Protokoll der Sitzung vom 14.09.2007

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf den

Tagesordnungspunkt 25: Einzige (abschließende) Beratung: Veräußerung von domänenfiskalischen Parkplatzflächen auf der Insel Norderney, Landkreis Aurich - Antrag der Landesregierung - Drs. 15/4014 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen Drs. 15/4042

Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen lautet auf Zustimmung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Eine Beratung - das haben mir die Fraktionen mitgeteilt - ist auch nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Somit ist das einstimmig beschlossen.

Ich rufe nun auf

Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung: Kulturpolitik der Landesregierung ohne Vision - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/4027

und

Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Standortbestimmung regionaler Kulturförderung - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/4038

Eingebracht werden die Anträge der SPD-Fraktion durch die Abgeordnete Bührmann. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag „Standortbestimmung regionaler Kulturförderung“ bezieht sich auf die von der Landesregierung geänderte regionale Förderstruktur. Im Antrag „Kulturpolitik der Landesregierung ohne Vision“ fordert meine Fraktion die Landesregierung noch einmal auf, die Kulturpolitik in Niedersachsen offen und zukunftsorientiert zu gestalten. Bisher haben wir einen Minister erlebt, der außer der Tatsache, dass er seit fast fünf Jahren kontinuierlich die Museen beschimpft - wie jetzt wieder in Oldenburg geschehen -, kaum einen Impuls in die Kulturpolitik eingebracht hat.

(Beifall bei der SPD)

Sie, Herr Minister, brauchen Ewigkeiten, um unsere Museen - vor diesem Hintergrund ist diese Be

schimpfung in Oldenburg besonders brisant -, insbesondere die Landesmuseen, in Niedersachsen zukunftstauglich zu machen. Stattdessen gibt es Geheimniskrämerei weitab von jeglicher Transparenz. Inzwischen reagiert - wie Sie selber wissen auch die Presse irritiert auf dieses Verhalten. Ich verweise auf ein Interview in der Nordwest-Zeitung vom 29. August.

(Zuruf von Minister Lutz Stratmann)

- Soll ich es Ihnen nachher geben? - Ja.

Ein weiteres Beispiel: Zur Zukunft des Sprengelmuseums - ein Museum, das uns allen wirklich sehr am Herzen liegt und das uns sehr interessiert - wird auf unsere Nachfrage im Ausschuss hin ein Papier vorgelegt, das alles beinhaltet, nur keine Aussagen über die Vorstellungen Ihres Hauses, was die Zukunft dieses Museums anlangt.

(Beifall bei der SPD)

Das, sehr geehrter Herr Minister - es tut mir leid, das hier sagen zu müssen -, ist nun ganz und gar nicht souverän. Dabei hilft nur wenig die mit dem Museumsverband für Niedersachsen und Bremen und der Niedersächsischen Sparkassenstiftung erfolgreich durchgeführte Museumsregistrierung, die wir alle immer angeregt haben und die auch vernünftig ist. Die Tatsache, dass die zukünftige Registrierung laut Schreiben des Museumsverbandes vom 1. August 2007 kostenpflichtig sein wird, versetzt viele kleine Museen, die durchaus Qualität zu bieten haben, inzwischen in helle Aufregung. Das, Herr Minister, hätten wir den kleinen Museen eigentlich gerne erspart.

Sie, Herr Minister, hängen Vorstellungen an, dass die finanzielle Unterstützung von Museen - das gilt auch für Theater und andere Kulturbereiche - auf Besucherzahlen reduziert wird. Das ist eine alte Debatte, die wir immer wieder miteinander geführt haben. Sie unterschätzen - ich sage das hier noch einmal in aller Deutlichkeit - dabei völlig die Synergieeffekte einer florierenden Kulturszene. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dies in Ihrem Hause thematisieren würden.

Sehr geehrte Damen und Herren, über das Musikland Niedersachsen haben wir uns an dieser Stelle häufig auseinandergesetzt. Inzwischen weiß der Ministerpräsident - verzeihen Sie mir, dass ich das noch einmal sage -, was mit dem fehlenden Internetportal gemeint war. Da helfen wir ja gerne. Er ist nicht da; aber vielleicht sagen Sie es ihm. In

zwischen ist es ja auch im Ministerium angekommen.

Die 600 000 Euro Musikförderung des NDR haben dazu gedient, Kürzungen in der Musikförderung des MWK aufzufangen. Die Förderpraxis - das gilt auch für renommierte Festivals; das ist das Tragische daran -, nur noch Projektmittel für eine einjährige Förderung zu vergeben, ist absolut kontraproduktiv. Sie gefährden mit der Förderung für jeweils nur ein Jahr erfolgreiche Projekte, die dringend auf langfristige Planungen angewiesen sind. In unserem Antrag, Herr Minister, haben wir auf Modelle verwiesen, die beide Fördersysteme miteinander verbinden. Ich fordere die Landesregierung auf, entsprechende Modellförderungen umzusetzen, und warne eindringlich davor, den sich jetzt abzeichnenden Weg weiterzugehen; denn das würde bedeuten, dass viele Festivals, viele Projekte in den nächsten Jahren sterben werden.

Was ist das für eine Entwicklung, Herr Minister, die Sie in der Kulturpolitik Niedersachsens befördern? - Diese Landesregierung fördert z. B. nur noch große Filmfestivals. Diese Landesregierung will offensichtlich nur noch große Musikevents fördern. Diese Landesregierung weitet den Praetorius-Preis auf Themen und Personen aus, die mit der eigentlichen Musikförderung nichts zu tun haben. Gleichzeitig verstärkt sich der Eindruck, dass bei dieser Landesregierung jegliche inhaltliche Vorstellung über ihr überregionales Kulturinteresse nicht vorhanden ist.

(Beifall bei der SPD)

Glattgebügelte Kulturpolitik, keine Auseinandersetzung über die Inhalte der kulturpolitischen Entwicklung, Mittelvergabe ohne kulturpolitisches Ziel, Event und Selbstdarstellung der Politik um jeden Preis - ist es das? - Das, sehr geehrter Herr Minister, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat die Kultur in Niedersachsen nicht verdient.

(Beifall bei der SPD)

Denn auch in der Kulturpolitik geht es um die Zukunft unseres Landes. Mit Mainstream werden Sie diese Zukunft verspielen. Kulturförderung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Subvention, sondern Investition in die Zukunft.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Ich bin zutiefst davon überzeugt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das Leben durch kulturelle Bildung seine humane Dimension erhält. Wir haben über dieses Thema hier schon häufiger gesprochen.

Für die Gestaltung einer zukunftsfähigen und vielfältigen Gesellschaft hat die kulturelle Bildung zentrale Bedeutung. Es ist an der Zeit, dass angesichts der zunehmenden Bedeutung von Wissenschaft und Technologie im Bildungsbereich das Thema „Kulturelle Bildung“ in einem Dialog auf Augenhöhe angesiedelt wird.

(Beifall bei der SPD)

Hier geht es nicht nur um die Anzahl, sondern auch darum, wie der Minister, das Ministerium den Bereich „Kulturelle Bildung“ abbildet und wie er sich in die politische Debatte einbringt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere kommunalen Theater haben - Gott sei Dank - den Angriff des Ministeriums auf das Überleben abgewehrt.

(Zustimmung bei der SPD - Roland Riese [FDP]: Na, na, na!)

Sie sind mit Ihren Programmen und mit Ihrem Selbstbewusstsein auf der Höhe der Zeit. Darin werden Sie mir zustimmen.

Diese Landesregierung hat den kommunalen Theatern in Celle, Göttingen, Hildesheim, Lüneburg und Osnabrück, dem Göttinger Symphonie Orchester und der Landesbühne Nord erheblich geschadet. Darüber gibt es überhaupt keinen Dissens.

(Widerspruch bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es freut mich, dass unser Beharren zum Thema „Kultur und Kreativwirtschaft“ - ein durchaus sperriges Thema zu Beginn dieser Debatte - inzwischen erfolgreich war und für Niedersachsen neue Daten erhoben werden. Denn National und international hat diese Thema eine neue Dimension bekommen, zumal inzwischen an der Bedeutung dieses Wirtschaftszweiges niemand mehr zweifelt. Die Verlagerung der Kulturfördermittel auf die Landschaften und Landschaftsverbände und die damit verbundene Entmachtung der Kulturverbände wurde von dieser Landesregierung gegen den erheblichen Protest nicht nur der Kulturverbände durchgesetzt. Das sogenannte Drei-Säulen-Modell wurde eingeführt, um die angeblich unverantwortlich hohen Verwal

tungskosten - fast O-Ton Minister - der Landesverbände einzudämmen. Meine Fraktion hat dieses Vorgehen immer kritisiert. Schuldig geblieben sind Sie, Herr Minister, uns und den Verbänden die Antwort darauf, welche positiven Ergebnisse aus der Einführung dieser Säulen erwachsen sind. Wir sind auf diese Antwort sehr gespannt. Außer dass Sie die Verbände zu diesem Säulen-Modell gezwungen haben, ist daraus nichts, aber auch gar nichts Positives entstanden.

(Beifall bei der SPD)

Die Auflösung der LAGs als beliehene Unternehmer war wohl mehr ideologisch denn inhaltlich zu verstehen. Die Debatte, die darüber im Ausschuss geführt wurde, hat das meines Erachtens recht deutlich bestätigt. Hier wurden unverantwortlich Kompetenzen aufgegeben, die unstrittig in Niedersachsen erfolgreich gearbeitet haben. Umso mehr freut es mich, dass die Kommunalberater und Kommunalberaterinnen inzwischen offensichtlich wieder mehr in die kommunale Politik eingebunden werden und dort ihre kompetente Arbeit zumindest in Teilen fortsetzen können.

Nicht gelöst, sehr geehrte Damen und Herren, sind grundlegende Strukturprobleme bei den Landschaften. Unterschiedliche Professionalität führt auch heute noch zu nicht gerechter Verteilung der Fördermittel. Das ist der eigentliche Skandal! Die unterschiedliche Professionalität der Landschaften, von uns immer wieder in die Debatte eingeworfen, führt dazu, dass die Fördermittel in diesem Lande nicht gerecht verteilt werden. Eigenes Kulturinteresse zu formulieren - dies musste man vom Ministerium erwarten dürfen - und damit den Landschaften eine Idee von Landeskulturpolitik zu vermitteln, ist bis heute nicht erfolgt. Die Landesregierung hat es bis heute nicht geschafft, die Verzahnung zwischen den Landschaften bei überregionalen Projekten anzuregen und deren Umsetzung inhaltlich zu begleiten. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, um deutlich zu machen, wohin das führt.

(Roland Riese [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Gleich, Herr Riese! - Es bleibt also festzuhalten - damit wir hier kein Missverständnis haben -, dass allein durch das große Engagement und die örtliche Verankerung der Landschaften eine regionale Kulturförderung entstanden ist, die fachlich und qualitativ Anerkennung erfährt und verdient.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Bührmann - -

Keine Frage, später! - Das möchte ich betonen, damit wir später nicht eine Debatte führen, die die Kritik an den Landschaften und Landschaftsverbänden in den Mittelpunkt stellt. Was ich kritisiere, ist, dass es dieser Landesregierung nicht gelungen ist, die unterschiedliche Professionalität aufzulösen und damit für Fördermöglichkeiten im Lande zu sorgen, die gleich sind und alle Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Interesse einer zukunftsfähigen Förderstruktur brauchen wir eine Auswertung des jetzt bestehenden Fördersystems, insbesondere der Zusammenarbeit zwischen Landschaften und MWK. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)