Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

Man müsste ja annehmen, dass Sie nun langsam zu der Erkenntnis kommen, dass das geändert werden muss. In Berlin scheint sich ja etwas anzudeuten. Wenn der Bundesfinanzminister nun grünes Licht gibt, dann sollten Sie einmal darüber nachdenken, warum er seine Anteile in diesem Fall verkauft. Wenn die SPD in Berlin zu anderen Erkenntnissen kommt als die SPD in Hannover, dann sollte Ihnen das doch sehr zu denken geben, und Sie sollten sich fragen, warum das so ist.

(Zuruf von Rolf Meyer [SPD])

- Ja, Herr Meyer, Sie sollten es ganz besonders erkennen. Sie versagen hier sogar als Opposition kläglichst.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gerade Sie, Herr Meyer, haben über Presseartikel in diesem Fall deutlich polemisiert. Das haben wir nachlesen können.

(Rolf Meyer [SPD]: Wo denn?)

Formulierungen wie „Hier wird Volksvermögen verschleudert“ stammen doch aus der tiefsten sozialistischen Mottenkiste.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie behaupten, für 2006 habe man einen Gewinn avisiert. Wo bleiben denn die 1,5 Millionen Euro Verluste aus 2005? Wo bleibt denn der vorgetragene Verlust in Höhe von 400 000 Euro? Wann kommen Sie denn - wenn ich das in Richtung Grüne hier einmal so formulieren darf - in die grüne Phase?

Meine Damen und Herren, diese OHE braucht einen starken Partner. Die Mitarbeiter dieser OHE brauchen ein klar positioniertes Ziel, damit sie wissen, wofür sie arbeiten. In meinen Augen war diese OHE in den letzten Jahren ein schlafender Riese. In den Augen von Herrn Wenzel war sie zwar ein Juwel, aber es muss sich erst einmal zeigen, ob die Juwelen, die Herr Wenzel in diesem Fall gesehen hat, auch strahlen können.

Der Betriebsrat hat uns in Gesprächen ganz deutlich gezeigt, dass die 1 000 Mitarbeiter der OHE diese Firma nach vorne bringen wollen. Die wichtigsten Ergebnisse, die wir in dem Verkaufsverfahren erreicht haben, sind Ihnen und uns bekannt. Ich meine, es wurden gute Ergebnisse erzielt, mit denen das neue Unternehmen sehr wohl in die Zukunft gehen kann.

Das wichtigste Ergebnis: Celle bleibt Konzernzentrale.

(Rolf Meyer [SPD]: Wie lange noch?)

Weitere Ergebnisse: VBL weiterhin für OHE und KVG. Die Stilllegung des Schienennetzes ist bis zum 31. Dezember 2016 nur mit Genehmigung des Landes möglich. Das neue Unternehmen hat neue Zusagen gemacht.

Meine Damen und Herren, hier wurden die Weichen für die Zukunft richtig gestellt.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir machen heute mit unserer Mehrheit den Weg dafür frei, dass die OHE sich am Markt bewähren kann. Wir sind davon sehr überzeugt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Meyer hat jetzt für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einem Artikel der Financial Times Deutschland vom 21. Dezember heißt es:

„‚Das fehlende Interesse ist nicht als Skepsis gegenüber dem deutschen Schienenverkehr zu werten‘, sagte ein Berater, vielmehr sei die Transaktion schlecht vorbereitet gewesen. ‚Das Verfahren war sehr zäh‘, räumte einer der Interessenten ein. Die zu einer Bewertung der Gesellschaft erforderlichen Unterlagen und Verträge seien teilweise erst mit großer Verzögerung gestellt worden.“

Es war also wohl nicht ganz so toll mit dem Verkauf.

Hier soll - das will ich deutlich sagen - für 30 Millionen Euro ein Unternehmen verkauft werden, das mit seinem Schienenverkehr, mit seinem Busunternehmen und mit seinen Arbeitsplätzen in der Region Nordostniedersachsen eine wirklich herausragende Rolle spielt.

Wenn es ein marodes Unternehmen wäre, dann könnte man in der Tat sagen: 30 Millionen Euro sind ein gutes Geschäft. So sieht es der Finanzminister, der immer auf eine marode Schieneninfrastruktur hinweist. Mehrfach hat er auch von Panzer- und Holztransporten gesprochen. Ich darf aus der Landtagsvorlage zitieren, in der es zu den Zielen der künftigen Entwicklung heißt:

„Neben den heute dominierenden Militärtransporten und Kooperationsverkehren mit der DB... wird der Containerverkehr... ausgebaut.“

Die Basis, sehr verehrter Herr Finanzminister, stimmt hier schon nicht mehr; denn diese Militärtransporte und Kooperationsverkehre machen nur 15 % der gesamten OHE-Umsätze aus. Das als dominierend zu bezeichnen, ist wohl nicht ganz richtig. Da haben Sie irgendwo nicht aufgepasst.

Der Noch-Vorstand der OHE, Herr Stahlhut, sagt zu den Perspektiven des Unternehmens; ich zitiere aus der Celleschen Zeitung vom 1. November:

„Der Raum hinter den Seehäfen Bremen und Hamburg bietet ein riesiges Entwicklungspotenzial für den Ausbau

der OHE-Strukturen, unter welchem Eigner auch immer.“

Das heißt ja wohl nichts anderes, als dass auch bei diesen Strukturen oder bei welchen, bei denen man eben nicht durch Privatisierung alles zerschlagen muss, eine erfolgreiche Entwicklung der OHE möglich wäre.

Richtig ist - das hat Herr Schönecke gesagt -, dass in der Vergangenheit Verluste gemacht wurden. Richtig ist aber auch, dass die OHE im Unterschied zur Bundesbahn jedes Jahr 2,5 Milliarden Euro für den Erhalt der Schieneninfrastruktur bezahlen musste.

(Zuruf von der CDU: Wie viel?)

- 2,5 Milliarden, Entschuldigung, 2,5 Millionen. Meine Damen und Herren, Sie sind sehr aufmerksam. Das ist sehr hilfreich.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Im Jahr 2005 lag der Verlust nach Ihren Angaben nur noch bei 1,5 Millionen Euro; im Jahr 2006 gab es gar keinen Verlust mehr. Das dokumentiert, auf welch gutem Weg die OHE ist. Der Logistikmarkt boomt, die Perspektive ist hervorragend. Deswegen kann man mit Fug und Recht sagen: Die OHE ist kein marodes Unternehmen; denn allein die mobilen und immobilen Werte dieses Unternehmens liegen höher als diese 30 Millionen Euro. Die Financial Times Deutschland schreibt: „40 bis 50 Millionen Euro hätten es schon mindestens sein müssen.“ Jetzt zu verkaufen, ist deshalb ökonomischer Unsinn. Für mich ist das - Herr Schönecke, da haben Sie mich richtig zitiert - nichts anderes als eine Verschwendung von Volksvermögen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn der Berliner Finanzminister das Geld gern einstreicht, dann kritisiere ich das bei ihm genauso, wie ich das bei Herrn Möllring tue. Ich habe da überhaupt keine Hemmungen. Nur muss man natürlich wissen, dass aus Berliner Sicht eine Osthannoversche Eisenbahn vielleicht nicht der Nabel der Welt ist. Die Jungs streichen das eben gern ein; so einfach ist die Welt.

Was die Perspektiven der OHE und die Verschwendung von Volksvermögen betrifft, so hätten Sie sich gestern darüber mit den Mitgliedern und Vertretern des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen unterhalten können, die ja nun zufällig

gestern Abend da waren. Alle waren sich einig: Das, was hier passiert, ist das reine Verschenken von Vermögen, mehr nicht. Das haben alle gesagt, niemand hat widersprochen, und auch niemand von Ihnen wird dem widersprechen können.

Aber genauso wie beim Landeswald und bei den Landeskrankenhäusern geht es hier in der Tat nur um das Interesse des Finanzministers; alles andere ist weniger wichtig. „Das Verfahren war das Ziel“, schreibt die Financial Times. Zumindest ist es so, dass von den ursprünglichen Interessenten zunächst nur vier übrig geblieben sind; am Ende war es nur noch einer, nämlich die Bietergemeinschaft Arriva Bachstein. Es hätte mich schon interessiert, warum die anderen vorher ausgestiegen sind. Darüber haben wir keine Informationen.

Wenn man die Größenordnung der beteiligten Bieterunternehmen betrachtet, ist jetzt auch klar, wer das Sagen hat. Die Firma Bachstein wird nur als Türöffner gebraucht. Ich finde es auch bemerkenswert - ich will das gar nicht werten; ich stelle es aber fest -, dass der Seniorchef von Bachstein, Herr Behrendt, im Aufsichtsrat der Landesnahverkehrsgesellschaft ist.

Arriva ist einer der größten europäischen Konzerne in der Branche. Auch Sie haben die Bedeutung und die Größe des Konzerns mehrfach betont. Arriva ist auf Shoppingtour, kauft in Europa alles auf, was sich irgendwo auf Schienen bewegt. Ich merke dazu Folgendes an: Sie sollten sich die Zahlen, die auch der Vorlage zu entnehmen sind, einmal angucken. Der Umsatz pro Mitarbeiter beträgt bei Arriva rund 67 600 Euro; bei der OHE sind es 140 000 Euro je Mitarbeiter, also mehr als Doppelte. Wie man dann erzählen kann, OHE habe nicht gewirtschaftet, kann ich nicht nachvollziehen. Was ist denn dann bei Arriva los? Ich würde nicht so viel Vertrauen in das Unternehmen haben.

Die Landtagsdrucksache, über die wir abstimmen sollen, enthält eine Fülle von unbestimmten Rechtsbegriffen. Da ist die Rede von mittelfristig, von angemessenem Zeitraum, vom überwiegenden Teil des Schienennetzes, wo eigentlich jeder weiß, dass nur noch ein Drittel übrig bleiben wird. Im Detail ist nichts klar. Und da soll das Parlament zustimmen, mit den Argumenten, die Herr Schönecke vorhin genannt hat? Das kann ja wohl nicht sein.

Er hat erzählt, er habe mit den tausend Mitarbeitern gesprochen. Der Betriebsratsvorsitzende sitzt

da hinten mit einigen anderen Vertretern. Er ist über die Vertragsdetails bis heute nicht informiert, und auch die Informationen während des Verkaufsverfahrens waren völlig unzureichend. Das gilt im Übrigen auch für den Landrat des Landkreises, der auch nicht sehr begeistert ist. Das wissen Sie ganz genau.

Der Vorsitzende des Betriebsrates hat bereits angekündigt, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat - der Aufsichtsrat muss ja zustimmen nicht zustimmen werden. Damit ist klar, dass die Mitarbeiter das alles nicht so toll finden. Im Übrigen werden ja auch nicht alle Mitarbeiter von den bis 2009 vereinbarten Nichtbeendigungskündigungen profitieren. Es ist vorgetragen worden, dass mindestens für einen Teil der Mitarbeiter - genau für 80 bis 90 - das genau nicht gilt. Hinter 80 bis 90 Mitarbeitern stehen 80 bis 90 Schicksale. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Mitarbeiter haben mit dem Unternehmen Bachstein in Celle - das ist noch ein Punkt, den vielleicht nicht jeder kennt - in der Vergangenheit nicht unbedingt die besten Erfahrungen gemacht. Reden Sie einmal mit dem Betriebsrat der KVC, deren Krawatte ich übrigens heute trage, falls Sie sich wundern. Ich wollte sie noch einmal tragen, solange es den Betrieb noch gibt. In Ihrer Drucksache kommt auch noch ein „Konzept zur strategischen und verkehrswirtschaftlichen Weiterentwicklung“ vor. Was da steht, ist viel Prosa, aber leider an vielen Stellen sachlich falsch. Es wird davon geredet, „Rangierverkehr für die norddeutschen Häfen“ müsse neu aufgebaut werden. - Den gibt es schon lange!

Herr Meyer, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ein letzter Satz, Frau Präsidentin, wenn ich darf. Ich fasse zusammen. Verkauft werden soll aus zwei Gründen. Der erste ist: Der Finanzminister will Kasse machen. Der zweite ist die Privatisierungsnummer. Herr Rickert, Sie haben im Ausschuss wunderbar begründet, warum für Sie Privatisierung immer das Prinzip an sich ist. - Das sind die Gründe. So weit, so klar.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)