Der wirtschaftliche Aufschwung wurde eben bereits angesprochen. Auch er verbessert natürlich die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe. Ein Betrieb, der keine Aufträge hat und Mitarbeiter entlassen muss, wird in aller Regel auch keine Ausbildungsplätze, und erst recht keine zusätzlichen Ausbildungsplätze, zur Verfügung stellen, vor allen Dingen keine zusätzlichen Ausbildungsplätze. Deshalb ist eine erfolgreiche Mittelstandspolitik und eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik im Ergebnis auch Politik für junge Menschen.
Die jetzige positive Bilanz ist auch ein Erfolg niedersächsischer CDU- und FDP-Politik. Schon jetzt finden erste Branchen - es ist eben angesprochen worden - keine geeigneten Bewerber für Ausbildungsplätze. Viele sprechen von einer eindeutigen Wende in der Wirtschaft. Zweifellos gibt es regionale Unterschiede - die will ich auch gar nicht schönreden -, aber niemand hier im Saal wird ernsthaft leugnen wollen,
dass die Realität im Herbst 2007 nicht mit der politischen Prognose von SPD und Grünen vom Frühjahr übereinstimmt. Wir sollten uns freuen, dass der Ausbildungspakt deutlich Wirkung gezeigt hat,
und deshalb ist auch ein Wort des Dankes und der Anerkennung an Tausende von Ausbildungsbetrieben angesagt, meine Damen und Herren.
Für ein breites Angebot vollschulischer beruflicher Maßnahmen, wie von der SPD gefordert, sehen wir zurzeit keine Notwendigkeit. Für die berufliche Bildung, für Qualifikation und Fortbildung haben junge Menschen in dieser Landesregierung einen starken Partner - und das, Herr Jüttner, nach meiner Überzeugung auch über den 27. Januar 2008 hinaus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen, Herr Dinkla und Herr Rösler: Sie stellen sich hier hin, feiern Ihre angeblich positive Politik ab,
Erstens sagen Sie, es sei eine Situation zum Feiern - dass das nicht der Fall ist, werden wir Ihnen gleich noch einmal belegen -, und zweitens sagen Sie auch noch, das sei Ihr Verdienst. Das glauben Sie doch nur allein.
(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Da haben Sie aber nicht zugehört! Sie müssen Ihre vorgefertigte Rede gelegentlich abändern, Frau Kollegin!)
Wenn es insgesamt nicht gut läuft, ist die Bundesebene schuld, aber immer wenn es gut läuft, ist man auf Landesebene dafür verantwortlich.
Das können Sie doch sonst wem erzählen! Wie sieht denn die Wirklichkeit in diesem Land aus, meine Damen und Herren?
Frau Heiligenstadt, einen Augenblick bitte. - Meine Damen und Herren! Alle Fraktionen haben noch Redezeit. Wer etwas zum Thema beitragen will, braucht nicht dazwischenzurufen, sondern kann sich melden und seine Meinung hier am Rednerpult kundtun. - Frau Heiligenstadt, Sie haben das Wort.
Wie sieht die Situation aus? Für 70 932 Bewerberinnen und Bewerber stehen 47 609 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Für mehr als 23 300 Bewerberinnen und Bewerber gibt es also keine Ausbildungsplätze im dualen System. Und Sie feiern das? Gute Politik, Herr Rösler und Herr Dinkla? - Ich weiß es nicht. Was machen denn diese unversorgten Jugendlichen? - Sie gehen in die Warteschleifen in den berufsbildenden Schulen und verschwinden so aus der Statistik. In Niedersachsen waren das ausweislich unserer gemeinsamen Feststellungen in der Enquete-Kommission schon in den letzten Jahren immer mehr als 40 000 Schülerinnen und Schüler, und es sind nicht weniger geworden. Insgesamt sind mehr junge Menschen im Übergangssystem verschwunden, als neue Bewerberinnen und Bewerber auf den Markt kommen. Und Sie stellen sich hier hin und feiern das? Gute Politik? - Hinzu kommt, dass 1 325 junge Menschen überhaupt noch keine Perspektive haben. Was sagen Sie denen denn? Auch: gute Politik? - Ich sage: Das ist ein Schlag ins Gesicht jedes einzelnen Jugendlichen.
Diese Zahlen sind kein Anlass, irgendeine Entwarnung zu geben, und sie sind erst recht kein Anlass zum Abfeiern von angeblich gut gemachter Politik. Sicherlich ist es erfreulich, dass es mehr Ausbildungsverträge und mehr gemeldete Stellen gibt als im Vorjahr.
Aber der Vergleich im Bundesgebiet zeigt doch ganz andere Zahlen. Bundesdurchschnitt: minus 41 %, westdeutsche Länder: minus 38 %. In Niedersachsen aber gerade nur einmal minus 28 %.
Dieser Rückgang ist erstens konjunkturell bedingt und nicht Ihr Verdienst, und zweitens haben Sie bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen noch nicht einmal den ohnehin schon schlechten Stand aus dem Jahr 2005 erreicht, in dem immerhin noch mehr als 50 000 Ausbildungsverträge abgeschlossen worden sind. Sie stellen sich hier hin und feiern dies als gute Politik.
Nehmen Sie doch die Fakten zur Kenntnis: Es gibt eine riesige Lücke von 23 000 Ausbildungsplätzen, auch wenn ein Großteil der Bewerberinnen und Bewerber im Übergangssystem verschwindet. Fast jeder zweite Bewerber befindet sich im Übergangssystem, und der Bedarf steigt weiter an. Auch die Zunahme der Zahl der sogenannten Altbewerber ist alarmierend. Allein in Niedersachsen ist diese Zahl gegenüber dem Vorjahr um mehr als 5 % angestiegen.
Auf der anderen Seite - meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Skandal - fehlen dem Arbeitsmarkt Fachkräfte, und das alles in Zeiten eines konjunkturellen Aufschwungs. Wenn es die Landesregierung in Zeiten eines konjunkturellen Aufschwungs nicht schafft, für eine deutliche Verbesserung zu sorgen, die weit über das bisher Erreichte hinaus geht, dann kommt das einer Bankrotterklärung der Arbeits- und Ausbildungspolitik gleich.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss es 10 % mehr Ausbildungspläte als Bewerberinnen und Bewerber geben. Das wären mindestens noch einmal 8 500 Ausbildungsplätze mehr, als Sie uns hier präsentieren. Deshalb fordern wir: Wir brauchen ein Recht auf Ausbildung. Darüber werden wir im Laufe dieses Tagungsabschnitts noch diskutieren. Außerdem brauchen wir 10 000 zusätzliche Ausbildungsplätze für diejenigen Bewerberinnen und Bewerber, die sich bislang noch im Übergangssystem befinden. Erst wenn Sie das geschafft haben, werden Sie sich für gute
Politik selbst loben können. Wenn ich aber Ihre Messlatte zugrunde lege, die Sie sich, Herr Dinkla, selbst auferlegt haben, kann ich aber nur sagen: Mindestens dreimal gerissen.
Meine Damen und Herren, ein gut gemeinter Vorschlag meinerseits: Diejenigen, die der Debatte nicht lauschen wollen, sollten bitte raus gehen, weil sie hier stören. Ich werde jetzt auch durchgreifen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ob die Opposition es wahrhaben will oder nicht: Die Trendwende am Ausbildungsmarkt ist erreicht.
Meine Damen und Herren, wenn Sie der Regierung und den Regierungsfraktionen nicht glauben wollen, dann nehmen Sie doch einmal die Pressemeldung der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit zur Hand, in der als Überschrift steht:
„Der Aufschwung erreicht den Ausbildungsstellenmarkt - Mehr Ausbildungsverträge und weniger unvermittelte Bewerber/innen.”
In diesem Artikel wird darauf hingewiesen, dass bis jetzt nur die Zahlen für Handwerk, Industrie und Handel vorliegen, nicht aber die Zahlen insgesamt. Frau Heiligenstadt jedoch stellt sich hier hin und vergleicht diese Teilzahlen mit den Gesamtzahlen aus früheren Jahren. Meine Damen und Herren, so unsauber, oberflächlich und luschig darf man in diesem Zusammenhang nicht arbeiten.
Wir können in den Bereichen, für die jetzt die Zahlen vorgelegt worden sind, deutlich bessere Ergebnisse als in den letzten Jahren und eine Trendwende verzeichnen. Das bedeutet in der Tat: Man muss den Betrieben danken, die dies im Wesentlichen gemacht haben, nämlich den kleinen und den mittleren Betrieben, die durchgehalten und trotz der Forderungen der SPD, dass eine Umlage, noch eine Umlage und noch eine Abgabe erhoben und darüber hinaus noch 10 000 zusätzliche schulische Ausbildungsplätze geschaffen werden sollten, auch ausgebildet haben. Jeder weiß: Nur die duale Ausbildung führt mit großen Chancen in einen Arbeitsplatz hinein. Alle anderen Bewerber haben am Arbeitsmarkt Probleme, meine Damen und Herren.