Protokoll der Sitzung vom 27.04.2007

Herr Klein hat die Versuche geschildert, die wir im Ausschuss unternommen haben, um zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Bei der CDUFraktion - ich bedaure das sehr - war die Begeisterung, die sie noch auf der Messe gezeigt hat, verflogen.

Deshalb liegen heute zwei Anträge vor, wobei sich der SPD-Antrag auf die heute anstehenden aktuellen Erfordernisse beschränkt, um möglichst schnell zu einer Beschlussfassung zu kommen; denn wir stehen unter Zeitdruck. Die Anmeldefrist für die Beantragung von Umstellungsprämien läuft am 15. Mai ab. Aber ich sage ausdrücklich: Auch bei den weiteren Punkten, die in dem Antrag der

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen formuliert sind, finden Sie unsere Unterstützung.

Schwerpunkt unseres Antrages ist die Erhöhung der Umstellungsprämie. Dafür gibt es im Prinzip zwei Varianten: entweder eine generelle Erhöhung der Umstellungsprämie für den gesamten Zeitraum von fünf Jahren oder eine erhöhte Umstellungsprämie für die ersten beiden Jahre der Umstellung. Noch besser ist eine Kombination von beidem, also sowohl eine erhöhte Umstellungsprämie für die ersten beiden Jahre als auch eine Erhöhung der Bereitstellungsprämie über fünf Jahre.

Meine Damen und Herren, dieses Thema war unter der Überschrift „Droht eine massive Schwächung des ökologischen Landbaus durch die Landesregierung?“ bereits Inhalt einer Dringlichen Anfrage der SPD-Fraktion im September 2006. Im Rahmen der Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt habe ich mir das Protokoll noch einmal vorgenommen und durchgelesen. Ich habe mich im Nachhinein geärgert, Herr Minister, dass ich das nicht vor dem Messebesuch gemacht habe. Dann hätte ich dieses Protokoll mitgenommen und auf der Messe verteilt.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das hätte Ihnen keiner abgenom- men!)

- Was heißt „abgenommen“? Es ist ein OriginalProtokoll, von daher gibt es nichts zu vertuschen oder zu verheimlichen.

(Rolf Meyer [SPD]: Er kann gar nicht lesen!)

Herr Minister, Ihre Lobesworte wären dort in einem anderen Licht erschienen. Ich bin davon überzeugt: Ihren Worten hätte dann niemand mehr geglaubt.

Ich nenne zwei Zitate aus Ihrer Antwort auf unsere seinerzeitige Anfrage. Herr Minister Ehlen, Sie haben erstens gesagt:

„Ich glaube, dass sich die Macher vor Ort über das, was Sie hier inszenieren, gar keine Gedanken mehr machen. Sie sind darüber hinweg und wollen sich über den Markt finanzieren und nicht über Sonderprämien.“

Herr Minister Ehlen, ich habe damals folgenden Zwischenruf gemacht: „Das stimmt nicht!“ Ich meine, Sie müssten zumindest heute zugeben, dass

Ihre damalige Aussage falsch war; denn das haben Ihnen letztendlich alle Aussteller auf der Messe gesagt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte ein zweites Zitat nennen. Der Kollege Bäumer fragte nach anderen Maßnahmen, die Ihr Ministerium im Bereich des Biolandbaus fördert. Ihre Antwort war:

„Ich habe in diesem Jahr an bestimmt 10 bis 15 Veranstaltungen teilgenommen, auf denen wir für Ökoprodukte und für die Betriebe insgesamt geworben haben.“

Ich kann mir vorstellen, dass auch der Kollege Bäumer eine andere Antwort erwartet hätte. Also wieder nur lobende Worte. Ich bin davon überzeugt, dass Sie auch an mindestens 10 bis 15 Veranstaltungen des Landvolks teilgenommen haben,

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Oder Herr Sander!)

- oder das -, ohne dass man dabei von einer gezielten Werbekampagne sprechen kann.

Meine Damen und Herren, wie Herr Klein kann ich nur an Sie appellieren, den vorliegenden Anträgen zuzustimmen.

(Rolf Meyer [SPD]: Dringend!)

Niedersachsen als Agrarland Nummer eins nutzt gegenwärtig nicht die Chancen und Wirtschaftspotenziale, die im ökologischen Landbau liegen. Ich nenne das grob fahrlässig. Im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern fällt Niedersachsen zurück - und das ohne Not.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das stimmt nicht!)

Denn kein anderes Bundesland ist in der glücklichen Situation, mehr EU-Gelder zu bekommen als in der letzten Förderperiode.

Im Vergleich mit den europäischen Ländern schwächt diese Landesregierung die Wettbewerbsfähigkeit unserer Biolandbetriebe. Die Importe steigen, was daran liegt - Herr Klein hat darauf hingewiesen -, dass andere europäische Länder ihre Umstellungsprämien drastisch erhöht haben. Sie wittern zu Recht ihre Chance.

Nehmen Sie als Entscheidungsgrundlage das Gutachten der FAL. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Förderung des Biolandbaus zukünftig eine größere Gewichtung in den Agrarumweltprogrammen und der zweiten Säule der Agrarpolitik erhalten muss. Sie bringt auch deutlich zum Ausdruck, dass die positiven Umwelteffekte und die zusätzlichen Arbeitsplätze durch den Biolandbau, die es bei uns aufgrund des wachsenden Biomarkts geben könnte, stattdessen ins Ausland verlagert werden.

Nehmen Sie sich den Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer und den Deutschen Bauernverband zum Vorbild, die nun endlich auch eingesehen haben, dass die Umstellungsprämien nicht ausreichend sind, und die die norddeutschen Länder explizit aufgefordert haben, die Umstellungsprämie zu erhöhen. Das ist im Übrigen in anderen Bundesländern mittlerweile geschehen.

Meine Damen und Herren, die Antragsfrist endet am 15. Mai. Verlängern Sie diese Frist - das wäre zumindest ein erster Schritt -, und lassen Sie uns die Anträge mit einer hoffentlich breiten Zustimmung zügig beraten! Herr Minister Ehlen, es ist Ihre Pflicht, alle Chancen für Niedersachsen zu nutzen. Handeln Sie endlich!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Große Macke von der CDU-Fraktion.

(Claus Johannßen [SPD]: Zustim- mung! - Karin Stief-Kreihe [SPD]: Sag doch mal das, was du denkst! - Claus Johannßen [SPD]: Und nicht, was du denken musst!)

Das wird zum Glück nicht von meiner Redezeit abgezogen. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegin! Für mich ist interessant, wie hier argumentiert und diskutiert wird. Denn eines steht fest: Den jüngsten Trend der Verbraucher, Nahrungsmitteln - egal ob ökologisch oder konventionell - wieder eine stärkere Wertschätzung entgegenzubringen und sich den Genuss von Lebensmitteln wieder etwas kosten zu lassen, begrüße ich sehr.

(Norbert Böhlke [CDU]: Ich auch!)

- Man sieht es aber nicht.

(Claus Johannßen [SPD]: Das ist aber unparlamentarisch!)

Geiz ist nicht mehr geil: Das gilt im Lebensmittelbereich für immer mehr Verbraucher, meine Damen und Herren. Im Öko-Schweinebereich wird momentan ein Erlös von 2,85 Euro je Kilogramm erzielt - so lesen wir in der neuesten Ausgabe von LAND & FORST. Meine Damen und Herren, die Ökobranche boomt. Zweistellige Wachstumsraten prägen den Markt, seit sich - dies ist die hauptsächliche Ursache - der Lebensmitteleinzelhandel, die großen Ketten wie Edeka, REWE und Tengelmann, diesen Markt mit Eigenmarken selbst erschlossen haben. Discounter - Aldi, Norma, Plus sind dabei, ihr Ökosegment massiv zu erweitern. Die Nachfrage - dabei stimmen wir überein - kann in vielen Marktsegmenten momentan nicht mehr befriedigt werden. Daher werden Ökowaren auch importiert - auch das ist richtig.

Die Gewinne der landwirtschaftlichen Betriebe, die ökologisch produzieren, sind laut Agrarbericht höher als bei ihren konventionell produzierenden Kolleginnen und Kollegen. Es wird sehr deutlich, dass dieser Ökomarkt schon jetzt funktioniert. Einem knappen Angebot steht eine wachsende Nachfrage gegenüber.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Erfolgsgeschichte im Biobereich ist auch eine politische Erfolgsgeschichte. Ich bin unserem Minister sehr dankbar dafür, dass er den Ökolandbau von Anfang an immer wieder in den Fokus gerückt hat. Dies geschah durch Fachveranstaltungen, aber auch rechtzeitig durch diese Beteiligung an der BioFach, die schon angesprochen worden ist. Dies geschah auch durch die Aktivitäten des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen in Visselhövede. Ökologische Landwirtschaft wurde Gott sei Dank aus der ideologischen Ecke geholt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für mich gibt es diesen Gegensatz zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft nicht.

(Rolf Meyer [SPD]: Das war auch Zeit!)

Beide sind den Konsumenten verpflichtet, und beide müssen sich am Markt mit guten Produkten bewähren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Boom am Biomarkt geht mit dem wirtschaftlichen Aufschwung einher, den wir in Deutschland erleben dürfen. Das sollten wir nicht vergessen. Das Vertrauen in die eigene Zukunft, aber auch das Vertrauen in die gesamtwirtschaftliche Situation bei uns in Deutschland wächst. Noch nie war das Konsumklima in Deutschland so günstig und so gut wie heute.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt!)

So sagte Rolf Bürkel von der Gesellschaft für Konsumforschung sinngemäß heute Morgen im ARD Morgenmagazin. Kurz gesagt: Seit die ideologisch begründete grüne Agrarpolitik à la Künast und Höhn durch eine vorausschauende behutsame Agrarpolitik à la Heiner Ehlen ersetzt wurde, läuft auch der Ökomarkt.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Da müssen Sie ja selber grinsen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, staatliche Subventionen zum Anschieben, zum Initiieren von Märkten können kurzfristig sicherlich sinnvoll sein. Diesem Stadium ist der Ökomarkt aber schon längst entwachsen.

(Zuruf von der SPD)

Eine Frage aber bleibt, lieber Kollege Johannßen: Wenn die Auftragssituation so hervorragend ist, wie Ihre Kollegin geschildert hat, warum denken dann trotz dieser hervorragenden Ausgangssituation, trotz dieses Marktpotenzials und trotz dieser Gewinnerwartung nur so wenige Landwirte über eine Betriebsumstellung hin zu einer ökologischen Landwirtschaft nach?

(Zuruf von der SPD)