Meine Damen und Herren, nach § 71 Abs. 2 erhält der Kollege Schirmbeck jetzt noch eine Redezeit von vier Minuten, weil die Ministerin ihre vorgesehene Redezeit ganz erheblich überschritten hat. Bitte schön!
Verehrte Frau Ministerin, es ist eigentlich ein sehr ernstes Thema, mit dem wir uns auseinander zu setzen haben. Ich weiß nicht, ob wir den Anforderungen, die die Bevölkerung mit Recht an uns stellt, gerecht werden, wenn wir nur mit Sprüchen mit wenig Sinn wie „Fördern und Fordern“ und was Sie hier so ausgeführt haben arbeiten. Das können Sie natürlich jeden Tag an jedem Ort erzählen; das ist ja im Grundsatz überhaupt nicht falsch. Aber was wir brauchen, sind Taten. Wir müssen ganz konkret anfangen, etwas umzusetzen!
Sie können nicht wegreden, was der Herr Kollege Wulff hier ausgeführt hat. In CDU-regierten Bundesländern gibt es diese Programme ganz konkret, von denen Sie hier nur reden. Ich möchte Ihnen
jetzt aufzeigen, was es auch in CDU-regierten Kommunen in Niedersachsen ganz konkret gibt, ohne dass Sie einen Beitrag dazu geleistet haben.
Ich finde es wirklich gut, wenn Sie sagen, dass Sie wieder ein Qualifizierungsprogramm mit 10 Millionen Euro machen wollen. Aber wenn Sie das einmal durchrechnen, was Sie mit 10 Millionen Euro in einem einzigen Landkreis in Niedersachsen machen können, dann ist das lächerlich. Das muss man mit aller Ernsthaftigkeit sagen.
Wenn Sie in einem Landkreis Sozialhilfelasten, Hilfe zum Lebensunterhalt von 75 Millionen haben und Sie diese, ohne dass das Land etwas dazugetan hat, durch kommunale Maßnahmen um 25 Millionen jährlich reduzieren - auf DM-Basis gesprochen -, dann ist das eine Leistung, dann ist das eine Tat. So etwas erwarten wir von Ihnen!
Verehrte Frau Ministerin, es ist natürlich richtig: Wir müssen uns um Ältere, um Jüngere, um Männer, Frauen und Behinderte kümmern. Aber wir müssen uns individuell um jeden einzelnen Arbeitslosen kümmern. Je länger er arbeitslos ist, desto individueller müssen wir uns um ihn kümmern.
Frau Ministerin, da Sie das Osnabrücker Land besonders interessiert, sage ich Ihnen, dass wir seit sieben Jahren nach dieser Maxime verfahren, dass wir jedem einzelnen Arbeitslosen die Hand reichen, uns individuell um ihn kümmern, um ihn zu therapieren, um ihn zu qualifizieren, um ihn wieder auf den Arbeitsmarkt und das Berufsleben vorzubereiten, um ihm dadurch eine Chance für den ersten Arbeitsmarkt zu geben. Wir haben in dieser Zeit mehr als 6 000 Langzeitarbeitslose, die vorher im Durchschnitt anderthalbe Jahr arbeitslos waren, in den ersten Arbeitsmarkt integriert.
(Beifall bei der CDU - Fischer [CDU]: Bravo! - Zuruf von der CDU: Das ist Erfolg! - Gegenrufe von der SPD)
Wir haben dabei festgestellt, dass es wünschenswert ist, dass die Arbeitsverwaltung in Zukunft die Möglichkeit hat, an der einen oder anderen Stelle flexibler zu reagieren. Da sind Sie gefordert, über den Bundesrat auf die Bundesregierung einzuwirken.
Ich habe Ihnen eben gesagt, dass wir viel Geld bei den Sozialhilfekosten eingespart haben. Jetzt könnte ein Kommunalpolitiker auf die Idee kommen, dass wir im Osnabrücker Land im Geld schwimmen. Denn wenn wir jedes Jahr 25 Millionen DM einsparen, müsste das ja bedeuten, dass wir jetzt eine große freie Finanzmasse haben. Wissen Sie, was durch den von Ihnen zu verantwortenden Finanzausgleich dabei herauskommt? Dass diese Ersparnisse durch den Finanzausgleich abkassiert werden. Wir werden dafür also noch nicht einmal belohnt.
Im Ergebnis führt das dazu, dass wir kommunale Investitionen zurückfahren müssen. Das hat wieder Arbeitslosigkeit zur Folge. Dafür sind Sie verantwortlich!
Herr Kollege Plaue, Sie haben noch einmal das Wort. Sie haben ebenfalls bis zu vier Minuten Redezeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schirmbeck, es gibt eine ganze Reihe von Landkreisen, von kreisfreien Städten, die mit unterschiedlichem Erfolg genau das machen, was Sie vorschlagen. Ich finde, das ist nicht nur in Ordnung, sondern das ist ihre Aufgabe. Deshalb sollten wir das erstens loben und zweitens feststellen, dass andere das auch machen, nicht nur der Landkreis Osnabrück.
- Bleiben Sie ganz ruhig, Herr Kollege Wulff, ich komme noch auf Sie zu sprechen. Herr Kollege Wulff und Herr Kollege Schirmbeck, Sie müssen dann auch mal sagen, dass die Landesregierung
das, wo sie es kann, auch mit Nachdruck unterstützt. Das ist unsere Politik, zu der wir stehen. Wir freuen uns, dass andere auch eine erfolgreiche Politik machen. Es ist egal, ob der Landkreis von CDU- oder SPD-Mehrheit regiert wird. Wir sind dafür, dass eine ordentliche Politik gemacht wird. Die unterstützen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren. Keine Frage!
Sie haben gesagt, wir hätten etwas vorgelegt, das 10 Millionen Euro umfasst, und das wäre lächerlich. Wissen Sie, Herr Kollege Schirmbeck, wie viel Euro haben Sie denn in Ihrem Änderungsantrag zum Haushalt beantragt? - Null, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist die traurig Wahrheit.
(Widerspruch bei der CDU - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist doch gelogen, Herr Plaue, Sie haben keine Ahnung! - Zuruf von der CDU: Sie haben den Antrag nicht einmal gelesen! - Weitere Zurufe von der CDU)
Aber das passt in die allgemeine Debatte. Der Kollege Oppositionsführer stellt sich hier hin und hält zehn Minuten lang eine Rede, in der er eine Plattitüde nach der anderen anspricht, ohne auf einen Fakt einzugehen. Sagen Sie mir doch einmal, Herr Kollege Wulff, was ist denn das rein mathematisch betrachtet? - 4,85 Millionen Arbeitslose unter der Kohl-Regierung, jetzt knapp über 4 Millionen Arbeitslose unter der Schröder-Regierung. Das sind fast 900 000 Arbeitslose weniger. Darauf sind wir stolz, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Herr Kollege Wulff, ich habe hier 14 Punkte vorgetragen, die in den letzten zwei Jahren angepackt worden sind, um den Arbeitsmarkt nicht nur zu entlasten, sondern mehr Arbeit zu schaffen, damit mehr Menschen in Lohn und Brot stehen. Sie sind nicht mit einem Wort darauf eingegangen. Damit wird klar, was dieses Land von Ihnen als Oppositionsführer zu erwarten hat: keine konkreten Projekte, sondern nur laue Sprüche!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.
Der Ältestenrat empfiehlt, beide Anträge zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Sozialund Gesundheitswesen zu überweisen und die Ausschüsse für Wirtschaft und Verkehr und Haushalt und Finanzen mitberatend zu beteiligen. - Andere Wünsche sehe ich nicht. Dann ist das so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein, sie endet um 14.30 Uhr. Ich wünsche Ihnen guten Appetit.
Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung: Wohnraum für Studierende schaffen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 14/3026
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im laufenden Wintersemester haben 9,8 % mehr Studenten ihr Studium an niedersächsischen Hochschulen aufgenommen als im Wintersemester des Vorjahres. Die Gesamtzahl der Studierenden beläuft sich damit auf mehr als 150 000. Mit der Steigerung um rd. 23 800 Studienanfänger liegt das Land in der Spitzengruppe der deutschen Flächenländer.
So erfreulich diese Entwicklung insgesamt ist, so birgt sie auch einige Probleme in sich. Diese Probleme konnte man zu Beginn des Semesters in nahezu allen niedersächsischen Hochschulstandorten beobachten. Es geht um den gravierenden Mangel an Plätzen für studentischen Wohnraum.
Das betrifft sowohl den privaten Vermietermarkt als auch insbesondere die Wohnheimkapazitäten der niedersächsischen Studentenwerke.
Wir haben überall - ob in Oldenburg, in Emden, in Hannover oder in Osnabrück - dramatisch lange Wartezeiten und teilweise 400-fach überzeichnete Wartelisten.
Das ist eine Situation, die wir seit vielen Jahren nicht mehr erlebt haben. Wenn man sich allein in Lüneburg umschaut, dann stellt man fest, dass wir dort eine insgesamt unterdurchschnittliche Wohnraumversorgung im Vergleich zum Land haben. Man müsste 14 Millionen Euro investieren, um überhaupt den Landesdurchschnitt der studentischen Wohnraumversorgung zu erreichen.
Wenn man das weiß, dann versteht man auch die Warnung des Deutschen Studentenwerkes, man versteht die Warnung der Hochschulrektorenkonferenz, man versteht die Hinweise der Bund-LänderKommisson für Bildungsplanung und Forschungsförderung. Sie alle haben übereinstimmend darauf hingewiesen, dass wir in Deutschland den Neuau von studentischen Wohnheimplätzen brauchen. Wir müssen den Studentenwerken zusätzliche Immobilien zur Bewirtschaftung übertragen.
Wir brauchen das, weil sich Bund und Länder einig sind, dass in den nächsten Jahren wenigstens 50 000 ausländische Studierende angeworben werden sollen.
Der Bund hat bisher lediglich seine Bereitschaft zur Mitfinanzierung von Wohnheimplätzen für wissenschaftliche Mitarbeiter angeboten. Wir kennen diese Programme, die von der Alexander-vonHumboldt-Stiftung mitfinanziert werden.
Wir sind der Überzeugung, dass wir auch eine Verbesserung der sozialen Infrastruktur für Studierende in diesem Land brauchen. Gerade was die ausländischen Studierenden betrifft, so wissen wir aus Erfahrung, dass etwa die Hälfte dieser Personengruppe wenigstens in der Anfangsphase, also nachdem sie nach Deutschland eingereist sind, für eine Übergangszeit darauf angewiesen sind, einen Wohnheimplatz zu erhalten. Diesbezüglich hat sich die Situation auch auf dem privaten Wohnungsmarkt zugespitzt. Das hat sicherlich auch mit den Diskussionen nach dem 11. September 2001 zu tun.
Nicht nur diese Gründe, sondern auch steigende Anwerbezahlen führen uns zu der festen Überzeugung, dass wir zusätzliche Wohnheimkapazitäten brauchen. Wir schlagen Ihnen deshalb vor, dass man mit dem Bund darüber verhandelt, wie neue Wohnheimkapazitäten geschaffen werden können. Der Bundeskanzler hat anlässlich seines Grußwortes bei der Jubiläumsveranstaltung des Deutschen Studentenwerkes gesagt, dass der Bund offen sei, wenn vonseiten der Länder der entsprechende Bedarf nachgewiesen werden kann.