Protokoll der Sitzung vom 27.04.2007

Der Landkreis Lüchow-Dannenberg fordert seit Oktober 2006 kontinuierlich die Grundeigentümer von Vorland- und Ufergrundstücken auf, im Bereich des Landkreises Gehölze aus Gründen des Hochwasserschutzes zurückzuschneiden. Dabei geht es nicht - um wieder Sie zu zitieren - etwa um eine Aufforderung, Auenwälder abzuholzen. Sie haben Ihren Antrag schlicht schlampig formuliert. In der Auseinandersetzung mit der Europäischen Union geht es darum, ob FFH-Verträglichkeitsprüfungen durchgeführt worden sind und ob deren Ergebnisse ordnungsgemäß dokumentiert worden sind. Außerdem geht es um die Frage, ob Entbuschungsmaßnahmen in der Elbtalaue als Hochwasserschutz mit dem EU-Recht vereinbar sind. Vor Ort wurden die Maßnahmen in gemeinsamen Bereisungen von Fachleuten der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes fachlich festgelegt. Das genügt der EU-Kommission nicht. Das hat sie bisher so nicht akzeptiert. Darüber sprechen wir mit der EU-Kommission. Darüber kann man sogar verschiedener Meinung sein. Aber Ihre diesbezüglichen Angriffe sind völlig überzogen und maßlos. Inzwischen, am 19. April 2007, hat die Bundesrepublik Deutschland die offenen Fragen beantwortet und einen Vorschlag zur einvernehmlichen Lösung des Problems unterbreitet. Wir gehen davon aus, dass wir mit der EU zu einer einvernehmlichen Lösung kommen können. Das ist das Ziel eines Vertragsverletzungsverfahrens. Mit Erlass vom 5. April hat das Ministerium sichergestellt, dass bis zur Klärung der Angelegenheit keine weiteren Rückschnittmaßnahmen vorgenommen werden.

Der eigentliche Grund Ihres Protestes ist hier von Herrn Kollegen Rösler, Herrn Kollegen Althusmann und eben auch von Frau Bertholdes-Sandrock angesprochen worden. Der Unterschied besteht darin, dass Sie von den Bürgern vor Ort in Bezug auf Ihren Nationalpark Elbtalaue verklagt worden sind. In dem Verfahren sind Sie auch verurteilt worden, Herr Jüttner.

(Beifall bei der FDP)

Außerdem haben Sie viele Konflikte mit der Europäischen Union gehabt. Herr Sander agiert mit den Deichverbänden vor Ort und mit vielen Bürgerinnen und Bürgern vor Ort und führt den Streit mit der Europäischen Union. Ein Unterschied zwischen Ihnen und anderen liegt darin, dass Herr Sander menschliche, wirtschaftliche und soziale Belange vor Ort stärker als andere einbezieht und

eine Bodenständigkeit hat, die manchen verwundert. Er ist für Naturschutz, kommt aus dem ländlichen Raum, hat eine gewisse Heimatverbundenheit und einen gewissen Respekt vor Umwelt und Natur und entwickelt mit den Beteiligten eine Euphorie, dass alle sich das Thema des Naturschutzes zu eigen machen und nicht der eine dem anderen vorzuschreiben versucht, was er zu tun und zu unterlassen hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieser Politikstil von Hans-Heinrich Sander hat ihn zu einem erfolgreichen Minister gemacht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es müsste Sie doch nachdenklich stimmen, dass mit dem Vertragsnaturschutz das Vertrauen der Land- und Forstwirte wiedergewonnen wurde, dass die Deichverbände hinter dem Minister stehen, der Naturtourismus in Niedersachsen einen Aufschwung erlebt und dass der Nationalpark Harz durch Herrn Minister Sander zustande gekommen ist,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

dass wir das Wassergesetz novellieren und dass wir Entschlammungsmaßnahmen an Dümmer oder Steinhuder Meer durchführen, bei denen alle Beteiligte unter ein Dach gebracht werden konnten: Naturschutz, Landschaftsschutz, Wasserwirtschaft, Tourismus. Das Gegeneinander, also dass einer obsiegen und andere zu unterliegen haben, hat Herr Sander an vielen Stellen unseres Landes überwunden und damit eine Befriedung geschaffen, die Sie nicht erreicht haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben aus Ihrer Amtszeit haufenweise Verfahren zu klären gehabt. Ich habe doch über Monate hinweg Gespräche über Schäden zu führen gehabt, die sich für die Bundesrepublik Deutschland zu Milliarden hätten auftürmen können, beispielsweise in Bezug auf die Auftragsvergabe in Braunschweig und die Beteiligung der dortigen Landesbehörden in der Frage der Abfallentsorgung oder in Bezug auf die Unterschutzstellung im Zusammenhang mit FFH. Wir haben doch von Ihnen haufenweise Verfahren übergeben bekommen, die Sie nicht zu Ende gebracht haben und die wir jetzt mühselig mit der Europäischen Kommission klären müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Erfolge sind von der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes über das Umweltinformationsgesetz bis zur genannten Landesinitiative Brennstoffzelle unübersehbar. Auch bei den nachwachsenden Rohstoffen oder regenerativen Energien sind wir bundesweit führend. Fast 40 % des aus Biomasse erzeugten Stroms kommen aus Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben die größten Felder von Windkraftanlagen. Wir haben die Erprobungsgebiete für Offshore-Windkraftfelder durchgesetzt. Die zukünftige Klimaschutzstrategie, über die gestern in Berlin diskutiert wurde, haben wir unter Landwirtschaftsminister Ehlen und unter Umweltminister Sander schon vor Jahren auf den Weg gebracht. Diese beiden stehen dafür, dass wir in Deutschland das Windkraftland Nummer eins sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt zwei Verhaltensarten. Man kann sich der Sachdebatte entziehen und einem Minister am Zeuge flicken, oder man diskutiert hier über die Umweltpolitik oder das Fachgebiet des Ministers. Das Letztere ist völlig okay; da bin ich gerne dabei. Sie müssten aber erst einmal Ihren Antrag auf Entlassung mit falschen Fakten, falschen Unterstellungen, falschen Zitaten und falschen Hinweisen zurückziehen, damit wir hier in diese sachliche Debatte eintreten können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Axel Plaue [SPD] - Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Ich finde es schon ziemlich ungeheuerlich, Leuten Briefe zu unterstellen, die es gar nicht gibt. Herr Plaue, das habe ich zwar damals bei Ihnen so kennengelernt, aber wenn das bei Ihnen allgemein mehrheitsfähig ist, wundert mich das schon.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wissen Sie, Sie müssen in den jetzt bevorstehenden ruhigeren Tagen um den 1. Mai nicht immer nur agitieren und schlechte Stimmung verbreiten, sondern Sie sollten einmal Mark Twain lesen: Wenn Sie die falsche Richtung eingeschlagen haben, nutzt es gar nichts, das Tempo zu erhöhen.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält der Kollege Wenzel eine zusätzliche Redezeit von eineinhalb Minuten.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das war das Plädoyer des Pflichtverteidigers.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Dabei vergeht hier keine Stunde, in der es nicht zu peinlichen Klarstellungen, Korrekturen und Rechtfertigungen zu der Arbeit dieses Ministers kommt. Wenn wir von Ihnen, Herr Sander, ein Stück Anständigkeit erwarten könnten,

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

dann wären Sie längst selbst zurückgetreten.

Herr Wulff, was Sie hier verteidigen, das ist einzig und allein die Machtfrage für diese Seite des Parlaments - darum geht es -,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

obwohl Ihnen doch die Performance und auch das, was dieser Minister macht, längst peinlich ist; man sieht es an Ihren Gesichtern.

(Widerspruch von der CDU und von der FDP)

Es gibt in diesem Land Millionen Menschen, denen die Bewahrung der Schöpfung - der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen - ein wirkliches Anliegen ist. Dieser Mann beleidigt diese Menschen und ihr ernsthaftes Anliegen, wenn er mit der Kettensäge in ein Naturschutzgebiet geht und in anderer Art und Weise immer wieder auf den Gefühlen dieser Menschen herumtrampelt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie, Herr McAllister, und Ihr Ministerpräsident haben eine Problemzone im Kabinett. Die Problemzone heißt „Hirche und Sander“. Aber Sie, Herr Wulff, haben nicht die Kraft zu einer Kabinettsumbildung.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Sie haben nicht die Kraft, hier das zu tun, was eigentlich notwendig wäre.

Meine Damen und Herren, das ist die Realität. Der FDP-Umweltminister Hans-Heinrich Sander hat die ökologische Sensibilität einer Kettensäge und die Problemlösungskompetenz einer Heckenschere und die haben im Kabinett nichts zu suchen. Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich hatte mich zu Wort gemeldet!)

- Bitte schön, Herr Kollege. Sie erhalten nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zwei Minuten Redezeit.

Danke. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Pflichtverteidigung hat hier Sachlichkeit eingefordert, Sachlichkeit bei einer Person, die über vier Jahre sämtliche gesellschaftliche Gruppen in diesem Land beleidigt hat. Ich will nur an Schneverdingen im November 2003 erinnern: „die kommunale Bande“, das erste bekannt gewordene Zitat von Herrn Sander. Auf dieser Ebene, Herr Wulff, hat sich Herr Sander in den letzten vier Jahren bewegt. „Mit den Nutzern“, das heißt klare Klientelpolitik gegen die ökologischen Belange im Lande Niedersachsen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Was ist der Unterschied zwischen Nutzern und Menschen?)

Ich erinnere Sie daran, wie oft Sie hier haben intervenieren müssen, weil selbst Ihnen die Art und Weise peinlich war, wie hier die Belange von Natur und Landschaft mit Füßen getreten worden sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Wenn es richtig ist, muss man es häufiger sagen. - Der Vorwurf der EU ist eindeutig: Dieser Minister persönlich hat in Kenntnis der Dinge provokativ gegen EU-Recht verstoßen und hat sich beim Versuch, diesen Vorgang aufzuklären, hochgradig illoyal verhalten, weil er Karten hat fälschen lassen, weil er Termine verschoben und Unwahrheiten gegenüber der EU-Kommission geäußert hat.

Dass Sie so etwas in Schutz nehmen, meine Damen und Herren, das muss Ihnen doch wirklich peinlich sein.

Wir beantragen sofortige Abstimmung.