Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in dieser Legislaturperiode mehrfach über das Problem des Rechtsextremismus in Niedersachsen diskutiert. Warum machen wir das immer wieder? - Sicherlich nicht, weil wir dieses Thema politisch so erbaulich und erquicklich finden, sondern schlicht und ergreifend deswegen, weil wir in diesem Bereich eine bedrohliche Entwicklung haben.
Frau Leuschner hat richtigerweise darauf hingewiesen, dass wir vor Kurzem eine Anfrage dazu gestellt haben: Wie stellt sich das Straftatenaufkommen in Bezug auf Rechtsextremismus in Niedersachsen dar, und ist es im bundesweiten Trend? - Leider ist ein Anstieg der Zahl der Straftaten zu verzeichnen. Dabei wird noch nicht einmal das Dunkelfeld erleuchtet oder dargestellt. Wir wissen gar nicht, wie viele Bedrohungsszenarien oder unterschwellige Bedrohungen in den Kommunen und Regionen, wo der Rechtsextremismus zu verzeichnen ist, zusätzlich vorhanden sind.
Selbstverständlich muss man auch über andere Formen des Extremismus diskutieren. Das stellt ja niemand infrage. Wir diskutieren auch ständig und immer über das Thema des internationalen Terrorismus; das ist auch ein wichtiges Thema, ganz eindeutig. Wir dürfen uns aber in dieser wichtigen Frage nicht auseinanderdividieren lassen. Dafür sollte sich ein demokratisch gewähltes Parlament, jedenfalls in meinen Augen, zu schade sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was hat die Landesregierung in Bezug auf das große Problem des Rechtsextremismus bisher auf den Weg gebracht? - Man muss es leider ehrlich so sagen: Am Anfang war es gar nicht so schlecht, jedenfalls hat sie das Thema ernst genommen. Aber dann ist nicht mehr allzu viel passiert. Wir haben nur eine gewisse personelle Besserstellung und Ausweitung beim Verfassungsschutz. Das kann man ja machen, aber das wird - absolut gesehen - nicht viel bringen. Wir kennen auch die unrühmliche Rolle des Verfassungsschutzes beim NPD-Verbotsverfahren. Außerdem haben Sie eine Ausstellung auf den Weg gebracht. Die Ausstellung zeigt, ehrlich gesagt, guten Willen, aber ich finde sie in Bezug auf die Museums- und Ausstellungsdidaktik nicht gerade sehr gelungen.
Ansonsten, meine sehr verehrten Damen und Herren: Was fordert die SPD in ihrem Antrag? - Vieles davon haben wir schon mehrfach eingefordert haben. Das Erste, das Wichtigste ist tatsächlich, bildungspolitische Initiativen auf den Weg zu bringen. Das ist die ganz entscheidende langfristige und nachhaltige Antwort auf die rechtsextremistische Herausforderung, auf das rechtsextremistische Problem. Wir brauchen natürlich einen sehr viel schnelleren Ausbau der Ganztagsschulen; das ist eine ganz wichtige Maßnahme, damit wir gerade denjenigen Betreuungsangebote nachmittags bieten, die für diese Ideologie besonders anfällig sind.
Es ist gut und vernünftig, dass dieser Landtag in diesem Plenum sehr ausgiebig über das Problem der Frühförderung diskutiert hat,
weil auch das eine klassische Primärprävention gegen rechtsextremistische Anfälligkeit ist. Es ist gut, dass wir jetzt in diesem Bereich mehr tun,
Ferner ist es in diesem Bereich auch wichtig - die entsprechenden Gewalt- und Konfliktforscher werden Ihnen das bestätigen -, dass wir von diesem viel zu früh selektierenden Schulsystem in Niedersachsen wegkommen. Das ist eine große - -
Aber reden Sie einmal mit den einschlägigen Forschern in diesem Bereich! Das ist u. a. Herr Heitmeyer in Bielefeld. Von ihm können Sie sich einmal beraten lassen. Er war übrigens auch mal auf einer Fachtagung zu diesem Thema, die Herr Schünemann durchgeführt hat. Hören Sie sich einmal genau an, was Ihnen Herr Heitmeyer zu diesem Schulsystem sagt, wie es auch in der Hauptschule für Rechtsextremismus anfällig macht. Das ist eben so. Das ist klassischer Stand der Forschung. Da braucht man nicht darum herumzureden.
Was haben wir noch in diesem Antrag? - Das Versammlungsrecht, Frau Leuschner, sehen wir Grüne bekanntlich sehr kritisch. Das Versammlungsrecht ist nun einmal ein hohes Gut. Diese Grundrechte sind auch eine Antwort auf den Nationalsozialismus. Ich halte es für falsch, dass man jetzt aus Angst vor dem Rechtsextremismus seine guten Grundrechte wieder beschneidet. Das ist ein großes Problem; das weiß ich. Dennoch sollte man das in unseren Augen nicht machen, das wissen Sie. Wir sind sehr versammlungsfreudig. An das Versammlungsrecht sollte man nicht herangehen.
Letzter Satz, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das Internet soll man natürlich überwachen. Das ist aber genauso wohlfeil wie schwierig; das wissen auch Sie. Das ist ein internationales Problem. Gleichwohl soll man es versuchen. Auf jeden Fall muss die Landesregierung im Bereich der Bekämpfung des Rechtsextremismus sehr viel mehr auf den Weg bringen. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Briese für seine ausgewogene und intensive Darstellung der gesamten Problemlage sehr dankbar. Ich hätte mir auch im Ausschuss eine etwas intensivere Beratung dieses Themas gewünscht, und zwar auch dann, wenn es konkret wird, Frau Leuschner. Denn es ist ja nicht so, dass hinter allem, worüber die positive Überschrift „Rechtsextremismus bekämpfen“ steht, auch tatsächlich Inhalte stehen, die man als Landtag ernsthaft beraten und beschließen könnte.
Ich muss auch einmal sagen: Man bekämpft Extremismus nicht dadurch, dass man im Akkord einen Antrag nach dem anderen mit dem gleichen Inhalt und der gleichen Intention beschließt, ohne dass etwas Neues hinzukommt.
In diesem Zusammenhang möchte ich unser aller Aufmerksamkeit auf das letzte Jahr richten, als wir einen gemeinsamen Antrag zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der NPD beraten und verabschiedet haben. Wir haben gedacht, wir hätten dabei einen Konsens gefunden, auf dem wir uns weiter bewegen wollen. Ich finde es schade, dass Sie kurze Zeit später die Punkte, die Sie gerne noch gehabt hätten, aber nicht durchsetzen konnten, in einem eigenen Antrag noch einmal neu aufgeschrieben haben. Diesen Antrag können wir aus inhaltlichen Gründen nicht mitbeschließen.
Der erste Teil dieses Antrags ist im besten Falle Rhetorik. Danach folgen Ihre konkreten Forderungen. Sie fordern erstens Maßnahmen, um Lehrstellenknappheit und Arbeitslosigkeit zu beseitigen. - Dazu muss ich sagen: Das ist eine Kernaufgabe, die sich diese Landesregierung gestellt hat.
Wir können an den Zahlen sehen, dass insbesondere im Ausbildungsbereich Erfolge sichtbar sind und wir auf einem guten Weg sind.
Da müssen wir weitermachen; das ist doch ganz klar. Aber konkrete Maßnahmen fordern Sie übrigens nicht, sondern das ist nur ein Allgemeinplatz.
Ferner fordern Sie Initiativen zur besseren Kontrolle und zu Verbotsmöglichkeiten im Internet. Dazu muss ich Ihnen sagen: Ich habe nicht das Gefühl, dass Sie der Meinung sind, dass Innenminister Schünemann bzw. die Polizei in Niedersachsen auf sein Geheiß hin zu wenig im Internet auf Streife geht, sondern meistens höre ich von Herrn Bartling, das sei ihm viel zu viel. Wie Sie es genau durchsetzen wollen, sagen Sie leider auch nicht. Auch hierbei haben wir das Problem, dass mehr nicht geht.
Zum Versammlungsrecht: Herr Briese, wir sehen es genauso. Das Versammlungsrecht ist ein hohes Gut. Es ist völlig egal, ob man als Partei versammlungsfreudig oder weniger versammlungsfreudig ist - man darf dieses Grundrecht nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, weil man glaubt, damit auf einer anderen Seite etwas Gutes zu tun.
Drittens fordern Sie pädagogische Maßnahmen, um sozialer Verunsicherung entgegenzuwirken. Selbstverständlich ist es richtig, dass die Kernarbeit in der Pädagogik und in der Schule geleistet werden muss. Aber nur die platte Forderung, ohne eine konkrete Maßnahme zu fordern, ist zu wenig. Das wird der Sache nicht gerecht.
Aus diesen inhaltlichen Gründen, aus diesem inhaltlichen Fehl können wir Ihrem Antrag leider nicht zustimmen und müssen ihn ablehnen. Für uns gilt die alte Entschließung fort. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier verschiedentlich über das Thema Rechtsextremismus und dessen Bekämpfung debattiert. Im Übrigen gibt es auf keinem Politikfeld so viele Anträge, die im Wesentlichen von allen Fraktionen getragen worden sind. Gelegentlich haben die Grünen mal nicht mitgemacht, aber das konnte der Substanz der Anträge keinen Abbruch tun.
Nun liegt uns erneut ein Antrag vor. Wir haben im Innenausschuss sehr ausführlich begründet, weshalb wir ihn ablehnen werden. Er stellt nämlich noch einmal heraus, was wir hier bereits im Juni letzten Jahres gemeinschaftlich beschlossen haben. Er geht zwar in einigen Punkten noch darüber hinaus. Aber er berücksichtigt nicht das Entscheidende, nämlich die Tatsache, dass das Innenministerium auf den vorhergehenden Antrag vom Juni sehr ausführlich, nämlich auf 18 Seiten, dargelegt hat, welches Konzept die Landesregierung bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus verfolgt und - das haben Sie ja immer gefordert - dass auf allen Politikfeldern Erhebliches geleistet wird: vom Justizministerium mit der Aussteigerinitiative, vom Kultusministerium mit Aus- und Fortbildung, vom Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz mit verschiedensten Maßnahmen der Beobachtung und Verfolgung von solchen Straftaten.
Dann ist das geschehen, was ich aus meiner langjährigen Erfahrung heraus befürchtet hatte: Als wir im Ausschuss über den 18-seitigen Bericht sprachen, konnte ich die Kolleginnen und Kollegen benennen, die diese 18 Seiten durchgelesen hatten. Doch leider waren es die Falschen, die sie nicht gelesen hatten; denn wenn es diejenigen gelesen hätten, die es hätten lesen müssen - -
- Liebe Kollegin Leuschner, ich behaupte ja nicht, dass Sie das im Laufe der letzten Woche nicht gelesen hätten. Aber damals hatten Sie es nicht gelesen; denn Sie waren mir ja dankbar, dass es mir gelungen ist, in zehn Minuten darzustellen, was darin stand. Dann haben alle gesagt, es sei prima, dass dies darin stehe.
Herr Kollege Biallas, ist es richtig, dass im Laufe der Beratungen im Innenausschuss von der SPD die Behauptung aufgestellt wurde, dass das Absingen der Strophen zwei und vier des Niedersachsenliedes Rechtsextremismus schüren würde?
Ich kann mich zwar daran erinnern. Aber ich habe dies genauso wenig ernst genommen wie Sie, Herr Bode.
Herr Biallas, können Sie bestätigen, dass meine Formulierung, als ich meine Ausführungen zur Studie „Vom Rand zur Mitte“ gemacht habe, gelautet hat, dass man selbst mit dem Liedgut ein bisschen vorsichtig umgehen solle?
Ich bin dafür, dass man mit jedem Liedgut vorsichtig umgeht, besonders dann, wenn man schlecht singen kann.