Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Robbert, die Logik, die Sie hier an den Tag gelegt haben, ist schon sehr interessant. Sie sagen, das letzte Kindergartenjahr vor der Grundschule alleine bringe uns nichts. Die anderen könnten wir nicht finanzieren, weil wir damit die Kommunen im Prinzip überforderten. Also schaffen wir auch das letzte am besten ab, dann haben wir nichts mehr damit zu tun. - Das kann es nicht sein, Herr Robbert!

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die FDP-Fraktion geht davon aus, dass der Besuch einer Kindertagesstätte grundsätzlich für jedes Kind pädagogisch sinnvoll ist. Deshalb ist dieser Gesetzentwurf ein absolut richtiger Schritt in die richtige Richtung und ein außerordentlich positives Signal für unsere Familien.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine gewünschte Verzahnung zwischen Kita und Grundschule kann kommunal nur dann funktionieren, wenn möglichst viele Kinder die Einrichtungen besuchen. Wir wollen und müssen die vermeintlichen Eingangsbarrieren zum Besuch der Kitas aus genau diesen Gründen abbauen.

Aus finanziellen Gründen sollte kein Kind, besonders im Hinblick auf die zukünftigen Bildungswege, auf den Besuch einer Kita verzichten müssen. Es macht vor allen Dingen Sinn, dass sich MK und kommunale Spitzenverbände auf eine Pauschalabrechnung und nicht auf eine Spitzabrechnung geeinigt haben. Übrigens tragen die Kommunen schon jetzt zu 75 % die Kosten für jeden Kita-Platz, zusätzlich zu den Elternbeiträgen.

Jetzt hält das Land Wort: Die Eltern werden durch das beitragsfreie Kita-Jahr entlastet. Das Land hält

auch dahin gehend Wort, dass diese Verbesserung nicht zulasten der Kommunen umgesetzt wird. Erstmals wendet eine Landesregierung bei konkreten Projekten das Konnexitätsprinzip an.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genauso wichtig ist: Die verwaltungstechnische Umsetzung erfolgt mit den Kommunen und ihren Spitzenverbänden. Das ist in der Vergangenheit nicht immer selbstverständlich gewesen.

Damit einher geht für uns zwingend der Ausbau der Qualität in der frühkindlichen Erziehung, und zwar bevor man die ersten beiden Kita-Jahre beitragsfrei gestaltet; denn eine Verbesserung der Quantität macht nur bei kontinuierlicher Verbesserung der Qualität Sinn. Das bedeutet, dass wir das letzte Kita-Jahr als Brückenjahr etablieren müssen. Hier muss es uns gelingen, die Kinder optimal und vor allem individuell auf die Schule vorzubereiten. Die Zusammenarbeit wird ja schon praktiziert und in Zukunft durch Beratungsteams weiter optimiert.

Das beitragsfreie Kita-Jahr wird nicht allein durch die finanzielle Entlastung die erhofften Veränderungen mit sich bringen. Das kann nur mit hoch qualifiziertem Personal und einem schlüssigen pädagogischen Konzept gelingen. Insofern ist auch die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher anzupassen. Oftmals wird hier von zu hohen Kosten gesprochen. Da ist Umdenken angesagt: Frühkindliche Bildung verursacht keine Kosten. Frühkindliche Bildung ist sinnvolle Investition in die Zukunft unseres Landes.

Perspektivisch brauchen wir eine stärkere Anbindung an wissenschaftliches Umfeld, zumindest in einem ersten Schritt auf der Ebene des Leitungspersonals. Machen wir uns nichts vor: Hier steht die Forderung nach höherer Entlohnung im Raum. Aber mit höherer Entlohnung ist - das mag man bedauern - auch eine höhere Anerkennung des Berufes verbunden, und das wiederum ist erforderlich. Hier müssen noch Fragen der Aus- und Weiterbildung gelöst werden. Eines ist klar: Bei Qualifizierungsfragen geht es in erster Linie nicht um Betreuungsaufgaben, sondern es geht um das Befassen mit Bildung und pädagogischen Konzepten.

Nicht außer Acht lassen möchte ich den Hinweis, dass mit dem Zurverfügungstellen von Geld auch Verpflichtungen verbunden sind - Verpflichtungen von Eltern, mitzuarbeiten und sich aktiv in den Entwicklungsprozess einzubringen. Außerdem

- dies sollten wir nicht vergessen - geht es um Steuergelder, die verteilt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Kommunen sind auf diesem Feld ein wichtiger Akteur. Das Land gibt hier eine Steilvorlage. Ich will es deutlich sagen: Es hat sozusagen einen Traumpass gespielt. Die Umsetzung vor Ort ist die Aufgabe der Kommunen. Bei allen praktischen Problemen, die sehr unterschiedlich sein können, haben die Kommunen ein großes Interesse daran, bei der Umsetzung erfolgreich zu sein. Wir geben ihnen jetzt die erforderliche Hilfestellung im Sinne eines erfolgreichen Miteinanders für die zukünftige Bildung möglichst aller unserer Kinder in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, mir hat Ihr Redebeitrag gerade sehr gut gefallen; das gilt insbesondere für die Passagen, in denen es um eine höhere Qualität in Kindertagesstätten, auch für Leitungspersonal, um mehr Anerkennung und um die Kooperation zwischen Kindertagesstätten und Schule ging, was nur über die Angleichung von Qualifikationen machbar ist. Ich hoffe, dass Sie das, was Sie über pädagogische Konzepte gesagt haben, konsequent einfordern und durchsetzen; denn daran hapert es.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist doch schon alles gemacht worden!)

- Herr Klare, diese Diskussion brauchen wir jetzt nicht zu führen.

Nachdem wir Sie so lange mit Ihrem Wahlkampfversprechen aus dem Jahr 2002, das letzte KitaJahr solle gebührenfrei werden, gejagt und getrieben haben,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Oh! bei der CDU und bei der FDP - Norbert Böhlke [CDU]: Mit den Waffen einer Frau!)

freue ich mich darüber, dass wir jetzt, ein gutes halbes Jahr vor der nächsten Landtagswahl, erleben dürfen, dass Sie das in die Tat umsetzen. Wunderbar!

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Dass wir das noch erleben dürfen!)

- Ja. Dass wir das noch erleben dürfen, ist wunderbar! - Wir sind darauf gespannt, ob Sie wieder fünf Jahre brauchen, bis Sie die nächsten Wahlkampfversprechen auf den letzten Drücker umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Na, na, na! Das ist eine bösartige Unter- stellung! - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Dazu haben die keine Gelegenheit mehr! - Weitere Zurufe)

- Ich verstehe die Aufregung gar nicht.

(Bernd Althusmann [CDU]: Uns kön- nen Sie nicht zügeln!)

Ich zitiere einmal Herrn Minister Busemann aus dem Herbst letzten Jahres:

„Der Haushalt weist auch in diesem Jahr noch eine Neuverschuldung von 1,4 Milliarden Euro auf. Möge doch niemand in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, nach all den Sparanstrengungen der letzten Jahre wäre jetzt Geld satt da. Es müssten nur die richtigen Leute kommen und es an der richtigen Stellen ausgeben. Davon haben unsere Kinder nichts.“

Herr Busemann, ich freue mich darüber, dass Sie in einem halben Jahr so viel dazugelernt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Bernd Althusmann [CDU]: Sol- len wir das Geld lieber in einen Landtagsneubau stecken?)

Wir sind sehr darüber erfreut, dass endlich richtige Prioritäten gesetzt werden. Es freut uns, dass Eltern, die ihr Kind ab 1. August in niedersächsische Kindertagesstätten schicken, in den Genuss der Beitragsfreiheit kommen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sind gerne dazu bereit, weitere richtige Schritte mit Ihnen zusammen zu gehen. Aber sie müssen richtig sein!

Wir sind aber etwas über Ihren Gesetzentwurf irritiert. Er zeugt von einer gewissen Hektik, mit der Sie die Finanzregelung vorgelegt haben, um damit ein beitragsfreies Kita-Jahr zu ermöglichen. Hier hat man den Eindruck, Sie wurden ein bisschen auf dem falschen Fuß erwischt. Wenn man 2002 schon etwas im Programm hat, dann sollte man Anfang 2007 doch so weit sein, dass man eine Finanzregelung in der Tasche hat und auf den Tisch legen kann, die für alle Beteiligten tragbar und nicht mit Nachteilen behaftet ist. Das, was Sie vorgelegt haben, ist nicht rundum überzeugend. Wie wollen wir mit dem Mittagstisch umgehen? - Wir wissen auch um die Probleme bezüglich der Ernährung. Was machen wir mit den Hartz-IV-Kindern, die dann für den Mittagstisch zahlen sollen? Sollen die dann nicht in Ganztagskindergärten gehen?

(Zuruf von Jörg Bode [FDP] - Weitere Zurufe)

- Für das Mittagessen werden die Kommunen das Geld einfordern, Herr Kollege. Das wissen Sie.

Nach langem Zögern und nach heftigen Protesten der kommunalen Spitzenverbände haben Sie sich nun endlich bereitgefunden, den Beitrag für Ganztagsplätze auf 160 Euro aufzustocken - aber nur dann, wenn die Betreuungszeit mindestens acht Stunden an jeweils fünf Tagen beträgt. Was aber ist mit Zweidrittelplätzen? Was ist mit Dreiviertelplätzen? - Da geht die Rechnung nicht ganz auf. Dafür bekommen die Kommunen, die freien Träger und die kirchlichen Träger nur 120 Euro und bleiben auf dem Rest sitzen. Ihnen ist freigestellt, die Differenz entweder negativ zu verbuchen oder den Eltern in Rechnung zu stellen. Auch bezüglich der Erstattung über die Träger der Jugendhilfe im Hinblick auf freie und kirchliche Träger könnte es noch erhebliche Probleme geben.

Meine Damen und Herren, wir werden den Gesetzentwurf im Ausschuss gemeinsam beraten. In diesem Zusammenhang aber noch ein Vorschlag von unserer Seite: Eine ganz gerechte und zukunftsfähige Lösung wäre einfach gewesen. Wir haben uns gefragt, weshalb der 20-prozentige Anteil des Landes an den Personalkosten der Kindertagesstätten nicht so weit angehoben wird, dass die entfallenden Elternbeiträge ausgeglichen werden. Das hätte den Vorteil gehabt, dass wir richtig konsequent auf Qualität gesetzt hätten und dass das Geld genau dort ankommt, wo es gebraucht wird.

(David McAllister [CDU]: Setzen die Träger jetzt nicht auf Qualität? Wollen Sie das unterstellen?)

- Die Träger setzen weiter auf Qualität.

(David McAllister [CDU]: Also!)

Sie brauchen für diese Qualität aber auch Geld.

(David McAllister [CDU]: Unterstellen Sie, dass keine qualitative Arbeit ge- leistet wird?)

Wenn wir uns das Ziel gesetzt haben, ein kostenfreies Bildungsjahr auf den Weg zu bringen, dann müssen wir auf Qualität setzen.

(David McAllister [CDU]: Das haben die Erzieherinnen nicht verdient! Was reden Sie denn da? Ihre Rede werde ich einmal verteilen! Sie sprechen de- nen die Qualität ab!)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam in die Beratung einsteigen. Wir freuen uns im Interesse der Kinder, der Familien und der Chancengerechtigkeit in Niedersachsen, dass wir diesen schon lang erwarteten Gesetzentwurf jetzt endlich auf dem Tisch haben. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr McAllister, Sie haben noch Redezeit für den Fall, dass Sie noch etwas sagen möchten. - Zunächst einmal aber ist Herr Busemann an der Reihe.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man merkt an einer solchen Debatte: Jeder hat seine eigene Art, sich über ein schönes Ereignis zu freuen. Sie werden nachvollziehen können, dass der heutige Tag für mich als Kultusminister in diesem Lande ein ganz besonderer Tag ist. Ich darf feststellen: Sie sehen einen glücklichen Kultusminister vor sich.