Meine Damen und Herren, nur dem Widerstand der Wohlfahrtsverbände und den Mitgliedern des Sozialausschusses ist es zu verdanken, dass diese Kürzungen rückgängig gemacht wurden.
Dennoch wagen Sie es, durch die Kappungsgrenze beim Pflegewohngeld viele Empfänger in stationären Einrichtungen dem Sozialamt auszuliefern,
Meine Damen und Herren von der SPD, die Kürzungen in diesem Bereich in Höhe von 15 Millionen DM sind beschämend. Ich hatte gewünscht, dass sich die Mitglieder des Sozialausschusses dagegen wehren.
Frau Ministerin Trauernicht, vor dem Hintergrund dieser vernichtenden Sozialbilanz stellen Sie sich hin und sagen, Ihre Wünsche seien alle erfüllt. Diese Bescheidenheit ehrt Sie nicht.
Sie ist der Beweis Ihrer Unkenntnis über die Sorgen und Probleme in unserem Land. Das ist eine Bescheidenheit, die zulasten arbeitsloser Jugendlicher, zulasten Pflegebedürftiger und zulasten der Gesundheitspolitik Niedersachsens geht. Sie haben damit endgültig das Ende einer verantwortungsvollen Sozialpolitik in Niedersachsen eingeläutet.
Nicht umsonst sind Sie von der Presse sehr einhellig als "glanzlos" und mit "ausreichend" betitelt worden. In einer Zeitung stand sogar schon, dass über Ihre Zukunft stark spekuliert wird, ob Sie jetzt ein Mandat suchen, damit Sie nach der Wahl abgesichert werden, weil Sie dann garantiert nicht mehr Sozialministerin sind.
Dreist ist es schon, Frau Ministerin, wenn Sie sich Erfolge zurechnen, für die Sie überhaupt nichts können. Ich denke da an die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, welche die katholische Laienorganisation Donum Vitae eingerichtet hat. Sie haben sich frech diese Sachen auf Ihre Fahnen geschrieben. Das ist schon wirklich dreist.
Was Sie uns ständig an Wohltaten verkaufen wollen, sind doch nichts anderes als Luftblasen oder die guten Taten anderer.
Meine Damen und Herren, im Interesse der Menschen, die von der Politik Hilfe, Unterstützung und zu Recht die richtigen Weichenstellungen erwarten, fordere ich Sie auf, zu mehr sozialer Gerechtigkeit in Niedersachsen zurückzukehren.
Lassen Sie uns in einer schwierigen Zeit immer vor Augen haben: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dies gilt auch für die Pflegebedürftigen, die Wohnungslosen, die Familien.
Frau Ministerin, ich rechne es Ihnen hoch an, dass Sie das Wort „Familien“ jetzt überhaupt in den Mund nehmen. Ich finde es gut, dass Sie ein Seminar zum Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ durchgeführt haben. Nur sage ich Ihnen ganz ehrlich: Ihr Haus hat Referenten bestellt, die Zahlen aus dem Jahre 1996 vorgelegt und dann über Familienpolitik Vergleiche mit Schweden, Dänemark und Finnland angestellt haben. Die hatten nichts Neueres zu bieten als Zahlen aus dem Jahre 1996. Ich hoffe nicht, dass Sie insgesamt so arbeiten. Ich hoffe es nicht für dieses Land.
Ich bitte Sie, zu einer sozialen Politik in Niedersachsen zurückzukehren, zum Wohle unseres Landes und vor allem der Menschen, die Ihren Schutz brauchen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Offensichtlich ist Ministerin Trauernicht schon nach einem Jahr Amtszeit am Ende ihrer Wünsche angelangt; denn anlässlich ihres einjährigen Amtsjubiläums hat sie eine Pressekonferenz gegeben. Und danach titelte z. B. die HAZ: „Trauernicht sieht alle ihre Wünsche erfüllt“. - „Am Geld ist nichts gescheitert“, sagt die Nordwest-Zeitung. „Alle meine Wünsche sind in Erfüllung gegangen“, war die Überschrift in der Neuen Presse.
Frau Pawelski, eine mögliche Interpretation ist, dass die Ministerin bescheiden ist. Die andere Interpretation wäre aus meiner Sicht,
dass das vielleicht auch ein Mangel an Ambitioniertheit ist. Ich kann nur sagen: Beides wäre nicht gut für die Hilfebedürftigen in Niedersachsen; denn die Frage, ob sie erfolgreich war oder nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten diejenigen entscheiden, die in Niedersachsen auf Hilfe angewiesen sind. Ich bin mir ganz sicher, dass sie zu einem anderen Ergebnis kommen würden.
Eines ist jedenfalls völlig klar: Die Ergebnisse der Haushaltsberatungen geben für diesen Jubel überhaupt keinen Anlass. Der Sozialetat ist erheblich gefleddert worden. Allein im Krankenhausbereich weist der Doppelhaushalt 70 Millionen DM weniger aus als der Haushaltsplan 2001. Während im letzten Haushaltsplan noch 230 Millionen DM für Investitionsmaßnahmen zur Verfügung gestanden haben, sind es für die beiden kommenden Jahre nur noch jeweils 160 Millionen DM; 150 Millionen DM für das so genannte normale Investitionsprogramm und 10 Millionen DM zur Bedienung der Darlehen für ein so genanntes Sonderprogramm.
Nun behauptet die Landesregierung, die SPDFraktion und auch Sie, Frau Elsner-Solar, diese Einsparungen seien gar keine Einsparungen.
Die 30 Millionen DM, die Frau Trauernicht bereits bei der Kabinettsklausur hergeben musste, seien, so behaupten Sie, zugesagte Mittel, die aber nicht abfließen würden und nach Ihrer Interpretation deswegen auch nicht gebraucht würden. Ich finde es wirklich perfide, wie Sie an dieser Stelle argumentieren. Sie versuchen den Eindruck zu erwecken, die Träger würden die zugesagten Mittel nicht abfordern.
Dabei ist es die Landesregierung, die die Mittel streckt, weil sie nicht mehr Geld zur Verfügung stellt. Aus dieser künstlichen Streckung machen Sie dann die Behauptung, dass das Geld nicht ge
braucht wird. Das ist im Umgang miteinander schlicht nicht fair. Das behaupten Sie vor dem Hintergrund eines Investitionsstaus von 2 Milliarden DM. Das behaupten Sie vor dem Hintergrund von bereits aufgelaufenen Investitionskosten in Höhe von 700 bis 800 Millionen DM, die aus in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen herrühren. Das ist in der letzten Planungsausschusssitzung deutlich errechnet worden. Auch vor der Hintergrund einer daniederliegenden Bauindustrie, die jeden Auftrag möglichst schnell erledigt, ist das eine völlig unseriöse und falsche Behauptung.
Mit den weiteren 40 Millionen DM, die Sie im Krankenhausbereich einsparen, indem Sie 10 Millionen DM für das Darlehensprogramm auflegen, treiben Sie - das ist doch völlig klar - die Kosten für den Krankenhausbereich in die Höhe und verschieben diese schlicht auf die nächsten Haushalte und damit auf die nächste Generation. Sollen die doch sehen, wie sie damit fertig werden! Das ist Nachhaltigkeit in der Sozialpolitik, wenn Sozialdemokraten sie betreiben!
Zusätzlich zu diesen 70 Millionen DM, die im Krankenhausbereich eingespart werden, sollen weitere 16 Millionen DM durch die Kappung des Pflegewohngelds eingespart werden. Damit wird ca. ein Drittel der Pflegewohngeldbezieherinnen und Pflegewohngeldbezieher in die Sozialhilfe abgedrängt. Sollen doch die Kommen bezahlen, was das Land nicht mehr bezahlen kann! So einfach ist das.
Für mich ist diese Art des Umgangs, den diese Entscheidungen offenbaren, im doppelten Sinne wirklich dreist, einmal gegenüber den Pflegebedürftigen, die derzeit Pflegewohngeld beziehen, aber auch gegenüber den Kommunen. Herr Groth, Sie können sich doch nicht ernsthaft darüber wundern, dass das Verhältnis zwischen Land und Kommunen gerade im sozialpolitischen Feld extrem zerrüttet ist. Den Beziehungsstress, den Sie durch den nassforschen Umgang mit den Kommunen verursachen, müssen die Hilfebedürftigen ausbaden, weil sie immer wieder in die Kompetenzrangeleien zwischen Land und Kommunen geraten.
Dass die kommunalen Spitzenverbände nicht mehr am Dialog „Soziales Niedersachsen“ teilnehmen, finde ich konsequent; denn wer möchte den Kakao,
durch den er gezogen wird, auch noch trinken? Während Sie hier entscheiden, dass die Kosten für die stationäre Pflege, die die Landesregierung nicht mehr tragen will, kurzerhand auf die Kommunen abgewälzt werden, diskutiert man im Dialog „Soziales Niedersachsen“ locker und freundlich über Älterwerden und Pflege.
Natürlich sind die Teilnehmer an diesem Dialog nicht gefragt worden, bevor Sie die Entscheidung bezüglich der Kappung des Pflegewohngelds getroffen haben.
Damit bin ich an dem zentralen Punkt meiner Kritik an den vielen Gesprächskreisen, mit denen die Sozialministerin derzeit das Land überzieht. In diesen Gesprächskreisen wird ganz unverbindlich und völlig ohne Befugnisse über die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen in Niedersachsen geredet. Aber die politischen Weichenstellungen und die finanziellen Einschnitte werden ganz woanders getroffen. Damit entziehen Sie diesen Gesprächen schlicht und einfach die Grundlage.