Protokoll der Sitzung vom 10.10.2006

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Möllring, jetzt wollen wir einmal untersuchen, ob Ihr Hinweis stimmt. Sie sagen ja, Sie hätten ein Problem, einen Handlungsbedarf in 2008, in 2009, in 2010 und in den Folgejahren auch. Das ist richtig. Als Sie angetreten sind, haben Sie uns vorgeworfen, man dürfe in einer seriösen Mipla keine Handlungsbedarfe ausweisen. Ich stelle fest: Sie machen es genauso.

Aber interessant ist ja, ob Ihre Argumentation in diesem Fall stimmt. Meine Damen und Herren, wenn der Minister heute keinen Nachtragshaushalt verabschieden lassen würde, dann würden diese Steuermehreinnahmen in Höhe von 450 Millionen Euro nicht im Haushaltsjahr 2007 veranschlagt werden, sondern sie würden im Haushaltsjahr 2008 veranschlagt werden. Herr Möllring, dann

hätten Sie die große Chance, diesen Handlungsbedarf, der über 700 Millionen Euro beträgt, auf weniger als die Hälfte zurückzuführen. Warum tun Sie das eigentlich nicht? - Ich sage Ihnen, warum nicht: Weil Sie etwas ganz anderes vorhaben, und das verschweigen Sie heute dem Parlament.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, abschließend - weil die Zeit leider schon um ist - ein Hinweis an Herrn McAllister. Er hat in der Haushaltsrede im September hier gesagt: Wenn man seriöse Haushaltspolitik machen wolle, dann dürften Mehreinnahmen gegenüber der Haushalts- und Finanzplanung nicht zur Erhöhung von konsumtiven Ausgaben führen, sondern sie müssten zur konsequenten Rückführung des strukturellen Defizits durch Senkung der Nettokreditaufnahme genutzt werden. Meine Damen und Herren, ich stelle fest: Auch das wird nicht eingehalten. Es geht hier lediglich darum, die Startchancen für 2008 zu verbessern. Das ist der einzige Grund für den Nachtragshaushaltsplan. Deswegen lehnen wir ihn ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Althusmann das Wort.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Solche ver- logenen Reden hält er doch am liebsten!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie großes, wenn nicht gar tiefstes Misstrauen gegen diese Landesregierung hegen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heiterkeit bei allen Frakti- onen)

- Herr Jüttner, Sie sind berechenbar. Ich wusste, dass Sie hierbei klatschen würden. - Herr Jüttner, ich komme nun zu der Haushaltsrede, die Sie gehalten haben, als der Haushalt hier zum ersten Mal beraten wurde. Dass Ihr Misstrauen sogar zu solchen Aussagen führen würde, hätte ich persönlich nie gedacht. Dort haben Sie nämlich erklärt: CDU und FDP rufen die Feuerwehr dann, wenn es

brennt. - Ein an und für sich nicht ungewöhnlicher Vorgang, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Ich will aber deutlich sagen, Herr Jüttner: Nur Brandstifter rufen die Feuerwehr vorher.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das Zitat war aber etwas an- ders!)

Meine Damen und Herren, wir werden heute ein Nachtragshaushaltsgesetz für das Jahr 2006 mit den Änderungen, die sich in den Beratungen in den Fachausschüssen ergeben haben, verabschieden. Ich sage Ihnen deutlich: Der Nachtragshaushalt 2006 ist ein weiterer Meilenstein in einer langfristig angelegten Haushaltskonsolidierungspolitik dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Ausgangspunkt für den Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes der Landesregierung sind aktuelle Isteinnahmen bei den zu erwartenden Steuermehreinnahmen des Landes Niedersachsen für das Jahr 2006 in Höhe von 450 Millionen Euro. Nun geben Sie sich doch einmal einen Ruck! Freuen Sie sich doch darüber, dass Niedersachsen endlich wieder Steuermehreinnahmen hat!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sind nur miesepetrig und nörgeln nur herum, selbst wenn es einmal Mehreinnahmen hagelt. Irgendwie kann man es dieser Opposition nie so richtig recht machen. Der Vorwurf der Opposition, die Landesregierung bereite mit diesem Nachtrag das Wahljahr 2008 vor, ist wenig originell und ist absurd.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Althusmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Aller?

Nichts lieber als das, weil er doch die Verantwortung für die Schulden hat. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Althusmann, Sie haben eben gesagt, wir sollten uns mit Ihnen über die Steuermehreinnahmen freuen. Sie können sicher sein, dass wir das tun. Sind Sie sicher, dass sich auch die FDP/CDU-Koalition in diesem Hause über die Steuermehreinnahmen freut, nachdem Sie der Mehrwertsteuererhöhung im Bundesrat nicht zugestimmt haben? Sie bekommen hier ja ein ungewolltes Geschenk in Ihren Haushalt gelegt. Freuen Sie sich trotzdem? Tun Sie das doch mit uns zusammen, und sagen Sie uns die Quelle dieser Mehreinnahmen.

Herr Kollege Aller, ich stelle fest: Erstens gibt es in den Reihen der CDU und der FDP nur fröhliche Menschen, die freuen sich sogar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens, meine Damen und Herren, tritt die Mehrwertsteueranhebung - so haben Sie aber in der Vergangenheit offensichtlich immer geplant zum 1. Januar 2007 in Kraft. Die Auswirkungen ergeben sich also erst im Folgejahr. Es mag sein, dass Ihre Finanzpolitik früher so gelaufen ist. Wir rechnen uns das aber erst gut, wenn es wirklich eintritt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bei einem strukturellen Defizit in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro im Jahr 2006 und immerhin noch 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2007 und Handlungsbedarfen - der Minister hatte es gerade eben ausgeführt - von etwa 1 Milliarde Euro jährlich ist der Vorwurf der Opposition, wir würden hier Wahlgeschenke vorbereiten - oder was auch immer -, absurd. Das entbehrt jeglicher Grundlage.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir tilgen 6,7 Milliarden Euro allein in diesem Jahr für Zinsschulden, die Sie uns hinterlassen haben. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU)

Diese Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen nehmen diese Entwicklung auf der Einnahmenseite aber nicht zum Anlass, um jetzt Wahlgeschenke oder Wohltaten zu verteilen.

Bei bereinigten Ausgaben von 22,9 Milliarden Euro und bereinigten Einnahmen von 21,3 Milliarden Euro beträgt der Finanzierungssaldo immer noch -1,7 Milliarden Euro. Anlass zu jedweder Form von Entwarnung oder für ein Aufweichen des Konsolidierungskurses in diesen Fragen gibt es nicht. Der Nachtragshaushalt 2006 setzt zwei politische Ausgabepunkte, aber nur in einem sehr zurückhaltenden und sachgemäßen Bereich, nämlich zum einen bei der Frage der Verbrauchsmittel für die Polizei, weil wir sicherstellen wollen, dass die Polizei im Antiterrorkampf in Niedersachsen gut gerüstet ist,

(Beifall bei der CDU)

und weil wir wollen, dass bei NPD-Demonstrationen oder bei Castordemonstrationen, zu denen wir ja in der Regel nicht aufrufen, unsere Polizeibeamten am Ende entsprechende Überstundenvergütungen zugeteilt bekommen. Zum anderen stellen wir sicher, dass die Landesschulbehörde auch weiterhin ihren Aufgaben nachkommen kann. Das kann man uns im Haushaltsjahr 2006 nun wahrlich nicht vorwerfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Übrigen verhalten wir uns rechtskonform. Da ein Nachtragshaushalt beraten wird, sind diese zusätzlichen Ausgaben im Rahmen eines Nachtrages und nicht als überplanmäßige Ausgaben zu veranschlagen. Auch das hat der Landesrechnungshof im Übrigen ähnlich gesehen. Wir haben es zumindest sehr deutlich gemacht. Dieser Nachtragshaushalt führt zu keinerlei Mehrausgaben. Natürlich haben einige, auch in unseren Reihen, immer wieder darüber nachgedacht, ob man nicht in verschiedensten Bereichen zu Mehrausgaben kommen könne.

Für uns als CDU und FDP in Niedersachsen gilt eines: Jede zusätzliche Ausgabe in Niedersachsen muss trotz Steuermehreinnahmen immer noch durch Kredite finanziert werden, weil Sie uns diese Verschuldung hinterlassen haben. Deshalb gibt es keine Entwarnung in Sachen Finanzen. Deswegen müssen wir in Niedersachsen weiter sparen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die SPD hat im Kommunalwahlkampf einmal eben 500 Millionen Euro als Mehrausgaben verteilt, ohne jemals einen seriösen Vorschlag zur Gegenfinanzierung vorzulegen.

(Oh! bei der SPD)

Wir wollen diesen unbequemen Weg der Haushaltskonsolidierung weitergehen. Es bedeutet schmerzhafte Einschnitte, es bedeutet Verzicht, auch für die Beamten in Niedersachsen. Wir haben den Menschen eine Menge zugemutet. Aber die Menschen glauben uns, weil wir in der Finanzpolitik glaubwürdig sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von einem nachlassenden Sparwillen auf Seiten der Koalitionsfraktionen, wie es uns der Landesrechnungshof ins Stammbuch schreiben wollte, kann ernsthaft keine Rede sein. Wir haben die Nettoneuverschuldung von über 3 Milliarden Euro um 1,4 Milliarden Euro gesenkt. Wir haben sie damit nahezu halbiert. Im übrigen haben wir mit den Steuereinnahmen des Jahres 2007 von 1,2 Milliarden Euro tatsächlich auch die Nettoneuverschuldung insgesamt abgesenkt. Und wir haben in Niedersachsen - das hat keine Landesregierung vor uns jemals so getan - 1,7 Milliarden Euro an Ausgaben real gekürzt - nicht gespart, sondern gekürzt. Das war ein Konsolidierungskurs, der ohne Beispiel und ohne Vorbild in Niedersachsen war. Sie haben uns das nicht vorgelebt, Herr Aller, Freunde und Genossen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mit dem zur Beschlussfassung vorliegenden Nachtragshaushaltsgesetz passen wir lediglich die Haushaltsansätze im Bereich der Steuereinnahmen an die aktuelle Entwicklung der Isteinnahmen an bzw.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

werden wir die Einnahmeerwartungen aus den LTS-Rückflüssen von 433 Millionen Euro auf das kommende Jahr verschieben. Das entspricht dem Prinzip von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit. Mit einer solchen Verschiebung der Vermögensaktivierung sind aber - das muss an dieser Stelle deutlich gesagt werden - keinerlei Mehrausgaben verbunden.