Protokoll der Sitzung vom 08.03.2007

Herr Kollege Hagenah, bitte sehr!

Um das gleich richtigzustellen, Herr Sander. Sie haben unterschlagen, dass Herr Wenzel in seiner Frage auch die andere Möglichkeit, nämlich hohe staatliche Subventionen zum Bau von Kraftwerken, erwähnt hat. Das war bei den Beispielen, die Sie gerade erwähnt haben, genau der Fall.

Zu dem anderen Thema, das Sie angesprochen haben, wobei Sie an die Wand gemalt haben, Deutschland könne zum Stromdurchleitungsland

werden. Richtig ist doch, dass wir im Augenblick noch keinen wirklichen Markt im Strombereich haben, weil wir in Deutschland ein Überangebot haben, und der Markt nicht funktioniert, weil zwischen den Konzernen kein wirklicher Wettbewerb besteht. Im europäischen Markt wird mehr Strom produziert, Herr Minister, als tatsächlich verbraucht wird. In dieser Marktsituation stecken wir derzeit.

Dann haben Sie das Arbeitsplatzargument gebracht und hier glauben machen wollen, in der Atomindustrie gingen massenhaft Arbeitsplätze verloren, und wir hätten die wirtschaftlichen Folgen dieser Arbeitsplatzverluste zu tragen.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt fragen. Die Redezeit von einer Minute ist abgelaufen.

Ich frage Sie deswegen: Wie stellt sich aus Ihrer Sicht das Arbeitsplatzpotenzial in Niedersachsen und in Deutschland im Bereich der regenerativen Energien bisher und in Zukunft dar? Welche Ausbauziele verfolgt diese Landesregierung im Bereich der regenerativen Energien bis zum Jahr 2020?

Vielen Dank. Das waren zwei Fragen. - Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hagenah, Sie haben von Subventionen gesprochen und versucht, den Kollegen Wenzel nach seiner missglückten Fragestellung etwas in Schutz zu nehmen, indem Sie das etwas erläuterten.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das war eine missglückte Antwort!)

Ich glaube nicht, dass eine Subventionierung, insbesondere wenn wir Energien oder andere Produkte in den Markt einführen wollen und dafür Beihilfen geben, bis die Wirtschaftlichkeit erreicht ist, ein Privileg diktatorischer Staaten ist, wie Sie es bezeichnet haben.

Aber eines muss ich Ihnen zu Ihrer Vorbemerkung sagen: Das ist schon wieder mutig. Sagen Sie mal:

Haben Sie nicht seit 1998 mitregiert? Sie haben nach der Liberalisierung des Marktes in den anschließenden sieben Jahren dafür gesorgt, dass diese Konzerne diese Macht und diese Monopolstellung überhaupt bekommen haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben das Energiewirtschaftsgesetz nicht umgesetzt, was Ihnen vorgegeben war. Sie haben die Instrumente, die der Markt erfordert, die Rahmenbedingungen, die mehr Wettbewerb herstellen, nicht eingeführt. Das Tollste, was Sie sich erlaubt haben: Mit Ministererlaubnis haben Sie auch noch zur Konzentration dieser Energieversorgungsunternehmen beigetragen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie müssen sich an Ihren Taten messen lassen. Insofern kann ich Ihnen nur sagen - da Sie gesagt haben: ihr müsst die nächsten zwanzig Jahre weiterregieren -: Wir wollen das auch. Wir werden das auch. Und wir werden insbesondere die erneuerbaren Energien nach vorne bringen. Niedersachsen ist das Land der erneuerbaren Energien, sowohl aus Biomasse als auch aus Wind. Dies werden wir in vernünftiger Weise weitermachen.

(lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Steiner, Sie haben eine Frage. Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Minister, bevor ich zu meiner Frage komme, nur die kleine Erinnerung - mein Gedächtnis reicht noch so weit -, dass die eigentliche Liberalisierung am Strommarkt mit den verheerenden Folgen, die wir in den nachfolgenden Jahren zu beobachten hatten, von einem FDPWirtschaftsminister namens Rexrodt eingeleitet wurde. Soviel dazu.

(Christian Dürr [FDP]: Wer hat denn seit 1998 regiert, Frau Steiner?)

Ich möchte auf einen anderen Punkt eingehen. Sie wollen uns hier gerade vormachen, dass Sie, was die CO2-Reduzierung und den Klimaschutz anbelangt, vom Saulus zum Paulus werden. Plötzlich preisen Sie die erneuerbaren Energien, obwohl Sie

noch vor zwei oder drei Jahren darüber abgelästert haben, Windenergie verteufelt haben etc.

(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt überhaupt nicht! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Belegen Sie das!)

Aber das Kernproblem bei Ihnen ist doch, dass Sie keinerlei vernünftiges, zusammenhängendes Energieprogramm für Niedersachsen haben, in dem Sie Anteile für verschiedene Energien definieren und sagen, wohin Sie gelangen wollen - außer, dass Sie immer sagen, Atomenergie müsse dabei sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass in Niedersachsen mehrere neue große Kohlekraftwerke geplant sind, nämlich in Dörpen, in Stade und in Wilhelmshaven: Wie vereinbart diese Landesregierung diese zukünftigen, wirklich heftigen CO2Schleudern mit ihren Vorstellungen zum Klimaschutz? Oder dringen Sie vielleicht auf CO2-Abtrennung und -Speicherung, und fördern Sie vielleicht auch die Forschung dazu?

(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist das Ergebnis grü- ner Politik seit 1998!)

Das waren zwei Fragen, vielen Dank. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine kleine Anmerkung, Frau Steiner: Im Alter wächst das Erinnerungsvermögen an die frühere Zeit wieder. Die Liberalisierung wurde unter dem Wirtschaftsminister Rexrodt durchgeführt. Liberalisierung heißt: freie Märkte. Die Folge davon war, dass die Strompreise, insbesondere bei den Industriekunden, gesenkt werden konnten. Das war der entscheidende Effekt.

(Beifall bei der FDP)

Dann hätten anschließend die Instrumente genutzt werden müssen, damit sich der Markt auch unter veränderten Rahmenbedingungen weiterentwickeln kann. Das ist versäumt worden. Das müssen Sie sich vorhalten lassen, dass Sie dies alles nicht genutzt haben.

Nun zu dem Bereich Kohle. Betreffs der Kohle habe ich Ihnen gesagt, dass wir die Kernenergie weiter nutzen, solange wir keine CO2-emissionsfreien Kohlekraftwerke bauen können. Aber wir müssen auch diese Energieart - - - Sie hören gar nicht zu.

(Dorothea Steiner [GRÜNE]: Ich höre zu!)

- Ja. Sie sind Lehrerin. Sie können beides: Hören und reden. - Entschuldigung. - Die Unternehmen erforschen, inwieweit dieses CO2 in den Untergrund verbracht werden kann. Aber Ihnen sind die bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, dass es bisher sehr schwierig ist, technisch nicht gelöst ist, dieses CO2 so abzuschließen, dass es nicht wieder entweichen kann. Das ist aber eine der Grundvoraussetzungen. Deshalb sagt diese Landesregierung Ja zu neueren Kohlekraftwerken, aber gleichzeitig mit der Verpflichtung, den Forschungsaufwand zu erhöhen, damit man die CO2-Problematik in der Griff bekommt, und auch diese Kraftwerke so schnell wie möglich nachzurüsten. Das ist wichtig.

Nun zu der Frage der erneuerbaren Energien. Dass Sie mich dabei auch noch loben, ist sehr schön. Sie haben vielleicht noch andere Fragen in der Hinterhand. Die CDU-Fraktion hat in der letzten Legislaturperiode von der alten Landesregierung immer ein Energieprogramm gefordert, und zwar ein langfristiges Energieprogramm. Das haben Sie nicht gemacht. Wir haben das als Erstes gemacht. Wir haben uns an den Tisch gesetzt und haben gesagt: So sieht die Bilanz aus, so sieht die Situation aus, darauf bauen wir auf. - Jetzt stellen wir ein Konzept nicht nur für eine Legislaturperiode auf, sondern machen es gleich für drei oder vier Legislaturperioden, wie wir diese einzelnen Ziele verfolgen. Nun sind wir noch nicht am Ende der ersten Legislaturperiode. Wir werden in der zweiten Legislaturperiode all die Punkte, die wir in unserem Programm aufgestellt haben - auch das ist Ihnen bekannt; ich kann es Ihnen noch vorlesen, dann verlängern wir die Fragestunde etwas -, angehen. Aber ich glaube, Frau Steiner, es ist besser, wir tun und handeln, als dass wir alles, auch noch die erneuerbaren Energien, schlechtreden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Klein hat noch eine letzte Zusatzfrage.

Herr Minister, Sie haben mir zwar meine Frage, welche Bedeutung die Sicherheitsrisiken „Kernkraftunfall“ und „terroristische Bedrohung“ für Sie haben, nicht beantwortet, aber ich versuche trotzdem noch einmal, eine Frage zum Sicherheitsaspekt zu stellen.

Kernkraft ist ja weltweit - das wissen wir - eine Nischentechnik, unter 3 % des Primärenergiebedarfs. Außerdem wird Uran zu den Brennstoffen gehören, die als erste verbraucht sein werden, schon bei den gegenwärtig laufenden Kernkraftwerken.

(Christian Dürr [FDP]: Stimmt nicht!)

Das heißt, die Wissenschaftler sind der Meinung, dass wir über den Schnellen Brüter reden müssen, also in die Plutoniumwirtschaft einsteigen müssen, wenn wir hier einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen. Sind Sie tatsächlich der Meinung, dass ein weltweiter Einstieg in die Plutoniumwirtschaft vor diesem Hintergrund verantwortbar ist?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, der Minister hat Ihre Frage beantwortet. Sie waren mit der Antwort nicht zufrieden, aber er hat geantwortet. Nicht zufrieden zu sein, ist Ihr gutes Recht. Sie können es im Protokoll nachlesen. Ich habe sehr genau zugehört.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie mit meiner Antwort nicht zufrieden sind, dann will ich sie für Sie noch einmal etwas deutlicher formulieren. Sie wissen, dass es unter der alten rot-grünen Bundesregierung ein Konzept gab, um die Sicherheit in den Kernkraftwerken und um sie herum zu erhöhen. Niedersachsen war das erste Bundesland, das im Kernkraftwerk Grohnde diese Sicherheitsmaßnahmen eingeführt hat, und zwar mit uns gemeinsam; wir waren davon überzeugt.

(Beifall bei der FDP)

Wir machen alles, was vernünftig ist. Wir haben natürlich nicht alles gemacht, was in diesem Konzept stand, weil auch die Kraftwerksbetreiber gesagt haben, dass das eine oder andere nicht vernünftig sei, was Herr Trittin aus populistischen Gründen vorgeschrieben hat.

Nun zu Ihrer weiteren Frage: Sie müssen die Vorräte an Uran immer unter dem Aspekt betrachten, wie lange sie unter den jetzt gegebenen wirtschaftlichen Entwicklungen halten werden. Wenn wir davon ausgehen, dass sich diese Entwicklungen so fortsetzen werden, dann sind all die Szenarien, die auch der Bundesumweltminister Gabriel aufgebaut hat, nicht richtig. Er hat sie wieder korrigiert; nur hat die Korrektur wieder niemand mitbekommen. Die Reichweite von Uran beziffert man nach heutigem Kenntnisstand auf über 50 Jahre.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Genau!)

Das Entscheidende beim Uran ist, dass diese Vorkommen in politisch stabilen Ländern vorhanden sind, in Australien und Kanada. Im Gegensatz zu den Energieträgern Gas und Öl, die aus instabilen Ländern - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Gas in Nor- wegen!)