höchstpersönlich, der der Gesellschaft in sehr ernsten Worten beigebracht hat, dass Deutschland auch in einer Situation mit vielen Arbeitslosen Zuwanderung braucht - nicht nur die Zuwanderung von Höchstqualifizierten, sondern auch die Zuwanderung im Bereich der regionalen Arbeitsmarktbedürfnisse.
Die Forderung nach einem Auswahlverfahren, das die CDU jetzt total kippen möchte, ist keine urgrüne Maximalforderung. Sie ist von der EnqueteKommission entwickelt worden. Sie ist das Ergebnis der Süssmuth-Kommission. Sie wird vom DGB und von den Arbeitgeberverbänden gefordert, und zwar aus einem ganz wichtigen Grund, meine Damen und Herren: Das Handwerk und der Mittelstand in Deutschland können im Moment mehr als 10 % der möglichen Aufträge nicht annehmen, weil die notwendigen Facharbeiter fehlen. Diese Zahl hat dazu geführt, meine Damen und Herren, dass es überhaupt eine breite gesellschaftliche Bereitschaft gab, über das Thema Zuwanderung sachlich und fachorientiert zu diskutieren. Meine Damen und Herren, ohne Zuwanderung werden wir die Arbeitsmarktprobleme in Deutschland nicht lösen, und ohne Zuwanderung wird es den wirtschaftlichen Aufschwung, auf den wir alle warten, nicht geben.
Die Union fordert nicht nur - und die SPD stimmt ihr jetzt offensichtlich zu -, dass der alte, aus den 70er-Jahren stammende Anwerbestopp bestehen bleibt. Nein, sie hat sich innerhalb von 14 Tagen von der Forderung der Zuwanderungsbegrenzung wegbewegt und ist jetzt bei der Forderung der Zuwanderungsreduzierung angelangt.
Meine Damen und Herren, mein Problem ist, dass die Sozialdemokraten in Deutschland auf Bundesebene und auf Landesebene - das ist ja nicht unser erster Versuch, dieses Thema hier ernsthaft zu diskutieren - in allen diesen Fragen keinen Standpunkt haben, keine Inhalte vertreten und deswegen von der CDU am Nasenring durch die politische Landschaft gezogen werden.
Zwei weitere Punkte sind uns wichtig - nicht speziell für uns als Grüne, sondern für die Entwicklung in unserer Gesellschaft. Wir haben heute Morgen über die Frage der Integration diskutiert. Wir wissen, dass wir in diesem Bereich seit mehr
als 30 Jahren Versäumnisse zu verzeichnen haben. Ein Kernthema des Zuwanderungsgesetzes ist es, dass der Bund die Aufgabe der Integration auch als Bundesaufgabe anerkennt, dass es ein Amt für Migration und Integration auf Bundesebene geben wird und dass wir einen Schwerpunkt darauf setzen, dass die bereits hier lebenden Migranten integriert werden, und zwar durch eine Qualifizierung, durch eine Bildungsoffensive und dadurch, dass sie überhaupt erst einmal die Möglichkeit haben, die Sprache zu erlernen.
Meine Damen und Herren, in der öffentlichen Debatte wird ja immer so getan, als wäre das der herausragende Streitpunkt zwischen Grün und dem Rest der Gesellschaft. Das ist nicht so. Die Forderungen der Grünen zum Bereich des humanitären Flüchtlingsschutzes sind nicht weitergehend als die schlichte Forderung, dass Deutschland wie fast alle großen europäischen Länder die Genfer Flüchtlingskonvention, geltendes internationales Völkerrecht und die Empfehlung der EU-Kommission im Bereich des humanitären Flüchtlingsschutzes umsetzt.
Ich kann mir in den nächsten Tagen und Wochen nur zwei Dinge vorstellen: Entweder wir kommen zu dem Konsens der Vernunft zurück, den wir im letzten Sommer, nachdem die SüssmuthKommission ihre Vorschläge vorgelegt hat, gefunden haben, oder aber es wird in dieser Legislaturperiode kein Zuwanderungsgesetz geben.
Wir werden mit den Gruppen, die sich zwei Jahre lang an der Erarbeitung der Inhalte beteiligt haben - mit der Süssmuth-Kommission, mit dem DGB, mit den Wohlfahrtsverbänden und mit den Kirchen -, gemeinsam beraten, ob das, was SPD und CDU unter Ausschluss der Grünen zurzeit aushandeln, ein Reformgesetz oder nicht vielmehr die Rückkehr zu einer Anwerbestopppolitik ist, die das Gesetz in das Gegenteil verkehrt. Wir werden die Entscheidung, ob es noch eine grüne Zustimmung zum Zuwanderungsgesetz gibt, nicht alleine treffen, sondern uns mit denjenigen absprechen, die die Inhalte so mutig erarbeitet haben. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen von Frau Stokar ist mir jetzt einiges klarer geworden. Als ich diesen Antrag zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mir die Frage gestellt: Was wollen Sie in der gegenwärtigen Debatte über den rot-grünen Gesetzentwurf damit wirklich erreichen? - Eigentlich gibt es nur drei Möglichkeiten.
Die erste Möglichkeit hätte rein theoretisch sein können: Sie wollten uns als CDU von der Richtigkeit Ihres Antrags überzeugen. - Nach Ihrer Rede und nach den Ausführungen in dem Antrag kann das aber nicht sein.
Die zweite Möglichkeit ist: Sie wollten eventuell die SPD für Ihren Antrag gewinnen. - Nach dem, was Sie hier eben ausgeführt haben, und nach dem, was Sie auch selber wissen, wird auch das nicht der Fall sein.
Ich will dem Zitat von Peter Struck, das Sie vorgetragen haben, jetzt noch das allerhöchste Kanzlerwort der vergangenen Woche hinzufügen. Ich zitiere aus dem Tagesspiegel. Danach hat der Kanzler gesagt: Deutschland sei einmalig hinten dran bei Bildung und Ausbildung - allein das ist ja auch schon interessant -, und solange die Gesellschaft die heimischen Talente und auch die sozial Schwachen nicht ausreichend fördere, solle sie nicht über Zuwanderung reden. - Das sagt der Bundeskanzler.
- der kann ja zunehmen, das kann ja jedem vergönnt sein - heißt es ausweislich der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 7. Februar: Der SPDPolitiker Wiefelspütz hatte gesagt, das Einwanderungsgesetz sei angesichts der vielen Arbeitslosen immer schwerer vermittelbar. - Für mittel und gering qualifizierte Arbeitskräfte forderte Wiefelspütz in der Rheinischen Post null Zuwanderung für die nächsten Jahre. - Alles SPD! Und in der Tat, Frau Stokar: Das, was Sie als Unvernunft bezeichnen, würden wir schon als einen Hauch der Vernunft bei der SPD würdigen wollen.
Nun gibt es auch noch die dritte Möglichkeit - das wäre aus Ihrer Sicht allerdings politisch töricht und ein schwerer strategischer Fehler -: Sie bringen diesen Antrag hier ein, um einen Keil zwischen Rot und Grün zu treiben. Das könnte uns zwar erfreuen, aber führt in der Sache nicht weiter und hätte letztendlich auch nicht zur Folge, dass der rot-grüne Gesetzentwurf, so wie er vorliegt, tatsächlich Gesetz wird.
Ich glaube, egal was in den nächsten Tagen passiert, ob es zu Gesprächen zwischen der SPD und der CDU oder der Bundesregierung und der CDU/CSU kommt, und unabhängig davon, ob man sich einigt oder was sonst dabei herauskommt, eines steht doch fest, Frau Stokar - ich glaube, das wissen Sie auch -: Dieser Gesetzentwurf wird so, wie er vorliegt, niemals Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland werden. - Das ist allerdings ein Erfolg der CDU, und das freut uns.
Ich will noch eines sagen. Es ehrt Sie wiederum, liebe Frau Stokar, dass Sie zwar in Debatten durchaus einräumen, dass Sie mit der CDU nicht einer Meinung sind, aber dass sie uns gleichzeitig konzedieren, dass man bei der CDU bei allen Problemen wirklich weiß, woran man ist. - Das ist ja auch schon was!
- Nein, nein, das hat sie öfter gesagt, und das finde ich auch sehr erfreulich. Deswegen will ich hier noch einmal sehr deutlich sagen, wofür die CDU steht:
Zweitens. Es wird keine Zuwanderung als Verschärfung der Konkurrenz zu inzwischen immerhin mehr als 4,3 Millionen Arbeitslosen geben. Auch das wird mit der Union nicht zu machen sein.
Drittens. Es wird mit der Union keine Zuwanderung geben, die die Integrationsfähigkeit der Menschen in unserem Land überfordert.
Das ist wichtig zu sagen. Ich will nur einmal daran erinnern: Es ist ja nicht so, dass wir begrenzte Zuwanderung abgelehnt hätten. Vielmehr haben wir gesagt, Herr Kollege Rabe: In einem Gesetz, über dem steht, es sei ein Gesetz, das die Zuwanderung begrenzen soll, müsste man konsequenterweise Regelungen finden, die die Zuwanderung begrenzen. Das ist aber nicht der Fall. Deswegen findet dieser Gesetzentwurf bei uns keine Zustimmung.
Ich will auf einige Punkte kurz eingehen, die Sie in Ihrem Antrag genannt haben. Den Grünen geht es im Wesentlichen um die Anerkennung nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung. Ich wette, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger - vielleicht auch einige Politikerinnen und Politiker - nicht genau wissen, was damit gemeint ist. Wenn man darüber redet, dann muss klipp und klar gesagt werden, was man damit eigentlich verbindet. Es kann nicht sein, dass jede Form von Verfolgung, die jemand in der Welt empfindet, ein hinreichender Grund dafür ist, bei uns zuzuwandern. Das kann es nicht sein;
Nein, denn ich habe leider nur noch drei Minuten Redezeit. Das schaffe ich sonst nicht. Ansonsten natürlich gern. Vielleicht können wir es noch auf andere Weise klären.
Jetzt kommen wir wieder zu dem alten Steckenpferd der Grünen. Das ist eine Aufweichung der Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Im Grunde genommen soll es für jeden, der als Asylbewerber hierher kommt und nicht arbeitet, den vollen Sozialhilfesatz geben. Da sagen wir: Das geht nicht, auch nicht nach 36 Monaten. Solange der Aufenthaltsstatus hier nicht geklärt ist, kann es nicht in voller Höhe Leistungen aus den sozialen Systemen geben.
Nun will ich noch auf das eingehen, was Frau Stokar hier nicht angesprochen hat, was aber in Ihrem Antrag steht, z. B. auf die Härtefallregelung. Ich möchte dazu meine persönliche Meinung äußern. Ich halte durchaus etwas davon, darüber nachzudenken, wie man mit Härtefällen umgeht. Das ist auch eine Frage der Menschenwürde. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das, was wir heute Morgen im Zusammenhang mit einer Petition besprochen haben.
Aber es kann nur eine begrenzte Härtefallregelung mit klaren Konditionen und auch mit klaren Zuständigkeiten geben. Wir wollen keine Sonderkommission wie in Berlin, in der ein paar Experten sitzen, die schlauer sind als alle Parlamente und alle Parlamentsbeschlüsse unterlaufen, indem sie ständig als Härtefallkommission Leuten ein Bleiberecht ermöglichen, deren Petitionen abgewiesen worden sind. Das wollen wir nicht. Aber wir wollen darüber reden. Das will ich Ihnen konzedieren.
Einen Punkt aus Ihrem Antrag, Frau Stokar, verstehe ich allerdings überhaupt nicht. Darin steht die Aufforderung an die Landesregierung, die Situation der illegal hier lebenden Menschen zu verbessern. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das ist ein Widerspruch in sich. Wir können doch nicht per Landtagsbeschluss den Aufenthalt derjenigen, die illegal hier leben, legalisieren. Das ist doch unmöglich! Das ist nicht zu machen.
Was die Forderung angeht, die Abschiebehaft müsse weiter reduziert und humaner gestaltet werden, weise ich die darin enthaltene Unterstellung zurück, die Abschiebehaft bei uns sei inhuman. Wer das behauptet, indem er mehr Humanität dort fordert, der muss auch sagen, warum er die Abschiebehaft für inhuman hält.
Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Sicherlich lohnt es sich, über das Zuwanderungsgesetz zu debattieren.
Wir kommen sicherlich weiter, wenn wir bei bestimmten Punkten aufeinander zugehen. Sonst sehe ich - im Gegensatz zu Ihnen, Frau Stokar - keine Chance, dass wir das im nächsten halben Jahr hinbekommen. Eines aber steht fest: Mit der Union wird es kein Zuwanderungsgesetz geben, das sich gegen den Willen und die Auffassung der breiten Mehrheit der Bevölkerung richtet. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt ist folgender: Auch wenn Sie es bedauern, ein Kompromiss zwischen SPD und Grünen für dieses Gesetz wird nicht ausreichen. Deswegen kündige ich an dieser Stelle schon an: Wir als Union werden das, was wir für richtig halten, vertreten. Wir werden die Qualität des Gesetzes daran messen, ob die wesentlichen Punkte darin enthalten sind. Sonst müssen Sie es eben alleine machen. Eines steht allerdings fest: Ein Zuwanderungsgesetz gegen die Union ist politisch tödlich und wird es deshalb auch nicht geben. Vielen Dank.