Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

Aber, meine Damen und Herren, den Grünen geht es nicht darum, solche Fragen sachlich und fachlich zu behandeln. Das haben wir auch an der Rede des Kollegen Klein gerade wieder gemerkt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Den Grünen geht es darum, Ängste zu schüren und daraus politisches Kapital zu schlagen. Und noch schlimmer: Es geht den Grünen ganz offensichtlich auch darum, eine Persönlichkeit, die sich

um die Landwirtschaft verdient gemacht hat, zu diskreditieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich fordere Sie auf, Herr Kollege Klein: Hören Sie auf, Emotionen zu schüren, die sich gegen den Kammerpräsidenten richten, und kehren Sie endlich zu einer sachlichen und fachlichen Diskussion zurück!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass es auch um eine unterschiedliche gesellschaftliche Grundausrichtung geht. Die Grünen sind eine Partei, die immer zuerst die Risiken sieht und erst danach die Chancen betrachtet. Es gibt die schöne Behauptung: Wenn es die Grünen schon vor der Einführung der Eisenbahn gegeben hätte, dann gäbe es heute keine Eisenbahn.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU - Och! Bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Parteien der CDU und der FDP dagegen sind Parteien, die tolerant und technologieoffen in die Zukunft blicken. Vielleicht haben wir aufgrund dieses unterschiedlichen Grundverständnisses auch in diesem Bereich unterschiedliche Ansichten, Herr Kollege Klein.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Vor einiger Zeit haben 500 Forscher ein gemeinsames Manifest unterschrieben und sich Hilfe suchend an die Politik gewandt. Sie haben darum gebeten „auf der Basis von sachlichen Informationen unvoreingenommen zu handeln“. Das ist eigentlich selbstverständlich, aber das war auch noch zu Zeiten der rot-grünen Koalition und auf das Thema der Gentechnik gemünzt.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Das ist das deutlichste Indiz, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dass Sie, indem Sie solche Positionen beziehen, wie Sie sie eben bezogen haben, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes aufs Spiel setzen, weil Sie Spitzenforschung aus dem Land vertreiben. Gerade der Bereich der Biotechnologie ist in Niedersachsen ein wichtiges Zukunftsfeld, in dem wir in Deutschland mit an der Spitze liegen. Diese Position sollten wir

durch ein innovatives forschungsfreundliches Klima unterstützen, meine Damen und Herren. Wir sollten sie nicht diskreditieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auch vor dem Hintergrund der Beratungen in der Enquete-Kommission sage ich: Wir diskutieren in diesem Hause regelmäßig darüber, dass wir technikfreundlich sein und die Naturwissenschaften stärken müssen. Ich sage ganz deutlich: Wir können nicht erst A sagen und dann das B verweigern. Das eine gehört zum anderen dazu, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam daran arbeiten, gute Regelungen im Bereich der Gentechnikanwendungen zu finden, um Koexistenz zu ermöglichen und den besonderen Anliegen z. B. von Imkern und Biobauern Rechnung zu tragen.

Der Kammerpräsident trägt mit der Zurverfügungstellung seiner Fläche zu einer solchen fachlichen Diskussion bei. Dafür gebührt ihm aus meiner Sicht Dank und Anerkennung dieses Hauses. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Klein, Sie haben noch einmal das Wort. Bitte schön!

(Zuruf von der CDU: Entschuldigen Sie sich mal!)

Herr Kollege Oetjen, ich kann nicht sagen, ob die Grünen die Einführung der Eisenbahn verhindert hätten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sie hätten es versucht!)

Ich kann aber sagen, dass die Grünen sie zumindest benutzen, im Gegensatz zu vielen anderen, die ihren Arsch nicht aus dem Auto rauskriegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, 1962 hat John F. Kennedy vier Verbraucherrechte proklamiert, sozusagen als Beginn des modernen Verbraucherschut

zes: das Recht auf Sicherheit, auf Wahlfreiheit, auf Information und darauf, Gehör zu finden. Alle diese Rechte werden in diesem Verfahren mit Füßen getreten. MON810 ist nicht sicher, wie alle Studien zeigen. Wenn diese Landesregierung und der Landwirtschaftsminister das ignorieren und diesen Versuch auch noch unterstützen, dann machen sie sich mitschuldig an den Gefahren, die sich daraus ergeben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

MON810 gefährdet auch die Wahlfreiheit der Verbraucher. Wir wissen doch heute, dass der Anbau genmanipulierter Pflanzen der gentechnikfreien Bewirtschaftung und dem Ökolandbau den Garaus machen wird. Dann ist es nämlich vorbei mit der Wahlfreiheit.

Die viel beschworene Koexistenz, die hier angesprochen worden ist, ist eine Farce. Es hat sich doch gezeigt, dass selbst ein Ozean nicht verhindert, dass es zu Vermischungen kommt. Denken Sie, wenn Sie irgendwelche Abstandsregelungen zitieren, doch einmal an die Bienen: Sie fliegen kilometerweit und gehen auf diesen Mais.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Der Landwirtschaftsminister stellt dann Schilder auf: Bienen bitte nicht weiter- fliegen!)

Sie tragen den Pollen in ihre Stöcke und auf andere Maisfelder. 600 m bedeuten in diesem Fall überhaupt keine Entfernung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Dabei sind alle Vorstellungen von Koexistenz Hirngespinste, die jeder Praxiserfahrung widersprechen. In diesem Fall gab es auch keine Informationen. Nicht einmal die Gemeinde, der Bürgermeister oder die Nachbarn wurden informiert. Hätte es das Kataster nicht gegeben, hätten wir einen Geheimanbau wie vor dem Jahr 2004 gehabt. Gehör, meine Damen und Herren, hat in diesem Verfahren ausschließlich Monsanto gefunden, nicht die Menschen vor Ort.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es unerträglich, wie Sie wieder versuchen, aus Opfern Täter zu machen und umgekehrt. Vor Ort ist ein rechtsstaatlicher und demokratischer Protest organisiert worden. Die Leute haben sich versammelt. Sie haben demonstriert. Sie ha

ben Veranstaltungen durchgeführt und die Medien informiert. Wenn es hier einen Täter gibt, dann nur einen, nämlich Fritz Stegen, der borniert und unbelehrbar an einer völlig überflüssigen Aktion festhält. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Wilhelm Hogrefe [CDU]: Das ist un- geheuerlich! - Zuruf von der FDP: Un- glaublich!)

Herr Kollege Biestmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer für seine Aktuelle Stunde eine derart provozierende und polemische Überschrift wählt, der möchte garantiert nicht aufklären, sondern ausschließlich jemanden anklagen - in diesem Falle den Präsidenten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen -, und der möchte auch keine ernsthafte Diskussion in Fragen grüner Gentechnik führen. Er will nur ideologische Weltbilder pflegen und nicht eine in die Zukunft gerichtete, sachorientierte und ausschließlich an den Interessen der Verbraucher, der Landwirte und der Gesellschaft ausgerichtete Diskussion führen, die wir dringend benötigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie wir aus Medienberichten erfahren, finden vor Ort wohl mehr vorkriegsähnliche Mobilmachungen von angeblichen Umweltschützern statt. Die Wortwahl des Kollegen Klein schießt einmal mehr über das Ziel hinaus. Sie zeugt von einem Bild der niedersächsischen Agrarwirtschaft, das betroffen macht.

Lassen Sie mich zunächst eine grundsätzliche Feststellung treffen. Die CDU maßt sich nicht an, unternehmerische Entscheidungen des Kammerpräsidenten Stegen auf seinem Betrieb fachlich zu analysieren und zu kommentieren. Wie der Landwirtschaftsminister zu Recht feststellte, handelt es sich um eine Wertprüfung bestimmter Maissorten auf 480 m² und nicht um den grundsätzlichen Anbau von GVO-Kulturen. Herr Stegen bewegt sich mit seiner Entscheidung eindeutig im Rahmen geltenden Rechts. Dass er sich damit auf öffentlich schwierigem Parkett bewegt, zeigt die heutige Aktuelle Stunde. Gleichwohl ist es unvertretbar, in welcher Form Kammerpräsident Stegen hier mit

samt seiner Familie in eine öffentliche und menschlich entwürdigende Anklage gerät.

Für die CDU-Fraktion möchte ich noch einmal grundsätzlich die Position in Sachen grüner Gentechnik formulieren, die wir an dieser Stelle bereits vor einem Jahr dargestellt haben. Ebenso hat die Bundesregierung zur weiteren Novellierung des Gentechnikrechts wichtige Eckpunkte beschlossen, die in die richtige Richtung gehen. Wir wissen, dass es bei Verbrauchern und Landwirten gegenwärtig erhebliche Vorbehalte gegenüber den gentechnisch veränderten Organismen gibt. Dies ist auch ein Ausdruck unzureichender Information und vor allem unzureichender Haftungsregelungen nicht geregelter Koexistenzfragen.

Wir nehmen diese Bedenken ernst, auch wenn Sie uns das wahrscheinlich absprechen, Herr Klein. In die Zukunft gerichtet wäre es aber falsch - um nicht zu sagen - verhängnisvoll -, sich gegenüber den künftigen Chancen und Entwicklungen der grünen Gentechnik zu verschließen. Gerade im Hinblick auf die stetig um 80 Millionen Menschen pro Jahr wachsende Weltbevölkerung und den damit verbundenen steigenden Bedarf an Lebensmitteln darf sich niemand dieser Potenziale verschließen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Glauben Sie immer noch an dieses Märchen?)

Es gilt, das Risiko im Einzelfall zu bewerten, die Belange der Umwelt zu beachten und ethische Bedenken zu berücksichtigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)