Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kein Mensch zahlt gerne Steuern. Davon nehme ich mich überhaupt nicht aus.
Aber der Staat braucht diese Einnahmen zur Finanzierung von Schulen, von Hochschulen, von Polizei und von anderen Ausgaben. Mit Blick auf die öffentlichen Haushalte meine ich, dass wir darüber reden müssen, wie wir die Einnahmen des Landes verstetigen und wie wir die Haushalte konsolidieren, anstatt darüber zu reden, wie wir weitere Einnahmeausfälle organisieren.
Es ist schlicht unseriös Herr Althusmann, wenn Sie sagen, im Land Niedersachsen habe es im Jahr 2001, in absoluten Zahlen ausgedrückt, gegenüber 1999 25 Millionen DM oder Euro - das ist nicht ganz deutlich geworden - an Mehreinnahmen gegeben. Jeder weiß doch, dass Sie die Preissteigerungsraten und die Tarifsteigerungen gegenrechnen müssen. Die bereinigten Zahlen machen deutlich,
dass wir gegenwärtig in der Tat einen schlimmen Einbruch in den Länderhaushalten erleben. Noch viel schlimmer ist es in den kommunalen Haushalten. Darüber werden wir beim nächsten Tagesordnungspunkt diskutieren.
Vor diesem Hintergrund kann man natürlich keinen Antrag stellen, der schlicht bedeutet, dass die Einnahmen der Länder und über den kommunalen Finanzausgleich mittelbar auch der Kommunen weiter wegbrechen.
Worüber wir uns weiter unterhalten könnten - dazu sagen Sie leider nichts -, das ist die Art und die Form der Besteuerung. Wenn Sie die nächste Stufe der Ökosteuer nicht wollen, die ein Finanzvolumen von mehreren Milliarden Euro bewegt, und wenn Sie andere Vorschläge haben, wie man die Rentenversicherungsbeiträge jedenfalls annähernd stabil halten kann, dann legen Sie sie vor. Wenn Sie andere Vorschläge haben, wie die Steuereinnahmen des Landes und des Bundes zu verstetigen sind, dann sind wir gespannt. Das, was Sie uns anbieten - Vorziehen der Steuerreform, der Einkommensteuerreform und der Unternehmenssteuerreform sowie Korrektur dieser Reformvorhaben -, ist alles bekannt, auch von der alten Bundesregierung. Es hat stets zu geringeren Staatseinnahmen geführt. Es hat nicht den von Ihnen prognostizierten Wirtschaftsaufschwung ausgelöst, sondern wir haben in den letzten Jahren eigentlich immer nur erlebt, dass die öffentlichen Haushalte immer weniger Geld zu verteilen hatten. Wir haben viel privaten Reichtum in diesem Land, aber wir haben viel öffentliche Armut.
Vor diesem Hintergrund werden wir Ihrem Antrag, der auf keine Erhöhung von Steuern und Abgaben abzielt, nicht folgen.
Herr Althusmann, wir haben der Opposition im Zusammenhang mit der Kommunalfinanzdebatte angeboten, aufeinander zuzugehen und miteinander zu arbeiten. Aufgrund der Situation Deutschland/Europa/Blauer Brief haben wir inzwischen eine Aufgabe, die gesamtstaatlich gelöst werden muss. Es wird nicht funktionieren, dass sich die
CDU ihrer Mitverpflichtung entzieht, gegenüber Brüssel Sorge dafür zu tragen, dass alle Aggregate - Bundeshaushalt, Länderhaushalte, kommunale Haushalte und Sozialkassen - zu einem Konsolidierungskurs finden, der in Einnahmen und Ausgaben übereinstimmt, damit man das Ziel „closed to balance“ erreicht. Es wird nicht funktionieren, Herr Althusmann, wenn Sie in einem etwa 500 Punkte umfassenden Katalog alles aufschreiben, was an Einnahmen nicht kommen soll, während Sie auf der Ausgabenseite keine Rücknahme von staatlicher Leistung benennen. Genau das ist der Konflikt, in dem Sie stehen.
Sie haben eben die Debatte um den Blauen Brief aufgegriffen und haben an einer Stelle gezeigt, wie wenig schlüssig und wie inhaltlich und handwerklich schlecht der Antrag und der dahinter stehende Gedanke, der wohl vermittelt werden sollte, sind. Sie akzeptieren in Ihrem Antrag rund 10 Milliarden Euro Einnahmeverluste. Vor dem Hintergrund von Brüssel müssen Sie sofort und unverzüglich 10 Milliarden Euro Einsparungen beim Bund, bei den Ländern, bei den Kommunen und bei den Sozialkassen benennen. Das tun Sie nicht. Daran wird deutlich, dass völlig inkonsistent und ohne Konzept diskutiert wird.
Sie wollen ein Moratorium machen und verhindern, dass wir das Steuerverkürzungsverhinderungsgesetz verabschieden, das Steuerhinterziehungen bestrafen soll, das also keine Steuererhöhung nach sich zieht, sondern Geld hereinholt, das dem Staat zusteht, das aber derzeit nicht beigebracht werden kann, weil die Umsatzsteuer so kompliziert abzuwickeln ist. Damit sind Sie an der Seite der Steuerhinterzieher, Herr Althusmann. Das kann mit einem Moratorium doch ernsthaft nicht gewollt sein.
Ihr Problem besteht darin - das ist in der Sendung von Sabine Christiansen bei Herrn Stoiber deutlich geworden -, dass Sie kein Konzept haben, wie Sie die Steuerreform, die die Bundesregierung auch mit Unterstützung Niedersachsens durchgesetzt hat, konterkarieren können. Das ist Ihr Grundproblem.
um das, was auch Sie wollen, zu erreichen, nämlich um die Wirtschaft anzukurbeln. Wir entlasten Familien und Mittelstand.
Keine Zwischenfragen, bitte. - Wir haben die Ökosteuer eingeführt, um die Sozialkassen zu entlasten. Ihr Fraktionsvorsitzenden Wulff hat bis vor wenigen Wochen und Monaten im Landtag gegen die Ökosteuer polemisiert. Inzwischen hat Stoiber konzediert, dass sie gar nicht zur Disposition gestellt werden kann, weil Sie keine Antwort darauf haben, wie Sie die 25 Milliarden DM unter den obwaltenden Bedingungen gegenfinanzieren wollen. Darin liegt das Kernproblem Ihrer Diskussionsanlage bei diesem Antrag. Deshalb kann er ohnehin nicht beschlossen werden.
Jetzt etwas sehr Kleinteiliges, damit Sie es verstehen, weil wir nachher ja über die Finanzausstattung der Kommunen reden. Es geht darum, ob wir als Niedersächsischer Landtag dort Ernst machen, wo wir haushaltspolitisch gefordert sind, nämlich in der Frage der Gebührenerhebung. Die Gebühren wurden sechs Jahre lang nicht an die Kostenentwicklung angepasst. Wir arbeiten immer stärker mit der Kosten- und Leistungsrechnung und wissen daher, dass wir für die entsprechenden Leistungen fast 15 % höhere Kosten aufwenden müssen. Außerdem sind wir verpflichtet, zeitnah anzupassen. Aber auch dagegen wenden Sie sich - so habe ich Sie eben verstanden - und entwickeln daraus ein Investitionsprogramm.
Mit diesem Verhalten arbeiten Sie gezielt gegen die Kommunen, weil wir ihnen im Bereich des übertragenen Wirkungskreises nicht die kostengerechte Erstattung zur Verfügung stellen können, sie gleichwohl die Aufgaben zu erledigen haben.
Herr Althusmann, um es zusammenfassend zu sagen: Von den ganz kleinen überschaubaren Dingen wie dieser Gebührendebatte bis hin zu der europäischen Dimension, die Sie mit in den Antrag eingebracht haben: Sie schaffen es auf keiner Ebene und mit keinem Einzelprogramm, auch nur andeutungsweise das, was in Rede steht, stichhaltig zu vernetzen.
Jetzt möchte ich noch auf das zurückkommen, was Herr Golibrzuch an einer Stelle gesagt hat. Die grundsätzliche Debatte, die wir zu führen haben, hat etwas damit zu tun, dass wir gesamtgesellschaftlich definieren, was die Gesellschaft vom Staat erwartet. Dieser Aufgabenkatalog muss dann aber auch hinreichend finanziert werden; das ist doch ganz einfach. Wenn Sie - so wie Sie es in dieser Plenumswoche wieder getan haben - zwar die Aufgaben immer nach oben fahren, aber gleichzeitig die Gegenfinanzierung verhindern, bekommen Sie größte Probleme in der Auseinandersetzung mit Brüssel. Da Sie Aufgaben und deren Kosten und Ausgaben und deren Finanzierung nicht in Einklang bringen, glaubt Ihnen auch niemand, was Sie hier vortragen, und deshalb wird das auch abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen in der Drucksache 3091 zustimmen will und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 2934 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist damit gefolgt worden.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den Tagesordnungspunkten 38 bis 41. Ich rufe diese Punkte im Zusammenhang auf, so wie dies im Ältestenrat vereinbart worden ist:
Tagesordnungspunkt 38: Zweite Beratung: Rücknahme der erhöhten Gewerbesteuerumlage - Rot-grüne Bundesregierung bereichert sich auf Kosten der Kommunen - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2933 Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung - Drs. 14/3121
Tagesordnungspunkt 39: Zweite Beratung: Kostenerstattungspflicht des Landes bei kommunaler Aufgabenwahrnehmung Landesregierung kommt ihren Zahlungspflichten nicht nach - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3035 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für innere Verwaltung Drs. 14/3122
Tagesordnungspunkt 40: Erste Beratung: Kommunale Finanzen sichern - Gemeindefinanzreform forcieren - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/3108
Tagesordnungspunkt 41: Erste Beratung: Sofortprogramm zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3116
Die Anträge der Fraktion der CDU in den Drucksachen 2933 und 3035 wurden in der 93. bzw. 95. Sitzung am 14. Dezember 2001 bzw. am 24. Januar 2002 an den Ausschuss für innere Verwaltung zur federführenden Beratung und Berichterstattung überwiesen.
Mit der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3121 empfiehlt Ihnen der Ausschuss für innere Verwaltung mit den Stimmen der Vertreter der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Vertreter der Fraktion der CDU, den Antrag abzulehnen.
Diesem Votum haben sich die mitberatenden Ausschüsse für Haushalt und Finanzen und für Wirtschaft und Verkehr mit gleichem Stimmverhalten angeschlossen.
Vertreter der antragstellenden Fraktion der CDU verwiesen auf die Ausführungen zur Einbringung des Antrages im Landtag und ergänzten, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Finanzsituation der Gemeinden im Jahre 2002 etwa verbessern könnte. Unterdessen nähere sich die Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden mit rund 2,7 % des Bruttosozialproduktes der magischen Grenze von 3 %, die durch die MaastrichtKriterien festgesetzt worden sei. Die Gewerbesteuer sei als Einnahmequelle der Gemeinden gegenwärtig nicht ersetzbar. In diesem Zusammenhang sei es wenig tröstlich, dass die Bundesregierung eine Expertenkommission einsetzen wolle, die Vorschläge für eine Gemeindefinanzreform ausarbeiten solle. Die Finanzprobleme der Kommunen ließen sich auch durch Konsolidierungskonzepte auf örtlicher Ebene nicht mehr lösen. Daher sei ein gemeinsames Vorgehen der Länder und der Kommunen im Hinblick darauf erforderlich, dass zusätzliche Belastungen der Kommunen vermieden würden und die Einbrüche bei den zentralen Einnahmequellen begrenzt würden. Bedauerlicherweise scheine es keinen Zweck zu haben, darauf hinzuweisen, dass die Absenkung der Gewerbesteuerumlage eine gerechtfertigte Entlastung der Kommunen darstelle, weil die Kompensation durch die Verlängerung der Abschreibungsfristen ausgeblieben sei.
Eine Vertreterin der Fraktion der SPD hielt es für widersprüchlich, dass die CDU einerseits das Vorziehen der nächsten Stufe der Steuerreform fordere und andererseits Einnahmeverluste bei den Kommunen beklage. Sie wies darauf hin, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in der Sitzung am 11. Dezember 2001 eine Reihe von Beschlüssen gefasst habe, die zu einer Erhörung der Einnahmen bei den Gemeinden führen würden. Die Wirkungen des Steuersenkungsgesetzes würden erst im Jahre 2002 sichtbar werden. Die aktuellen Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen gäben daher keinen Anlass, die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zurückzunehmen. Allerdings stelle die Gewerbesteuer schon lange keine verlässliche Einnahmequelle mehr dar, da sie seit Jahren ausgehöhlt worden sei. Die Lösung könne nur in einer Neuregelung der Finanzbeziehungen liegen. In diese Diskussion werde sich die
Nach ergänzenden Informationen einer Vertreterin des Finanzministeriums bemerkte ein Vertreter der CDU-Fraktion abschließend, dass man davon ausgehen müsse, dass die Kommunen bei dem inzwischen erreichten Verschuldensstand ohne eine Reduzierung des Aufgabenbestandes nicht mehr in der Lage sein würden, die Haushalte auszugleichen. In diesem Zusammenhang hätte er gern etwas mehr gehört als den Hinweis, dass die Steuerreform nicht Ursache für die Finanzmisere sei.
Damit schließe ich meinen Bericht und bitte Sie namens des Ausschusses für innere Verwaltung, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3121 zuzustimmen und damit den Antrag der Fraktion der CDU abzulehnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die nächsten Tagesordnungspunkte sind so wichtig, dass es an der Zeit ist, dass der Herr Ministerpräsident auch einmal an der Debatte teilnimmt. Wir haben in den letzten beiden Tagen schon erlebt, dass er fast überhaupt nicht im Plenarsaal war. Ich meine, jetzt sollten wir ihn zitieren. Er sollte dabei sein, wenn wir über die Sorgen der Kommunen in unserem Land sprechen.