Dann fragen wir uns natürlich: Welche Ursache hatte denn diese in Auftrag gegebene Vergleichsstudie? War es nur ein Placebo für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger?
Bei allen Defiziten des von ForWind erstellten Gutachtens - diese haben sich nicht zuletzt aus der Aufgabenstellung ergeben - kommen die Gutachter zu einem eindeutigen Ergebnis: Alle drei Leitungsarten - Freileitung, Kabel und GIL - sind für die Übertragungsaufgabe für die 380-kV-Leitung grundsätzlich geeignet.
Trotzdem findet sich auch jetzt aktuell in der Einzelbegründung zum Landes-Raumordnungsprogramm 2007 die Aussage, dass Erdkabel besonders bei Hoch- und Höchstspannungsleitungen generell nicht dem Stand der Technik entsprächen. Das spricht nicht gerade für eine Vorreiterrolle in Sachen Erdverkabelung.
Es bietet aber allen Netzbetreibern gute Argumentationsmöglichkeiten, bei ihrer bisherigen starren Haltung zu einer unterirdischen Netzanbindung zu bleiben und alle innovativen, neuen Möglichkeiten zu vermeiden.
Alle bisher vorliegenden Zahlen zu den Mehrkosten für eine Erdverkabelung oder eine GIL-Leitung weisen einen erheblichen Mangel auf: Sie berücksichtigen lediglich die betriebswirtschaftlichen Investitionskosten des Netzbetreibers. Eine volkwirtschaftliche Betrachtungsweise, die mehrfach auch von Mitgliedern der Regierungsfraktionen vor Ort gefordert worden ist, ist bis heute nicht vorgenommen worden.
Diese volkwirtschaftliche Betrachtungsweise würde nämlich auch die Belastungen für die Allgemeinheit durch den Bau einer Freileitung, die unterschiedlichen Planungsvoraussetzungen und die Realisierungsdauer mit zu berücksichtigen haben und zu völlig anderen Ergebnissen kommen als die Ihnen bisher vorliegenden Zahlen.
In der schon zitierten Einzelbegründung zum Landes-Raumordnungsprogramm wird weiterhin der Eindruck erweckt, dass die Belastungen der Umwelt bei einer unterirdischen Netzanbindung höher seien als beim Bau einer Freileitung. Die Tatsachen sprechen eine deutlich andere Sprache.
Das will ich nur an einem Beispiel deutlich machen. Bei einer gasisolierten Leitung von 60 km Länge spart man jährlich mehr als 10 Millionen Euro dadurch ein, dass dieses unterirdische Netz erheblich weniger Durchleitungsverluste verursacht als eine Freileitung. Damit würden jährlich 58,3 Millionen kg CO2 weniger an die Umwelt abgegeben. Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz. Diese Argumentation hat in Nieder
Die Schneekatastrophe im Münsterland Ende 2005, aber auch die Auswirkungen des Orkans Kyrill haben uns deutlich gezeigt, dass Freileitungen eben nicht die hohe Versorgungssicherheit bieten, wie sie ihnen sehr lange unterstellt worden ist und wie es auch noch das Gutachten von ForWind fälschlicherweise tut. Nach einer Stellungnahme von dpa sind für 80 % der Stromausfälle in den letzten Jahren gerissene Freileitungen verantwortlich gewesen, auf die umstürzende Bäume oder Äste gefallen waren.
Auch alle bisherigen Annahmen zur voraussichtlichen kurzen Reparaturdauer von Freileitungen sind inzwischen von der Realität überholt worden. Leider hat die Landesregierung bisher nicht erkennen lassen, dass und in welcher Form sie diese aktuellen Erkenntnisse in ihre Bewertung mit einfließen lässt.
Seit zwei Jahren und auch jetzt aktuell wird von den Vertretern der Landesregierung und der Regierungsfraktionen immer wieder die Mitverantwortung des Bundes eingefordert. Das ist im Prinzip in Ordnung. Die Große Koalition in Berlin bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihren Einfluss geltend zu machen.
Allerdings bleibt festzustellen, dass die einzige Aktivität des Landes Niedersachsen im Bundesrat zu diesem Thema bisher darin bestand, sich im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Vorgängerbundesregierung zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben gemeinsam mit anderen Bundesländern gegen eine Sonderregelung für Erdverkabelung auszusprechen.
(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Hört! Hört! - Christian Dürr [FDP]: Das hat Ihre eigene Fraktion beantragt! Ich habe hier die Änderungsanträge!)
Auf andere Initiativen, z. B. auch in den Bundesregelungen eine volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung vorzusehen, wie dies auch vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund mehrfach gefordert worden ist, warten wir bis heute vergeblich. Niedersachsen hat sich bisher an keiner Stelle gegen die vom Bundeswirtschaftsministerium zu verantwortende, ökologisch unsinnige Regelung ausgesprochen, die vorsieht, dass die Kosten für die Durchleitungsverluste bei Freileitungen auf die Kunden umgelegt werden dürfen.
(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Das hat Ihre Fraktion im Deut- schen Bundestag beantragt!)
Neben der 380-kV-Leitung von Ganderkesee nach St. Hülfe und der in der aktuellen Diskussion befindlichen Leitung von Wahle nach Mecklar, die jetzt offensichtlich nicht mehr im Schnellverfahren durchgepeitscht werden soll, sind weitere Netzaufbauten in den nächsten Jahren auch in Niedersachsen geplant. Vor diesem Hintergrund bekommt die Aussage der E.ON AG gegenüber dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten im Hinblick auf seinen Vorschlag, ein Pilotprojekt für eine Erdverkabelung durchzuführen, eine besondere Bedeutung. Der Netzbetreiber hat diesen Wunsch u. a. mit der Begründung abgelehnt, man befürchte, dass damit die Erdverkabelung grundsätzlich zum Stand der Technik werde.
Das zeigt uns ganz deutlich: Die erste Entscheidung für einen Netzausbau in Niedersachsen wird als Präzedenzfall auch für alle anderen Leitungstrassen Gültigkeit haben. Wenn es also darum geht, der Erdverkabelung den Vorrang einzuräumen, und es alle ernst damit meinen, sind jetzt alle Parteien und die Landesregierung aufgefordert, dies nicht nur öffentlich zu fordern, sondern auch alle Möglichkeiten zu nutzen, um dies auch tatsächlich umzusetzen.
Niedersachsen hat in diesem Jahr das Thema „Innovation“ ganz vorne auf seine Fahnen geschrieben. Wir haben hier die Möglichkeit, mit vereinten Kräften eine innovative Technologie durchzusetzen und damit in Niedersachsen tatsächlich eine Vorreiterrolle einzunehmen. Darüber sollten wir in den zuständigen Ausschüssen reden. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzte Frau Kollegin, da Sie die Zwischenfragen der CDU-Fraktion nicht zugelassen haben, habe ich mich kurz zu Wort gemeldet. Ich habe Ihren Ausführungen mit Interesse gelauscht. Sie haben ein wichtiges Thema angesprochen.
Vor dem Hintergrund der Bedeutung dieses Themas und vor dem Hintergrund der öffentlichen Einlassungen Ihres Fraktionsvorsitzenden in den letzten Tagen zu diesem Thema frage ich Sie: Können Sie sich erklären, wo Ihr Fraktionsvorsitzender ist? - Ich finde, es wäre angemessen gewesen, dass der Oppositionsführer, wenn er sich schon öffentlich äußert, auch den Mut gehabt hätte, in der Landtagsdebatte anwesend zu sein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr McAllister, man kann über die Anwesenheit von Parlamentariern während einer Debatte streiten. Worüber man nicht streiten kann, ist die Anwesenheit des Wirtschaftsministers bei einer solchen Debatte.