Protokoll der Sitzung vom 13.02.2002

Wenn sie erst das lange Gesetz durchblättern müssen, Herr Dr. Domröse, haben sie die Passagen mit Sicherheit schon verpasst.

(Beifall bei der CDU - Plaue [SPD]: Das ist eine solche Unlogik!)

- Das ist überhaupt keine Unlogik. Es gibt keinen Grund, warum Sie diesem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nicht zustimmen können sollten.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich habe die Befürchtung, dass Sie es deshalb nicht tun, weil klar ist, dass die Rahmenbedingungen immer noch nicht stimmen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Plaue [SPD]: Sie haben keine Ah- nung, das zeichnet Sie aus!)

Nicht umsonst hat es so lange gedauert, bis die Vorlage wieder in das Plenum gekommen ist. Sie wissen genauso gut wie wir, dass sich an den Rahmenbedingungen im letzten Jahr überhaupt nichts geändert hat. Es gibt immer nur Versuche, die zum Teil bereits im Keim erstickt werden. Mangelnde Effizienz der Hochschulen, überlange Studienzeiten und eine hohe Anzahl von Studienabbrechern, all das hat die Landesregierung durch ihre unzureichende Hochschulfinanzierung zu verantworten.

(Beifall bei der CDU)

Es kann doch nicht sein, meine Damen und Herren von der SPD, dass Sie der Gebührenfreiheit für das Erststudium nicht zustimmen wollen. Ich sehe wirklich keinen Grund, aus dem Sie das hier heute nicht tun sollten. Die Erhebung von Studiengebühren - dahinter sitzt doch immer das Fragezeichen wäre hier und heute geradezu kontraproduktiv. Wir können doch nicht für eine Leistung Geld verlangen, für die der entsprechende Gegenwert noch nicht erbracht wird.

(Zustimmung bei der CDU)

Ohne durchgreifende Strukturreform dürfte sich an dem Problem wenig ändern. Wir müssen Anreize

schaffen; denn - das wissen Sie genau - wir brauchen mehr Studierende an unseren Hochschulen.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Der Zugang zu den Hochschulen muss allen begabten jungen Menschen unabhängig vom Einkommen der Eltern möglich sein. Ich frage Sie: Gilt denn die Privatisierung der Bildungskosten plötzlich nicht mehr als unsozial? Sie haben doch immer betont, Studiengebühren würden Jugendlichen aus unteren sozialen Schichten einen höheren Bildungsweg nicht finanzierbarer bzw. finanzierbar machen. Daran hat sich doch nichts geändert. Also können Sie doch heute zur Sicherheit zustimmen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass , wenn der Anteil von Studierenden aus diesen Schichten trotz fehlender Studiengebühren kontinuierlich sinkt, weil ihnen die Unübersichtlichkeit, die Unverbindlichkeit und auch die fehlende Betreuung im Zusammenhang mit dem Studium nicht geheuer sind, diese Jugendlichen von den Gebühren mit Sicherheit abgeschreckt würden. Diese Studierenden brauchen Sicherheit. Ich bitte Sie herzlich, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CDU und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Bei den Formulierungen in diesem Antrag gibt es Spielraum; das habe ich bei der ersten Beratung bereits betont. Wir hätten einen Konsens finden können. Was aber haben Sie gemacht? Die erste Beratung war schon vor einem Jahr und einigen Wochen. Heute sind wir in der zweiten Beratung. Aber es ist nichts passiert. Das ist wirklich schlimm.

Schlimm ist vor allem die Unsicherheit. Schlimm ist, dass ein Fragezeichen dahinter zu setzen ist.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Schlimm ist, dass das, was Sie bereits an Verwaltungsgebühren eingeführt haben, nicht den Hochschulen insgesamt zur Verfügung gestellt wird, sondern großenteils in der Staatskasse versickert. Das darf in diesem Rahmen nicht sein. Das ist alles nur möglich, wenn die Rahmenbedingungen an unseren Hochschulen so sind, dass sie solche Entgelte rechtfertigen. Ich denke, bei der Schaffung

der erforderlichen Rahmenbedingungen stehen wir noch am Anfang.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, auch heute wieder nicht zu einem Kompromiss bereit sind, dann muss ich Ihnen wirklich sagen: Es ist irgendwo ein Eiertanz. Die Fraktion ist sich untereinander nicht einig. Lesen Sie einmal nach, was die Abgeordneten Ihrer eigenen Fraktion zu diesem Thema bereits die ganze Zeit über in irgendwelchen Zeitschriften ausgeführt haben. Mit dem Minister sind Sie sich schon gar nicht einig, und die Partei übernimmt dann noch den dritten Teil.

(Zustimmung von Frau Harms [GRÜNE])

Meiner Ansicht nach ist das genauso katastrophal wie die Schuldebatte: Einmal hü und einmal hott.

(Beifall bei der CDU)

Sagen Sie endlich einmal ganz offen, was Sie wollen, auch wenn es gegen den Parteitagsbeschluss ist oder im Widerspruch zu der Aussage des Bundeskanzlers steht, der das gebührenfreie Regelstudium erhalten will. Ich erinnere Herrn Oppermann an sein Spiegel-Interview. Auf die Frage „Studiengebühren oder brechen die Sozialdemokraten ihr Wort?“ - haben Sie geantwortet: Nein. - Jetzt passen Sie auf! Sie haben genau die Worte aus dem Antrag benutzt. Sie haben nämlich gesagt:

„Wenn ein gebührenfreies Erststudium innerhalb vernünftiger zeitlicher Grenzen garantiert bleibt, wird das Wahlversprechen nicht gebrochen, sondern erfüllt.“

Ich frage Sie noch einmal, warum um Gottes willen sträuben Sie sich hier und heute dagegen, dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zuzustimmen? Ich sehe dafür wirklich keinen Grund.

Meine Damen und Herren von der SPD, Sie können nicht dreispännig Kutsche fahren.

(Plaue [SPD]: Troika! - Weitere Zuru- fe von der SPD)

- Nein, das werden Sie nicht schaffen. Bei Ihnen gehen die beiden rechts und links in die Knie, und einer bleibt übrig. Sie können sich vorstellen, wer das ist.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Ernst, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Bravo! - Gegenruf von der [CDU]: Sie können die Wahrheit nicht hören!)

Ich sage Ihnen zum Schluss nur noch Folgendes: Wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen, dann zeigen Sie unserer Ansicht nach deutlich, wie Sie sich aus der finanziellen Verantwortung für die Hochschulen herausziehen.

(Widerspruch bei der [SPD])

Sie verfolgen eindeutig haushaltspolitische Ziele und wollen so lange warten, bis sich auf Bundesebene oder in Ihrer Partei wieder etwas anderes ergibt. Wir kennen das bereits von der Schulstruktur.

Nachdem die Hochschulen über Jahre immense Einsparungen vorgenommen haben, um ihren Teil zu erfüllen, muss das Land Niedersachsen auch die Gegenfinanzierung aufbringen.

Frau Kollegin Ernst, ich muss Sie leider bitten, umgehend zum Schluss zu kommen.

Ja. - Das tut das Land nicht. Daher kann ich Sie nur noch einmal auffordern - -

(Unruhe bei der SPD - Zuruf von der SPD: Jetzt reicht es aber langsam! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Herr Buß, bleiben Sie ruhig; aus den letzten Reihen brauchen Sie nicht zu schießen.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Stimmen Sie dem Antrag heute zu!

Frau Kollegin Ernst, Ihre Redezeit ist beendet.

Dadurch wird sich für Sie nichts ändern, aber die Studierenden haben Sicherheit.

(Beifall bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Dr. Domröse. Ihm steht die restliche Redezeit der SPD zur Verfügung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Ernst, ich lasse Ihnen

(Frau Harms [GRÜNE]: Keine Chan- ce!)