Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt noch einen weiteren Grund für unseren gemeinsamen politischen Erfolg. Zu keiner Zeit haben wir auf die Vorschläge der Opposition im Niedersächsischen Landtag gehört. Sie haben alle möglichen Dinge vorgeschlagen, wir erinnern uns an die Bestrafung des Mittelstandes durch eine Ausbildungsplatzabgabe.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie wollten mehrfach aus diesem Ausbildungspakt aussteigen. Sie wollten mehr außerbetriebliche Ausbildung. Sie wollten durch die Einführung Ihrer Einheitsschule die Bildungsqualität verschlechtern. Am Ende zeigen alle diese Beispiele, dass Sie in Wirklichkeit nur ein Ziel hatten: Sie wollten die duale Ausbildung in Deutschland und in Niedersachsen aushöhlen, schwächen und womöglich ganz abschaffen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen, meine Damen und Herren, fasse ich abschließend zusammen: Wer mehr Ausbildung in Niedersachsen möchte, der muss im und am Ausbildungspakt weiterarbeiten und dabei auf rotgrüne Ideologie verzichten. Das gilt im Übrigen nicht nur für den Ausbildungsmarkt, sondern für die Politik insgesamt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Abgeordnete Korter das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rösler, Ihr Minister Hirche scheint ja ganz schön unter Druck zu stehen, dass Sie meinen, ihn heute mit einer Aktuellen Stunde in ein bisschen besseres Licht rücken zu müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Widerspruch bei der FDP)

Es tut mir leid, es Ihnen hier sagen zu müssen: Gerade mit „dem Ausbildungspakt“ haben Sie dafür das falsche Thema erwischt. Es ist in der Tat eine gute Nachricht, dass der konjunkturelle Aufschwung jetzt auch in Niedersachsen angekommen ist. So möchte man beim oberflächlichen Betrachten der neuen Zahlen zum Ausbildungsmarkt meinen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Zu mehr sind Sie doch kaum in der Lage!)

Einen Zuwachs um bis zu 7 % melden die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände unisono. Rund 46 500 junge Männer und Frauen sollen in diesem Jahr einen Vertrag unterschrieben haben.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das ist doch nicht schlimm! - Heiter- keit bei der CDU und bei der FDP)

- Das ist schön. - Aber wer genau hinsieht, der mag nicht richtig in Feierlaune kommen - schauen Sie sich die Daten einmal genau an -, denn hier feiert sich eine Landesregierung, die unterdurchschnittlich vom Aufschwung der Wirtschaft profitiert. Während hierzulande der Zuwachs um 7 % wie ein Siebenmeilenschritt gefeiert wird, melden die Bundesländer im Durchschnitt einen Zuwachs an Ausbildungsstellen um fast 13 %, also um fast doppelt so viele.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Einen Erfolg in der niedersächsischen Ausbildungsmarktpolitik kann ich darin nicht erkennen, Herr Rösler.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer sich die Mühe macht und die Zahlen des aktuellen Ausbildungsberichts genauer studiert, der muss feststellen, dass gegen den Bundestrend hierzulande die Zahl der traditionellen Ausbil

dungsplätze um 0,2 % sogar abgenommen hat, während bundesweit ein Zuwachs um 2,1 % zu verzeichnen ist.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aha! - Zuruf von der CDU: Wo denn?)

Um 230 % stark angestiegen ist dagegen die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze, vor allem in den Übergangssystemen. Damit ist aus meiner Sicht der Ausbildungspakt doch wohl gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Die Partner haben ihre Zusagen nicht eingehalten. Wir haben nicht mehr klassische Ausbildungsplätze im dualen System, sondern weniger. Damit wollen Sie heute punkten, Herr Rösler und Herr Hirche?

Noch etwas lässt bei uns keine Feierstimmung aufkommen: Es bilden immer weniger Betriebe aus. Während im letzten Jahr noch 23 % der Betriebe ausbildeten, sind es in diesem Jahr nur noch 21 %. Ich will hier nicht darüber streiten, ob es ein paar Hundert Ausbildungsverträge mehr oder weniger sind; denn jeder einzelne ist wichtig. Wir sollten aber über die Jugendlichen, die jungen Männer und Frauen reden, die jedes Jahr wieder in Warteschleifen verschwinden und über die Sie hier kein Wort verloren haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Tatsache ist doch, dass von den fast 71 000 niedersächsischen Bewerbern in diesem Ausbildungsjahr 24 000 keinen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben. Selbst wenn wir großzügig sind und die vollzeitschulische Ausbildung, den Zivildienst und diejenigen, die dann doch noch zum Studium gegangen sind, herunterrechnen, bleibt immer noch eine erschreckend hohe Zahl von jungen Menschen, die in den sogenannten Übergangssystemen - ich will es einmal so sagen - geparkt werden, in denen sie schlimmstenfalls mangels Perspektive die Motivation völlig verlieren. Ein anderer Teil - auch den wollen wir nicht vergessen - geht ohne jegliche Ausbildung in einen Job - häufig ein Weg, der ganz schnell in der Sackgasse Arbeitslosigkeit landet.

Nicht ohne Grund, Herr Rösler, liegt die Arbeitslosenquote in Niedersachsen bei den unter 25

Jährigen aktuell bei 9,6 %, während sie in den westlichen Bundesländern im Durchschnitt bei nur bei 7,1 % liegt. Wieder kein Grund zum Feiern und Jubeln. Wo Sie da die Erfolge Ihrer Regierungsarbeit sehen, ist mir schleierhaft.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Fangen Sie doch bei den Zahlen noch mal ganz von vorne an!)

Hören Sie auf, Erfolge zu feiern, die keine sind. Sie verhöhnen damit die Jugendlichen, die eine Bewerbung nach der anderen schreiben, nichts als Absagen bekommen und sich schließlich in Übergangssystemen wiederfinden - Hauptsache, sie gelten in der Statistik als versorgt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Schauen Sie genauer hin, und versuchen Sie endlich mit uns gemeinsam, die strukturelle Misere auf dem Ausbildungsmarkt in den Griff zu kriegen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Der Staat soll ausbilden!)

Wir haben dazu unsere Vorschläge vorgelegt und werden am Freitag im Landtag darüber abstimmen. Dann wird man sehen, wie wenig ernsthaft sich Ihre Fraktionen in den vergangenen Jahren mit diesem schwierigen Problem befasst haben. - Vielen Dank.

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dinkla das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Chancen schaffen für junge Menschen im Zukunftsland Niedersachsen - das ist eine der Messlatten für die jetzige und künftige Politik dieser CDU/FDPLandesregierung, und daran will sie sich auch in den nächsten Jahren messen lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Februar 2007 haben die Landesregierung und die anderen Partner den Ausbildungspakt verlängert. Er greift für die Jahre 2007 bis 2009. Mit dem Pakt stärken wir das duale Ausbildungssystem, ein Erfolgsmodell, um das wir international beneidet werden. Ich persönlich wünschte mir, alle Fraktio

nen dieses Landtages würden sich einmal einmütig zu dem Modell bekennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Den Forderungen der SPD-Fraktion nach vollschulischen Ausbildungsformen stehen wir sehr skeptisch gegenüber; ich werde nachher noch etwas dazu sagen. Der neue Ausbildungspakt setzt neue ambitionierte Ziele. Ein wichtiges Ziel ist, die Quote der Jugendlichen ohne Schulabschluss bis 2009 auf 5 % zu senken. Die Länder der Europäischen Union haben sich in ihrer Lissabon-Erklärung verpflichtet, die Zahl der Schulabgänger ohne bzw. mit geringer Kompetenz zu halbieren. Zielmarke ist das Jahr 2010. Deshalb ist es folgerichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Kultusministerkonferenz hier aktiv geworden ist.

Es ist unbefriedigend, dass nach wie vor viele Jugendliche ihre Berufsausbildung abbrechen. Nach meiner Meinung ist es aber auch hier noch möglich, über strategische Partnerschaften mit der Bundesagentur, den Schulen und der Wirtschaft gegenzusteuern. Ich glaube, auch die Ganztagsschulen haben noch Möglichkeiten, eine vertiefte Vorbereitung auf die Berufswelt zu entwickeln.

Die kürzlich beendete Ideen-Expo war ein wichtiger Beitrag gegen den Fachkräftemangel in der Wirtschaft. Jugendliche stärker heranzuführen an Technik und Innovation, ist meiner Meinung nach ein Schlüssel, um auf diesem Gebiet Begeisterung zu wecken. Die Ideen-Expo mit 162 000 jungen Besuchern - die Zahlen sind allen bekannt - war ein Erfolg für Niedersachsen und ein wichtiger Ansatz.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt Anlass, optimistisch in die Zukunft zu schauen. Der Kollege Dr. Rösler hat die Zahlen eben bereits genannt. Die Jugendarbeitslosigkeit hat in Niedersachsen entscheidend abgenommen: 17 % weniger im September 2007 im Vergleich zum Vorjahr. Die Landesregierung handelt. Das Programm „2 000 x 2 500“ gehört dazu. Junge Menschen in Niedersachsen sollen eine Perspektive haben. Sie sollen eine solide Chance bekommen, um den Grundstein für einen erfolgreichen beruflichen Weg zu legen.

Dass persönliche Leistungs- und Einsatzbereitschaft und auch Zielstrebigkeit wesentliche Voraussetzungen sind, die nicht staatlich oder poli

tisch verordnet werden können, steht ja wohl außer Frage. Dass vielen Jugendlichen auf diesem Weg aber geholfen werden kann und auch geholfen werden muss, bleibt eine permanente Herausforderung. Wir müssen in Niedersachsen einen Weg finden, um jedem Jugendlichen, der ernsthaft - ich betone: ernsthaft - eine Ausbildung anstrebt, eine Ausbildung zu ermöglichen. Hierzu sind noch Anstrengungen erforderlich - das wissen wir -, aber Priorität hat die duale Ausbildung.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Wirtschaft und besonders auch das Handwerk, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben längst erkannt, dass qualifizierte Ausbildung eine Investition in die Zukunft der Betriebe ist. Dem viel beschriebenen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern und fachlich hoch qualifiziertem Personal kann man am sichersten dadurch begegnen, dass man in den Betrieben selbst die bestmögliche Ausbildung sichert und die entsprechenden Ausbildungsplätze anbietet.

Der wirtschaftliche Aufschwung wurde eben bereits angesprochen. Auch er verbessert natürlich die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe. Ein Betrieb, der keine Aufträge hat und Mitarbeiter entlassen muss, wird in aller Regel auch keine Ausbildungsplätze, und erst recht keine zusätzlichen Ausbildungsplätze, zur Verfügung stellen, vor allen Dingen keine zusätzlichen Ausbildungsplätze. Deshalb ist eine erfolgreiche Mittelstandspolitik und eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik im Ergebnis auch Politik für junge Menschen.