Protokoll der Sitzung vom 09.11.2006

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Lestin.

Frau Ministerin, Sie haben davon gesprochen, dass das Land durch die Verteilung der eingesparten Wohngeldleistungen ausgleichend wirken könne. Es ist unbestritten, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Es war vorgesehen, zum 1. Juli einen neuen Verteilungsschlüssel zu finden. Es gab sogar Pläne, das zusätzlich in den Topf gegebene Geld so zu verteilen, als hätte der neue Schlüssel schon für das ganze Jahr gegolten. Man hat den Termin 1. Juli verstreichen lassen, und Sie sprechen jetzt von der Kürze der Zeit. Die Ausgleichsverpflichtung des Landes besteht aber seit Anfang des Jahres. Zum 1. Juli sollte das erfolgen.

(Zustimmung bei der SPD)

Mir ist auch bekannt, dass es eine Kabinettsvorlage gegeben hat, mit der sich das Kabinett aber nicht beschäftigt hat. Das heißt, man hat bei den Gewinnern und Verlierern nicht ausgeglichen.

Ich frage Sie: Warum haben Sie das nicht gemacht? Warum wurde das verzögert? Und was wollen Sie tun, um für die Kommunen, die bislang benachteiligt waren, einen Ausgleich für das Jahr 2006 zu schaffen?

(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist doch geschehen! - Norbert Böhlke [CDU]: Fragen Sie mal Herrn Aller! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Lestin hat die Landesregierung gefragt, Herr Böhlke, und Frau Ministerin Ross-Luttmann wird die Frage jetzt für die Landesregierung beantworten.

(Hans-Christian Schack [SPD]: Herr Böhlke hat keine Ahnung davon!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um sich mit diesen Fragestellungen zu beschäftigen, wurde die Arbeitsgruppe „Quantifizierung“ eingerichtet. Ich habe eingangs darauf hingewiesen, wie unendlich schwierig es ist - wenn es Gewinner und Verlierer gibt -, zu einer gerechten Lösung zu kommen. Die Arbeitsgruppe „Quantifizierung“ hat sich nicht auf ein Modell einigen können. Vor diesem Hintergrund werden wir für die letzten zwei Monate - das ist mit den Fraktionen so besprochen - noch eine Lösung bezüglich des Ausgleichs finden.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Mit welchen Fraktionen? Mit uns ist nicht gespro- chen worden, Frau Ministerin!)

- Dann werden wir das noch tun.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Das ist ja ein Hammer! - Hans-Christian Schack [SPD]: Das lassen wir uns nicht bie- ten! Das ist eine Frechheit!)

Meine Damen und Herren, eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Elsner-Solar.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stelle der Landesregierung dieses Mal eine ganz einfache Frage: Wann können die Kommunen für ihre Haushaltsaufstellungen mit dem ausgearbeiteten Verteilungsschlüssel rechnen?

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Ross-Luttmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kommunalen Spitzenverbände sind für die nächste Woche zu einem Gespräch auf Fachebene eingeladen. Ein früherer Termin war nicht möglich, weil erst seit dem letzten Wochenende feststeht, dass es bei der quotalen Verteilung der Bundesmittel und dem dadurch ausgelösten Handlungsbedarf bleiben wird.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Möhrmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, wie Sie hier mit dem Parlament umgehen, hat schon Seltenheitswert - gerade von Ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich in die Enge getrieben fühlen, dann können Sie das in der Form nicht an das Parlament zurückgeben, sondern dann müssen Sie sich daransetzen und Ihre Hausaufgaben machen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Seit dem ersten Vierteljahr 2006, Frau Ministerin, kennen Sie das Problem. Uns ist im Haushaltsausschuss berichtet worden, dass man dringend einen anderen Schlüssel braucht. Für das zweite Halbjahr 2006 sollte es diesen anderen Schlüssel geben. Bis heute liegt nichts vor. Das heißt, Sie sind in einer Bringepflicht, und zwar nicht allein gegenüber dem Parlament, sondern auch gegenüber den betroffenen Kommunen, die nämlich gar nicht wissen, woran sie sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn die Ministerin sagt, es sei mit den Fraktionen gesprochen worden,

(Bernd Althusmann [CDU]: Sie müs- sen fragen!)

dann will ich Ihnen einmal sagen, wie mit den Fraktionen gesprochen worden ist: Die Kollegen von der CDU haben in der Presse mitgeteilt, dass es bestimmte zusätzliche Summen gibt

(Bernd Althusmann [CDU]: Nicht zu- sätzlich!)

- aber auf welcher Grundlage, weiß kein Mensch. Nicht einmal das erklären Sie hier. Wie gehen Sie eigentlich mit dem Parlament um?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deshalb meine Frage an die Landesregierung: Nach welchem Schlüssel werden die zusätzlichen Mittel in Höhe von - wenn ich das richtig im Kopf habe - 38,5 Millionen Euro in 2006 verteilt? Zu welchem Zeitpunkt werden die Mittel die Kommunen erreichen?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Diese Frage an die Landesregierung wird durch den Ministerpräsidenten beantwortet.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Der Chef muss eingreifen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Schlüssel - die Kabinettsvorlage liegt ja vor - wird Frau Ministerin Ross-Luttmann gleich Erläuterungen geben.

Ich möchte aber etwas zur Verärgerung von Herrn Möhrmann sagen, die ich sehr gut verstehen kann. Vor knapp zwei Jahren ist im Vermittlungsausschuss nachts um halb drei von dem damals zuständigen Bundesminister Wolfgang Clement zugesichert worden, dass die Kommunen in Deutschland durch die Veränderungen bei Hartz IV in einem Umfang von 2,5 Milliarden Euro entlastet würden. Damals hat die Niedersächsische Landesregierung Bedenken gegen die Rechenwerke des Bundes geäußert. Der Bund hat gesagt: Unsere Zahlen stimmen. Die Kommunen werden diese Entlastung bekommen.

Im Nachhinein ist dann eingeräumt worden, die Zahlen könnten natürlich nicht stimmen. Deswegen machte man eine Revisionsklausel. Man werde dann in jedem Quartal nachprüfen, ob die Kommunen die Entlastung erhalten haben oder nicht. Es hat dann große Schwierigkeiten gegeben. Auf jeden Fall ist im Bundesratsprotokoll die Zusage des Bundes verewigt, alle Kommunen würden um 2,5 Milliarden Euro entlastet und keine Kommune werde mehr Aufwand haben als vor der Hartz IV

Reform. Das wurde laut Bundesratsprotokoll von Wolfgang Clement zugesichert.

Es hat viele Debatten über die Anwendung der Revisionsklausel gegeben. Am Ende hat Ihr Bundesminister - heute in der Großen Koalition würde ich sagen: unser Bundesarbeitsminister Franz Müntefering - zur Umsetzung der Unterbringungskosten bei Hartz IV eine Quote von 15 % in den Gesetzentwurf geschrieben und einen Haushaltsansatz von 2 Milliarden Euro vorgesehen. Wir haben vorgerechnet, dass die Kommunen im Umfang eines Haushaltsbedarfs von 5,83 Milliarden Euro entlastet werden müssten. Das heißt, wir hatten in den letzten Wochen über eine Differenz zu den 2 Milliarden Euro zu reden, die Franz Müntefering den Kommunen geben wollte.

(Dieter Möhrmann [SPD]: Jetzt kom- men Sie mal zu Ihren Aufgaben!)

- Ich komme jetzt zu den letzten Tagen; denn es liegt an den Begebenheiten der letzten Wochen, Herr Möhrmann, dass wir so spät dran sind. - Der Bund - Franz Müntefering - hat also gesagt: Wir geben 2 Milliarden Euro. - Wir haben gesagt: Wir brauchen 5,83 Milliarden Euro. Darüber haben wir verhandelt. Am Ende hat das Kabinett vor einigen Wochen gesagt: Okay, wir bringen den Haushaltsentwurf mit einer Quote im Gesetz von 29,1 % wie bisher ein. - Das hätte nach unseren Berechnungen Mittel in Höhe von etwa 3,95 Milliarden Euro erfordert.

Wir haben weiter verhandelt und haben jetzt, Freitagnacht, in der rheinland-pfälzischen Vertretung, bei Ihrem Vorsitzenden, Herrn Beck, 31,8 % erreichen können; dies allerdings nicht für Niedersachsen, nicht für alle Bundesländer 31,8 %, sondern jetzt, am Sonntag, hat der Bundesgesetzgeber 31,8 % ins Gesetz geschrieben mit der klaren Zusage, dass wir am 24. November dieses Jahres eine Beschlussfassung im Bundesrat herbeiführen, um zielgerichteter sicherstellen zu können, dass kein Bundesland schlechter steht als zuvor.

Das wird nach meiner Prognose dazu führen, dass Baden-Württemberg eine Quote von etwa 40 % bekommt, Rheinland-Pfalz eine Quote von etwa 38 %, Nordrhein-Westfalen eine Quote von etwa 32 %. Niedersachsen - wie vermutlich zwölf andere Bundesländer - wird vermutlich einen Satz von 31,1% bekommen.

Wir kennen also nicht einmal endgültig den Satz, wir kennen ihn nur annäherungsweise mit einem

Haushaltsvolumen von etwa 4,3 Milliarden Euro, was wir nachts um halb eins bei Herrn Steinbrück und Herrn Beck - ich als Verhandlungsführer der Länder - durchgesetzt haben.

Das ist erst einmal ein hoch erfreuliches Ergebnis. Denn ich erinnere an Ihren Regionspräsidenten Arndt, der bei seiner Verabschiedung gesagt hat: Wenn Sie, Herr Wulff, es hinkriegen, dass es bei 29,1 % bleibt, sind wir Ihnen dankbar. Halten Sie die Front! - Wir haben nicht nur die Front gehalten, sondern wir haben 31,1 % erreicht. Das ist ein wirklicher Vorteil für unsere Kommunen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Warum erzähle ich das, Herr Möhrmann? - Ich erzähle das aus zwei Gründen - Sie haben ja Anspruch auf die ganze Wahrheit -: Wir haben natürlich durch die erhöhten Mittel mehr Spielraum, Gerechtigkeit innerhalb Niedersachsens herbeizuführen und Verluste zu vermeiden, und wir haben insgesamt mit dem Mechanismus, der auf Bundesebene - am 24. November - zwischen den 16 Bundesländern gefunden werden wird, nun auch eine zusätzliche Begründung innerhalb Niedersachsens zwischen den 37 Landkreisen, der Region, der Landeshauptstadt Hannover und den acht kreisfreien Städten.

Diesen bundesinternen Ausgleich, den wir wollen, den wollen wir auch als landesinternen Ausgleich, und wir beschließen ihn jetzt für November und Dezember. Es kommt zu leichten Ausgleichszahlungen zwischen den Gebietskörperschaften, und wir werden den Ausgleich auf Grundlage der Kenntnisse vom 24. November - das liegt in der Zukunft - auch für das nächste Jahr 2007, für das Jahr 2008 und für das Jahr 2009 beschließen. Denn wir konnten erreichen, dass diese Regelung bis 2010 gilt.

Damit kriegen wir eine in sich austarierte Lösung. Ich gebe aber zu, wir hätten uns nicht vorstellen können, dass Zusagen einer sozialdemokratischgrün geführten Bundesregierung so schwer erkämpft werden müssen. Wir hatten eigentlich gedacht, Zusagen würden ein bisschen einfacher eingehalten werden, als es Ihre Bundesregierung tun wollte.