Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

Ich will an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Erzieherinnen und die Erzieher, an die Sozialassistenten, an die Kinderpflegerinnen und auch die Sozialpädagogen in den Einrichtungen richten, weil ich weiß, dass dort hervorragende Arbeit und pädagogische Schwerarbeit geleistet wird; denn die Zeiten sind ja nicht leichter geworden.

(Beifall bei der SPD)

Auf einige Punkte will ich noch im Einzelnen eingehen.

Die meisten Forderungen, die in dem Antrag aufgestellt werden, sind durch das Gesetz abgedeckt, wenn man sie mit dem aktuellen Gesetz vergleicht. Insofern wird das Gesetz bestätigt.

Was die Zusammenarbeit mit der Grundschule betrifft, so ist die Erlasslage klar. Im Grundsatzerlass von 1982 heißt es, an jeder Grundschule gegebenenfalls für mehrere Grundschulen - sind Beauftragte für die Zusammenarbeit mit den Kindergärten, mit der Orientierungsstufe usw. zu bestimmen. Sie haben die entsprechenden Punkte zu erörtern und alles auf den Weg zu bringen, was die Zusammenarbeit fördert. Das Gleiche tun auch die Kindergärten. Eine Zusammenarbeit findet also statt.

Natürlich kann man sich wünschen, dass noch mehr Zusammenarbeit stattfindet. Ich gehe davon

aus, dass der neue Grundsatzerlass zur „Verlässlichen Grundschule“, der im Kultusministerium erarbeitet wird, diesen Punkt aufgreifen wird. Meine Informationen gehen dahin, dass in dem Erlass insbesondere die Zusammenarbeit von Grundschulen und Kindergärten verstärkt herausgestellt werden soll.

Meine Damen und Herren, ich will allerdings auch davor warnen, dass wir die Grundschule in die Kindertagesstätten vorverlagern. Ich meine, das kann nicht Aufgabe des Kindergartens sein.

(Zustimmung bei der SPD)

Natürlich müssen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Rahmen des Bildungs- und Erziehungsprozesses antrainiert und geübt werden, die die Kinder fit machen, sich im gesellschaftlichen Leben und auch in der Grundschule zu bewegen. Das Vorverlagern der Grundschularbeit in die Kindergärten lehnen wir jedoch ab.

Ich wundere mich auch, dass Sie den Erziehungsauftrag und alles, was mit Sozialisation zusammenhängt, insbesondere für die null- bis dreijährigen Kinder nicht in Ihren Antrag aufgenommen haben. Das brauchten Sie auch nicht, Frau Vockert, weil auch das im Kindertagesstättengesetz festgeschrieben ist und tatsächlich praktiziert wird.

Ich komme zu den verbindlichen Konzepten. In einem Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland gibt es solche verbindlichen Empfehlungen, und zwar in Bayern. In 15 anderen Bundesländern gibt es sie nicht. Das hat gute Gründe, meine Damen und Herren. Wir haben ein weit verzweigtes und vielfältiges Netz im Kindertagesstättenwesen. Wir haben religiöse, konfessionelle Kindergärten, wir haben kommunale Kindergärten, wir haben sportorientierte, kultur- sowie musikorientierte Kindergärten, Waldkindergärten und vieles andere mehr. All diese Kindergärten haben ihr eigens Profil. Sie bewegen sich auf der Grundlage des Bildungs- und Erziehungsauftrags, aber sie haben ihre eigenen Konzeptionen so gefasst, wie sie vor Ort am besten gestaltet werden können. Wir lehnen es ab, allen Kindergärten jetzt landesweit geltende Empfehlungen überzustülpen.

(Zustimmung bei der SPD)

Sicherlich, das Gesetz von 1992 ist entsprechend dem damaligen Bildungsbegriff verfasst worden. Manche Definition bzw. Formulierung kann man aktualisieren und man kann auch manch neue Ent

wicklung aufnehmen. Wir sind bereit, darüber zu diskutieren.

Zunächst werden wir im November und dann im Dezember das Kindertagesstättengesetz in der alten Form wieder in Kraft setzen. In der Dezember-Sitzung wird es entsprechend dem Gerichtsbeschluss von Bückeburg wieder 1 zu 1 eingesetzt. In den kommenden Jahren kann man dann darüber diskutieren, in einigen Bereichen Aktualisierungen vorzunehmen. Dazu gehört sicherlich auch die Erzieherinnenausbildung.

Übrigens geht Ihr Antrag auch in diesem Punkt ins Leere. Es gibt eine Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz vom Jahre 2000, in der deutlich gemacht wird, dass eine Weiterentwicklung der Ausbildungskriterien und der Ausbildungsstrukturen für Erzieherinnen und Erzieher angestrebt wird. Man ist also dabei. Das Kultusministerium setzt diese KMK-Vereinbarung um. Insofern ist der Antrag auch in diesem Bereich überflüssig. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mühe. - Frau Kollegin Vockert hat noch einmal um das Wort gebeten. Ich erteile es ihr für 2 Minuten 15 Sekunden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will es noch einmal klarstellen: Ich wusste von vornherein, dass Sie uns absichtlich falsch verstehen werden.

(Zuruf von Biel [SPD])

Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir keine Verschulung und keine Verkopfung wollen. So viel zur Klarstellung.

Zur Klarstellung gehört aber auch, Herr Mühe, dass Sie Folgendes zur Kenntnis nehmen: Der Hinweis auf Rahmenvereinbarungen, auf Erlasse und auf andere Richtlinien steht Seite für Seite schön auf dem Papier. Das bedeutet aber nicht das bestätigen alle Praktikerinnen und alle Praktiker -, dass es auch entsprechend umgesetzt wird. Im Moment können wir feststellen, dass der Bildungsauftrag an die Kindergärten in Niedersachsen nicht entsprechend den neuesten Kenntnissen bzw.

den neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen umgesetzt wird.

Wenn es Ihnen ein Anliegen ist – genauso wie uns -, sollten Sie dafür Sorge tragen, dass wir Folgendes erreichen: Der Betreuungsaspekt wird super ausgearbeitet. Dabei können wir vielleicht - das hängt von den Kommunen ab – sogar die Zeiten ausweiten. Bei der Ferienregelung der Kindergärten lässt sich mit Sicherheit auf kommunaler Ebene noch etwas machen. Der Erziehungsaspekt wird auch super ausgearbeitet. Beim Bildungsbereich gibt es Nachholbedarf. Das sagen Ihnen alle. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Sie müssen erkennen, dass wir im Interesse unserer Kinder in Niedersachsen gefordert sind. Ich hoffe, dass wir bei der Ausschussberatung darauf zu sprechen kommen werden.

Vielen Dank, Frau Kollegin! - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Debatte. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat empfiehlt, den Ausschuss für Jugend und Sport mit diesem Antrag federführend zu befassen und den Kultusausschuss mitberatend zu beteiligen. – Andere Auffassungen dazu sehe ich nicht. Das ist so beschlossen.

Ich teile mit – das ist besonders für die betroffenen Redner wichtig -, dass wir vor der Mittagspause noch die Tagesordnungspunkte 23 und 24 beraten und dann in die Mittagspause eintreten werden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung: Beschleunigung der Verfahren bei den Kammern für Handelssachen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2842

Das Wort zu dem Antrag und dessen Einbringung hat Herr Dr. Biester. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Anlass für den Antrag „Beschleunigung der Verfahren bei den Kammern für Handelssachen“ der CDU-Landtagsfraktion ist eher wirtschaftspoliti

scher denn rechtspolitischer Natur. Kommen wir noch einmal auf die Diskussion zurück, die wir über den Zustand der Wirtschaft, insbesondere in Niedersachsen, unter dem Tagesordnungspunkt 19 geführt haben.

Es gibt in Niedersachsen praktisch kein Wirtschaftswachstum mehr. Manche Leute sagen, wir bewegten uns gen Null-Wachstum. Manche sagen sogar, eine Rezession stehe unmittelbar bevor. Der Wirtschaft in Niedersachsen fehlen Aufträge, insbesondere der Bauwirtschaft und dem Handwerk. Viele Betriebe haben Liquiditätsprobleme, obwohl wir ein ausgesprochen günstiges Zinsniveau haben. Wir haben bundesweit eine steigende Zahl von Insolvenzen zu verzeichnen, in Niedersachsen ist diese jedoch überproportional.

Dieser Zustand der Wirtschaft fordert uns in allen Bereichen der Politik zum Handeln auf; auch im Bereich der Justizpolitik. Liquiditätsprobleme haben häufig ihre Ursache in der schlechten Zahlungsmoral der Kunden, d. h. sie bezahlen ihre Rechnungen spät oder unter fadenscheinigen Gründen gar nicht. Das ist unstrittig. Ich erinnere daran, dass beispielsweise auf Bundesebene ein Gesetz zur Beschleunigung des Zahlungsverkehrs, zur Regelung eines frühzeitigen Verzugsbeginns, zur Festlegung eines wesentlich höheren gesetzlichen Zinssatz beschlossen worden ist. Es nützt natürlich nichts, verbesserte Rechte zu haben, wenn ich man nicht durchsetzen kann. Hier setzt der Antrag der CDU-Landtagsfraktion an.

Wir möchten eine Diskussion anstoßen, damit das Justizministerium überlegt, welchen Beitrag es leisten kann, um der Wirtschaft in Niedersachsen zu helfen. Unserer Meinung nach kann nur die Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren dabei helfen. Die Rechtsstreitigkeiten zwischen Kaufleuten, die Rechtsstreitigkeiten um Handelsgeschäfte finden in den Kammern für Handelssachen statt. Wir fragen uns: Haben wir genug Handelsrichter? Wie lange dauern die Verfahren vor den Kammern für Handelssachen? Können sie beschleunigt werden? - Folgt man Vertretern der Wirtschaft, folgt man Wirtschaftsverbänden, ist eine Beschleunigungsnotwendigkeit und Beschleunigungsmöglichkeit gegeben.

Diese Fragestellung bezieht sich nicht nur auf die Kammern für Handelssachen, sondern auf alle Abteilungen von Gerichten. Sie stellt sich also beispielsweise auch bezogen auf das gerichtliche Mahnverfahren. Es gibt genügend Betriebe, die

keine große Anzahl an Mahnverfahren haben und somit nicht das automatisierte Mahnverfahren nutzen können, sondern auf die Mahnabteilung beim Amtsgericht angewiesen sind. Wir fragen uns, ob es sein muss, dass ein ganz normaler Mahnantrag, der beim Amtsgericht eingereicht wird, erst nach Wochen bearbeitet werden kann und kein Mahnbescheid zugestellt werden kann. Muss es weitere Wochen dauern, bis der Vollstreckungsbescheid ergeht? - So dauert bei manchen Gerichten das Mahnverfahren wesentlich länger als ein normales Prozessverfahren.

Auch das Thema Gerichtsvollzieher gehört hierzu. Was nützt es uns, wenn es ein Urteil gibt, wenn man einen Vollstreckungsbescheid hat, ihn aber nicht durchsetzen kann? Wir haben hier schon öfter - aber leider ohne Erfolg - diese Frage diskutiert. Wir alle wissen, dass die Gerichtsvollzieher in Niedersachsen überfordert sind. Wir wissen, dass sie eine große Anzahl von Aufträgen zu bearbeiten haben. Wir wissen, dass zusätzliche gesetzliche Aufgaben auf die Gerichtsvollzieher zugekommen sind, z. B. die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, die früher den Rechtspflegern bei den Amtsgerichten oblag. Das ist ein Zustand, den wir zwar sehen, den wir aber bis heute nicht abgestellt haben.

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Rechtsdurchsetzungskette. Wir müssen schnelle gerichtliche Verfahren haben, wir müssen Wege haben, um das Recht auch schnell durchzusetzen; denn wir alle wissen: Wie bei jeder Kette bestimmt auch bei der Rechtsdurchsetzung das schwächste Glied das Tempo.

Diese Diskussion will die CDU-Landtagsfraktion mit ihrem Antrag im Interesse der Wirtschaft anstoßen. Wir freuen uns auf eine entsprechende Information des Ministeriums im Ausschuss darüber, wie dem abgeholfen werden kann. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Haase!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit ihrem Antrag begehrt die CDU-Fraktion - Herr Dr. Biester hat das gerade noch einmal dargestellt -, dass die Landesregierung Maßnahmen

ergreift, um die Erledigung von Klageverfahren vor den Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten zu beschleunigen. Das heißt im Klartext: mehr Richter und mehr Personal für die Kammern, ersatzweise Verlagerung aus anderen Bereichen der Justiz. Als Begründung müssen die sich allgemein verschlechternden Rahmenbedingungen für die Unternehmen und die vage Behauptung herhalten, die zu lange Verfahrensdauer bei den Kammern für Handelssachen führe zu Liquiditätsschwierigkeiten und zu Wettbewerbsverzerrungen. So steht es im Antrag. Wesentlich mehr hat die mündliche Begründung des Antrages gerade auch nicht gebracht.

Wie sehen aber nun die tatsächlichen Verhältnisse an den Kammern für Handelssachen aus? - Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Beschwerden oder Petitionen, die den Antrag untermauern könnten, bei uns nicht bekannt sind. Tatsache ist auch, dass die Erledigungsdauer vom Jahre 2000 zum Jahre 2001 trotz - ich betone: trotz - steigender Eingangszahlen verkürzt werden konnte. So stiegen die Eingangszahlen in Niedersachsen in den letzten drei Jahren von 3 200 über 3 400 auf 3 600, und dennoch entwickelte sich die Verfahrensdauer nach Angaben des Justizministeriums von sechs Monaten im Jahre 1998 auf wahrscheinlich 5,8 Monate in diesem Jahr, also eine leichte Verringerung, mit Sicherheit aber keine Verlängerung der Verfahrensdauer.

Das Gleiche gilt auch für die durch streitige Urteile erledigten Verfahren. Hier geht die Verfahrensdauer in den letzten Jahren von neun Monaten über 9,1 und 9,2 Monate auf in diesem Jahr 8,4 Monate zurück; also auch hier eine Verkürzung der Verfahrensdauer. Diese Erledigungszeiten sind mithin auf jeden Fall schneller als bei anderen Zivilsachen bei den Landgerichten insgesamt, deren Zahlen aufzuzählen ich mir jetzt allerdings erspare.

Meine Damen und Herren, auch im Bundesvergleich stehen die niedersächsischen Kammern für Handelssachen gut da. Statistisch dauern die Verfahren bei uns im Lande lediglich neun bis 18 Tage länger als zurzeit im Bundesdurchschnitt. Ich kann aus diesen Zahlen wahrlich keinen akuten Handlungsbedarf erkennen.

Meine Damen und Herren, zurzeit sind an neun Landgerichten in Niedersachsen flächendeckend insgesamt 25 Kammern für Handelssachen eingerichtet. Der vorliegende Antrag und auch die mündliche Begründung lassen nicht erkennen, wo

denn im Land zusätzliche Bedarfe bestehen. Der allgemeine Verweis auf die wirtschaftliche Lage reicht da meiner Meinung nach nicht aus. Es müssen schon konkrete regionale Engpässe dargestellt werden.

Unserer Auffassung nach reichen die eingerichteten Kammern aus. Es besteht zurzeit an keinem Landgericht die Veranlassung, weitere Kammern einzurichten. Entsprechende Anträge liegen nach Rückfrage beim Justizministerium auch nicht vor.