekündigten Schlaglichtern Ausschau hält.
Es überrascht allerdings, wenn unser Antrag, der vor 16 Monaten eingebracht wurde, von der Landesregierung zumindest in der Weise bewertet wird, dass er zum Handeln angeregt hat, wenngleich die Fakten eine andere Sprache sprechen. Es gibt Hinweise darauf, dass man sich bemühe und Handlungsbedarf sehe. Unter anderem ist geplant,
Physik und Chemie ab dem 7. Jahrgang unterrichten zu lassen. Ich frage mich nur: Von wem? Wo sind denn die Lehrer, die das leisten sollen?
Um das gesteckte Ziel zu erreichten, müsste man zum nächsten Schuljahr allein an den niedersächsischen Gymnasien 250 Lehrkräfte mit der Fächerkombination Physik und Chemie einstellen. Die Landesregierung sieht noch nicht einmal ein Fünftel der erforderlichen Kräfte dafür vor. Mit derartigen Ausgestaltungen eigener geplanter Maßnahmen konterkarieren Sie diese gleich wieder selber.
Im Übrigen führen Fächer wie Physik und Chemie in Niedersachsen nur noch ein Schattendasein. Der Fachlehrermangel wird immer drastischer. Es gibt kein schlüssiges Qualifikationskonzept zur Gewinnung von Lehrkräften für diesen Bereich. Immer weniger junge Menschen beginnen ein Lehramtstudium in diesen Fächern. Diejenigen, die es dennoch tun und sich z. B. mit einer Note von 2,7 im Examen Physik/Chemie um einen Referendarplatz bewerben, bekommen zur Antwort - das ist schriftlich zu belegen -, dass ihre Bewerbung nicht berücksichtigt werden kann.
Diese jungen Menschen wandern in andere Bundesländer ab, wo sie erheblich bessere Rahmenbedingungen vorfinden. Damit sind sie für Niedersachsen verloren oder - man müsste eigentlich ehrlicher sagen - grob fahrlässig verloren gegangen.
Die Arbeitsbedingungen für die Lehrkräfte haben sich drastisch verschlechtert, sodass man damit schwerlich junge Menschen einwerben kann.
In den Schulbüchern wird das Bild von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und Unternehmern überwiegend gesellschaftskritisch negativ dargestellt. Es werden eher Risiken als Chancen aufgezeigt. So wird frühzeitig etwas eingeimpft, was man durch keine Werbemaßnahme kurz vor dem Abitur beseitigen kann.
Was glauben Sie eigentlich, wie begeistert junge Menschen Physik oder Chemie studieren wollen, wenn sie tagtäglich erleben, wie Unterricht mit Schülerexperimenten so, wie er zeitgemäß sein sollte, aufgrund wachsender Klassen- und Kursfrequenzen weitgehend gestrichen werden muss?
Dass die Ausstattung im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich zu einem Großteil – insbesondere in SPD-geführten Kommunen - nicht über den Stand des letzten Jahrhunderts hinauskommt,
weil den Schulträgern in finanzieller Hinsicht die Luft zum Atmen genommen wird, will ich nur kurz erwähnen.
Niedersächsische Studienanfänger verfügen im Ländervergleich über unzureichende Kenntnisse in den Grundlagenfächern Mathematik, Physik und Chemie, was sich auch anhand der gestiegenen Zahl der Vorkurse in diesen Bereichen feststellen lässt. Die Studienanfänger müssen sich also erst ein gewisses Wissen aneignen, bevor sie überhaupt richtig studieren können.
Evaluationsberichte, die von unabhängiger Seite erstellt worden sind, belegen leider, dass an unseren niedersächsischen Hochschulen eine unterdurchschnittliche sächliche und personelle Ausstattung vorzufinden ist.
Fazit: Unser Antrag hat dazu geführt, dass sich die Landesregierung - zumindest erweckt sie den Eindruck, als hätte sie es getan - auf den Weg gemacht hat - mehr nicht. Es bleibt zu befürchten, dass der Ausflug der Landesregierung in eine Initiative für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik an unseren Schulen mit der heutigen Ablehnung des Antrags auf einen kurzen Wochenendausflug reduziert bleibt. Das ist zu wenig, und es ist grob fahrlässig.
Die Eingabe, die in diesem Zusammenhang mitberaten wurde, möchten wir deshalb nach wie vor und unbedingt zur Berücksichtigung an die Landesregierung zugeleitet sehen.
Meine Damen und Herren, ich finde es bedrückend, dass die in dieser Landesregierung für Bildung Verantwortlichen die Zeichen der Zeit nicht sehen wollen und unsere Kinder wieder einmal einfach im Regen stehen lassen. Darüber, lieber Kollege Wulf, kann auch die Anzahl der Zugriffe von Bürgern auf Internetseiten der Landesregierung nicht hinwegtäuschen. Ich bedaure es sehr, dass Sie nicht die Kraft aufbringen, diesem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Heidi Mundlos, auch meine Fraktion wird diesem Antrag nicht zustimmen, und zwar nicht etwa, weil sie kraftlos sei - ich denke, sie ist das Gegenteil -, sondern weil der Antrag der CDU-Fraktion nicht - jedenfalls zu großen Teilen nicht - die tauglichen Maßnahmen benennt, die ergriffen werden müssen.
Ich konnte großen Teilen der Rede, die die Vertreterin der CDU eben gehalten hat, durchaus zustimmen. Aber all das spiegelt sich nicht im Antrag wider, sondern der Antrag enthält untaugliche Maßnahmen. Zum Beispiel wird darin verlangt, dass in Mathematik, aber auch in Physik, Chemie und allgemein in den Naturwissenschaften zusätzlicher Unterricht erteilt wird. Hieran kann ich jedoch nicht glauben. Mehr desgleichen wird uns an dieser Stelle auf jeden Fall nicht weiterhelfen. Auch die geplante Maßnahme der Kultusministerin, in Klasse 7 zwei zusätzliche Stunden Naturwissenschaften einzuführen, wird nicht helfen, zumal - hier hat die Kollegin Mundlos Recht - es die Lehrer und Lehrerinnen, die diese Fächer unterrichten sollen, überhaupt nicht gibt.