Protokoll der Sitzung vom 08.12.2006

um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen nun zu

Tagesordnungspunkt 26: Einzige (abschließende) Beratung: Veräußerung der landeseigenen Grabelandflächen „Am Bülten“ in Braunschweig (verschiedene Flurstücke in der Gemar- kung Hagen, Flur 11) - Antrag der Landesregierung - Drs. 15/3323 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/3385

Die Beschlussempfehlung lautet auf Zustimmung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 27: Einzige (abschließende) Beratung: Veräußerung der Domäne Heidbrink, Landkreis Holzminden - Antrag der Landesregierung - Drs. 15/3325 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen Drs. 15/3387

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zu Wort hat sich der Abgeordnete Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Herr Klein, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entgegen der üblichen Praxis bei solchen Verkäufen haben wir - wie bei der Domäne Hollanderhof erneut Redezeit beantragt. Wir müssen begründen, warum wir unter diesen Umständen einem Verkauf des Heidbrinks nicht zustimmen können. Mit „Umständen“ meine ich hier wiederum die mangelnde Transparenz des Vorgangs, die das Misstrauen begründet, dass wir es erneut mit Ver

abredungen in verschlossenen Hinterzimmern zu tun haben, bei denen möglicherweise nicht die Interessen des Landes Niedersachsen im Vordergrund gestanden haben.

Ich zähle Ihnen die offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Verkauf, die diese Misstrauenspunkte begründen, kurz auf: Wie ist es dazu gekommen, dass ohne vorherige Ausschreibung plötzlich gleich zwei Minister mit dem potenziellen Käufer auf der Domäne erschienen und den Pächter mit dem Verkauf überraschten? Warum gelingt es in der Folgezeit den Bewohnern der Domäne trotz größter Bemühungen nicht, Klarheit über die Absichten zu erlangen? Im Gegenteil, man lässt sie zwischen Finanzministerium, Landwirtschaftsministerium und Umweltministerium im Kreise und ins Leere laufen.

Warum tauchen die Vermögenssicherungsklauseln hinsichtlich der kieshöffigen Flächen erst auf, nachdem ich eine Kleine Anfrage dazu gestellt hatte? Wie erklärt sich die Beschränkung auf 20 bzw. 40 Jahre? Warum sind die normalen Eckdaten für eine einfache Plausibilitätsprüfung des Kaufpreises - Flächenbonität, Boden- und Gebäudewert - in der entscheidenden Finanzausschusssitzung nicht bekannt? Warum wird bei der Wertediskussion tiefgestapelt, als handelte es sich bei dieser Weserschleife um eine unterdurchschnittliche landwirtschaftliche Allerweltsfläche und nicht um ein niedersächsisches Landschaftsjuwel mit höchstem touristischen Potenzial, mit Weserufer auf der einen Seite, Auen, Renaturierungsflächen und naturgeschützten Waldflächen auf der anderen Seite? Warum und wann wurden alternative Planungen im Zusammenhang mit der Expo und einer entsprechenden Machbarkeitsstudie für ein touristisch-landwirtschaftliches Projekt ad acta gelegt?

Schließlich: Warum gibt es dieses forsche Vorgehen von Landesregierung und Koalitionsfraktionen einschließlich Entscheidungen im Finanzausschuss, ohne dass die Fakten vorliegen, obwohl es eigentlich keinen zeitlichen Druck gibt? Denn der Verkauf ist vom Käufer von Bedingungen abhängig gemacht worden, die noch gar nicht geprüft sind.

Meine Damen und Herren, es gibt auch eine Reihe von offenen Fragen bezüglich des hier in Rede stehenden Projekts. Auch sie begründen entsprechende Misstrauenspunkte. Warum behandelt der potenzielle Käufer Petri seine Absichten wie eine geheime Kommandosache?

(Zuruf von der CDU: Macht er doch gar nicht!)

Warum zieht ein Poller Gastwirt auf Druck des Käufers, des Herrn Petri, seine Raumzusage für eine bereits angekündigte Informationsveranstaltung des Grünen-Kreisverbandes zurück?

(Zuruf von der CDU)

- Das ist bewiesen. - Warum weist die Landesregierung jede Verantwortung für Tierschutz oder sozioökonomische Fragen von sich, obwohl mit einer Massentierstallhaltung von 7 000 bis 8 000 Milchziegen eine vermutlich europaweit einmalige Dimension erreicht wird, für die es keinerlei Erfahrungen und keinerlei Prüfkriterien gibt? Zum Vergleich: In Niedersachsen gibt es bei über 2 000 Haltern rund 10 000 Ziegen in Beständen mit höchstens 80 bis 100 Tieren.

Warum behauptet die Landesregierung, es gebe eine grundsätzliche Zustimmung der Gemeinde Polle zu diesem Ziegenprojekt, obwohl es keinen einzigen Beschluss in dieser Richtung gibt? Warum weigern sich CDU und FDP, den Umweltausschuss mitberaten zu lassen, obwohl ein Landschaftsschutzgebiet direkt sowie FFH-, Vogelschutz- und Naturschutzgebiete in der Nachbarschaft tangiert sind?

Meine Damen und Herren, weitere Fragen: Welche Bedeutung hat der ebenfalls an Herrn Petri geplante Verkauf von 350 ha FFH-Waldflächen aus den Landesforsten in der direkten Nachbarschaft der Domäne? Warum gibt es keine klare Ansage über die künftige Zugänglichkeit des gerade neu verlegten Weserradweges auf dem Domänengelände? Schließlich: Was ist mit den vorhandenen und den neu erforderlichen Infrastrukturen, über die es ebenfalls keinerlei Angaben gibt?

Aus unserer Sicht sind dies einfach zu viele Warums, um einfach guten Gewissens eine Blankovollmacht auszustellen, 3,4 Millionen Euro einzustreichen und an allem anderen kein Interesse zu haben. Wir beantragen deshalb erneut die Rücküberweisung in die Ausschüsse. Ansonsten werden wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat nun die Abgeordnete Stief-Kreihe das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen von CDU und FDP waren heute Morgen nicht bereit, den Antrag auf Veräußerung der Domäne Heidbrink in die Fachausschüsse zurück zu überweisen, was ich sehr bedauerlich finde; denn dies verstärkt den Eindruck, den auch mein Kollege Hans-Jürgen Klein eben geschildert hat und der ohnehin schon bei einem Teil der Anlieger vorherrscht: dass hier ohne Not ein Verkauf ohne ordentliche Beratung durchgeboxt werden soll. Etwas anderes wäre es, der Investor wollte morgen schon zu bauen beginnen, was bei Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben zur Einleitung von Bauleitplanverfahren gar nicht möglich wäre. Bis heute liegen überhaupt noch keine Beschlüsse vor - Herr Klein hat darauf hingewiesen - und damit auch keine Zustimmung der zuständigen Räte zum Verkauf.

Meine Damen und Herren, Sie waren noch nicht einmal bereit, einer Verschiebung auf das JanuarPlenum zuzustimmen, wohl wissend, dass über Weihnachten und Neujahr nicht gerade alle Behörden mit Hochdruck am Bauleitplanverfahren Petri arbeiten werden. All dies verstärkt den Eindruck - ich drücke es vorsichtig aus - der mangelnden Transparenz. Mir scheint, dass es Ihnen bei der Veräußerung der Domäne Heidbrink nicht mehr darum geht, für das Land einen guten und vor allen Dingen wertangemessenen Kaufpreis zu erzielen.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Doch, darum geht es!)

Hier sollen so schnell wie möglich Landesflächen an einen Investor ohne Ausschreibung verscherbelt werden - Nachfragen unerwünscht, aber mit einem ganz besonderen Engagement von gleich drei Landesministern, Herrn Schünemann, Herrn Sander und Herrn Ehlen, und einem vierten Minister, dem Finanzminister, der berechtigterweise darauf sieht, wie er zu Geld kommt, dessen Aufgabe es aber auch ist, Landesvermögen nicht unter Wert zu verkaufen.

(Beifall bei der SPD)

Diesen Nachweis, meine Damen und Herren, um den Sie auch die Mitglieder des Haushaltsausschusses gebeten haben, sind Sie uns bis heute schuldig geblieben.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Alles schrift- lich!)

Ich füge hinzu, dass dies selbst von Leuten aus der Region, die einem Verkauf durchaus positiv zugeneigt sind, angezweifelt wird.

(Zurufe von Heinz Rolfes [CDU])

Frau Stief-Kreihe, einen Augenblick! - Meine Damen und Herren, man hört Sie nicht, wenn Sie da hinten rufen. Geben Sie eine Wortmeldung ab und kommen Sie ans Rednerpult!

Meine Damen und Herren, ich bleibe bei den Finanzen. So leicht wie Herr Rolfes sind die Mitglieder der SPD-Fraktion nicht zufriedenzustellen. Sie haben uns bis heute nicht plausibel erklären können, warum keine Ausschreibung stattgefunden hat. Nur der Hinweis darauf, dass es bei dem Verkauf anderer Landesflächen keine Bieter oder nur Angebote unter Preis gegeben habe, entbindet Sie nicht von der Ausschreibung. All das, was jetzt an Verhandlungen mit der Firma Petri stattgefunden hat, wäre auch mit Ausschreibung möglich gewesen.

Vollkommen unzureichend - auch darauf hat Herr Klein bereits hingewiesen - sind auch die Klauseln hinsichtlich des möglichen und lukrativen Kiesabbaus. Sie vereinbaren, dass in den ersten 20 Jahren nach Verkaufsabschluss 50 % und in den folgenden 20 Jahren 30 % des Verkaufserlöses aus dem Kiesabbau an das Land abzuführen sind. Sie selbst geben aber in der Vorlage zu, dass erst langfristig mit einem eventuellen Kiesabbau zu rechnen ist. Warum dann also keine längeren Laufzeiten für den Kiesabbau?

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, die Domäne Heidbrink liegt in einem Weserbogen in einem Landschaftsschutzgebiet, direkt angrenzend an Naturschutzgebiete und renaturierte Weserauen. Durch das Gelände führt der Weserradweg, der erst in diesem Frühjahr mit EU-Mitteln ausgebaut und über das Domänengelände geleitet wurde. Im Übrigen ist es schon merkwürdig, dass auf dem Domänengelände eine Verbreiterung des Radweges auf vier Meter durchgeführt wurde.

(Zuruf von Ernst-August Hoppenbrock [CDU])

Auf dem Gelände will die Firma Petri die europaweit größte Ziegenhaltung mit 3 000 Mutterziegen aufbauen. Folglich ist davon auszugehen, dass dort im Endzustand 7 000 bis 9 000 Ziegen gehalten werden - und das laut Vorlage in einer Stallanlage. Als Vertreterin hat an der Sitzung unseres Ausschusses Frau Lorberg teilgenommen. Als sie das hörte, schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen.

(Zuruf von der CDU: Doch nicht in ei- nem Stall!)

In der Vorlage des ML steht, die öffentliche Nutzungsmöglichkeit des Weserradweges für Radwanderer - hier sieht man, womit Herr Rolfes zufriedenzustellen ist - wird, soweit er die Fläche der Domäne berührt, im Kaufvertrag geregelt. Dort steht aber nicht, wie es geregelt wird. Was heißt „die Domänenfläche berührt“?

(Glocke des Präsidenten)

In der Region wird offen darüber geredet, dass Herr Petri das Wegerecht einschränken bzw. schließen möchte. Auch das wäre im Sinne der Vorlage natürlich eine Regelung. Offen bleibt die Frage, die damit zusammenhängt, dass sich Herr Petri zurzeit angeblich darum bemüht - das ist im Zusammenhang mit den Landesforsten angesprochen worden -, 300 ha FFH-Fläche zu kaufen.

Meine Damen und Herren, die zukünftige Nutzung der Domänenfläche kann man ähnlich wie beim Hollanderhof nicht außen vor lassen. Herr Petri kauft die Fläche nur, wenn er die Ziegenhaltung dort aufziehen kann. Sie schreiben selbst in Ihrem Antrag,

(Glocke des Präsidenten)

der Kaufvertrag soll abgeschlossen werden, sobald für die Käuferin die abschließende Sicherheit einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung für das Investitionsvorhaben besteht. Liegt denn diese Sicherheit heute schon vor? Wie kann diese Sicherheit garantiert werden, wenn noch kein Bauleitplanverfahren mit den entsprechenden Umweltprüfungen stattgefunden hat und in den Räten noch nicht einmal Aufstellungsbeschlüsse gefasst wurden?

Nun erzählen Sie uns noch einmal, warum den Fachausschüssen eine weitere Beratung und da

mit eine Verschiebung der Beschlussfassung auf das Januar-Plenum verweigert wird! Herr Schünemann hat heute Morgen bei unserem Antrag auf Absetzung gemurmelt: Das hat wirtschaftliche Folgen.

(Glocke des Präsidenten)