Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

Dritter Punkt. Herr Klein, Sie behaupten, dass es quasi unsittlich sei, Wachstum zu fördern, weil damit Ihrer Einschätzung nach nur Mitnahmeeffekte produziert werden. Ich bin froh, Herr Klein, dass unsere Landwirte in Niedersachsen in den vergangenen Jahren die Wachstumschancen, die sich ihnen geboten haben, ergriffen haben, wodurch sie deutlich vorangekommen sind. Wenn das mit Geld aus Europa gefördert worden ist, dann war das richtig. Denn wo der Landwirt stirbt, da stirbt der ländliche Raum, und wo der ländliche Raum nicht mehr funktioniert, brauchen Sie, Herr Klein, dann auch nichts mehr zu fördern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vierter Punkt. Ähnlich verschroben, Herr Klein, ist Ihre Förderung der Qualifizierung der Unternehmer für das ökonomische und ökologische Betriebsmanagement. Dort brauchen wir nach Auffassung unserer Fraktion keinen Schwerpunkt zu bilden. Denn wer heute, im Jahr 2006, noch nicht weiß, wie Betriebsmanagement funktioniert, der sollte es vielleicht außerhalb der Landwirtschaft probieren, nicht aber auf Fördermittel setzen, damit er klarkommt.

Fünfter Punkt. Herr Klein, besonders stolz - das hat Herr Oetjen bereits erwähnt - bin ich für meine Fraktion auf das äußerst umfangreiche Programm des ländlichen Wegebaus. Damit sind in meiner Heimat und anderswo in Niedersachsen viele Straßen auf einen guten Stand gebracht worden, von denen die Landwirte profitieren und die auch sehr gern von Fahrradtouristen genutzt werden. Bei Ihnen, Herr Klein, kommt mir das aber vor wie mit der Henne und dem Ei: Muss ich immer erst den Fahrradtouristen nachweisen, damit ich die Straßen für die Menschen in Ordnung halten kann, die durch ihre Tätigkeit als Landwirte dafür sorgen, dass der ländliche Raum so schön ist, dass man dort auch gern Fahrrad fährt? - Anders herum, Herr Klein, wird daraus ein Schuh.

(Beifall bei der CDU)

Sechster Punkt. Sie wollen in Ihrem Antrag die Förderung der Verarbeitung und der Vermarktung auf die Entwicklung neuer Produkte und innovative Vermarktungsstrategien in regionalem Maßstab beschränken. Was immer das auch sein mag, Herr Kollege Klein, wann wollen Sie denn mit der Förderung von neuen Produkten anfangen? Wenn jemand eine Idee hat, wenn die Idee einschlägt, oder wenn sich das Produkt schon gut verkauft? Ich meine, Sie laufen gerade bei diesem Punkt Gefahr, sehr viel Geld zu versenken.

Siebter Punkt. Heftig widersprechen möchte ich Ihnen, Herr Klein, wenn Sie fordern, Flurneuordnungsverfahren nicht mehr mit EU-Mitteln zu fördern. Mit dieser Forderung liegen Sie völlig falsch. Gerade im ländlichen Raum sind Flurneuordnungsverfahren oftmals ein hervorragendes Mittel, um die Interessen von Landwirten und Unternehmern unter einen Hut zu bringen. Die Förderung von Flurneuordnungsverfahren ist oftmals direkt - auf diesem Gebiet passiert auch schon sehr viel mit dem Ansiedlungserfolg für Wirtschaftsbetriebe oder touristischen Zentren verbunden.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, wer Flurneuordnung fördert, der fördert auch die Entwicklung der Wirtschaft im ländlichen Raum.

(Friedhelm Biestmann [CDU]: Sehr gut!)

Achter Punkt. Für geradezu widersinnig, Herr Klein, halte ich Ihre Forderung, die Förderung des biologischen Landbaus zu erhöhen, um die aktuelle Beratungsqualität zu sichern und - man höre jetzt bitte sehr genau zu! - um die niedersächsische Produktion der kontinuierlich steigenden Nachfrage nach Biolebensmitteln anzupassen.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Würden Sie das bestreiten?)

Wenn die Produktion von Bioprodukten in Niedersachsen zu niedrig ist, Frau Stief-Kreihe, dann gibt es da draußen also einen Markt

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das weiß jeder Mensch!)

- hören Sie doch einmal zu! -, der geradezu begierig auf Produkte aus Niedersachsen wartet, diese aber anscheinend aus Niedersachsen nicht be

kommt. Mit Subventionen - Herr Klein, das haben Sie doch auch in der Schule gelernt - soll man Dinge fördern, die noch keinen Markt haben. Nach Ihrem Antrag soll aber genau das Gegenteil der Fall sein.

(Zuruf von der CDU: Die Grünen ken- nen gar keinen Markt!)

Womit, Herr Klein, wollen Sie Ihre Förderung begründen? - Das, was Sie vorhaben, regelt meiner Meinung nach der Markt selbst; denn der Markt schafft Anreize für die Produzenten, in die Produktion einzusteigen. Das ist das kleine Einmaleins der Wirtschaftslehre.

(Beifall bei der CDU)

Herr Klein, das werden Sie mir wahrscheinlich nicht abnehmen, weil Sie die Mitglieder der CDUFraktion immer so in eine Schublade packen, wie es auch Frau Stief-Kreihe macht. Aber ich selbst bin ein ganz großer Fan von Bioprodukten. Was Sie hier jedoch fordern - ich weiß, dass man das nicht direkt miteinander vergleichen kann -, kommt mir quasi so vor, als wollten Sie bei hohen Schweinepreisen ein Marktanreizprogramm auflegen.

(Beifall bei der CDU)

Neunter Punkt. Wenn Sie fordern, die Zuschüsse für die umweltgerechte Gülleausbringung in den kommenden drei Jahren drastisch zu senken, dann fragt sich der geneigte Leser Ihres Antrages, warum gerade Sie, Herr Kollege Klein, sich dafür aussprechen, dass die Gülle zukünftig nicht mehr umweltgerecht, sondern anders - ich hoffe nicht, umweltschädlich - ausgebracht werden soll. Das traue ich Ihnen nicht zu. Darüber sollten Sie noch einmal nachdenken.

(Zuruf von der SPD: Da müssen wir noch eine neue Schublade suchen!)

Zehnter und letzter Punkt. Haben Sie einmal ausgerechnet, was es kosten würde, Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum auf die investive Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie zu konzentrieren? - Bei meinem Kollegen Clemens Große Macke gibt es den Löninger Mühlenbach. Wenn man den auf einer Länge von 20 km nach den Ideen der Wasserrahmenrichtlinie ausbauen würde, dann würde das insgesamt - hören Sie gut zu!

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Machen wir!)

ca. 20 bis 40 Millionen Euro kosten. Von diesen Gewässern gibt es laut Umweltbericht des Umweltministeriums 2006 - Seite 75 - in Niedersachsen 16 000 km Gewässerstrecke. Wenn Sie dort etwas machen wollen, Herr Klein, dann bräuchten Sie - das rechne ich Ihnen gerne vor - den 800fachen Betrag. Das wären insgesamt 16 bis 32 Milliarden Euro. Dieses Beispiel zeigt wohl sehr gut, dass die Wasserrahmenrichtlinie uns teuer zu stehen kommen kann und mit welchen Zahlen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gerne herumhantiert.

Ich komme zum Schluss. Wir können, meine sehr geehrten Damen und Herren, heute sehr stolz darauf sein, was hier in Niedersachsen mit den Mitteln aus Europa passiert ist. Nach den Jahren 2007 bis 2013, in denen wir von einer besonders hohen Förderung profitieren, können wir 2013 - das sind dann die Abgeordneten der übernächsten Wahlperiode - stolz auf das sein, was mit den Programmen, die unser Minister vorgelegt hat, erreicht worden sein wird. Wenn man auf erfolgreicher Fahrt ist, Herr Kollege Klein, dann reißt man das Steuer nicht automatisch herum und gibt bewährte Sachen auf. Das sollten auch Sie wissen.

Wenn Sie, Herr Kollege Klein - diese Anlehnung an den „90. Geburtstag“ sei mir zum Schluss gestattet -, im Rahmen Ihres Antrages quasi als grüne ältere Miss Sophie fragen: „The same procedure as every year, James?“, dann antworten wir Ihnen wie Butler James: „I’ll do my very best“, wie wir das in Niedersachsen schon seit drei Jahren machen, zum Wohle der Menschen, die hier wohnen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und gute Nacht, Miss Sophie.

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Stief-Kreihe gemeldet. Bitte schön, Frau StiefKreihe! Sie haben, wie bekannt, anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bäumer, vom Strukturwandel in der Landwirtschaft scheinen Sie noch nichts gehört zu haben;

(Beifall bei der SPD - Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

denn Sie haben sich in all Ihren Punkten nur für die Intensivierung und Förderung der Landwirtschaft eingesetzt. Aber über die Betriebe, die aufgegeben haben und auch noch aufgeben müssen, also über die Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft, die uns gerade im ländlichen Raum so wichtig sind, sprechen Sie nicht.

(Clemens Große Macke [CDU]: Wir sprechen uns beim Modellprojekt wie- der!)

Da sagen Sie: Lasst sie sterben. Wenn sie sterben, dann brauchen sie auch nichts mehr. - Genau in diese Richtung ging das.

Ihre Ausführungen zum Biolandbau bedeuten in Ihrer Logik Folgendes: Dass der Umfang der ökologischen Flächen um 5 %, die Nachfrage jedoch um 13 % ansteigt, sodass die Importe aus Italien, Frankreich und Spanien horrend zunehmen mit der Folge, dass die Wertschöpfung in unseren ländlichen Räumen verloren geht, ist für Sie in Ordnung.

(Beifall bei der SPD - Clemens Große Macke [CDU]: Das hat er so nicht ge- sagt!)

Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Ehlen das Wort. Bitte schön, Herr Minister!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Spruch zum Jahreswechsel heute schon öfter gehört. Aber ich meine, das ist gar nicht schlecht; denn es gehört schon fast zur Kultur dazu. Ich meine auch, dass wir uns auf der Politikebene - wenn denn die Grünen schon diesen Bezug wählen - nicht ohne Grund von dem, was sich letztendlich bewährt hat, abwenden sollten. Deshalb wird die Landesregierung die Dinge, die sie in der Vergangenheit gemacht hat, sorgfältig weiterentwickeln. Natürlich müssen wir die Grundsätze der Europäischen Union, die sich zu Beginn der neuen Förderperiode ändern, berücksichtigen. Wir werden an den wesentlichen, gut funktionierenden Segmenten der Förderung des ländlichen Raumes festhalten.

Das europäische Förderangebot und seine strategische Ausrichtung gehen in die Richtung, dass mit den Förderinstrumenten der Rahmen für die nationalen und die Förderprogramme der Bundesländer vorgegeben wird. Dabei haben wir auf Bundesebene den Rahmen setzen dürfen.

Die durchgeführten Bewertungen - das hat der Kollege Oetjen schon gesagt - bezüglich des Erfolgsprogramms, das die SPD aufgelegt hat, also des PROLAND-Programms, zeigt doch, dass wir auf dem richtigen Wege waren. Deswegen haben wir es weitergeführt und nicht eingestampft. Das war gut, und es ist in Segmenten auch heute noch gut.

(Zustimmung bei der CDU)

Angesichts der erfolgreichen Strategie können wir einen Wechsel gegenüber der EU letztendlich auch nicht begründen.

Schließlich orientieren sich unsere Aktivitäten an den finanziellen Möglichkeiten, die das Land im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ nutzen kann.

Wir befinden uns mit dem neuen Förderprogramm in dem Rahmen, der uns auf Bundesebne gesetzt wird. Allerdings ist unbestritten, dass wir unsere künftige Förderpolitik - ich sagte es - an die Vorgaben der Europäischen Union anpassen müssen.

Meine Damen und Herren, es sind neue Herausforderungen auf uns zugekommen, die wir aktuell mit einbeziehen müssen. Neben der Osterweiterung der EU, der Reform der Agrarpolitik und der Revision der Zuckermarktordnung sind viele andere Dinge im Zuge der Agrarreform neu hinzugekommen, die wir zu bewerten und zu berücksichtigen haben.

Genau hier setzt der Förderschwerpunkt 1 des neuen Förderprogramms mit der einzelbetrieblichen Förderung der landwirtschaftlichen Betriebe, aber auch der Förderung der Verarbeitung und Vermarktung an. Gleichzeitig dient die Investitionsförderung dem Verbraucher- und Umweltschutz. Sie trägt auch zum Tier- und Seuchenschutz bei.

Da sich SPD und Grüne dazu geäußert haben, dass wir hier einen Schwerpunkt gesetzt haben, will ich Ihnen kurz eine Erfolgsstory erzählen: Die rote Landesregierung mit Landwirtschaftsminister

Funke hat 1996 die Mittel für benachteiligte Gebiete gestrichen und anschließend alles in die Förderung getan. Dadurch entstand folgender Effekt: Durch die Förderung hat sich die Landwirtschaft bei uns stabilisiert. Die gewerblichen Betriebe im ländlichen Raum haben einen gewaltigen Aufschwung genommen, weil investiert und gefördert wurde. Die Landwirte haben die Fördermittel, aber auch ihr eigenes Geld mit Krediten usw. aufgefüllt, in die Entwicklung der Betriebe im ländlichen Raum gesteckt, die im Bausektor tätig sind oder mit Stalleinrichtungen und mit Verarbeitung zu tun haben und für die das einen unheimlichen Aufschwung gebracht hat. Das Tollste daran war: Zwei Jahre später hat Niedersachsen die Bayern, die noch immer an diesem Programm festhalten, bei der Summe der Mittel, die insgesamt auf dem Ernährungssektor erwirtschaftet werden, überholt und diese Position auch nicht wieder abgegeben.

Herr Kollege Klein, eine Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen. Sie beklagen den Rückgang der Zahl der Betriebe und den Strukturwandel. Ich behaupte einmal, dass die Art und Weise, in der Frau Bundesministerin a. D. Künast Landwirtschaftspolitik betrieben hat, wesentlich dazu beigetragen hat, dass viele Landwirte das Handtuch geworfen haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)