stimmt haben, nicht genützt. Ich habe die Parteifreunde, die der chaotischen Steuerreform von Ihnen zugestimmt haben, nie verstanden.
Wir können auch nicht ständig das Sauerstoffzelt für diese Bundesregierung bereitstellen. Intensivpatienten gehören in die Intensivstation, nicht auf die Regierungsbänke.
Herr Aller, Sie haben sich doch in der Debatte verdient gemacht. Sie waren bei der Gewerbesteuerdebatte einer der Wortführer. Was jetzt vorliegt, ist vom Sprecher für Kommunalpolitik Ihrer Bundestagsfraktion als „verteilungspolitischer Blindflug“ bezeichnet worden, weil es ein Nullsummenspiel ist.
Es schafft Arbeit bei Herrn Möllring, denn es werden 76 000 zusätzliche Gewerbesteuererklärungen von Freiberuflern in Niedersachsen erforderlich. Am Ende bleibt fast nichts übrig, außer einigen tausend Finanzbeamten mehr, die diese Steuererklärungen bearbeiten müssen. Dem werden wir doch nicht zustimmen. Wir werden doch nicht einem nach Ihrer eigenen Meinung verteilungspolitischen Blindflug, einem Nullsummenspiel zustimmen.
Wir stimmen natürlich auch deswegen nicht zu, weil dieser Vorschlag verfassungswidrig ist. Deswegen hat Herr Eichel das Ganze auch Gemeindewirtschaftssteuer genannt. Als wir ihn darauf hinwiesen, dass das Gesetz dann endgültig verfassungswidrig sei - sonst hatte er immer noch den Aufhänger Gewerbesteuer in der Verfassung -, hat er es in Gewerbesteuer umbenannt, um vielleicht doch noch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu obsiegen.
Sie entfernen die Gewerbesteuer von der Realbesteuerung, von der Objektbesteuerung hin zur Gewinnbesteuerung und damit nah an die Körperschaft- und Einkommensteuer. Damit wird sie verfassungswidrig.
Die Grünen haben es erkannt; Frau Scheel sei Dank. Deswegen ist das Projekt schon gescheitert, bevor es überhaupt richtig ins Rohr eingelegt wurde. Bei Ihnen gehen die Dinge immer nach hinten los. Deswegen stehen Sie auch da, wo Sie stehen.
Lassen Sie mich in der notwendigen Knappheit noch ein Letztes sagen. Herr Aller, ich kann Sie beruhigen, was die Positionierung dieser Landesregierung anbelangt. Wir haben den Antrag in den Bundesrat eingebracht, die Gewerbesteuerumlage wieder auf das alte Niveau von 20 Punkten zu bringen. Der ist inzwischen beschlossen worden.
Wir haben den Antrag eingebracht, den Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer im nächsten Jahr von 2,2 % auf 3 % zu erhöhen, und wir haben eine nachhaltige Entlastung der Kommunen auf der Ausgabenseite beantragt. Wir wollen, angefangen vom Jugendhilferecht über das Betreuungsrecht bis zur Grundsicherung, den Kommunen mehr Luft zum Atmen geben. Das umfasst ein Entlastungspaket von 6,5 Milliarden Euro. Das ist in den letzten Wochen vom Bundesrat beschlossen worden und wird jetzt dem Bundestag zugeleitet. Dann muss der Bundestag Farbe bekennen, ob er dieser Entlastung der Kommunen, der Sie sich bisher immer verweigert haben, zustimmen will oder nicht. Die Kommunen brauchen ein Signal zum 1. Januar.
All das, was Sie diskutieren, ist unausgegoren. Wenn das käme, wäre es falsch. Es würde nicht einmal eine Entlastung bringen, denn die Entlastungen, die Sie vorsehen, würden sich erst 2005/2006 mit der dann abgegebenen Steuererklärung auswirken. Also, nur die Union hilft, und deswegen regieren wir auch.
Die SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet. Nach § 71 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Ihnen, Herr Aller, das Wort und geben Ihnen eine Redezeit von vier Minuten.
Herr Wulff, es ist nett, dass Sie sich hier geäußert haben, insbesondere auch zur Körperschaftsteuer. Sie wissen, dass das, was Sie dargestellt haben, nur die halbe Wahrheit war. Sie wissen, dass die Senkung auf 25 % natürlich Verluste bei der Körperschaftsteuer bringen musste. Dass sich die abflachende Konjunktur ausgewirkt hat, brauche ich nicht zu wiederholen.
Erstens. Die zentrale Frage, die Sie als Ministerpräsident dieses Landes beantworten müssen, ist: Warum haben Sie in den beiden von Ihnen inzwischen vorgelegten Haushalten nicht eines Ihrer Versprechen, die Sie hier im Lande zu den Bedarfszuweisungen, der Gewerbesteuerumlage und dem Konnexitätsprinzip gegeben haben, eingelöst? Gemessen an dem, was Ihr jetziger Innenminister vorher gesagt hat, ist das ein klarer Wortbruch.
Zweitens. Sie können doch nicht vertuschen, dass mit dem Redebeitrag des Vertreters der CDUFraktion, dem Redebeitrag von Herrn Rösler und dem des Regierungsvertreters Herrn Möllring hier drei völlig unterschiedliche Positionen, was die Ausgestaltung der Gewerbesteuer angeht, dargestellt worden sind. Das ist nun mal so. Da hilft es auch nicht, dass Sie versuchen, mit Sofortprogrammen und Diskussionen über andere zukunftsgerichtete Lösungen nach vorne zu kommen.
Der entscheidende Punkt, der sich aus Ihren Initiativen, die Sie hier vorgestellt haben, ergibt, ist folgender: Wenn Sie so sicher sind, dass die Gewerbesteuerumlage um 10 % gekürzt wird und dass die Umsatzsteuer für eine noch nicht geschaffene Gewerbesteuerreform einspringen muss, dann müssen Sie, wissend, was kommt, in Ihrem Haushalt ungefähr 225 Millionen Euro als Mindereinnahme ausweisen und dies in der mittelfristigen Finanzplanung, die demnächst gestrickt wird, entsprechend darstellen. Das haben Sie noch nicht einmal in den entsprechenden Gremien angekündigt, geschweige denn, dass Sie es heute getan hätten. Damit ist Ihre Finanzplanung an der Stelle jedenfalls im Eimer. Davon können Sie sicher ausgehen.
Drittens. Da Sie die Nähe und das Vertrauensverhältnis zu den Kommunen immer wieder reklamieren, will ich Ihnen noch einmal deutlich sagen, dass in der Expertenkommission, die Eichel eingesetzt hat, außer der Wirtschaft selbst eine klare Mehrheit für das Kommunalmodell gewesen ist. Es ist gerechnet worden, Herr Rolfes. Es sind die positiven und negativen Auswirkungen dargestellt worden. Es ist dann von Eichel anders in das Gesetzgebungsverfahren gegeben worden.
Die SPD hat sich massiv dagegen gewandt, und sie wird nachbessern. Aber die klare Ansage der SPD sowohl in Berlin als auch in den Ländern - auch hier in Niedersachsen - ist, dass die Nachbesserung auf der Basis des Kommunalmodells zu erfolgen hat.
Das ist das, was wir im Hinblick auf die Konnexität in Reinkultur deutlich machen können. Wir stehen in der Frage der Gewerbesteuer an der Seite der Kommunen. Herr Rolfes, dann dürfen Sie auch präzisieren, was das heißt. Es muss ein eigenes Heberecht geben, und es muss eine unternehmensbezogene Steuer bleiben, so wie es in der Verfassung steht. Da gibt es keine Herumeierei, sondern es stellt sich nur die Frage, ob wir an der Seite der Kommunen stehen oder ob wir - wie Herr Rösler oder Herr Wulff - für ein Modell sind mit einer Steuer, die so derzeit überhaupt nicht zu realisieren ist.
Ich fasse noch einmal zusammen, Herr Wulff: Das, was Sie zurzeit machen, ist der Versuch, sich möglichst lange um konkrete Positionierungen zu drücken, damit Sie in der bundespolitischen Diskussion nicht der SPD-Linie bzw. der SPD-Grünen-Linie in Berlin zugeordnet werden können. Sie versuchen, auch innerhalb der CDU erst einmal zu gucken, wo die Mehrheiten sind. Denn es glaubt Ihnen doch niemand in diesem Land, dass Herr Koch der gleichen Meinung sei wie Herr Stoiber und Herr Stoiber der gleichen Meinung wie Sie und dass Herr von Beust der gleichen Meinung wie beispielsweise ein ostdeutscher Ministerpräsident sei.
Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Zum Haushaltsgrundsätzegesetz brauche ich Ihnen ja nichts zu sagen, Herr Aller. Wir können erst dann in die mittelfristige Finanzplanung einstellen, wenn sich die jeweiligen Hebesätze verändert haben. Wir haben die in Deutschland geltenden Hebesätze zugrunde zu legen. Im Moment verweigert sich Rot-Grün, die Gewerbesteuerumlage wieder auf 20 Punkte abzusenken.
Wenn Rot-Grün hier einbricht, dann wird die mittelfristige Finanzplanung selbstverständlich entsprechend angepasst. Bisher hat die Bundesregierung ihr Versprechen, die angehobene Gewerbesteuerumlage gegenzufinanzieren, nicht gehalten. Deshalb haben die Kommunen solch gigantische Einnahmeausfälle.
(Heinrich Aller [SPD]: Sie können die entsprechende Summe in landesge- setzlicher Form hinübergeben!)
Bei der zweiten Bemerkung wird es jetzt auch für die Öffentlichkeit reizvoll. Sie sprechen immer von einer Linie der SPD und einer Linie der Grünen. Sie haben hier eine richtig große Linie beansprucht.
Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der Ihrer Partei angehört, hat erklärt, dass es ökonomisch und konjunkturell absolut unverantwortlich sei, dem Kommunalmodell zu folgen und beispielsweise Leasingraten, Pachten und Mieten - Instrumente, die für Mittelständler angesichts der Eigenkapitalsituation unserer mittelständischen Betriebe unbedingt notwendig sind, um fehlendes Eigenkapital auszugleichen - jetzt noch zusätzlich zu besteuern, weil dadurch die Rentabilität der Betriebe und die Erhaltung von Arbeitsplätzen gefährdet würde. Deswegen hat er als Bundeskanzler seine Richtlinienkompetenz benutzt und gesagt, das sei mit ihm nicht zu machen. Sie zeigen ihm ja die gelbe Karte und uns die rote. Ich meine,
nach der heutigen Debatte dürften Sie uns allenfalls die gelbe und müssten Ihrem Bundeskanzler die rote geben; denn Sie haben genau das Gegenteil dessen erklärt, indem Sie gesagt haben: Wir wollen die Objektbesteuerung. Wir wollen die Realbesteuerung. Wir wollen die Besteuerung von Pachten und Leasingraten, also das Kommunalmodell. Ihr Bundeskanzler hingegen will es nicht. Sie fordern hier eine Linie von den anderen Parteien, obwohl Sie überhaupt keine Linie mehr haben außer der Schlängellinie mit 3,0 Promille. Es ist doch peinlich, was Sie hier bieten.
Wir als Regierung haben damit zu kämpfen, dass Sie Jahr für Jahr die Zahl der Insolvenzen gesteigert haben. Wir hatten im letzten Jahr 40 000 Unternehmensinsolvenzen. In diesem Jahr werden es vielleicht 50 000 oder 55 000 sein, weil die Probleme in den Unternehmen immer größer geworden sind. Vor dem Hintergrund eine Debatte über die Besteuerung von Leasingraten zu führen, was zu einer zusätzlichen Belastung für Mittelständler führt, ist wirklich abenteuerlich. Wenn Schröder mal Recht hat in diesem Land, dann sollten wir ihm auch Recht geben. Dafür, dass Sie ihm das schon wieder verweigern, fehlt mir jedes Verständnis.
Herr Ministerpräsident, ich vermisse immer noch eine klare Aussage dazu, wie Ihre Landesregierung zur Gewerbesteuer steht. Herr Rösler hat hier sehr
deutlich für die Abschaffung plädiert. Der Finanzminister des Landes Hessen, Herr Weimar, hat ein sehr interessantes Papier zur Gewerbesteuer geschrieben. Darin spricht er sich eindeutig für eine Revitalisierung und dafür aus, dass auch die Freiberufler einbezogen werden. Dazu muss doch mindestens Position bezogen werden, auch wenn Sie sagen, Sie müssten das im Moment nicht tun.
Zu dieser Position von Herrn Weimar hat sich der Ministerpräsident des Landes Hessen, Herr Koch, dahin gehend geäußert, auf der Basis dieses Papiers werde er die Verhandlungen im Bundesrat führen. Wenn er diese für Ihre Seite mit führt, dann muss doch klar sein: Was wollen Sie denn nun, eine Abschaffung oder eine Revitalisierung der Gewerbesteuer? Über Details kann man durchaus streiten.