Ich kann hier nicht in vier Minuten die Diskussion nachzeichnen, die sich auf rund 30 Antragsseiten niedergeschlagen hat, und will mich deswegen auf drei kurze Botschaften beschränken.
Will heißen, wir werden natürlich sehr genau darauf achten, inwieweit das, was hier niedergeschrieben ist, umgesetzt wird. Das gilt z. B. für die Förderung des nichtstaatlichen Verbraucherschutzes. Ich verweise insoweit auf unseren Antrag, den wir morgen einbringen werden. Das gilt auch in Bezug auf ein Einmischen in die gegenwärtige Diskussion um das konventionelle Gütesiegel, also in Bezug auf alles das, was im Moment unter dem Stichwort „Qualität und Sicherheit“ diskutiert wird. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass die Kommission doch noch erheblichen Nachbesserungs- und Klärungsbedarf sieht.
Wir werden diesen Bedarf einfordern. Es geht darum, die Marketinggesellschaft, so wie es beschrieben ist, fit zu machen. Wir wollen merken, dass der Ökolandbau tatsächlich zu einem neuen wissenschaftlichen Schwerpunkt geworden ist, so wie es beschrieben ist. Wir wollen - und da wehrt sich unser Landwirtschaftsminister immer noch ein wenig - PROLAND viel stärker auf die Bedürfnisse der Agrarwende ausrichten. Wir wollen das Dauergründland erhalten, so wie es im Antrag steht, und erinnern in diesem Zusammenhang an unseren Haushaltsantrag für die Einrichtung eines Programms „Weidelandschaften“. Es geht um die Verbesserung des Wettbewerbs für flächengebundene Tierhaltung gegen die Gewerblichen. Außerdem geht es um das Bekenntnis zur Modulation, das dieser Antrag beinhaltet. Das Land ist sicherlich auch in gewissem Maße verpflichtet, hier über die Kofinanzierung nachzudenken und zu einer Lösung beizutragen.
Die zweite Botschaft lautet: Wir benötigen für die weitere BSE-Krisenbewältigung differenzierte Konzepte. Die Einkommenssituation in der Landwirtschaft ist inzwischen weitgehend stabil. Wir kennen die Krisengewinnler. Schweineund Geflügelmäster haben ihren guten Schnitt gemacht. Die gestiegenen Milchpreise haben dafür gesorgt, dass auch im Bereich der Milchviehwirtschaft Perspektiven vorhanden sind.
Es gibt nur noch das Problem der spezialisierten Rindermast. Wir befinden uns in der Situation, dass der Erzeuger 3 DM pro Kilogramm Rindfleisch bekommt, während der Verbraucher an der Theke 14 DM bezahlen muss. Diese Differenz, Kollege Ehlen, lässt sich eben nicht allein durch die höheren BSE-Kosten erklären. Hier haben auch die Fleischwirtschaft und der Handel Fragen zu beantworten; ich habe den Eindruck, dass sie die Situation dazu genutzt haben, um auf Kosten der Erzeuger zusätzliche Margen zu erhalten. Natürlich ist das Ganze auch eine Folge des Überangebotes an Rindfleisch. Gastronomie und Großküchen müssen Rindfleisch wieder auf ihre Speisekarte setzen. Auch die Wursthersteller müssen ihre Rezepturen wieder umstellen. Sie müssen wieder Kuhfleisch verwenden. Ich jedenfalls möchte in Zukunft wieder Rindfleisch in der Wurst schmecken.
Das Sauenfleisch ist meiner Ansicht nach kein Ersatz im Sinne von Qualitätssicherung, so wie es im Moment verwandt wird.
Natürlich können begrenzt Exporte weiterhelfen. Sie ändern aber im Grunde genommen nichts daran, dass wir insgesamt zu viel Rindfleisch erzeugen; und das nicht nur wegen BSE, sondern weil es hierfür einen langfristigen Trend gibt. Das Gleichgewicht lässt sich nur durch weitere Extensivierungen erreichen.
Lassen Sie mich zum Schluss eine dritte kurze Botschaft geben, die da lautet: Miteinander, nicht gegeneinander! Meine Damen und Herren von der SPD, ich habe ja Verständnis dafür, dass die Dominanz grüner Agrarpolitik in Berlin der SPD auch parteipolitische Kopfschmerzen bereitet.
(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Dom- röse [SPD]: Ich glaube, wenn hier je- mand im Augenblick Kopfschmerzen hat, dann seid ihr das!)
Ich verstehe die Strategie, dass Niedersachsen jetzt die Aufgabe zukommt, ein Stück des Kuchens für die SPD zu reklamieren. Ich kann sogar akzeptieren, wenn unser Landwirtschaftsminister immer wieder versucht, auf die Überholspur zu kommen. Natürlich ist das Ganze Konkurrenz, und Konkurrenz belebt das Geschäft und erhöht die Geschwindigkeit.
Nur, meine Damen und Herren, bei dieser ganzen Beschleunigung muss natürlich auch die Richtung stimmen; sonst wird man zum politischen Geisterfahrer wie bei der Hennenhaltungsverordnung.
Meine Damen und Herren, der Arbeitsplan für eine nachhaltige Landwirtschaft, „Vertrauen schaffen durch Veränderungen“ von Renate Künast, die Berliner Konzepte für Veränderungen auf der EU-Ebene, die Inhalte der hier zu verabschiedenden Anträge der SPD und auch die Inhalte des Kommissionsberichtes „Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung“ haben bei lösbaren Unterschieden im Detail alle die gleiche einheitliche Richtung. Wir wollen in diese Richtung weiter arbeiten und würden es begrüßen, wenn wir das gemeinsam mit Ihnen hinbekommen würden. Herzlichen Dank.
Danke schön, Herr Klein. - Meine Damen und Herren, Herr Minister Bartels hat um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut und angenehm, diese Diskussion zu verfolgen, insbesondere wenn man sich vor Augen hält, wie sie im November des vergangenen Jahres begonnen hat, wie sie sich dann langsam gesteigert hat und wie sachlich heute - natürlich auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse, die mittlerweile gewonnen wurden - über dieses Thema miteinander gesprochen werden kann.
Lassen Sie mich aus Gründen der Aktualität noch einige Anmerkungen dazu machen, wie sich das Geschehen im Zusammenhang mit dem Auftreten von BSE weiter entwickeln wird. Nach dem derzeitigen Stand ist unter Beachtung der mittleren Inkubationszeit davon auszugehen, dass wir bis zum Jahre 2005/2006 wahrscheinlich noch eine gewisse Anzahl von BSE-Fällen in Deutschland zu verzeichnen haben werden. Wir werden also fortfahren müssen, uns engagiert bundesweit im Sinne einer Vorwärtsstrategie einzubringen und die Vorsorgemaßnahmen voranzutreiben. Wir haben innerhalb eines Dreivierteljahres eine Vielzahl von Maßnahmen - das ist schon deutlich geworden auf den Weg gebracht. Wir haben allerdings auch - Herr Brauns hat das bereits angesprochen - auf eine gute Verbraucherschutz- und Agrarpolitik, die es auch vorher schon gegeben hat, zurückgreifen können.
Wenn Sie schon die Kommission ansprechen, die über die Zukunft der Landwirtschaft nachgedacht hat, dann sollten Sie auch in deren Bericht schauen. Wir alle werden Gelegenheit haben, ihn sehr sorgfältig zu lesen. Dann werden Sie feststellen, dass dieser Bericht, insbesondere bezogen auf Niedersachsen, positive Aussagen zur Entwicklung der Landwirtschaft und des Verbraucherschutzes macht. Ich darf an dieser Stelle Herrn Professor Tangermann zitieren, der sich bei der Vorstellung des Berichtes gegenüber der Presse entsprechend geäußert und gesagt hat, wenn er die Agrarpolitik des Landes Niedersachsen bewerten müsse, könne er nur die Note „gut“ ausstellen.
- Ich will den Satz gern wiederholen, damit er auch wirklich verstanden wird. Herr Professor Tangermann hat die Agrarpolitik des Landes Niedersachsen mit der Note „gut“ bewertet. Darauf können wir stolz sein. Dies belegt auch, dass wir mit unserer Agrarpolitik und der Verbraucherschutzpolitik, die seit Jahren integraler Bestandteil der Landwirtschaftspolitik ist, gut gefahren sind und dass wir unsere Aufgaben gut erledigt haben.
Meine Damen und Herren, ich kann hier nur Stichworte nennen. Wir haben einen Maßnahmenkatalog für die Bekämpfung von BSE aufgestellt. Wir haben dafür gesorgt, dass die Inhalte von Niedersachsen aus geprägt worden sind. Wir haben uns in der Frage der Lebensmittelsicherheit und der Verbesserung der Lebensmittelsicherheit eingebracht. Ich nenne nur das Stichwort Separatorenfleisch, ich nenne die Herausnahme und die Vernichtung des Risikomaterials in erheblichem Umfang. Wir haben ein Verbraucherinformationsgesetz erarbeitet und die entsprechenden Eckpunkte beschlossen. Wir haben nicht nur ein umfangreiches Programm zur Unterstützung des ökologischen Landbaus auf den Weg gebracht, sondern bereits in erheblichem Umfang einzelne Maßnahmen durchgesetzt, sodass man uns in der Tat nicht nur an den Reden, sondern auch an unserem Handeln messen kann.
Wir haben das Programm PROLAND, und wir sind auch in den anderen Bereichen, die im Zusammenhang mit BSE zu behandeln waren, sehr fortschrittlich. Das gilt zum Beispiel für das Verbot antibiotisch wirkender Futterzusatzstoffe oder für die Frage der Einschränkung des Dispensierrechtes der Tierärzte.
Das Landesamt für Verbrauchschutz ist eingerichtet. Es hat seine Arbeit aufgenommen. Wir haben die Dinge nicht nur formal geregelt, sondern die Arbeit auch inhaltlich aufgenommen. Wir haben die amtliche Futter- und Lebensmittelüberwachung intensiviert. Wir haben eine Verbesserung des Warnsystems vor gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln auf den Weg gebracht. Wir haben alle Überwachungsmaßnahmen in einem System integriert, das nach dem Grundsatz from feed to food organisiert ist, sodass ich zum heutigen Zeitpunkt Ihnen gegenüber eine beeindruckende Erfolgsbilanz vorlegen kann. Auch unser Prinzip, die Eigenverantwortung des Primärerzeugers, nämlich der Landwirtschaft, bei unserer Lebensmittelüber
wachung stärker zugrunde zu legen, ist sehr weit gediehen. Es wird durch die Aktivitäten der Wirtschaft, aber auch durch die von uns eingesetzte Kommission bestätigt.
Meine Damen und Herren, Herr Ehlen hat noch einmal auf die Situation der landwirtschaftlichen Betriebe in Niedersachsen abgehoben. Er hat zu Recht darauf abgestellt, dass Niedersachsen das Agrarland Nr. 1 ist. Der Mann hat Recht, auch weil er das von uns mitgeteilt bekommen hat.
Herr Ehlen ist im Übrigen ein einsichtiger Mensch, mit dem ich gerne zusammenarbeite. Er weiß - da bin ich absolut sicher - um die Bedeutung der Agrarwirtschaft und der Ernährungswirtschaft in Niedersachsen. Unser Anliegen ist es, die Ernährungswirtschaft in unserem Lande weiter zu entwickeln und auf diesem Gebiet an der Spitze zu bleiben.
Wenn ich mir einmal anschaue, Herr Kollege Ehlen, wie sich die Buchführungsergebnisse, wie sich die Einkommensentwicklung der Landwirte im Jahre 2001, ein Jahr nach BSE, darstellen, dann kann ich nur sagen: Die Entwicklung ist außerordentlich positiv ausgefallen. Nach den ersten Ergebnissen des Wirtschaftsjahres 2000/2001, also des BSE-Jahres, sind die Gewinne im Durchschnitt aller Betriebe deutlich angestiegen. Am besten haben natürlich die Veredelungsbetriebe abgeschnitten. Auch die Ergebnisse der Futterbaubetriebe konnte sich aufgrund der positiven Milchpreisentwicklung weiter nach oben entwickeln. Klar ist: Die Defizite liegen im Bereich der Rinderhaltung. Wir haben unser Programm auf den Weg gebracht. Ich glaube, dass es dort hilft, wo es Not tut, dass es dort hilft, wo sich die Betriebe in größten Schwierigkeiten befinden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir gemeinsam feststellen können, dass viele Impulse für die Veränderung von Politik, die nach wie vor im Agrar- und Verbraucherschutzbereich notwendig ist, von Niedersachsen ausgegangen sind und
nicht nur die Richtung, sondern auch das Tempo und den Inhalt bestimmt haben. Ich bin sehr stolz darauf, Herr Klein, dass wir manches Mal die etwas lahmenden Grünen in Berlin ein wenig auf Trab gebracht haben, wenn es um den Verbraucherschutz geht.
Wenn es hier und da weiterhin Not tut, werden wir das auch in Zukunft machen. Ich jedenfalls bin sicher - das gilt auch für die SPD-Fraktion im Landtag -, dass richtig, angemessen und schnell gehandelt worden ist und dass Niedersachsen gleichwohl oder gerade deshalb das Agrarland Nr. 1 in Deutschland bleiben wird.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, der Kollege Ehlen möchte von § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung Gebrauch machen. Herr Kollege Ehlen, ich erteile Ihnen zwei Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es gut, dass wir in dieser Sachlichkeit über dieses Thema diskutieren können. Allerdings muss man ehrlicherweise auch eines noch sagen: Herr Minister, es ist wohl so, dass die Betriebsergebnisse gut sind. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe Einblick in eine landwirtschaftliche Buchstelle, die über repräsentative Zahlen verfügt. Danach haben die Rindviehbetriebe recht gute Ergebnisse, nämlich auf Vorjahresniveau, erzielt. Die Mastbetriebe haben aber ganz schlechte Ergebnisse. Das sind die Betriebe, für die das 10 Millionen-Programm vorgesehen war, die aber nicht an diese Mittel herankommen.
Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, Ministerin Künast träumt. Sie hat gesagt, sie habe einen Traum, den sie verwirklichen wolle. Ich habe ein wenig Angst, Herr Kollege Klein, dass die SPD und auch die Grünen im Niedersächsischen Landtag Frau Künast im Traum überholen wollen. Davor warne ich! Es kann nicht sein, dass wir hier in Niedersachsen immer wieder noch eines draufsetzen. Wir sollten lieber Realpolitik machen.
Ich meine, dass wir bei der BSE-Bekämpfung weit gekommen sind. Es ist allerdings auch nötig, dass wir gewisse Dinge nach einer gewissen Zeit aus der Distanz betrachten. Die Kohortenlösung muss fallen. Dabei handelt es sich um eine Alibiveranstaltung.
Ich meine, Sie haben den Professor Tangermann sicherlich richtig zitiert. Ich könnte Ihnen jetzt aber zehn andere Professoren nennen, die genau das Gegenteil behaupten und sagen: In Niedersachsen werft ihr den Landwirten und den Menschen, die für die Ernährung zuständig sind, laufend neue Knüppel zwischen die Beine. Ich sage nur eines: Wir sind für Dokumentation und Qualitätssicherung. Es kann aber nicht angehen, dass der Beipackzettel zu einer Scheibe Wurst größer ist als die Wurst selbst. - Danke schön.