Protokoll der Sitzung vom 12.12.2001

hen, wie es uns andere Länder, die in dieser Hinsicht erfolgreicher sind, vorgemacht haben.

(Zustimmung von Plaue [SPD] und Möhrmann [SPD])

Wir werden natürlich die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung und -fortbildung überprüfen,

(Frau Vockert [CDU]: Wann?)

und wir werden mehr didaktische Kompetenzen und diagnostische Fähigkeiten bei den Lehrerinnen und Lehrern entwickeln müssen.

(Frau Vockert [CDU]: Ein bisschen spät!)

- Es ist nicht zu spät. Wir haben in der letzten Zeit bereits - das wissen Sie auch, Frau Vockert - die Prüfungsordnung für die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung überarbeitet und verstärkt Erziehungs- und Grundwissenschaften hineingenommen. Wir werden dies verstärkt verändern und verbessern.

Es hilft eben nichts - -

Herr Kollege Wulf, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

(Möllring [CDU]: Weil er die Ant- wort nicht aufgeschrieben hat!)

Es hilft eben nicht, alte Rezepte wieder auf den Tisch zu legen. Wir müssen darüber nachdenken, wie man das Schulsystem wirklich entwickeln und wie man es mit modernen Ideen machen kann. Wir müssen auch den Blick in die anderen Länder richten. Uns helfen keine Rezepte aus den 50erJahren, so wie Sie das machen. Wir müssen darüber hinausgehen.

Ich biete Ihnen an, gemeinsam darüber nachzudenken. Mit den Lehrerinnen- und Lehrerverbänden ist das möglich. Warum nicht mit Ihnen von der CDU-Fraktion? Kommen Sie doch mal aus diesen alten Vorstellungen heraus. Denken Sie einmal über die Zukunft nach, und schauen Sie sich die anderen Länder an.

(Zuruf von Frau Mundlos [CDU])

Dann sollten wir gemeinsam daran gehen, das Exzellenzniveau in Deutschland wiederherzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich mir den Hinweis erlauben darf: Es müsste etwas lauter sein. - Herr Kollege Klare hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wir nehmen die Herausforderung an!“ so das Motto der Aktuellen Stunde. Es klang eben so, Herr Wulf, Oldenburg, als hätten Sie den Stein der Weisen schon gefunden.

(Zurufe von der SPD)

Aber angesichts der realen Schulsituation in Niedersachsen kann ich nur sagen: Das, was Sie hier vorgebracht haben, klingt sehr vermessen.

Meine Damen und Herren, natürlich müssen wir die Ergebnisse der PISA-Studie sehr ernst nehmen und auch sehr ernsthaft diskutieren. Aber solch eine schöne Beweihräucherung, wie Sie sie eben versucht haben,

(Plaue [SPD]: Na, na, na!)

hilft wirklich niemandem weiter.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie - auch Sie, Herr Ministerpräsident - dringend, einen wirklich abgerundeten Vorschlag zur Schulstruktur auf den Tisch zu legen, der mit allen Beteiligten abgestimmt und auch umsetzbar ist. Was Sie jetzt auf den Tisch gelegt haben, ist nicht praktikabel. Es ist nicht umsetzbar und wird von den eigenen Leuten bekämpft, wo es nur geht.

(Beifall bei der CDU)

So kann man jedenfalls mit den Interessen der Schüler nicht umgehen, meine Damen und Herren! Das, was Sie jetzt als politische Machtkämpfe austragen und was parteipolitische Taktiererei ist, hat mit den Interessen der Schüler nichts zu tun.

Meine Damen und Herren, gehen Sie einmal in die Schulwirklichkeit hinein und schauen Sie sich an, was an den Schulen tagtäglich passiert. Schauen Sie sich die Praxis an. Da wird mehr schlecht als recht verwaltet. Das ist die Realität, meine Damen

und Herren! Da wird den Schulen von oben alles aufgefrachtet, und es werden die Mittel gekürzt. So kann Schule nicht funktionieren. Das geht schief, meine Damen und Herren, und führt zur Vernachlässigung der Schule, was Sie in den letzten Jahren immer wieder betrieben haben.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts einer solchen Situation muss es doch möglich sein - darin stimme ich mit Ihnen überein, Herr Wulf -, gemeinsame Handlungsfelder wenigstens zu beschreiben.

(Zuruf von Adam [SPD])

Der hohe Unterrichtsausfall muss beseitigt werden. Das ist unsere erste Pflicht, und zwar nicht durch statistische Tricks, durch Veränderungen im statistischen Bereich und durch die Vergrößerung von Klassen, sondern durch reale zusätzliche Lehrer, die wir an unseren Schulen brauchen. Unsere Kinder brauchen mehr Unterricht und nicht ständig gekürzte Stundentafeln.

Die Probleme des fehlenden Lehrernachwuchses müssen entschlossen und sofort angegangen werden. Wenn uns ein leitender Mitarbeiter Ihres Hauses, Frau Ministerin Jürgens-Pieper, erklärt „Wir gehen einer Katastrophe entgegen“, dann muss doch sofort und aktiv gehandelt werden und nicht so, wie Sie es machen. Wir brauchen eine praxisorientierte Lehrerausbildung. Die zehnjährige Diskussion muss zu Ende sein. Die Einheitslehrerausbildung, die Sie auf den Weg gebracht haben, führt in die verkehrte Richtung. Das kann uns nicht weiterhelfen. Das kann man auch aus der PISAStudie entnehmen, zwar nicht speziell auf Niedersachsen, aber allgemein bezogen.

(Wernstedt [SPD]: Das möchte ich gerne einmal sehen!)

- Das zeige ich Ihnen gerne. Sie haben es ja gelesen als Präsident, als ehemaliger Kultusminister oder als Abgeordneter.

(Wernstedt [SPD]: Als einfacher Ab- geordneter!)

- Dann sind wir uns ja in dem wesentlichen Punkt einig, Herr Wernstedt.

Die Überfrachtung der Schule mit gesellschaftspolitischen Aufgaben muss reduziert werden. Schule muss in erster Linie für Bildung und Erziehung da sein. Wir brauchen verstärkte Anstrengungen zur

Förderung von Schülerinnen und Schülern im unteren Leistungsbereich und verstärkte Anstrengungen zur Förderung von Schülerinnen und Schülern im oberen Leistungsbereich. Dazu braucht man Zeit, zusätzliche Stunden und vernünftige Förderkonzepte.

(Frau Harms [GRÜNE]: Ganztags- schule!)

- So ist es. - Meine Damen und Herren, die Verlässliche Grundschule, in der Förderunterricht in den Pausen stattfindet, ist mit Sicherheit die falsche Antwort auf diese Frage. Deswegen muss es eine andere Antwort geben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, darüber hinaus müssen die Lernzeiten in der Schule intensiv genutzt und um ergänzende Angebote erweitert werden, und zwar - auch hierin sind wir uns einig - auch am Nachmittag und auf freiwilliger Basis.

Ein weiterer wichtiger Punkt für uns ist Folgender: Die Grundschule wird sich verändern müssen. Auch hierzu haben Sie, Frau Jürgens-Pieper, Ankündigungen gemacht. Ich bin gespannt, wann diese umgesetzt werden. Wir brauchen mehr Unterricht und verstärkte Hinwendungen zu Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen. Natürlich muss Grundschule auch Freude machen. Das ist ganz klar. Die Grundschule muss aber wieder ein Ort intensiven Lernens werden, das entscheidend auf Unterricht basiert. Dieser muss wieder deutlich fachbezogener durchgeführt werden. Das ist das Gebot der Stunde. Dann kann Grundschule mit Kleingruppenarbeit funktionieren. Eine Organisationsform wie die Verlässliche Grundschule ist jedoch kein Erfolgsmodell, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der SPD)

Das geht an den Interessen der Kinder vorbei, und die Eltern wollen es nur deswegen, weil sie dazu gezwungen werden.

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Mit wem sprichst du eigentlich? – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, ein letzter Punkt: Wir brauchen in der Schule wieder Lerndisziplin, Gedächtnisübungen und Zeit für übendes Lernen. Das sind die Gebote der Stunde, auf die wir wieder achten müssen.

(Beifall bei der CDU - Frau Vockert [CDU]: Richtig!)

Die Komplexität der Befunde lässt es in einer solchen Aktuellen Stunde natürlich nicht zu, auf alles einzugehen, meine Damen und Herren.

Das können Sie auch nicht mehr, weil Ihre Redezeit abgelaufen ist.