Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 112. Sitzung im 39. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 15. Wahlperiode und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.
Ich habe zwei erfreuliche Dinge mitzuteilen. Erstens hat heute unsere Kollegin Bertholdes-Sandrock Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!
Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen - wie immer - gedruckt vor.
Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe. Auch hinten an der Besuchertribüne und in den Besuchertribünen müssen die Gespräche bitte eingestellt werden.
Die Fraktionen sind übereingekommen, noch vor dem Eintritt in die Tagesordnung das Thema „Luftfahrtstandort Norddeutschland stärken“ zu behandeln. Ein von allen vier Fraktionen getragener Antrag zu diesem Thema liegt Ihnen in der Drucksache 3626 vor. Er müsste inzwischen verteilt worden sein.
Für die anschließende Aktuelle Stunde liegen vier Beratungsgegenstände vor. Es liegen für morgen früh drei Dringliche Anfragen vor.
Auf der Basis der im Ältestenrat für die Beratung einzelner Punkte gemäß § 71 unserer Geschäftsordnung vereinbarten Redezeiten haben die Fraktionen einen Verteilerschlüssel gewählt. Ihnen ist das Prozedere bekannt. Sie können die Zeitkontingente aus der Ihnen vorgelegten Übersicht ersehen. Ich gehe davon aus, dass die vom Ältestenrat vorgeschlagenen Regelungen von allen akzeptiert werden. - Ich stelle fest, dass das Haus mit diesem Verfahren einverstanden ist.
Im Rahmen der Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden drei Tagen Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums aus Bad Iburg wiederum mit einer Online-Redaktion live aus dem Landtag berichten. Als Pate wird der Abgeordnete Martin Bäumer erster Ansprechpartner der Nachwuchsjournalisten sein.
Des Weiteren werden im Rahmen des von der Multimedia-Berufsbildende Schule initiierten Modellprojekts „Landtagsfernsehen“ wieder Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Humboldt-Schule Seelze Sendungen erstellen.
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag 12 Uhr - wird erinnert.
Guten Morgen! Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der SPD Frau Bührmann und Herr Albers, von der Fraktion der FDP Herr Oetjen bis zur Mittagspause und von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Polat und Frau Janssen-Kucz.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, wir treten vereinbarungsgemäß in die Beratung des zusätzliches Tagesordnungspunktes ein.
Zusätzlicher Tagesordnungspunkt: Erste Beratung: Luftfahrtstandort Norddeutschland stärken - Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/3626
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft der norddeutschen AirbusWerke beschäftigt uns alle in diesem Hause seit Monaten sehr. Zu Beginn der Airbus-Krise haben wir im vergangenen Jahr am 12. Oktober im Nie
Es ist gut, dass es uns auch heute gelungen ist, einen weiteren Entschließungsantrag zu formulieren, der fraktionsübergreifend unterstützt wird. Stellvertretend für alle Airbus-Beschäftigten in Norddeutschland begrüße ich die heute anwesenden Betriebsratvorsitzenden von Nordenham, Herrn Eilers, und von Varel, Herrn Bruns: Sie leisten eine großartige Arbeit. - Nehmen Sie aus dieser Debatte mit: Wir alle stehen parteiübergreifend zu Airbus, zu seinen Standorten und zu seinen Beschäftigten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die wirtschaftlichen Probleme haben den Airbus-Mutterkonzern EADS in der vergangenen Woche dazu veranlasst, umfassende Pläne zur Unternehmensumstrukturierung vorzulegen. Für Deutschland lässt sich wohl insgesamt sagen: Die schlimmsten Horrorszenarien, die befürchtet worden waren, sind nicht eingetreten. Aber dennoch gibt es eine sehr große Unsicherheit bei uns im Norden.
Das Sanierungsprogramm Power 8 sieht strenge Maßnahmen zur Kostensenkung, eine grundlegende Veränderung des Geschäftsmodells von Airbus sowie die Entwicklung eines globalen Partnernetzwerks vor. Unter anderem sollen Bereiche und Werke ausgegliedert werden, die von Airbus als nicht strategisch angesehen werden. In Norddeutschland ist das Werk in Varel betroffen. Für den Standort Nordenham erwägt Airbus sogenannte industrielle Partnerschaften, aber auch ein Verkauf ist nicht ausgeschlossen.
In den nächsten Wochen und Monaten wird sich zeigen, welchen Weg die Standorte Varel und Nordenham gehen werden. Ihnen gehören unsere besondere Aufmerksamkeit und unser besonderes Engagement.
Gerade eben hat ein Gespräch des Ministerpräsidenten und des Wirtschaftsministers mit den vier Fraktionsvorsitzenden und den Vertretern der Betriebsräte stattgefunden. Gestern Abend habe ich mit einem Airbus-Beschäftigten aus meinem Wahlkreis telefoniert. Er arbeitet in Finkenwerder, wo sehr viele Niedersachsen beschäftigt sind. Ich habe ihn um seine persönliche Meinung gebeten. Seine Schilderung war eindeutig: Die Stimmung in den Werken ist schlecht. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Was die Mitarbeiterinnen und Mit
arbeiter am meisten umtreibt, ist die Unsicherheit, wie es mit jedem Einzelnen weitergeht. Das ist für die Beschäftigten in Varel, in Nordenham, in Stade, in Buxtehude, in Bremen oder in Hamburg eine Situation, die nur sehr schwer auszuhalten ist. Was wir immer wieder deutlich herausarbeiten müssen: Die Beschäftigten haben am allerwenigsten, ja keine Schuld an der Krise von Airbus - sie müssen jetzt die Zeche für andere zahlen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Sanierungskonzept von Airbus enthält für die norddeutschen Standorte aber auch einige positive Aspekte, die wir nicht verschweigen sollten und die dieser Entschließungsantrag hervorhebt. Für die A320-Familie ist in Hamburg die Einrichtung einer dritten Endmontagelinie vorgesehen. Bei der Entwicklung der A350 soll eine Gleichverteilung auf die Hauptgründerstaaten Deutschland und Frankreich erfolgen. Bei der Produktion der A380 soll die geplante Arbeitsteilung im Wesentlichen beibehalten werden. Das Stader Werk soll zu einem Kompetenzzentrum für Kohlefasertechnologie ausgebaut werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch ein Wort zur Verlängerung der Start- und Landebahn in Finkenwerder sagen. Weil der Bau der Frachtversion der A380 jetzt zurückgestellt werden muss, kommen wieder einige Kritiker der Start- und Landebahnverlängerung aus den Löchern und fordern den sofortigen Stopp des weiteren Ausbaus. Ich sage deutlich: Das ist falsch. Die verlängerte Start- und Landebahn sichert den Flugzeugbau-Standort Hamburg. Wir stehen zu dieser Maßnahme. Sie darf nicht gestoppt und nicht gefährdet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei den in der vergangenen Woche veröffentlichten Plänen handelt es sich um Vorhaben des Managements und noch nicht um abschließende Entscheidungen. Deshalb gibt es nach wie vor Hoffnung, dass wir noch eine ganze Menge erreichen können, wenn jetzt alle geschlossen handeln.
Erstens. Wir müssen den Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze fortführen. Die Arbeitsplätze an den norddeutschen Standorten müssen langfristig gesichert werden. Eine Abwanderung von Fachkräften und technologischem Know-how können wir uns nicht leisten.
Zweitens. Unser Engagement gilt jedem einzelnen Standort. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass die Arbeitsteilung zwischen den Werken einschließlich Varel und Nordenham zu einer hohen Wettbewerbsfähigkeit geführt hat.
Drittens. Wir wollen die Innovationspartnerschaften stärken. Das Beispiel des CFK-Valley in Stade hat gezeigt, dass die Förderung von Spitzentechnologien nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze schaffen kann. Auch die Standorte Nordenham und Varel müssen hinsichtlich ihrer Technologien krisenfest und zukunftsfähig werden. Dafür will das Land im Rahmen von Innovationspartnerschaften im Rahmen dessen, was rechtlich möglich ist, entsprechend Mittel der Wirtschafts- und Innovationsförderung bereitstellen.
Viertens. Das Land wird den Umstrukturierungsprozess aktiv begleiten. Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt nachdrücklich den Beschluss der Landesregierung, den Umstrukturierungsprozess bei Airbus im Rahmen einer Lenkungsgruppe unter Federführung des Wirtschaftsministeriums und der Staatskanzlei aktiv zu begleiten. Hier werden Strategien und Handlungsoptionen für ein tragfähiges Zukunftskonzept für die einzelnen Standorte erarbeitet. Es ist dabei ein gutes Signal, dass die Betriebsräte und die betroffenen Kommunen in die Arbeit eingebunden werden.
Fünftens. Bei allem müssen wir auch die Zulieferindustrie im Auge behalten. In Norddeutschland, vor allem in Niedersachsen, hat sich ein effizientes und leistungsfähiges Zuliefersystem entwickelt. Wir wollen die Zulieferindustrie stärken. Auch sie gehört in unseren Blickpunkt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Luftfahrtindustrie hat eine enorme Bedeutung für uns im Norden und für uns in Niedersachsen. Wir fordern die Bundesregierung deshalb nachdrücklich auf, unsere Forderungen in Verhandlungen mit der EADS-Konzernführung aktiv zu vertreten.
Dieser gemeinsame Entschließungsantrag soll ein Signal an die Beschäftigten und deren Familien, an die betroffenen Kommunen, an das Management und an die Gewerkschaften sein. Die Menschen vor Ort sollen wissen, dass wir trotz aller parteipolitischen Unterschiede in diesem Hause in dieser Frage solidarisch an ihrer Seite stehen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 2. März 2006 ist in Varel Geburtstag gefeiert worden: 50 Jahre Flugzeugbau in Varel. Die Beschäftigten bei Airbus sind für ihre Zuverlässigkeit und für die Qualität ihrer Arbeit gelobt worden. Genau ein Jahr nach dieser Geburtstagsfeier kommt der Geschäftsführer von Airbus Deutschland und erzählt den gleichen Menschen: Wir brauchen euch nicht mehr in unserem Konzern. - Das ist wirklich zynisch, meine Damen und Herren.
Ich habe an dieser Betriebsversammlung teilgenommen. Es ist ein bewegendes Gefühl, wenn man spürt, wie Menschen es überhaupt nicht verstehen können, wie da mit ihnen umgegangen wird. Es ist auch nicht zu verstehen.
Wir haben vor drei Monaten hier im Landtag einen gemeinsamen Beschluss gefasst. Wenn Sie sich diesen Beschluss noch einmal ansehen, stellen Sie fest: Damals war die Argumentation, durch Managementfehler gebe es ein Problem bei der Auslieferung des A380. Daraus entstehe ein Liquiditätsproblem. Dieses müsse bearbeitet werden. Wir waren gemeinsam der Meinung, es sei auch bearbeitbar, ohne dass dies zulasten der Beschäftigten an den norddeutschen Standorten geht. Das haben wir hier beschlossen.