Die Biotechnologie in Niedersachsen verdankt ihre rasche Entwicklung dem gezielten Ausbau der Forschungsinfrastruktur, einer aktiven Unternehmerschaft, dem gezielten Einsatz von Wirtschaftsund Technologieförderinstrumenten und der Einbindung in aktive Netzwerke.
Einen Augenblick bitte, Frau Kollegin! - Sie wissen ja, wenn man hier oben sitzt, dann hört man die Geräusche aus dem Plenum. Man versucht, der Rednerin oder dem Redner zu folgen. Das ist in den Feierabendstunden sehr schwierig geworden, weil sicherlich Nachholbedarf für Gespräche besteht. Aber ich bitte Sie, diese Gespräche außerhalb des Hauses zu führen, damit man Frau Kollegin Goede verstehen kann. Ich möchte nicht noch einmal klingeln müssen, weil die Unruhe zu groß wird. Das gebietet auch die Fairness.
Das war jetzt keine Maßregelung, sondern nur eine herzliche Bitte. Sie richtet sich an alle Kolleginnen und Kollegen gleichermaßen.
Meine Damen und Herren, seit 1997 sind 28 FuEProjekte in Unternehmen mit einem Volumen von 43 Millionen DM gefördert worden. Niedersachsen selbst hat in den vergangenen Jahren auf diesem Gebiet mehr als 50 Millionen DM investiert. Der Neubau von Biotech-Zentren in Cuxhaven und in Wilhelmshaven sowie die Mitfinanzierung der Erweiterung der Standorte Hannover, Braunschweig und Göttingen erfordern in den nächsten Jahren 40 Millionen DM.
Seit 1998 sind 24 Millionen DM FuE-Fördermittel des Bundes durch die gezielte Antragstellung über die BioregioN nach Niedersachsen geholt worden. Das Forschungsdreieck Braunschweig, Göttingen, Hannover gehört zu den Gewinnern im Bundeswettbewerb Bioprofile. 30 Millionen DM Förderung erhält das Bioprofil-Projekt mit dem Titel „Funktionelle Genomanalyse - Plattform für Diagnostik und Therapie“, das von der GBF, der Gesellschaft für Biologische Forschung in Braunschweig, koordiniert wird.
Die Netzwerke BioregioN sowie Bioregio Nordwestliches Niedersachsen wurden von Beginn des Bioregio-Wettbewerbs des zuständigen Bundesministeriums an bis zum Jahr 2000 mit rund 5 Millionen DM gefördert. Diese beiden regionalen Netzwerke sind mit der Fachkoordinierungsstelle für Biotechnologie zum 1. Januar 2001 zu einem landesweiten Netzwerk unter dem Namen „Bioregio Niedersachsen“ zusammengefasst worden. Die Geschäftsstelle befindet sich in Hannover bei der NATI GmbH und ist zusammen mit dem Regionalbüro in Wilhelmshaven für die fachliche Beratung zuständig. Auch hier ist für die Zeit von 2001 bis 2003 eine Förderung in Höhe von jeweils 1,1 Millionen DM eingeplant.
Über 400 Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung stehen in dem Netzwerk miteinander in Kontakt. In den letzten fünf Jahren sind durch 60 Existenzgründungen über 500 neue Arbeitsplätze entstanden, davon mehr als die Hälfte aus Ausgründungen aus Hochschulen.
Meine Damen und Herren, die wirtschaftspolitische Bedeutung der Biotechnologie ist enorm gestiegen. International ist eine starke Aufholjagd zu verzeichnen. Dabei ist festzuhalten, dass Deutschland in Europa allerhöchste Zuwachsraten hat. 332 Biotech-Unternehmen - d. h. Unternehmen mit ausschließlich Bioaktivitäten - sind zu verzeichnen, eine 50-prozentige Steigerung des Gesamtumsatzes auf 1,5 Milliarden DM, eine 31
prozentige Steigerung der Anzahl der Arbeitsplätze auf 10 673, davon allein in Niedersachsen rund 1 500, und zusätzlich eine 120-prozentige Steigerung der FuE-Investitionen auf rund 1,44 Milliarden DM.
Niedersachsen hat laut Aussage der Boston Consulting Group ein großes Potenzial im Bereich des Forschungsdreiecks Hannover, Braunschweig, Göttingen. Der Standort Niedersachsen, meine Damen und Herren, nimmt laut dem Datenbankunternehmen Biocom aus Berlin in Deutschland Rang 3 ein. - Ein tolles Ergebnis!
Darum halte ich abschließend fest: Die Entwicklung der Biotechnologie in Niedersachsen ist erfolgreich verlaufen. Das Land hat sich intensiv für die Entwicklung der Biotechnologie in Niedersachsen eingesetzt. Darum ist, wie wir es in den vergangenen Monaten mehrmals festgestellt haben, der CDU-Antrag überflüssig. Ich bitte um Zustimmung zu dem Änderungsantrag der SPDFraktion. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Goede hat uns gerade wieder - wie schon in der ersten Beratung vor einem Jahr - eine Auflistung über das gegeben, was in Niedersachsen getan wird. Wir haben auch nie bestritten, dass etwas getan wird. Die Frage ist nur, ob genug getan wird. Nach Meinung der CDU-Fraktion ist das, was dort insgesamt getan wird, nicht ausreichend.
Wenn es in der so genannten Erfolgsstory des Ministerpräsidenten heißt, die Biotechnologie stehe hier wie auch in anderen Ländern erst am Beginn ihrer Entwicklung - so alt ist die „Erfolgsstory“ ja auch noch nicht -, dann bedeutet das doch nichts anderes als: Wenn ich mich bei einem international besetzten 1 000-m-Lauf mit 30 Teilnehmern mühsam von Platz 18 auf Platz 17 vorarbeite, so ist das zwar für mich persönlich ein Erfolg, aber noch lange keine Spitzenleistung.
(Plaue [SPD]: Sie müssen einmal mit Leuten darüber reden, die etwas da- von verstehen! Die sagen Ihnen etwas ganz anderes!)
Mit ihrem ursprünglichen Antrag hat die CDUFraktion darauf gezielt, dass die Landesregierung in Bereichen wie der Studienförderung, der Wirtschaftsförderung, der Erleichterung von Genehmigungsverfahren etc. deutlich mehr tun müsse als bislang, um wirklich in die Spitzengruppe aufzurücken.
Natürlich - ich spreche auch dies nicht ab - ist es sehr erfreulich, wenn niedersächsische Unternehmen und Forschungseinrichtungen internationale Preise für ihre Forschungserfolge erhalten. Dass sie diese Preise erhalten, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sie auch bei uns im Land bleiben und vor Ort dann auch eine gewerbliche Nutzung stattfindet.
Erfolgreiche Forscher werden oftmals von Instituten in anderen Ländern abgeworben, wenn das Land Niedersachsen keine Perspektive für die Zukunft bietet. Niedersächsische Unternehmen finden in anderen Bundesländern oder im Ausland oftmals bessere wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten.
Studierende, die hier in den Bereich der Biotechnologie einsteigen, erwarten für ihre Ausbildung eine gut ausgestattete Hochschule, damit sie später auch erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Nachwuchswissenschaftler müssen durch attraktive Aussichten in Niedersachsen gehalten werden können.
An den Hochschulen hat, wie Sie wissen, eine Pensionierungswelle eingesetzt. In den nächsten Jahren sind ca. 50 % aller Professuren neu zu besetzen. Da stellt sich uns schon die Frage: Sind unsere Hochschulen attraktiv genug, um Spitzenwissenschaftler hierher holen bzw. hier halten zu können? Und wenn nicht: Wie können wir das sicherstellen?
Hier müssen langfristige Planungen des Landes dazu führen, dass Niedersachsen in der Position bleibt, in der es sich jetzt befindet, dass es nicht
Ich möchte noch einmal den Ministerpräsidenten aus einer Regierungserklärung von 1998 zitieren: „Die Qualität der Forschung und die Schnelligkeit bei der Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produktionsverfahren entscheiden darüber, ob wir die Beschäftigungspotenziale neuer Erkenntnisse nutzen können.“ - Meine Damen und Herren, die Schnelligkeit lässt in den letzten Jahren so einiges zu wünschen übrig.
Es ist auch nicht mit großartigen Ankündigungen getan, die mal soeben aus dem Ärmel geschüttelt werden. Ich will Ihnen das an einem ganz konkreten Beispiel verdeutlichen. In der letzten Woche - genauer gesagt: am 19. Oktober dieses Jahres konnte man landesweit in den Zeitungen lesen: Herr Gabriel setzt sich für die Einrichtung eines Labors zur Milzbranddiagnostik an der Universität Göttingen ein. - Als das am 16. Oktober erstmals durch die Presse ging, wusste die Uni Göttingen noch gar nichts davon. Erst auf Anfrage von Herrn Minister Oppermann bei der Uni - am 18. Oktober geschehen -, ob Interesse bestehe, wurde vom Universitätspräsidenten schnell ein entsprechender Antrag gestellt. Seitens des MFAS wurde daraufhin in der Presse erklärt, dass es schon lange Pläne für ein biotechnisches Untersuchungslabor gebe, dass aber die Standortfrage noch nicht geklärt sei.
Meine Damen und Herren, so lobenswert es sein mag, auf diesem Gebiet der Biotechnologie einen Schritt nach vorne zu tun - ich finde es wirklich richtig, dass man sich dafür einsetzt -, so verwerflich ist es in meinen Augen, es auf diese Art, nämlich aus rein populistischen Gründen, zu tun. War vor einigen Monaten noch BSE in, so ist es zurzeit Milzbrand - und somit auch öffentlichkeitswirksam zu vermarkten.
Wo und wie, in welcher Form eine so angekündigte Einrichtung entstehen soll, ist nicht geklärt, auch die Finanzierung nicht.
Herr Gabriel hat heute Morgen in seiner Regierungserklärung zwar bekannt gegeben, dass Geld im Haushalt vorhanden sei, aber nicht, in welchem Ressort. Es liegen keine konkreten Planungen der Uni Göttingen oder von anderen Hochschulen vor. Weder die Uni Göttingen noch andere Interessierte wissen, in welchem Rahmen eine diesbezügliche Förderung stattfinden soll. Es ist völlig unklar, in welcher Höhe Gelder für den Aufbau einer solchen Forschungseinrichtung benötigt werden.
Es ist nicht geklärt, aus welchen Töpfen des Haushaltsentwurfs die benötigten Gelder herausgeschnitten werden sollen usw.
Oder liegen der Landesregierung - das ist eine ernste Frage - inzwischen konkrete Angaben über Zuschussbedarf, Organisationsform, Gerätebedarf, Personalbedarf, Zusagen des BMBF oder anderer Organisationen wie z. B. Fraunhofer Institut, Deutsche Forschungsgesellschaft oder von EU-Ebene bezüglich finanzieller Unterstützung vor? Wie weit sind die entsprechenden Genehmigungsverfahren inzwischen in die Wege geleitet worden? Das sind nur einige wenige Punkte, die im Vorfeld geklärt werden müssen.
Eine Alternative wäre, wenn man jetzt die damals angekündigten BSE-Forschung in Göttingen in eine Milzbrand-Diagnostikforschung umwandelte.
Meine Damen und Herren, nur durch eine kontinuierliche, auf langfristige Erfolge angelegte Forschung können eben die Erfolge erzielt werden, die sich auf lange Sicht wirtschaftspolitisch in unserem Land positiv niederschlagen können. Ziel muss es in unser aller Interesse sein, eine funktionierende Wirtschaft im Bereich der Biotechnologie auf- und auszubauen und Niedersachsen zu einer der führenden Regionen im Bereich der Biotechnologie auch international auszubauen.
Leider habe ich bei der SPD-Fraktion einen Punkt vermisst. Es ist kein Hinweis auf die ethische Betrachtung der Biotechnologie erfolgt.