Protokoll der Sitzung vom 24.10.2001

Leider habe ich bei der SPD-Fraktion einen Punkt vermisst. Es ist kein Hinweis auf die ethische Betrachtung der Biotechnologie erfolgt.

(Zuruf von der SPD: Reden Sie zum falschen Thema?)

Meine Kollegin Frau Mundlos hat sich in Ihrer Rede im Oktober 2000 damit befasst und hat diesen Aspekt ihrerseits sehr intensiv beleuchtet. Ich werde jetzt nicht weiter darauf eingehen. Das ist aber ein Aspekt, der uns in den nächsten Jahren mit Sicherheit beschäftigen wird.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine kleine Anmerkung: Ich habe mir einmal den Spaß erlaubt, auf den Internetseiten der SPD-Landespartei ein bisschen herumzusurfen,

(Zuruf von der SPD: Na so was! - Frau Litfin [GRÜNE]: Ach du warst das!)

und den Begriff „Biotechnologie“ eingegeben. Das Ergebnis war wirklich fantastisch. Anzahl der gefundenen Dokumente: null. - Ich bedanke mich.

(Frau Vockert [CDU]: Typisch! - Bei- fall bei der CDU)

Frau Kollegin Steiner hat nun das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann dieses Thema immer gut diskutieren. Natürlich ist Biotechnologie eine Zukunftsbranche. Sie bietet genügend Anlass, darüber zu diskutieren, welch innovative Verfahren man entwickeln kann und wie zukunftsträchtig es ist, die Kombination von Erkenntnissen aus Mikrobiologie, Biochemie, Genetik, Verfahrenstechniken umzusetzen und entsprechend zur Nutzung zu bringen. Das bestreitet hier auch niemand.

Wir konnten auch feststellen, dass in den letzten fünf bis sieben Jahren die Zahl der Unternehmensgründungen erheblich zugenommen hat. Unternehmensgründungen und -erweiterungen in diesem Bereich lassen hoch qualifizierte Arbeitsplätze entstehen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Niedersachsen muss natürlich daran interessiert sein, eine solche Branche anzusiedeln und zu erhalten, um die Ausbildung und die Entwicklung solcher Arbeitsplätze zu fördern, egal ob im Hochschulbereich durch Forschung oder bei der Gründung und der Unterstützung von Unternehmen.

Richtig ist, diese Branche dann auch gezielt in Niedersachsen zu entwickeln und nicht nur die Forschung, sondern auch die Anwendung zu fördern.

Vor einem Jahr lag uns der CDU-Antrag vor, der ein vermeintliches Defizit geißelte und im Übrigen das forderte, was vonseiten der CDU-Fraktion zu diesem Thema in ziemlich allgemeiner Form schon immer öffentlich gesagt werden sollte. Es war zu erwarten, dass vonseiten der SPD-Fraktion eine entsprechende Replik kam. Wir haben das auch heute wieder gehört. Als erstes wird das Muster eingehalten: Die Aktivitäten der Landesregierung werden gewürdigt bis bejubelt. Entsprechend wird kein Handlungsbedarf gesehen, sondern die Landesregierung höchstens ermutigt, in dem bewährten Verfahren weiter fortzuschreiten. Frau Goede hat uns das vorhin vorexerziert.

Man muss dazu allerdings feststellen: Der angepeilte Spitzenplatz ist noch nicht erreicht. Niedersachsen befindet sich noch nicht einmal unter den ersten drei.

(Frau Goede [SPD]: Niedersachsen ist auf Platz 3!)

Die Spitze nimmt Bayern ein, dann kommen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Dazu muss man natürlich sagen: Die Entwicklung in Niedersachsen muss weitergehen, Förderung muss betrieben werden. Wenn man sich hier im Landtag mit diesem Thema auseinander setzt, muss man sich aber nicht nur mit den Chancen und den Märkten auseinander setzen. Es wäre sinnvoll, die Risikobereiche anzusehen.

Sie sehen die Zwiespältigkeit an der Entwicklung des Pharmamarktes: auf der einen Seite Profitchancen, die wahrgenommen werden, das InAussicht-Stellen medizinischer Verbesserungen auf der anderen Seite.

Vonseiten der CDU-Fraktion haben wir gerade gehört - ich betone das; das habe ich auch vor einem Jahr schon unterstrichen -: Wenn man sich dieser Zukunftstechnologie widmet, muss man

auch ihre Risiken und ihre Risikobehaftetheit zur Kenntnis nehmen. Es gibt bei der roten Gentechnik erhebliche ethische Probleme. Wir haben im Frühjahr hier im Landtag darüber diskutiert. Es gibt bei der grünen Gentechnik jede Menge ökologische Probleme.

Ich möchte nur einen Hinweis geben. Es gab die Auseinandersetzung über die Risiken unkontrollierter Freisetzung gentechnisch behandelter Mikroorganismen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Diese ist bis heute weder vorhersagbar noch berechenbar und daher auch nicht kontrollierbar. Wir kommen in erhebliche Konflikte mit anderen Zielsetzungen, z. B. der Förderung des Ökolandbaus, weil kein Mensch mehr kontrollieren kann, ob sich irgendwo gentechnisch veränderte Mikroorganismen niederlassen.

Wenn ich einen Vorschlag zur Verwendung von Wirtschaftsfördermitteln machen könnte, würde ich sagen: Es ist sinnvoll, Fördergelder der Forschung von Risiken und Nebenwirkungen zu widmen, nicht den Apotheker zu fragen, sondern selber zu forschen, nicht nur Versuchsreihen an lebenden Objekten zuzulassen, sondern selber Untersuchungen in Angriff zu nehmen und zu fördern. Das heißt, wir müssen die Rahmenbedingungen klären, müssen klären, wo Biotechnologie nur eingeschränkt verwendbar ist. Diese Beschränkungen müssen festgelegt werden. Damit sollten wir uns befassen, wenn wir dieses Thema behandeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Dr. Schultze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen der Kollegin Trost muss ich hier trotz der fortgeschrittenen Zeit noch ein paar Bemerkungen machen.

Meine Damen und Herren, wir bemühen uns, zu einer vollständig ausgebauten Infrastruktur bei Chemie und Biotechnologie in anderen Orten der Bundesrepublik ein Gegengewicht zu schaffen. Hier ist unter dem Begriff BioRegio Nord eine einzigartige Organisation mit einer Vielzahl von Neugründungen entstanden, auf die Frau Goede

hingewiesen hat. Wir haben in Hannover die weltgrößte Biotechnikmesse.

(Zustimmung von Frau Goede [SPD])

Wir werben im Ausland sozusagen für unseren Standort. Frau Trost, wenn Sie an dem Milzbrandlaborfall nun Biotechnologie in Niedersachsen erklären wollen, muss ich sagen: Es spricht nicht gegen die Landesregierung, wenn sie auf eine nicht vorhersehbare Aktion schneller reagiert, als eine Hochschule vielleicht reagieren kann.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Mientus [SPD] - Frau Trost [CDU]: Populismus!)

Das brauchen Sie ihr nicht zum Vorwurf zu machen. Das müssen Sie als Belobigung aussprechen, auch, dass wir dafür die Ressourcen haben.

(Beifall bei der SPD)

Sehen Sie sich im Übrigen einmal in Hannover um, sehen Sie, wie der Medical Parc gewachsen ist, sehen Sie sich in Hannover und Braunschweig um, sehen Sie, wie wir im Forschungsdreieck Braunschweig, Göttingen und Hannover mit anderen Bereichen weltweit Ansehen genießen, wie viel Risikokapital auch nicht ortsansässige Banken bei Neugründungen zur Verfügung stellen. Wir haben hier eine sehr gute Ausgangsposition.

Folgendes sage ich für den Wirtschaftsausschuss, in dem wir uns bemüht haben, eine Vorlage zu machen, die alle Fraktionen unterstützen, damit wir damit Werbung für Niedersachsen machen können. Wenn jemand Ihre Rede liest, verstehe ich auch, dass er hier nicht studieren will. Sie haben aber offenbar das Thema auch nicht richtig verstanden und aufgegriffen.

(Frau Trost [CDU]: Ich habe ein Bei- spiel genannt!)

Es geht hier gar nicht mehr darum, ob geforscht wird. Wir sind viel weiter. Wir sind dabei, Arbeitsplätze zu schaffen und Firmen zu gründen.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist das Potenzial aus den vorhandenen Hochschulen gekommen, die Sie hier in geradezu herabsetzender Weise dargestellt haben. Das ist keine Werbung für das Land.

(Zuruf von der CDU: Wir bemühen uns!)

Das ist eine Attacke, die irgendjemanden mit billiger Polemik treffen will. Meines Erachtens ist der Schuss aber voll daneben gegangen.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegt nun die Wortmeldung von Frau Ministerin Dr. Knorre vor. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat in den Ausschussberatungen ausführlich zu dem Thema und zu den umfangreichen Aktivitäten zur Förderung der Biotechnologie unterrichtet. Deswegen möchte ich an dieser Stelle nur einige Hinweise auf aktuelle Entwicklungen geben.

Erstens. Die Landesregierung stockt die FuE-Förderung auf. Wir werden in den kommenden Haushaltsjahren - also im kommenden Doppelhaushalt - in meinem Haus für die Förderung einzelbetrieblicher Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der Schlüsseltechnologien beinahe doppelt so viele Mittel zur Verfügung haben wie im laufenden Jahr. Dies ist ein wichtiges und richtiges Signal; denn diese Mittel werden insbesondere auch der Biotechnologie als einem unserer zentralen Förderschwerpunkte zugute kommen.

Zweitens. Auch die Rahmenbedingungen für diese Branche werden wir weiter verbessern. Dazu gehört, insbesondere die notwendige bauliche und technische Infrastruktur für Gründer und Flächen für die Ansiedlung von Biotechnologieunternehmen bereitzustellen. In Braunschweig wird bereits gebaut. Für Hannover und Göttingen werden derzeit Lösungen erarbeitet, um den Bedarf mittelfristig decken zu können. Hier gehen wir also offensiv in das Infrastrukturangebot hinein.

Drittens. Von unseren Aktivitäten profitieren nicht nur die genannten starken Biotechnologieregionen in Südniedersachsen, sondern in Cuxhaven wird das Biokompetenzzentrum entstehen, und auch in Wilhelmshaven als weiterem Schwerpunktort gehen wir in Sachen Biotechnologie in die Offensive. Im Zusammenwirken mit meinem Kollegen

Oppermann konnten wir nicht nur sicherstellen, dass das Senckenberg-Institut mit rund 40 Arbeitsplätzen am Standort Wilhelmshaven verbleiben wird, sondern zusätzlich wird der neue Bereich „Marine Biodiversitätsforschung“ angesiedelt.

(Adam [SPD]: Sehr richtig! Sehr gut!)