Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

Herzlichen Dank. - Herr Kollege Albrecht, Sie haben sich auf den Beitrag von Herrn Kollegen Albers zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Albers, Sie dürfen aber auch den folgenden Punkt nicht ganz vergessen, Sie müssen auch ihn im Auge haben: Die vorhandene Problematik der geringen sozialen Durchlässigkeit in unseren Schulen haben wir - in Deutschland zumindest - genauso krass im integrierten Schulsystem. Das ist unser generelles Problem. Daran arbeiten wir. Sie haben einen Punkt genannt, an dem wir angefangen haben, nämlich in der vorschulischen Bildung. Die Sprachförderung ist der Schlüssel, im Grunde genommen der Dreh- und Angelpunkt für die Verbesserung der sozialen Durchlässigkeit in unserem Schulsystem. Da sind wir dabei, da haben wir schon viel Geld in das System hineingegeben. Das dürfen Sie nicht vergessen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Herr Albers, Sie haben die Möglichkeit, zu antworten. - Das möchte er nicht.

Ich möchte Frau Hemme noch etwas erklären. Sie haben sich fünf Sekunden vor dem Ablauf der Redezeit gemeldet. Dann lasse ich keine Frage mehr zu.

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Frau Kollegin Janssen-Kucz. Sie haben jetzt eine Redezeit - ganz normal - von fünfeinhalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Armut betrifft vor allem Familien mit Kindern. Kinder sind zu einem Armutsrisiko geworden, und sie sind letztendlich auch die Hauptleidtragenden von Armut.

Im Niedersächsischen Armuts- und Reichtumsbericht vom Dezember 2006 wurde festgestellt, dass besonders hohe Armutsquoten bei Alleinerziehen

den und Haushalten mit vielen Kindern vorzufinden sind. Das sind letztendlich sehr erschreckende Daten, die zu finden sind; aber man muss sie suchen.

Ich hatte 1999 eine Anfrage zur Kinderarmut an die damalige SPD-Landesregierung gerichtet. Auch damals hatten wir bei der Beantwortung der Anfrage größere Probleme, weil sozialräumliche Daten einfach fehlten. Wir haben heute immer noch genau dieselbe Situation. Von daher meine ich, dass wir schauen müssen, wohin die Reise gehen soll, ob wir Datenmaterial haben wollen, ob wir es wirklich brauchen und ob wir uns dazu auch sehr klar positionieren.

Wir Grünen sind der Meinung, dass wir ganz konkrete, belastbare Zahlen brauchen, wir brauchen Fakten auf den Tisch, um daraufhin Förderschwerpunkte festzulegen und um auch über den gezielten Einsatz von Finanzmitteln zu sprechen. Das, was hier eben - ich möchte fast sagen - abging, hat mich schon ein bisschen erschreckt. Das ging nach dem Motto „Die einen haben dies gemacht, und die anderen haben jenes gemacht.“ Dabei wurde alter Wein in neuen Schläuchen verkauft. Aber das Problem ist immer noch dasselbe.

Auf der Seite 2 der Antwort der Landesregierung heißt es, der Anstieg des Anteils der armen Haushalte betrage in Niedersachsen nur 0,3 % jährlich, im Bundesdurchschnitt seien es hingegen 0,9 %. Aber letztendlich ist es egal, meine Damen und Herren, ob der jährliche Wert 0,3 % oder 0,9 % beträgt. Wir haben einen Anstieg. Wir müssen gegensteuern. Hauptsächlich betroffen sind nun einmal Kinder. An dem Punkt nützen auch keine Schuldzuweisungen. Letztendlich ist ein gemeinsamer Kraftakt notwendig, auch haushaltstechnischer Art.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Kinderarmut bedeutet, dass Kinder und Jugendliche in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung schwerwiegend beeinträchtigt werden. Kinderarmut berührt neben monetären Aspekten der Grundversorgung beim einzelnen Kind auch Lebensbereiche wie Gesundheit, Bildung, Kultur und soziale Teilhabe. Hier wurde in unterschiedlichen Redebeiträgen deutlich, dass es um sehr viele unterschiedliche Lebensbereiche geht. Aus dem Grund müssen wir breit angelegt, ressortübergreifend gegensteuern. Ich war bei dieser Debatte, bei der auch die Hauptschulen ins

Feld geführt wurden, erstaunt, wo unser Kultusminister in dieser Debatte eigentlich ist; denn das sind die Hauptakteure: Kultusministerium und Sozialministerium.

Meine Damen und Herren, es muss darum gehen, eine kindbezogene Armutsprävention zu entwickeln. Wir müssen versuchen, die schädlichen Auswirkungen von belastenden Faktoren zu vermindern, auszugleichen oder zumindest zu stabilisieren oder Schutzfaktoren dagegen auszubauen. Diese Schutzfaktoren können eine unmittelbare Wirkung auf die Lebenslage, auf positive Handlungsstrategien und gelingende Integration durch soziale Förderung, Ausgleich und Umverteilung entfalten.

Vor allem sozialraumorientierte Handlungsstrategien sind gut geeignet, um Betroffene dort „abzuholen“, wo sie leben und ihre Bezugspersonen haben. Das Hebammenprojekt, meine ich, baut genau auf diesem Ansatz auf. Das gilt auf für Pro Kind. Wir müssen aber weg von dem Modellcharakter dahin kommen, gut entwickelte Projekte flächendeckend auszubauen, und zwar - wenn wir den Anstieg der Kinderarmut sehen - schnell.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in der Antwort der Landesregierung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Kommunen zuständig sind. Sie können auch als Land keine Verantwortung an die Kommunen abschieben. Wir alle wissen, wie eng die Haushaltslage bei den Kommunen ist, und dass viele freiwillige Ausgaben - auch gerade im Präventionsbereich - gekürzt bzw. auf null gefahren werden. Aber die freiwilligen Ausgaben sind gerade die, die wir im frühkindlichen Bereich und im Präventionsbereich brauchen, um frühzeitig ansetzen zu können und um nicht erst dann zu reagieren, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

Meine Damen und Herren, wenn wir es heute ernst meinen mit Kinderfreundlichkeit und Bekämpfung von Kinderarmut, dann müssen wir auch über die Finanzausstattung der Kommunen reden. Wir müssen darüber reden, dass wir auch den Kommunen bei der Kinder- und Jugendhilfe gezielt unter die Arme greifen; denn beides tut not.

So weit erst einmal. Ich glaube, es ist deutlich geworden: Es ist ein gemeinsamer Kraftakt notwendig. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Janssen-Kucz. - Zu einer Kurzintervention auf Frau Kollegin Janssen-Kucz hat sich Frau Kollegin Meißner gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Janssen-Kucz, wir sind ja in vielem d‘accord, auch darin, dass man zielgenau bei den Kindern anfangen muss. Sie haben noch einmal gesagt, die Kommunen hätten zu wenig Geld, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Zum Teil bekommen sie Geld aufgrund des Sozialgesetzbuchs. Natürlich könnten sie zum Teil mehr Geld gebrauchen. Aber meinen Sie nicht auch, dass es richtig ist, generell für die Zukunft von Kindern zu sorgen, also für die Entwicklung sämtlicher Kinder, egal, welcher Einkommensstufe die Eltern zuzuordnen sind? Wir müssen doch die Mittel abgewogen einsetzen, d. h. nicht nur für Armutsbekämpfung, also im Sozialbereich, sondern auch für den Arbeitsmarkt, für Berufsbildung und Ähnliches mehr. Das sind Aufgaben des Landes. Kommunen haben andere Aufgaben. Ich denke, wir sollten sehr genau unterscheiden, was wessen Aufgabe ist, wer von woher Geld bekommt und wo wir als Land steuernd eingreifen müssen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. Frau Kollegin Janssen-Kucz möchte antworten. Auch Sie haben für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Kollegin Meißner, ich denke, wir müssen an der Stelle zweigleisig fahren. Aber wir müssen zielgenau sagen, in welche Richtung es gehen soll. Ich glaube, das habe ich sehr deutlich gemacht. Es geht vorrangig darum, Kinder in den Mittelpunkt zu stellen und die Kinderarmut zu bekämpfen. Wenn wir über Kommunen und Aufgaben des Landes reden, dürfen wir natürlich auch die Bundesebene nicht vergessen. Das ist das Thema Kinderzuschlag. Wir als Grüne

sind der Meinung, dass er zu einer ausreichenden Kindergrundsicherung entwickelt werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich stelle fest, dass die Besprechung der Großen Anfrage damit abgeschlossen ist.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 14:

Einzige (abschließende) Beratung: a) Keine Privatisierung bei Daseinsvorsorge Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2381 - b) Abwasserbeseitigung muss unter der Kontrolle der Kommunen bleiben - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2418 - Beschlussempfehlung des Umweltausschusses Drs. 15/3331

Die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses lautet in beiden Fällen auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen. Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich seitens der SPD-Fraktion Herr Kollege Brockmann. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ende Oktober letzten Jahres titelten mehrere niedersächsische Tageszeitungen: „Sander verzichtet auf Privatisierung von Abwasser“ oder: „Abwasserprivatisierung ist vom Tisch“. Eines der Lieblingsprojekte des Umweltministers verschwand von der Tagesordnung, weil es gegen diesen Plan massive Widerstände von den Menschen in unserem Land gab, die vor allem die Vertreter unserer Kommunen in der Öffentlichkeit und insbesondere im Rahmen des Anhörungsverfahrens am 27. Februar 2006 vorgebracht haben. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens, die bekanntermaßen auch das Sprachrohr unserer Bürgerinnen und Bürger ist, machte in ihrer Stellungnahme deutlich, dass sie die Bereitschaft des Gesetzgebers, neue Formen dort zuzulassen, wo sich ein Bedarf zeigt, begrüße, weiter aber das Angebot neuer Organisationsformen ablehnen müsse, wenn dadurch

bewährte Formen faktisch ausgeschlossen würden oder sonstige Nachteile für Kommunen oder Bürger entstünden. Ein solcher Fall sei zu befürchten, wenn die kommunale Abwasserbeseitigungspflicht zur Disposition gestellt würde.

Es haben sich zum Glück die kommunalen Spitzenverbände mit ihrer Meinung durchgesetzt; denn hier sollte Politik ohne bzw. gegen die Menschen gemacht werden. Die Politik mit den Menschen als Schlagwort im Munde zu führen, Herr Sander, ist eine Sache, sie tatsächlich zu praktizieren, ist der Maßstab, an dem man sich messen lassen muss. Die Menschen in unserem Lande haben Sie einmal mehr erkannt und entlarvt.

Meine Damen und Herren, damit aber noch nicht genug. Lässt doch der Minister mitten im Rückzug keinen Zweifel daran, dass doch noch keine Vernunft bei ihm eingekehrt ist. Durch seinen Sprecher erfahren wir aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 25. Oktober letzten Jahres - ich zitiere -:

„Umweltminister Sander hat nach wir vor das politische Ziel, die Abwasserentsorgung zu privatisieren.“

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Jeder Bürgerin und jedem Bürger, jedem Menschen in Niedersachsen muss spätestens an dieser Stelle klar sein, dass dieser Minister schnell Lippenbekenntnisse von sich gibt, eine Politik mit den Menschen aber meidet wie der Teufel das Weihwasser.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal kurz auf unseren Antrag vom 22. November 2005 eingehen. Der Antrag der SPD-Fraktion „Keine Privatisierung bei Daseinsvorsorge!“ beinhaltet drei Aspekte:

Erstens. Wir wissen mittlerweile alle, dass im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD auf Bundesebene die Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge für die Organisation der Wasserversorgung wie auch der Abwasser- und Abfallentsorgung enthalten ist. Ebenso soll das Steuerprivileg dafür beibehalten werden. Wir begrüßen beides und möchten es mit diesem Antrag unterstützen.

Zweitens. Wir fordern, die Privatisierung der Abwasserentsorgung in Niedersachsen fallen zu las

sen und von einer entsprechenden Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes Abstand zu nehmen. Es darf keine Hintertür geben, die den Weg gegen die Interessen der Menschen in Niedersachsen öffnet.

Drittens. Wir halten die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Abwasserentsorgung durch Betreiber- und Kooperationsmodelle, also zur Beteiligung Privater, wie auch die große Mehrzahl der angehörten Experten - der Niedersächsische Städtetag, der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund, der Niedersächsische Landkreistag, der OOWV, der Abwasserverband Wolfsburg

(Christian Dürr [FDP]: Die Privaten auch?)

- ja -, der Verband kommunaler Unternehmen und andere mehr - für völlig ausreichend.

(Christian Dürr [FDP]: Was haben die privaten Wasserentsorger gesagt?)