Protokoll der Sitzung vom 14.09.2007

Zum Schluss noch ein kleiner Strauß Buntes: Wir haben hier heute die spannende Situation, dass die schwarz-rote Koalition in Berlin spätestens 2008 ein ehrgeiziges Wärmeprojekt auf den Weg bringen und umsetzen wird und Mittel für die erfolgreiche Umsetzung bereitstellen wird. Darüber freuen wir uns. Hier in Niedersachsen sind Bündnis 90/Die Grünen auf einem ähnlichen Weg. Bei einem so bunten Gleichklang gibt es eigentlich keinen Hinderungsgrund mehr, dass im nächsten Jahr ein rotes Umweltressort ein gut durchdachtes und erfolgreiches Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz auf den Weg bringen wird.

(Joachim Albrecht [CDU]: Wovon träumen Sie eigentlich nachts?)

Aber einen Wettlauf nach dem Motto „Schwarz-Rot gegen Grün“ bis Dezember brauchen wir nicht. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dürr das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Rakow, Sie haben gerade gesagt, das EEG sei die großartige Erfindung von Rot-Grün. Das Vorgängergesetz, nämlich das Stromeinspeisungsgesetz, ist aber in den 1990erJahren von Schwarz-Gelb eingeführt worden. Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Zustimmung bei der FDP - Hans- Dieter Haase [SPD]: Aber das EEG ist unter Rot-Grün entstanden! Das kön- nen Sie nicht bestreiten! Und Sie ha- ben es abgelehnt!)

Sie haben mit dem EEG die Schraube so weit überdreht, dass es zu erheblichen Verwerfungen bei den erneuerbaren Energien gekommen ist. Aber dazu erkläre ich Ihnen dann im Ausschuss noch mehr, Herr Kollege Haase.

Herr Abgeordneter Dürr, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Janßen?

Sehr gerne, Herr Janßen.

Herr Dürr, kann ich aufgrund Ihrer Ausführungen davon ausgehen, dass Sie die Art und Weise, wie das EEG bzw. die Stromeinspeisevergütung - vorher war das ja im Stromeinspeisungsgesetz konzipiert ist, in den wesentlichen Grundzügen gutheißen?

Nein, Herr Kollege, das können Sie nicht. Sie haben gerade scheinbar nicht zugehört, was ich im zweiten Halbsatz gesagt habe. Ich habe gesagt: Das Stromeinspeisungsgesetz ist in den 1990erJahren von Schwarz-Gelb auf den Weg gebracht worden. Übrigens waren die Instrumente nicht genauso konzipiert wie im EEG, sondern etwas anders, sie waren nämlich marktnäher. Die rotgrüne Bundesregierung hat dann im Jahr 2000 mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz die Schraube so weit überdreht, dass es zu massiven Verwerfungen gekommen ist. Sie können das gerne im Protokoll nachlesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bezeichnung in der Überschrift des Antrages „Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz“ ist eigentlich irreführend; denn es geht nicht darum - ich glaube, das würde Herr Kollege Janßen auf Nachfrage auch zugeben -, die Instrumente des ErneuerbareEnergien-Gesetzes auf die erneuerbaren Energien im Wärmemarkt zu übertragen. Insofern ist das Loblied, das auf das bisherige rot-grüne EEG gesungen wird, falsch platziert. Es ist aber auch in der Sache falsch. Sie sprechen davon, dass das EEG einen Boom bei Erneuerbare-Energien-Anlagen ausgelöst habe. Das ist sicherlich richtig. Was Sie allerdings verschweigen, ist die Tatsache, dass es auch zu erheblichen Verwerfungen, vor allem in der Landwirtschaft - insbesondere in Niedersachsen -, geführt hat: Gestiegene Pachtpreise und steigende Futter- und Nahrungsmittelpreise machen den Nachfragedruck auf landwirtschaftliche Produkte deutlich, der durch die vom Staat über das EEG zusätzlich angeheizte Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffe noch erhöht wird.

Neben den wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung, insbesondere für die Veredelungsregionen in Niedersachsen, sind auch die ökologischen

Folgen für alle sichtbar: Immer mehr Mais wird angebaut, um die Biogasanlagen zu füttern. Dass es durch das EEG zu Fehlallokationen und negativen Folgen für die Kulturlandschaft kommt, meine Damen und Herren, habe ich Ihnen in Debatten in den Jahren 2003 und 2004 - also schon zu Beginn dieser Legislaturperiode - gesagt. Jetzt ist die Entwicklung für alle sichtbar.

Ich will noch einen Punkt zum Thema Biogasanlagen hinzufügen, weil das gerade in unserer Region ja immer sehr stark diskutiert wird. Herr Kollege Janßen, wir saßen zu diesem Thema ja auch schon zusammen im Podium. Wir haben mit den vielen 500-kW-Biogasanlagen Strukturen geschaffen, die wir, wenn wir erneuerbare Energien ökologisch und ökonomisch sinnvoll nutzen wollen, eigentlich nicht brauchen. Die Experten - das wissen Sie auch - sagen allesamt: Wir brauchen nicht viele kleine Anlagen, die am Standort verstromen, sondern wir brauchen größere Biogasanlagen, von denen wir das Gas ökonomisch sinnvoll direkt einspeisen können. Das wird bisher noch viel zu wenig getan. Insofern hat das EEG zu massiven Fehlentwicklungen, insbesondere in unserer Region, geführt.

Ich habe Ihnen auch immer gesagt, dass der Emissionshandel - wenn man ihn richtig macht und nicht so wie Rot-Grün - ein Instrument ist, das nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch zu besseren Ergebnissen führt. Ähnliche Probleme würden auch durch die im Antrag vorgeschlagenen Instrumente entstehen, die sich voll auf das Ordnungsrecht konzentrieren, ohne die Effizienzvorteile des Marktes zu nutzen. Man kann in Ihrem Antrag nachlesen, dass Sie Vorschriften für den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebereich fordern. Interessant, meine Damen und Herren, finde ich dabei, dass das ausschließlich die privaten Haushalte treffen soll, die schon die Hauptlast des Erneuerbare-Energien-Gesetzes tragen müssen:

(Zustimmung von Ulrike Schröder [CDU] - Hans-Joachim Janßen [GRÜ- NE]: Nein!)

Das sind immerhin - diese Zahl möge man sich auf der Zunge zergehen lassen - 68 Milliarden Euro in den Jahren 2000 bis 2012. Das geht wieder einmal zulasten der Bürgerinnen und Bürger, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Rakow, ich will noch einen Punkt hinzufügen; darauf hätte sich übrigens auch meine Zwischenfrage bezogen. Sie haben vorhin gesagt, es sei doch sinnvoll, erneuerbare Energien im Wohnungsbereich einzusetzen; gerade im Hinblick auf die steigenden Rohstoffpreise werde das für die privaten Haushalte dann alles viel günstiger werden. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn dem denn so ist, dass sich erstens die Bürger mit Blick auf ihren Energieverbrauch rational verhalten - davon gehe ich bei klar denkenden Menschen zunächst einmal aus - und dass zweitens das alles viel günstiger ist, dann frage ich Sie drittens, warum wir dann noch Vorschriften für den Einsatz dieser Technologien brauchen. Denn wenn das so wäre, dann müssten das ja heute alle schon von sich aus machen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Über die hier angesprochenen Baustandards, vor allem im Bereich der Wärmedämmung, kann man sehr gerne sprechen. Den Einsatz bestimmter Energieträger vorzuschreiben, heißt allerdings, dass Politik wieder einmal glaubt, schlauer als der Markt zu sein. Ich meine, klare Rahmenbedingungen, die die zulässige CO2-Emissionsgesamtmenge in Deutschland festlegen, wie es mit dem Emissionshandel möglich ist, sind in jedem Fall die bessere Wahl. Gerade beim Thema Emissionshandel - das wäre auch eine interessante Debatte auf Bundesebene - sollten wir darüber nachdenken, ob wir das Ganze nicht über den jetzigen Stromsektor insbesondere in Richtung Gebäudesektor und Verkehrssektor erweitern. Dann haben wir ein ökologisch und ökonomisch vernünftiges Instrument und tragen etwas zum Klimaschutz bei. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat nur Herr Minister Sander das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen ist Spitze bei den erneuerbaren Energien. Niedersachsen ist das führende Windenergieland: Ein Viertel des gesamten in

Deutschland erzeugten Stroms aus Windkraft wird in Niedersachsen erzeugt. Kein anderes Bundesland hat einen annähernd vergleichbaren Anteil.

Wenn wir insbesondere die Voraussetzungen, die für die Windkraftnutzung im Offshorebereich geschaffen worden sind, betrachten, dann stellen wir fest, dass es dort ein erhebliches Potenzial gibt. Meine Damen und Herren, dieses Potenzial werden wir konsequent weiter nutzen und alle bürokratischen Hemmnisse - zum Teil auch Hemmnisse, die in der Raumplanung zwischen Holland und der Bundesrepublik Deutschland begründet sind aus dem Weg räumen.

Niedersachsen hat zudem einen Spitzenplatz bei der Biogasgewinnung und bei der Stromerzeugung aus Biogas. Zurzeit sind in Niedersachsen rund 700 Biogasanlagen in Betrieb. Diese erzeugen immerhin fast 40 % des Stroms aus Biomasse in der Bundesrepublik Deutschland. Um einen Vergleich zu ziehen: In dem Bundesland, das uns folgt, nämlich Bayern, liegt der Anteil bei 18 %. Der Anteil der anderen Bundesländer, die Biomasse nutzen, ist im Grunde genommen zu vernachlässigen. Insgesamt kann die Landesregierung bei den erneuerbaren Energien eine vortreffliche Bilanz vorweisen.

Natürlich haben wir uns auch intensiv in die Diskussion über die Förderung von erneuerbaren Wärmeenergien eingebracht. Aber zu den im Antrag geforderten Pflichtmaßnahmen muss man auch einige kritische Anmerkungen machen. Das möchte ich an dieser Stelle tun, weil das vielleicht dazu führt, Herr Kollege Janßen und Frau Kollegin Rakow, dass wir zu einer gesetzlichen Regelung kommen, die die zurzeit kritischen Punkte, die durchaus schwerwiegend sind, ausräumt.

Erstens. In keinem Bereich sind die Verbraucherpreise in den letzten Jahre so stark angestiegen wie im Energiebereich. Meine Damen und Herren, dafür gibt es unterschiedliche Gründe, z. B. den Emissionshandel, aber auch die Kraft-WärmeKopplung oder das EEG. Alle Maßnahmen zusammen, die zwar einzeln richtig waren, haben zu diesen Verwerfungen geführt.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Steigende Ölpreise!)

- Auch steigende Ölpreise, Herr Kollege Haase. Wir müssen dafür sorgen, dass der Verbraucher alles, was er nutzt, auch noch bezahlen kann, und dürfen die Lage nicht durch Zwangsmaßnahmen

verschlimmern. Denn alle Zwangsmaßnahmen, die wir durchführen, müssen von den Eigenheimbesitzern und den Mietern bezahlt werden.

Eine Pflicht zur Nutzung von erneuerbaren Energien im Gebäudebereich verursacht natürlich auch - darüber ist bisher noch gar nicht gesprochen worden - einen erheblichen bürokratischen Aufwand; denn alles, was diesbezüglich gefordert wird, muss in der Fläche überprüft werden. Die entsprechenden Anträge müssen bearbeitet werden, und anschließend muss es kontrolliert werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Dazu gehören dann auch Befreiungsanträge usw. Alles das muss in diesem Bereich erneut durchgeführt werden. Die Umsetzung des Bundesgesetzes, welches das Land dann noch durch eigene Vorschriften verfeinern kann, muss mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand auf Länderebene organisiert werden.

Meine Damen und Herren, man muss sich auch grundsätzlich die Frage stellen: Brauchen wir überhaupt die Förderung erneuerbarer Energien zur Wärmegewinnung auf der Grundlage eines Gesetzes? Haben nicht die Bürger selbst schon entschieden, dass sie erneuerbare Energien im Wärmebereich nutzen wollen? In Bezug auf die Biogasanlagen in Niedersachsen müssen wir feststellen, dass nur diejenigen Anlagen wirtschaftlich arbeiten und Erträge abwerfen, für die es ein schlüssiges Wärmekonzept gibt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Betreiber selbst sind also daran interessiert, eine Wärmenutzung mit einzuführen.

Übrigens - auch das muss man zur Kenntnis nehmen - haben sich die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen im Wärmebereich für den Einsatz erneuerbarer Energien aus Biomasse entschieden. In keinem anderen Bundesland gibt es so viele Einzelöfen, die in den letzten Jahren umgestellt worden sind. Es gibt nirgendwo so viele PelletsHeizungen wie bei uns. Folglich kann man eigentlich sagen, dass sich die Bürger selbst schon für die Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien entschieden. Ob es angesichts dessen noch notwendig ist, gesetzliche Maßnahmen vorzusehen, ist zumindest zu hinterfragen.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Meine Damen und Herren, wenn die Bürger selbst so weit sind, dass sie Anlagen zur Wärmegewinnung aus erneuerbaren Energien installieren, dann sollte sich der Staat meines Erachtens aus ordnungspolitischen Gründen zurückhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Rakow, ich stimme Ihnen in einem zu: Ein Gesetz muss gut überlegt sein. Aber die Beschlüsse von Meseberg - Herr Kollege Janßen, Sie haben sie ja zitiert - sind alle nicht so berauschend. Es gibt viele Ankündigungen. Das kennen wir ja von unserem Bundesumweltminister. Es kommt darauf an, dass das ordentlich umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren, ein Wärmegesetz, das nur dazu führt, dass sich die Energiekosten erhöhen und die Bürokratie vermehrt, wird es mit dieser Landesregierung nicht geben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere weiteren Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Antrag soll zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überwiesen werden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Damit ist das so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun auf den