nach Abschluss einer diesbezüglichen Evaluation mit der Frage einer etwaigen teilweisen Wiedereinführung des vereinfachten Widerspruchsverfahrens insbesondere hinsichtlich Kommunalabgaben und vorrangig Rundfunkgebühren zu befassen.“
Da das Ende des Jahres schnell kommt und wir den Eindruck haben, dass Sie das nicht mehr hinkriegen, wollen wir Ihnen mit diesem Antrag ein wenig auf die Sprünge helfen. Wir bleiben dabei bei der Linie, die wir schon in der Grundsatzdebatte im Herbst 2004 vertreten haben, nämlich nicht flächendeckend gegen das Ausprobieren der teilweisen Abschaffung des Widerspruchsverfahrens auf Zeit zu argumentieren. Vielmehr plädierten wir dafür, ergänzend zu dem, was Sie noch übrig lassen wollen und übrig gelassen haben, etwa zehn Rechtsgebiete zusätzlich in den Katalog der Fälle aufzunehmen, in denen weiterhin Widerspruchsverfahren stattfinden sollen. Getreu dieser Linie schlagen wir jetzt vor, möglichst zügig - bis Anfang 2007 wird dies in dem parlamentarischen Verfahren nicht ganz zu schaffen sein -, das heißt in einer frühen Phase des Jahres 2007 zu Widerspruchsverfahren in folgenden Bereichen zurückzukommen: erstens im Bereich des Rundfunk- und Fernsehgebührenrechts, zweitens im Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft, drittens im Bereich des Abgabenrechts - der Schwerpunkt liegt hier im Bereich des kommunalen Abgabenrechts und viertens im Bereich des öffentlichen Dienstrechts ohne Besoldung und Versorgung. Dies sind
die Komplexe, für die wir vorschlagen, sie wieder mit Widerspruchsverfahren zu bewehren, und zwar einfach aufgrund der Informationen, die Sie uns auf unsere Bitte hin gegeben haben und die sozusagen den Antworten auf die verschiedenen Anfragen zu entnehmen sind.
Ich will mich wegen der Kürze der Zeit jetzt auf zwei Bereiche konzentrieren. Im Bereich der Landund Ernährungswirtschaft sprechen die Zahlen für sich selbst. In diesem Bereich ist das Widerspruchsverfahren abgeschafft worden. Im Jahre 2005 ist die Zahl der Klageverfahren um 18 % gegenüber 2004 gestiegen. Im ersten Halbjahr 2006 ist die Zahl um 280 % gestiegen. Dies hat sicherlich etwas mit der Umstellung der EU-Agrarförderung zu tun, die neue Bescheide ausgelöst hat und die von daher eine Reihe von Landwirten, die sich falsch behandelt und beschieden fühlten, dazu veranlasst hat, Klage einzureichen, weil es kein Widerspruchsverfahren mehr gab. Gleichwohl hätte die Landesregierung voraussehen können, dass im Zuge dieser Umstellung ein erheblicher Klärungsbedarf rechtlicher Art - in diesem Falle durch sie veranlasst - vor Verwaltungsgerichten oder - dies wäre die einfachere Methoden - im vorgerichtlichen Verfahren, im Widerspruchsverfahren anfallen würde.
Der zweite Bereich sind die Kommunalabgaben. In diesem Bereich gibt es ebenfalls eine deutliche Steigerung der Zahl von Klagen. Das ist in unserem Antrag dargestellt. Ich will das hier nicht wiederholen. Es gibt nach unserer Kenntnis zunehmend Probleme bei den Kommunen in diesem Bereich. Kommunen überlegen sich inzwischen sogar schon, eine personelle Verstärkung im Bearbeitungsbereich des Abgabenrechts vorzunehmen. Es wird überlegt, Personal aus anderen Bereichen in diesen Bereich - zumindest auf Zeit - zu verlagern, weil man sich aufgrund des Aufwandes, der durch die Klageverfahren ausgelöst wird, beispielsweise bei der Einhaltung von Fristen, die die Gerichte setzen, oder bei der Vertretung vor Gericht überfordert fühlt. Das ist also ein Bereich, in dem die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens ganz konkret zulasten der Kommunen geht. Dies widerspricht Ihrem immer wieder formulierten Ansatz, dass es eine enge Vertrauenspartnerschaft mit den Kommunen geben solle und nichts auf Kosten der Kommunen geschehen solle. Auch wenn es sich hier um relativ überschaubare Größenordnungen handeln mag, muss man dies hier einfach einmal betonen.
Der letzte Punkt, den ich nennen möchte, ist das Rundfunk- und Gebührenrecht. In diesem Bereich gab es im Jahre 2004 237 neue Verfahren, im Jahre 2005 hingegen 2 669 neue Verfahren. Neben dem Abgabenrecht sehen Sie vorrangig in diesem Bereich - das haben Sie in der Beantwortung der Frage, die ich eben zitiert habe, schon selbst eingeräumt - Korrektur- und Änderungsbedarf. Werden Sie also bitte zügig tätig, tun Sie das, was Sie in Aussicht gestellt haben, und fühlen Sie sich dabei durch die Unterstützung auch der Opposition mittels dieses Antrags ermuntert! - Schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte meinen Redebeitrag damit beginnen, dass ich Herrn Professor Lennartz den Vorschlag mache, den Entschließungsantrag der Grünen in einem Punkt zu ändern bzw. zu berichtigen. Satz 1 lautet: Bis auf wenige Rechtsgebiete bedarf es seit dem 1. Oktober 2005 nicht mehr der Erhebung des Widerspruches.
Wir sind uns darüber einig, dass es „1. Januar“ heißen muss. Der Antrag ist insofern vielleicht etwas zu schnell gestrickt worden. In diesem Punkt ist er aber sicherlich korrigierbar.
Es ist jetzt nicht die Zeit vorhanden, um mit Zahlen noch einmal die Situation bei den Verwaltungsgerichten offenzulegen. Die Situation ist im Antrag dargestellt, und Herr Professor Lennartz ist darauf auch bereits eingegangen. Ich stimme ihm ausdrücklich zu: Die Entwicklung der Zahl der Klagen bei den Verwaltungsgerichten ist dramatisch.
Für die Gerichte kommt ein Punkt erschwerend hinzu: Die Klageverfahren werden jetzt häufig von Privatpersonen eingeleitet, was zur Folge hat, dass es diverse formale Mängel gibt. Das geht damit los, dass der Klagegegner nicht richtig benannt wird. Auch der Bescheid, der angegriffen wird, wird nicht immer beigefügt. Das reicht hin bis zu dem
Fall, dass ein konkreter Antrag fehlt. Das ist im Verwaltungsverfahren besonders gravierend, weil dort alle Dinge von Amts wegen geprüft werden müssen und man etwas nicht einfach aus formalen Gründen beiseite schieben kann. Bei der Bearbeitung solcher Klageverfahren bedeutet das zusätzliche Arbeit für die Richter und auch für die damit verbundenen Servicestellen.
Wir sind uns in der Analyse einig: Die Situation der Belastung der Verwaltungsgerichte ist schon bemerkenswert und dramatisch. Wir haben natürlich mit einer gewissen Anzahl von Klageerhebungen gerechnet. Man kann sich ja ausrechnen, dass es dann, wenn man das Widerspruchsverfahren abschafft, vermehrt zu Klageverfahren kommt. Wir haben dem - darauf will ich ausdrücklich hinweisen - bei der Gesetzgebung gleich in zwei Punkten Rechnung getragen. Erstens haben wir, was nicht häufig vorkommt, dieses Gesetz von vornherein auf fünf Jahre befristet. Zweitens haben wir von vornherein beschlossen, dass parallel dazu eine Evaluation stattfinden soll, sodass wir nach Ablauf von fünf Jahren im Jahre 2008 dann sagen können, ob sich die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bewährt hat oder möglicherweise nicht bewährt hat. Letzteres hätte zur Folge, dass man Änderungen vornehmen muss.
Weil der Anstieg der Zahl der Klageverfahren so groß ist, werden wir uns in unserer Fraktion mit diesem Thema zu befassen haben. Insofern bedurfte es Ihres Antrages nicht, Herr Professor Lennartz. Die Diskussion ist bei uns in vollem Gange. Ich kann Ihnen ankündigen, dass wir noch im Jahre 2006 eine Entscheidung treffen werden - mit der Folge, dass sie im Jahre 2007 relativ schnell greifen kann.
Herr Lennartz, Ihr Antrag erweckt den Eindruck, als gebe es nur eine Lösungsmöglichkeit. Er erweckt den Eindruck, die einzige Lösungsmöglichkeit sei, das Widerspruchsverfahren sofort wieder einzuführen. Das ist keineswegs richtig. Es gibt mehrere Handlungsoptionen, die wir ins Auge fassen können.
Ich will sie der Vollständigkeit halber hier einmal benennen. Erstens könnten wir theoretisch das Evaluationsergebnis abwarten, das Ende 2008 vorliegen wird. Wir könnten sozusagen so lange durchhalten. Das Durchhalten geht zulasten der Verwaltungsgerichte. Es geht damit auch zulasten der Bevölkerung und der Bürger. Ohne alle Zahlen zu nennen, will ich hier aber darauf hinweisen,
dass bei 120 Verwaltungsrichtern und 5 000 zusätzlichen Klagen 40 Klagen mehr auf jeden Verwaltungsrichter entfallen. Diese Verfahren sind mit der Bearbeitungszeit, wie wir sie zurzeit haben, nicht handhabbar. Es würde also zu einer Verlängerung der Verwaltungsverfahren kommen, wenn wir nur nach dem Prinzip des Durchhaltens verfahren würden.
Zweitens könnten wir theoretisch die Evaluation vorziehen und versuchen, uns vorzeitig Ergebnisse präsentieren zu lassen.
Drittens könnten wir theoretisch die Verwaltungsgerichte personell verstärken. Wir müssten dann, um allein der Anzahl der neuen Klageverfahren gerecht zu werden, etwa zwölf Richterstellen und 15 Stellen im nachgeordneten Service schaffen. Das bedeutete eine finanzielle Belastung von rund 1,5 Millionen Euro, und zwar nicht einmalig, sondern jährlich wiederkehrend. Wir wissen nicht, wie sich die Situation dann weiterentwickeln wird. Die Verwaltungsrichter wären dann aber eingestellt. Es ist insofern zu bezweifeln, ob eine Lösung in dieser Form die optimale Möglichkeit wäre.
Viertens könnten wir - Herr Professor Lennartz, da gebe ich Ihnen recht - das Widerspruchsverfahren in den Bereichen, die Sie beschrieben haben, in der Tat wieder einführen. Wir könnten es also in einigen Bereichen teilweise wieder einführen, in anderen Bereichen hingegen nicht.
Das Problem liegt auf dem Tisch. Die Handlungsoptionen werden in der CDU-Fraktion und - dessen bin ich sicher - auch in der FDP-Fraktion entsprechend behandelt und verhandelt werden. Sie können sicher sein, dass wir Ihnen nach Abwägung aller Umstände eine verantwortungsvolle Entscheidung zu diesem Thema präsentieren werden.
Herzlichen Dank. - Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Merk zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon ein Stück aus dem Tollhaus - gestatten Sie mir, das zu sagen -,
dass Sie hier so tun, als sei das Problem vom Himmel gefallen. Wie viele Debatten hat es hier im Plenum und im Rechtsausschuss zu der Frage des Wegfalls des Widerspruchsverfahrens und seiner Folgen gegeben? Da stellt sich Herr Biestmann hin und sagt - -
- Herr Biester, gestatten Sie! Wenn Sie so viel Biestigkeit haben, wie Sie sie hier hatten, dann ist es einmal der Herr Biestmann oder der Herr Biester; lassen Sie es dabei sein.
Eines bleibt jedenfalls festzustellen: Es ist für Sie eine beschämende Situation eingetreten, die zu korrigieren Sie jetzt versuchen müssen. Wir werden der Öffentlichkeit sehr gut klarmachen können, dass Sie diesem Land, der Richterschaft und der Justiz einen Schaden zugefügt haben, der kaum noch zu überbieten ist. Insofern ist der Antrag dringend notwendig; denn offensichtlich haben Sie das die ganze Zeit, als darüber geredet worden ist, ignorieren wollen, einschließlich Ihrer so klugen Ministerin.
Verehrte Frau Kollegin Merk, wir haben das Widerspruchsverfahren im Rahmen einer umfangreichen Verwaltungsmodernisierung teilweise - nicht vollständig - abgeschafft. Wir haben bei der Verwaltungsmodernisierung von vornherein einkalkuliert, dass es zu Veränderungen der Eingangszahlen bei den Verwaltungsgerichten kommen wird. Wenn Sie zugehört hätten, dann hätten Sie auch gehört, dass ich gesagt habe, dass wir das Gesetz befristet und eine Evaluation vorgesehen haben, um das auf die Art und Weise abzufedern.
Jetzt nehmen Sie doch einfach einmal zur Kenntnis, dass wir jetzt nach anderthalb Jahren die Zahlen haben, nämlich von Januar 2005 bis zum zweiten Halbjahr 2006. Nehmen Sie doch bitte einfach einmal zur Kenntnis, dass diese Fraktion das Thema erörtern und einen Lösungsvorschlag unterbreiten wird. Wir werden einen guten Vor
schlag unterbreiten - das habe ich Ihnen gesagt -, einen solchen, der letzten Endes den Bürgern und der Situation gerecht wird. Warten Sie das Ergebnis einfach einmal ab, und poltern Sie nicht gleich so los, wie Sie es getan haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit großer Freude haben wir den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Kenntnis genommen und intensiv gelesen. Auch wir von der SPD-Fraktion sind der Meinung, dass es dringend erforderlich ist, die Entscheidung zur Abschaffung der Widerspruchsverfahren zu korrigieren. Das wird Sie nicht verwundern. Bereits im Jahre 2004 haben wir im Hinblick auf die Entscheidung, den Rechtsanspruch und Rechtschutz der Bürgerinnen und Bürger eklatant zu beschneiden, vor den Auswirkungen gewarnt. Leider - ich sage bewusst: leider; denn die Bürgerinnen und Bürger sind wieder einmal die Leidtragenden Ihrer Politik - sind unsere Befürchtungen eingetroffen. Und was tun Sie? Nichts, absolut nichts. Seelenruhig schauen Sie zu, wie Bürgerinnen und Bürger um ihren Rechtsschutz fürchten müssen. Die Betroffenen fühlen sich hilflos.
Nicht ohne Grund wurde das Widerspruchsverfahren bereits vor Jahrzehnten gesetzlich verankert. Das sogenannte Vorverfahren ist ein unbürokratischer und kostengünstiger Rechtsbehelf, der einerseits gerade der „kleinen Frau“, dem „kleinen Mann“ die Schwellenangst vor der Beschreitung eines stark formalisierten Klageverfahrens erspart und zum anderen aufgrund seiner Befriedungsfunktion in der weit überwiegenden Zahl der Fälle langwierige und vergleichsweise kostenträchtige Gerichtsverfahren zu vermeiden hilft. Dieses äußerst effektive und schnelle Vorverfahren haben Sie zum 1. Januar 2005 mit einem Federstrich in großen Teilen unterbunden.
Meine Fraktion hat sich u. a. in einer Großen Anfrage vor einem Jahr nach den Auswirkungen der weitgehenden Abschaffung des bürgerfreundlichen Widerspruchsverfahrens erkundigt. Bereits kurze
Zeit nach der stellenweisen Abschaffung war von einer erheblichen Steigerung der Verfahrenszahlen auszugehen.
Die Beantwortung unserer letzten Kleinen Anfrage zur Abschaffung des Widerspruchsverfahrens vom Juni dieses Jahres hat unsere Befürchtungen, was die dramatischen Auswirkungen angeht, noch verstärkt. Über alle Sachgebiete, bei denen zum 1. Januar 2005 das Widerspruchsverfahren weggefallen ist, hat es, betrachtet man die Jahre 2004 und 2005, bei den Klagen eine Steigerung um insgesamt 264,2 % gegeben. Ich will jetzt nicht auf die einzelnen Sachgebiete eingehen. Das ist ausführlich in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage dargestellt.
Aber auch der Aufwand, der im Vorfeld der Klageerhebung entsteht, hat sich bei den Verwaltungsgerichten seit Abschaffung des Widerspruchsverfahrens erheblich erhöht. Herr Dr. Biester hat es teilweise schon angeführt. Es sind nicht nur Richterinnen und Richter betroffen, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Servicebereichs. Grund ist, dass sich die Bürgerinnen und Bürger nach der Erteilung des Bescheids direkt an die Rechtsantragstellen der Gerichte wenden, um sich Fragen nach den Verfahrensabläufen und den Gerichtskosten sowie natürlich nach den Erfolgsaussichten erläutern zu lassen.
Frau Heister-Neumann, in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage bestätigen Sie zwar den gestiegenen Aufwand. Aber genau beziffern Sie ihn nicht. Ich halte das für ein Manko. Man darf die Augen vor der Realität nicht verschließen.
Alles in allem führt die Entscheidung der Regierungsfraktionen, das Widerspruchsverfahren stellenweise abzuschaffen, zu einer zunehmenden Arbeitsverdichtung und aufgrund der ohnehin schon dünnen Personaldecke zu längeren Gerichtsverfahren. Diese längeren Gerichtsverfahren konterkarieren den Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger.
Um diese schwerwiegenden Folgen zu beseitigen, müssen nach unserer Einschätzung mindestens 15 volle Stellen im Servicebereich und mindestens zwölf volle Stellen im Richterbereich zusätzlich eingerichtet werden. Im vorliegenden Stellenplan für 2007 sind diese Stellen aber nicht zu finden.
Frau Heister-Neumann, Sie haben bei der Einbringung des Haushalts erläutert, dass eine Stellenmehrung nicht erforderlich ist, da die Landesregie