Wir kriegen das Geld doch nicht deshalb, weil wir so schöne blaue Augen haben, sondern deshalb, weil Sie die Finanzen an die Wand gefahren haben und wir deshalb bedürftig sind.
Im Haushaltsausschuss haben Sie, Frau Ministerin, erklärt, dass die Arbeitsmarktpolitik des Landes weit mehr als 40 000 Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte erreichen würde. Wollen Sie sich wirklich alle diese 40 000 an die eigene Weste stecken? - Sie wissen doch ganz genau, dass Arbeitsmarktpolitik von den Kommunen, vom
Bund - nämlich von den Arbeitsämtern - und von den Einrichtungen, die ganz erhebliche Anstrengungen unternehmen, betrieben wird. Das müssen wir doch sehen. Von daher wäre es unredlich, wenn Sie das für sich allein in Anspruch nehmen würden. Wir kennen doch Landkreise, die Sozialhilfeempfänger wieder in Brot und Lohn bringen. Es gibt erfolgreiche Landkreise, die die Sozialhilfekosten um Millionen herabsetzen können. Ich erinnere nur einmal an die Landkreise Weser-Ems und Peine, aber auch an die Stadt Osnabrück. Das sind gute Beispiele, von denen Sie sich etwas abgucken können.
Ich möchte jetzt aber über etwas berichten, was mir sehr wichtig ist. Wir machen hier in Niedersachsen eine besondere Arbeitsmarktpolitik mit der LaBIB. Was ist das eigentlich? - Das ist die Landesberatungsgesellschaft für Integration und Beschäftigung. Liebe Frau Kollegin, ich habe an einem dieser fantastischen Kurse teilgenommen. Ich muss Ihnen sagen: An einem Kurs zum Thema Gender Mainstreaming, einem der Kernpunkte der Querschnittsaufgaben der Landesregierung überhaupt - wenn ich das in der Vergangenheit so richtig verstanden habe -, haben nur drei Personen teilgenommen. Ich war eine davon. Die beiden anderen waren Frauenbeauftragte. Aus dem ganzen Land Niedersachsen sind zwei Frauenbeauftragte zu diesem Seminar gekommen! Uns gegenüber saßen fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ministerium.
Wir haben den ganzen Tag beraten. Wir haben unseren Beitrag bezahlt: 130 DM plus Mehrwertsteuer. Dies kann doch nicht die Kosten decken. Von den fünf, die uns gegenüber saßen, war eine Dame aus dem MFAS, und vier waren von der LaBIB; zwei davon waren Lernende. Dazu muss man wissen, dass die gesamte LaBIB ebenfalls aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert wird und dies eben nicht Eigenmittel sind, die die LaBIB selber erarbeiten muss.
Ich finde, hier werden Fördergelder verschwendet. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, dass die LaBIB mit ihrer unwirtschaftlichen Arbeit aufgelöst werden muss.
Ein anderes Thema ist das Unterhaltsvorschussgesetz. Meine Damen und Herren, wir haben natürlich großen Respekt vor den Vorschlägen des Landesrechnungshofs, folgen ihnen, wie Sie wissen, aber nicht immer. Bei den Vorschlägen zu den Landesbildungszentren für Hörgeschädigte haben wir es z. B. nicht getan, und wir werden es auch jetzt nicht tun.
Gerade die Liste, die wir vom Niedersächsischen Landkreistag bekommen haben, hat uns klargemacht, dass Ihr so genanntes Anreizmodell, Frau Trauernicht, nicht wirken wird. Denn von unseren 61 Jugendämtern holen lediglich elf die Rückholqute von über 30 % wieder herein und hätten damit einen Vorteil davon. Alle anderen 50 Jugendämter in Niedersachsen machen Miese. Das ist auch verständlich, weil Sie nämlich 4,3 Millionen Euro, also 8,4 Millionen DM jährlich beim Land einsparen und den Kommunen aufdrücken. Das machen wir nicht mit, meine Damen und Herren!
Frau Ministerin, Sie sollten in Ihrer grundsätzlichen Öffentlichkeitspolitik einmal bedenken, dass die Gelder auch bei den Betroffenen ankommen müssen. Dieses Jekami-Prinzip - „jeder kann mitmachen“ - tragen wir nicht mit, das sage ich Ihnen gleich.
Zum Dialog „Soziales Niedersachsen“: Bei der Eröffnungsveranstaltung wurde lediglich festgestellt, welches Thema man in Zukunft beraten wolle.
(Mühe [SPD]: Ihr seid doch nur dage- gen, weil euch nichts einfällt! - Frau Elsner-Solar [SPD]: Das macht man beim ersten Mal so!)
Dazu wurden 50 Vertreter der Wohlfahrtsverbände, der Kirchen, der Gewerkschaften usw. eingeladen. Natürlich sind die gebauchpinselt und kommen zum nächsten Mal gern wieder, meine Damen und Herren. Aber damit kommt kein Pfennig bei den Betroffenen an. Das machen wir nicht mit. Wir wollen, dass Sie endlich eine Politik für diejenigen machen, die es wirklich brauchen; wir wollen, dass das Geld unten ankommt. Ich meine, bei 40 000 arbeitslosen Jugendlichen, bei 17 000 Wohnungs
losen, bei den Missständen in der Pflege und im Gesundheitsbereich haben wir Probleme genug. Da brauchen wir nicht noch die 162 Projekte in Hochglanzbroschüren. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist überhaupt keine Frage: Geld kann im Sozialbereich nie genug vorhanden sein.
(Frau Pothmer [GRÜNE]: Aber wa- rum ist die Ministerin dann schon am Ende ihrer Wünsche angelangt, nach einem Jahr?)
Das hängt nicht zuletzt mit der Vielfältigkeit der Aufgaben zusammen. Es gibt ohne Frage viele Ideen, was im pflegerischen oder im Krankenhausbereich, bei der Selbsthilfe oder im Gesundheitswesen verbessert bzw. verändert werden könnte. Die finanziellen Spielräume sind eng. Ich finde, angesichts dieser Rahmenbedingungen kann sich dieser Sozialhaushalt wirklich sehen lassen. Er hält an bewährten Strukturen fest, setzt Schwerpunkte und nimmt durch Umschichtungen neue Inhalte auf.
Meine Damen und Herren, anders als in den vergangenen Jahren haben freiwillige Leistungen bei den diesmaligen Haushaltsberatungen nicht zur Disposition gestanden.
Es bleibt bei der Förderung in gleicher Höhe für Kontakt- und Informationsstellen, gesundheitsfördernde Projekte, gesundheitliche Aufklärung, Homosexuelle. Die Förderung der Selbsthilfe ist gut investiertes Geld und trägt zur Qualitätssicherung und -verbesserung bei. Es bleibt beim Landesblindengeld mit leichter Steigerung auf 113 Millionen DM, der flächendeckenden sozialen Schuldnerberatung, der Integration von Migrantinnen und Migranten als einem hoffentlich wirkungsvollen Beitrag zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit. Der Ansatz für Betreuungsvereine wurde von
1 Million DM auf 1,5 Millionen DM aufgestockt. Es bleibt bei der Bekämpfung von Aids mit 3 Millionen DM und der Suchtbekämpfung mit annähernd 16 Millionen DM.
Dies sind übrigens alles Forderungen, die die Opposition immer erhoben und deren Nichterfüllung sie in den vergangenen Jahren immer massiv gegeißelt hat. Ich finde, anstatt hier pausenlos rumzumäkeln und da wir uns gerade in der Weihnachtszeit befinden, könnten Sie für diese Leistung auch einmal dankbar sein und uns loben.
Zusätzlich hat die SPD-Fraktion in wichtigen Bereichen neue Impulse gesetzt, die sich in den nächsten Jahren auszahlen werden:
Erstens die erstmalige Bereitstellung von Haushaltsmitteln zur Verbesserung der Versorgung von Pflegebedürftigen, insbesondere Altersdementen. Hier sind neue niederschwellige modellhafte Angebote vorgesehen, um Pflegebedürftige besser zu betreuen, Pflegende zu entlasten und das Verbleiben der Pflegebedürftigen in der häuslichen Umgebung länger zu gewährleisten.
Zweitens. Erstmalig werden Haushaltsmittel für die Versorgung schwerstkranker Kinder und der Betreuung ihrer Angehörigen eingesetzt. Die SPDLandtagsfraktion will mit rund 6 Millionen DM in den beiden Haushaltsjahren dafür sorgen, dass sowohl Investitionshilfen für neue Einrichtungen als auch zur Bestandssicherung bereits vorhandener Einrichtungen bereitstehen. Darüber hinaus sollen die Qualifizierungsmaßnahmen von speziellen ambulanten Kinderpflegediensten bezuschusst werden. Mit diesen Haushaltsmitteln setzen wir den von diesem Haus gemeinsam getragenen Entschließungsantrag konsequent um.
Drittens. Für die Nachqualifizierung von Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetschern werden Landesmittel zur Verfügung gestellt. Damit schaffen wir die Voraussetzungen für die Umsetzung des neuen SGB IX, der hörgeschädigten Menschen einen Rechtsanspruch auf Verwendung der Gebärdensprache im Verkehr mit den Sozialbehörden garantiert. Niedersachsen leistet damit einen substanziellen Beitrag zur Verwirklichung der Reformen zugunsten von Menschen mit Behinderungen.
mutbaren Wartezeiten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden Haushaltsmittel zur Neueinstellung von zusätzlichen Arbeitsrichtern bereitgestellt.
Fünftens. Angesichts der ab 2003 zu erwartenden strukturellen Veränderungen in der Krankenhauslandschaft wollen wir ein Gutachten, das möglichst Entwicklungen aufzeigt und eine Entscheidungshilfe für zukünftige Investitionsförderungen darstellt, beispielsweise für die Frage, wo Kooperationen und Fusionen sinnvoll sind, wo Schwerpunktsetzungen sinnvoll sind und wo sich bereits jetzt abzeichnet, dass bestehende Häuser den Wettbewerb nicht überstehen können. Damit befinden wir uns übrigens in der Linie anderer Bundesländer.
- Es ist ja gut, wenn das das Wenigste ist. Nur, Sie sind auf die Idee nicht gekommen, auch nicht mit Ihrem Haushaltsantrag.
Entsprechend konsequent haben wir das Krankenhausinvestitionsprogramm in zwei Teile aufgeteilt. Auch wenn es wiederholt so dargestellt wird, meine Damen und Herren: Wir haben nicht gekürzt, sondern wir haben zwei unterschiedliche Finanzierungsformen gefunden. Dies mag man nicht verstehen wollen. Das ist nur ein Zeichen dafür, dass dieses Problem nicht erst seit PISA besteht.
Siebtens. Vor allem haben wir die 40 Millionen DM für die Investitionskostenförderung der ambulanten Pflegedienste wieder in den Haushalt eingestellt, um so zusätzliche Belastungen für die 40 000 Pflegebedürftigen zu verhindern und den Grundsatz „ambulant vor stationär“ zu sichern. Dies war ein gewaltiger Kraftakt, auf dessen Bewältigung die SPD-Fraktion zu Recht stolz ist.
Meine Damen und Herren, die Gegenfinanzierung durch eine Kappungsgrenze beim Pflegewohngeld ist - ich habe das wiederholt gesagt - sachgerecht. Die durchschnittlichen Investitionskosten betragen in Niedersachsen 670 DM monatlich. Die Kappungsgrenze liegt bei 1 071DM, also fast beim Doppelten. Wir haben in Niedersachsen schon heute die Situation, dass 66 000 vorhandenen Pflegeplätzen nur 61 500 belegte Pflegeplätze gegenü
berstehen. Es kann nicht sein, dass wir mit unbegrenztem Pflegewohngeld aus Steuermitteln auf der einen Seite den Wettbewerb anheizen und auf der anderen Seite Überkapazitäten finanzieren.
Unabhängig davon stellt das Land Niedersachsen immerhin noch 190 Millionen DM für Pflegewohngeld zur Verfügung. Dies ist wahrlich kein Pappenstiel, und es wird nicht zum Zusammenbrechen von Strukturen führen.
Meine Damen und Herren, es hat sich in den vergangenen Jahren eingebürgert, dass die Opposition entweder gar keine Anträge stellt oder erst im letzten Moment, nachdem die Haushaltsvorschläge der SPD-Fraktion vorgelegt wurden.
Ich finde, es spricht schon Bände, Herr Kollege, wenn eine Opposition bei ihren eigenen Vorschlägen so wenig Schneid hat, dass sie versucht, damit klammheimlich an der Seit vorbei zu kommen, um sich nicht der öffentlichen Debatte stellen zu müssen.