Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Nun zu den Schwerpunkten der Mittelstandsförderung. Erstens. Das Landesdarlehensprogramm wird 2002 die bisherige Höhe erreichen. Zweitens. Für das Existenzgründerinnenprogramm geben wir im nächsten Jahr 1 Million Euro mehr aus, und zwar insgesamt 4,6 Millionen Euro in den Jahren 2002 und 2003.

Diese beiden Programme sind nach wie vor sehr erfolgreich. Mit der Refinanzierungsmöglichkeit durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau können wir das Kreditvolumen vervierfachen. Die Konditionen sind so interessant, dass sie auch in Anspruch genommen werden. Die neuesten Zahlen machen deutlich, dass mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 260 Millionen DM 11 000 Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen worden sind. Das ist eine exzellente Erfolgsbilanz.

Was das Existenzgründerinnenprogramm anbetrifft, so werden Gründungen und Übernahmen vor allem im Bereich Handel, Handwerk und freie Berufe mit zusätzlich 10 Millionen DM unterstützt, was zu einer Sicherung von mehr als 500 Arbeitsplätzen führt.

Drittens. Die Gründungsoffensive Niedersachsen ist im letzten Jahr gestartet worden. Mit beiden Programmteilen, Meisterprämie und auch Grün

dungszuschuss, werden Gründungen und Betriebsübernahmen im Handwerk unterstützt. Beide Programme laufen exzellent und zeigen genau die Impulswirkung, die wir uns vorgestellt haben.

Viertens. Mit der jüngsten Initiative des Landes, was den Bereich der Selbständigen anbetrifft, gelingt es hervorragend, mit dem Bonussystem als Hebel, d. h. dem direkten Einsatz von Landesmitteln, Aktivitäten in den niedersächsischen Regionen anzuschieben.

Fünftens. Das Land beschreitet zielorientiert den Weg der Innovationsförderung. Hierzu werden in den Jahren 2002 und 2003 jeweils rund 60 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Wir konzentrieren uns dabei auf die Bereiche, in denen wir besondere Potenziale und auch Markterfolge haben. Das ist eindeutig die Biotechnologie, der Bereich neue Materialien, die Mikrosystemtechnik, Informations- und Kommunikationssysteme, ECommerce und vor allem die Mobilitätswirtschaft.

Die Verkehrspolitik ist der zweite große Investitionsbereich.

Erstens. Mit der Überschrift „Niedersachsen ist am Zug“ ist das Nahverkehrsprogramm 2001 bis 2005 der Öffentlichkeit bekannt geworden. Das Land wird 1,6 Milliarden in ÖPNV-Projekte investieren. Davon profitieren nach der EXPO vorrangig die Regionen außerhalb des Großraums Hannover. Es werden besser ausgebaute Eisenbahnstrecken, bequeme schnelle Fahrzeuge, saubere und gut ausgebaute Bahnstationen Priorität haben, und der Erfolg kann sich sehen lassen. Sie können das als Nutzer der Eisenbahn überall erkennen.

Herr Kollege Schurreit, der Kollege Eppers möchte Ihnen eine Frage stellen.

Kleinen Moment! - Wir setzen dabei auf den Wettbewerb der Verkehrsanbieter; denn Konkurrenz - so unsere Meinung - belebt das Geschäft.

Zweitens. Die Regionalisierungsmittel belaufen sich in 2002 auf 544 Millionen Euro und 2003 auf 615 Millionen Euro. Hinzu kommen Darlehensrückflüsse aus Vorfinanzierungen, z. B. für das dritte Gleis der Strecke Lüneburg - Hamburg, sowie GVFG-Mittel. Wir haben in beiden Jahren einen erhöhten Ansatz. Die Investitionen, die 1999

noch zu 55 % direkt nach Hannover und nur zu 45 % ins flache Land geleitet wurden, werden in der Zukunft umgesteuert und zu 90 % in das flache Land fließen, während der Rest nur Abwicklungsinvestitionen in der Stadt Hannover betrifft. Diese Absichtserklärung der Landesregierung wird von der SPD-Landtagsfraktion voll unterstützt.

(Zustimmung bei der SPD)

Drittens. Für den Landesstraßenbau stehen Mittel für Unterhaltung und Instandsetzung in gleicher Höhe wie in den letzten Jahren zur Verfügung. Eine Zustandserfassung der 8 300 km Landesstraßen zeigt, dass sich der Zustand der Landesstraßen in den letzten Jahren nicht entscheidend verschlechtert hat.

Viertens. Beim Radwegebau an Landesstraßen sind wir um Kürzungen nicht herumgekommen. Niedersachsen ist im Vergleich aller Bundesländer das Land mit der größten Dichte von Radwegen an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Die führende Position bleibt auch bei Senkung des Haushaltsansatzes für Radwege an Landesstraßen - nur über sie reden wir - gesichert. Wir wollen zwei Jahre lang eine schöpferische Pause einlegen und vor allem das ergänzende Programm PROLAND so nutzen, dass Radwanderverbindungssysteme und vernetzte Strukturen in den jeweiligen Regionen aus diesem Topf mit gefördert werden. GVFG-geförderte Radwege der Kommunen werden weiter gebaut. Bestehende Verpflichtungsermächtigungen zum Bau von Radwegen werden eingehalten.

(Dr. Stratmann [CDU]: Das ist doch eine Selbstverständlichkeit!)

Herr Dinkla hat hier von einem angstvollen und mutlosen Haushaltsplan gesprochen. Er hat auf die kreativen Vorschläge der CDU-Fraktion hingewiesen. Ich möchte Sie daran messen. Sie haben sehr spät ein Papier vorgelegt und darin nur drei Veränderungen zum Wirtschaftshaushalt vorgeschlagen. Erstens haben Sie etwas zum Bau von Radwegen an Landesstraßen gesagt. Dazu habe ich Ausführungen gemacht.

Als Zweites haben Sie ausgeführt, dass Sie den Ansatz für Landeswerbung auf null zurückfahren wollen. Das ist für mich ein völlig unverständlicher Sparvorschlag.

(Zuruf von der CDU: Wir wollen nur keine Regierungswerbung!)

Das Land Niedersachsen steht, was den Einsatz von Mitteln für Akquisitionen für ansiedlungswillige Unternehmen angeht, im Vergleich der Bundesländer heute schon an einer hinteren Stelle. Diesen Ansatz auf null zurückführen zu wollen, zeugt von höchster Inkompetenz, Hermann Dinkla.

(Beifall bei der SPD)

Völlig unverständlich ist die Annahme - das möchte ich in der Öffentlichkeit deutlich erklären -, dass bei den Förderabgaben für Erdgas und Öl angesetzten 260 Millionen zusätzlich 150 Millionen eingeworben werden können. Das ist eine abstruse Vorstellung. Die Praxis hat Sie da überholt: Die Fördermenge und damit die Einnahmemöglichkeiten sind von uns im Haushalt realistisch bewertet worden.

Ich möchte nur noch einmal deutlich machen: Das ist die Substanz Ihrer Anträge zum Haushalt. Es kommt ein bisschen Rauch, aber nichts Inhaltliches.

Ich möchte betonen, Hermann Dinkla: Die Aussage, dass gute Vorschläge von eurer Seite von uns abgebügelt worden sind, weise ich vehement zurück. Bei vernünftigen Veranstaltungen - ob das bei dem Bau von Autobahnzubringern oder von Autobahnteilen war - haben wir zugunsten der Region ein gemeinsames politisches Vorgehen organisiert. An dieser Stelle zu sagen, dass wir euch abgebügelt hätten, ist schlicht eine Frechheit und entbehrt jeglicher Grundlage.

(Beifall bei der SPD - Dinkla [CDU]: Das können wir beweisen! Lest doch einmal die Protokolle!)

Der Vergleich mit Osama bin Laden, Hermann Dinkla, den du hier angebracht hast, ist eigentlich nicht dein Stil. Normalerweise konzentrieren wir uns im Wirtschaftsausschuss auf die inhaltliche Diskussion. So sollte auch bei diesem Thema verfahren werden. Eine solche Form und Sprache in der Auseinandersetzung zu wählen, fällt auf Sie zurück.

(Beifall bei der SPD)

Der Einzelplan 08 hat nach wie vor ein sehr hohes Niveau. Damit ist das Land seiner wirtschafts- und verkehrspolitischen Verantwortung in vollem Umfang nachgekommen. Damit wird die Schaffung eines modernen Niedersachsens eingeleitet. Die Schwerpunkte bei der Verteilung in diesem inno

vativen Bereich, was die Wirtschaftsförderung und die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur angeht, habe ich Ihnen dargestellt. Die Neugründungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Niedersachsen sind hervorragend und können sich im Ländervergleich sehen lassen. Das ist unbestritten.

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass wir mit der Wirtschaftspolitik in Niedersachsen führend sind, dass wir eine gute Politik machen. Das hat auch etwas mit unseren Ministerinnen und Ministern und dem gesamten Apparat zu tun. Das werden wir noch viele Jahre so machen; denn das soll weiterhin so bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Der CDU-Kollege Eppers spricht ebenfalls zum Einzelplan Wirtschaft und Verkehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst zu Ihnen, Herr Kollege Schurreit. Wir hören das hier ja des Öfteren. Ich kann das jetzt nur noch als Märchenstunde und Realitätsverlust bezeichnen. Was Sie eben beschrieben haben, ist nicht die wirtschaftliche Situation, wie sie sich heute in Niedersachsen darstellt.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte von Ihnen einmal hören, wie Sie zu der Kritik stehen, die Frau Dr. Knorre bei Übernahme ihres Amtes an der Wirtschaftspolitik der Landesregierung geübt hat. Sie haben hier eben erzählt, dass die Wirtschaftsprogramme und alles andere toll seien. Das Einzige, das ich jetzt als weniger toll empfinde, ist, dass man nicht mehr 15 Monate auf einen Ablehnungsbescheid warten muss, sondern nur noch neun Monate. Das wird von Ihnen als Fortschritt bezeichnet. Für den Unternehmer aber macht es keinen Unterschied. Er bekommt die schlechte Nachricht nur ein paar Monate früher. Das ist die Realität in Niedersachsen, lieber Wolfgang Schurreit. An dieser Realität muss etwas geändert werden. Wir müssen mit der Wirtschaft ehrlich sprechen. Wir dürfen in Pressemitteilungen, bei großen Auftritten und bei IHKNeujahrsempfängen nicht immer so tun, als ob wir im Haushalt noch Geld in Hülle und Fülle hätten. Die Mittel sind in den letzten elf Jahren fast auf Null gefahren worden. Das muss man an dieser Stelle auch einmal so deutlich aussprechen dürfen.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein wichtiger Bestandteil des Einzelplans 08 ist der Bereich Straßenbau/Verkehrsinfrastruktur. Die beste Wirtschaftsförderung, die man betreiben kann, ist, eine gute und moderne Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Dort, wo die Verkehrsinfrastruktur gut und modern ist, siedeln sich Betriebe an. Dort entwickelt sich wirtschaftliche Wohlfahrt. Das sehen wir in vielen Ballungsund Wirtschaftsräumen nicht nur in Niedersachsen, sondern in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Die Frau Ministerin hat vor einigen Monaten selbst gesagt, dass das so ist. Ich glaube, das bestreitet hier in diesem Haus auch niemand.

Wenn man diesen sich selbst auferlegten Maßstab zur Richtschnur macht, dann muss man sagen: Die Verkehrspolitik der SPD-Landesregierung ist in den letzten elf Jahren im Prinzip gescheitert. Lieber Wolfgang Schurreit, wenn Sie hier sagen, Sie hätten unsere Vorschläge nie abgebürstet, und es sei alles in Ordnung gewesen, dann muss ich darauf hinweisen, dass es natürlich auch Gemeinsamkeiten gab, was wir nicht bestreiten. Wir dürfen in diesem Zusammenhang aber nicht vergessen, darauf hinzuweisen, dass die 1990 bis 1994 von der SPD geführte Landesregierung stolz darauf war und dies in Broschüren veröffentlicht hat, dass sie keinen einzigen zusätzlichen Kilometer Autobahn für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet hat.

Meine Damen und Herren, das sind der Grund und die Ursache dafür, weshalb wir in Niedersachsen in vielen Bereichen bei der Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur nicht weiter vorankommen. Wir beide haben doch an der Verkehrskonferenz der IHK Wolfsburg teilgenommen, bei der wir über die A 39 und die A 14 gesprochen haben. Die Frau Ministerin war ja auch da. Wir haben aber noch nicht einmal den Lückenschluss der A 39 rechtzeitig hingekriegt. Dieser Lückenschluss wird erst Mitte 2005 bzw. 2006 realisiert, weil Sie von 1990 bis 1994 nicht den Mut hatten, den grünen Koalitionspartner zurechtzuweisen und ihm zu sagen, dass man Infrastruktur braucht, wenn man wirtschaftliche Entwicklung haben möchte. Das ist der Grund.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Punkt stehe ich nicht alleine. Am 7. Dezember hat die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet - Frau Knorre, ein sinngemäßes Zitat -, dass die SPD den

Autobahnbau in Niedersachsen systematisch und planmäßig vernachlässigt habe. Das ist dort so nachzulesen und wird von uns auch unterstrichen. Die Feststellung, Frau Knorre, wird begrüßt. Nur, auch Sie dürfen nicht den Fehler begehen, dass Sie im Land vor den Medien immer die richtigen Feststellungen treffen, dann aber an dem Ort, an dem gehandelt wird - nämlich im Kabinett und hier -, nichts dazu sagen. Dort machen Sie das mit, was die Regierungsfraktion Ihnen vorher aufgeschrieben hat. Auch das werden wir Ihnen so nicht mehr durchgehen lassen können, sehr geehrte Frau Knorre.

Wir haben dafür ja Beispiele. Wenn Sie darauf hinweisen, dass nur die Hälfte der Landesstraßen kaputt sei, dann muss ich Ihnen entgegen halten, dass es für mich ein Skandal ist, dass von 8 000 km Landesstraßen nach Angaben des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums 60 % - das ist der letzte Stand - mittel bis schwer beschädigt sind und dass man jährlich 1 Milliarde DM brauchen würde.

(Adam [SPD]: 50 % sind in Ord- nung!)

Dieses Geld haben wir angesichts der desaströsen Finanzlage, die im Wesentlichen Ihre Partei verursacht hat, aber nicht.

(Mientus [SPD]: Na, na, na, na, na!)

Das muss man hier einmal sagen. 1 Milliarde DM bräuchten wir. Sie stellen aber nur 100 Millionen DM zur Verfügung. Damit können Sie noch nicht einmal den Status quo erhalten.

(Schurreit [SPD]: Ja, natürlich!)

- Nein, das geht nicht. Wir werden uns in einigen Jahren sicherlich noch darüber unterhalten müssen, dass nicht 60 % der Landesstraßen mittel bis schwer beschädigt sind, sondern 70 %.

Man muss sich auch über die Frage unterhalten, inwieweit andere GVFG-Förderbereiche wie bisher aufrecht erhalten werden können; denn wenn die Straßen kaputt sind, wird es schwer sein, den öffentlichen Personennahverkehr mit Bussen usw. aufrecht zu erhalten. Deshalb fordern wir für die Zukunft stärkere Bemühungen als bisher, den kommunalen Straßen- und Radwegebau aus dem Landeshaushalt zu unterstützen.