Protokoll der Sitzung vom 19.10.2007

Erstens. Wir fördern seit 2003 den Bau von Mehrgenerationenhäusern, Häusern, die als Kumulationspunkt dienen, um ein gemeinsames Leben und Erleben, einen generationenübergreifenden Erfahrungsaustausch möglich zu machen. Das hat mittlerweile Schule gemacht. Unsere niedersächsischen Mehrgenerationenhäuser sind bundesweit zu einem echten Erfolgsprojekt geworden.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Die Niedersächsische Landesagentur Generationendialog vernetzt Angebote von Jung und Alt und organisiert den Dialog der Generationen; denn im Miteinander liegt die Zukunft.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. Die Landesinitiative Niedersachsen generationengerechter Alltag, kurz LINGA, sensibilisiert und ermutigt Wirtschaft, Politik und Verwaltung, ältere Menschen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen ernst zu nehmen. Diese Landesinitiative verbessert die Lebensqualität in Niedersachsen zunächst vorrangig für die ältere Generation, aber damit eben auch für uns alle.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Viertens. In Zusammenarbeit mit der Wolfsburg AG haben wir die niedersächsische Landesinitiative generationengerechte Produkte gegründet. Durch diese Initiative entsteht ein kooperatives Netzwerk. Die Bedürfnisse der älteren Menschen werden somit stärker beachtet; ihre gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Potenziale werden stärker genutzt. Wir fördern dadurch Produkte und Dienstleistungen, die für ältere Menschen nutzungsfreundlich sind und damit die Ansprüche aller Generationen besser erfüllen. Ein Blick ins Netz zeigt viele Beispiele ganz konkret auf. Wer das noch nicht getan hat, dem kann ich das nur empfehlen.

Fünftens. In Niedersachsen als erstem Bundesland gibt es den Modellversuch „Freiwilliges Jahr für Senioren“. Hier sollen ganz zielgerichtet Erfahrungen an Jüngere weitergereicht werden. Wir merken

bei den älteren Menschen einen Zuspruch für dieses soziale Jahr, sodass wir davon ausgehen können, dass es weiter ausbaufähig sein wird.

Sechstens. Niedersachsen ist 2006 dem Netzwerk Seniorenwirtschaft der Europäischen Regionen beigetreten. Diese Vernetzung rundet zahlreiche Aktivitäten ab.

Zu den weiteren Maßnahmen, die ich nicht alle aufführen kann, zählen die Wohnraumförderung für den altengerechten Umbau von Wohnungen, die Förderung der Errichtung des Wohn- und Kompetenzzentrums für Menschen mit demenziellen Erkrankungen, niedrigschwellige Angebote und der landesweite Ausbau der Palliativstützpunkte.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Schwarz, wenn Sie hier Herrn Mißfelder ins Spiel bringen, dann sollten Sie vielleicht zunächst einmal Ihr Problem Lauterbach lösen. Denn wer Herrn Lauterbach in seinen Reihen hat, der braucht andere Dinge eigentlich besser nicht zu benennen. Herr Lauterbach hat bei der Rentendiskussion u. a. gesagt, dass er der Meinung ist, dass man Menschen, die aus verschiedenen Gründen vielleicht nicht so lange leben, andere Rentenbeiträge abnehmen sollte. Es ist sehr altersdiskriminierend, solche Äußerungen überhaupt in die Diskussion einzuführen. Das ist Gott sei Dank auch bei den eigenen Leuten so aufgenommen worden.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Gesine Meißner [FDP])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen. Eine zukunftsweisende Politik, die Altersdiskriminierung nicht nur bekämpft, sondern, soweit es in unserer Macht steht, gar nicht erst entstehen lässt, wird von dieser Landesregierung vorbildlich praktiziert und auf den Weg gebracht. Es wird gehandelt. Ihre Aufforderung hätten wir nicht gebraucht. Unsere älteren Menschen haben es als Selbstverständlichkeit verdient, mit all ihren Wünschen, Bedürfnissen und Fähigkeiten wie alle anderen auch vollwertig akzeptiert zu werden.

Abschließend möchte ich auf die „Leitlinien für eine moderne Seniorenpolitik in Niedersachsen“, herausgegeben von unserem Sozialministerium, hinweisen. Diese Broschüre enthält 20 Leitlinien, eine Analyse, wie Sie, Herr Schwarz, sie gemacht haben, konkrete Beispiele und Forderungen, aber eben vor allen Dingen auch eine Auflistung erfolgter Maßnahmen. Am Ende werden Ansprechpart

ner aufgezeigt, die man einbinden kann, wenn man weiter gehende Fragen hat. Ich stelle fest: Umfassender kann eine vorbildliche Politik für unsere ältere Generation gar nicht dargestellt werden.

Herr Schwarz, mit Schwarzmalerei bringen Sie uns an dieser Stelle nicht weiter. Sie sind auch nicht gerade eine mustergültige Vertretung der Senioren überhaupt. Hätten Sie dieses Heft gelesen, hätten Sie sich Ihren Antrag sparen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt erteile ich Frau Meißner von der FDPFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt genau zwei Tage her, dass Herr Kachelmann in einem kurzen Pressebeitrag zum Thema „Arbeit für Senioren“ zitiert wurde. Er hat in der Talksendung Beckmann gesagt: Das sind Menschen mit viel Erfahrung, die auch gewohnt sind, regelmäßig und zuverlässig zu arbeiten, und die Zeit haben. - Darum schlägt er vor, sie als Wetterbeobachter und als Hobbymeteorologen einzusetzen und auch Altenheime einzubeziehen, damit das Engagement von Senioren genutzt werden kann. Ich fand das einen guten Vorschlag, weil das ein Hinweis von jemandem, der sehr populär und bekannt ist, darauf ist, das Senioren viel zu bieten haben.

(Uwe Schwarz [SPD]: Der kam wahr- scheinlich von der Landesregierung!)

- Der kam nicht von der Landesregierung. Er hat auch gesagt, dass es ein Pilotprojekt in Lüneburg geben soll, bei dem er Stadtteilwetter von Seniorenheimen vorhersagen lassen will.

Was in dem Antrag „In Würde altern - Selbstständigkeit stärken - Altersdiskriminierung bekämpfen“ beschrieben ist, ist richtig. Aber das wussten wir vorher schon. Das hat schon Frau Mundlos gesagt: Das ist nichts Neues. - Das, was Sie fordern, ist vollkommen richtig, wobei ich mich schon frage, ob wir ein Landesprogramm gegen Altersdiskriminierung brauchen, da ganz vieles schon auf dem Weg ist.

Richtig ist: Wir haben viele gesunde Senioren. Wir sollten die Chancen der Älteren nutzen. Richtig ist auch: Wir müssen zusehen, dass die Arbeitgeber darauf hingewiesen werden, dass gerade Ältere unter Umständen andere Fähigkeiten haben als die Jüngeren, und dass man sie weiterqualifizieren und einstellen sollte. Vieles daran stimmt also. Das alles steht aber auch schon in den Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission, die Frau Mundlos ebenfalls angesprochen hat. Eigentlich wurde auf alles bereits eingegangen.

Über eine Stelle wundere ich mich etwas. Dort findet sich ein Widerspruch zu Ihrem Antrag, den wir gestern behandelt haben und in dem es um Ältere in der Arbeitswelt geht. Sie sprechen auf der einen Seite in dem Antrag „ In Würde altern...“ von einer Diskriminierung durch Schonarbeitsplätze, haben sich aber auf der anderen Seite gestern für den Fortbestand der geförderten Altersteilzeit ausgesprochen, die ja auch dazu führt, dass Ältere Verantwortung abgeben und quasi auf einen Schonplatz kommen. Die Frage ist, was wir jetzt machen sollen: Die Älteren entlasten, damit sie altersgerecht eingesetzt werden, oder sie weiterhin voll in Anspruch nehmen?

Vor Kurzem gab es den Fall eines Arztes in Butjadingen, der mit 67 Jahren seine Kassenpraxis abgeben musste. Es gab aber keinen Nachfolger. Solche Dinge bewegen uns alle in der Politik und müssen natürlich auch weiterhin diskutiert werden. Wir brauchen offenere Altersgrenzen. Das sehe ich und das sieht meine Partei schon lange so. Wir müssen jeden so einbeziehen, wie er einbezogen werden möchte und einbezogen werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt viele Programme - das hat Frau Mundlos auch schon angesprochen. Ergänzend zu dem, was sie sagte, will ich noch darauf hinweisen, dass es Schulklassen und Konfirmanden gibt, die bewusst Seniorenheime besuchen und Partnerschaften mit älteren Menschen begründen, was ich sehr gut finde, weil sie dabei sensibilisiert werden. Die Diakonie hatte vor zwei Jahren eine wirklich sehr gute Kampagne, um auf die Belange älterer Menschen hinzuweisen.

(Glocke des Präsidenten)

Auch davon brauchen wir mehr. Es gibt ebenfalls generationenübergreifende Wohnquartiere, bei denen über eine Förderung nachgedacht wird.

Frau Meißner, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ja. - Wir tun also viel und machen es auch weiter.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Rednerin ist Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. - Ich hatte das Mikrofon nicht abgestellt.

(Gesine Meißner [FDP]: Ich hatte an- genommen, Sie hätten es getan!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahre 2050 wird ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land 60 Jahre und älter sein. Gleichzeitig wird der Anteil der Menschen über 65 Jahren doppelt so groß sein wie der der Menschen unter 20 Jahren. Das ist ein Trend oder eine Entwicklung, die man nicht mehr stoppen oder verändern kann. Das ist Tatsache.

Zahlreiche gerontologische Studien beweisen, dass Menschen mit steigendem Alter nicht gleicher werden, sondern dass sich eher die Ungleichheiten zwischen ihnen verstärken, auch wenn sie manchmal in der öffentlichen Wahrnehmung als homogene Gruppe gelten. „Die Alten“ - das ist beileibe nicht so. Es ist sehr wichtig, dass wir diese Vielfalt erkennen und akzeptieren und Rahmenbedingungen schaffen, damit sich auch im Alter diese Vielfalt entfalten kann. Ich meine, heute passiert tatsächlich zu wenig. Ältere wollen ebenso wie Jüngere am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Sie wollen sich engagieren, ihr Wissen einbringen, sich weiterbilden usw. Im Gegensatz zu mancher Annahme gibt es keine magische Grenze, bei deren Überschreitung plötzlich Stillstand angesagt wäre. Das wäre ja zu vermuten, wenn man sich z. B. die willkürlichen Altersbegrenzungen für Schöffen oder z. B. für die Besetzung von Wahlausschüssen ansieht.

Fähigkeitsverluste und Gebrechlichkeit sind natürlich an kein Alter gebunden, auch wenn sie in bestimmten Altersgruppen manchmal gehäuft auftreten. Es gibt Jüngere, die nicht durchblicken, und es

gibt Ältere, die nicht durchblicken. Das ist an kein kalendarisches Alter gebunden.

(Zustimmung bei den Grünen)

Viele Menschen haben Angst vor dem Alter. Das zeigen Umfragen, und das muss zu denken geben. Das hängt mit den Erfahrungen zusammen, die sie in dieser Gesellschaft machen. Das hängt mit dem zusammen, was die SPD heute zum Thema gemacht hat, nämlich mit Altersdiskriminierung. Sie hat zahlreiche Formen, das wird in der Begründung aufgeführt. In welchem Umfang sie vorkommt, ist schwer abzuschätzen. Es gibt darüber leider keine Untersuchungen.

Dies ist im Moment ein gesellschaftspolitisches Thema. Der Blick auf den Arbeitsmarkt reicht völlig aus, um zu verstehen, warum die Verunsicherung so groß ist. Es ist die Jungendzentriertheit in den Unternehmen, über die wir bereits gestern debattiert haben. Dort herrscht eine ungeheure gesellschaftliche Ausgrenzung von älteren Menschen, eine Diskriminierung, die auch angesichts des demografischen Wandels und der Tatsache, dass wir die älteren Menschen als Fachkräfte mit ihrem reichen Erfahrungswissen auf dem Arbeitsmarkt dringend brauchen, völlig unverständlich ist. Es reicht an dieser Stelle nicht aus, dass die Bundesregierung immer nur die „Initiative 50plus“ beschwört und Mehrgenerationenhäuser zum Allheilmittel erklärt. Nein, Bundes- wie Landesregierung sind gefordert, systematisch alle Politikfelder daraufhin durchzugehen, wo Diskriminierung von älteren Menschen stattfindet und wie man ihr wirksam entgegenwirken kann. Übrigens diskriminiert auch Altersarmut; sie führt dazu, dass Menschen nicht mehr teilhaben können, was insbesondere für Frauen gilt.

Die Änderungen des Sozialgesetzbuchs II, die von Herrn Beck gerade vorgeschlagen worden sind, nämlich die Verlängerung des Anspruchs, ALG I zu beziehen, und ein erleichterter Zugang zu einer wieder eingeführten Erwerbsunfähigkeitsrente, wären allerdings aus meiner Sicht für diese notwendige neue Kultur der Altersarbeit vollkommen kontraproduktiv und leisteten erneut der kollektiven Frühverrentung und damit dem Altersbild Vorschub, die Älteren seien für den Arbeitsmarkt nicht mehr tauglich und müssten daher möglichst schnell aus ihm herauskatapultiert werden. Dies ist in diesem Zusammenhang nicht hinnehmbar, auch das ist Altersdiskriminierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die SPD knüpft mit ihrem Entschließungsantrag an das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz an und fordert ein Landesprogramm. Man könnte natürlich ebenso gut über ein Ausführungsgesetz des Landes nachdenken. Darüber sollten wir im Ausschuss sorgfältig reden, sofern wir dazu überhaupt noch kommen sollten. Ich habe allerdings den Eindruck - das tröstet mich ein bisschen -, dass die Medien sich zunehmend dieses Themas annehmen. In Wirklichkeit ist es ein gesellschaftliches Problem; ihm entgegenzutreten erfordert Zivilcourage und bürgerschaftliches Engagement. Streiten wir gemeinsam dafür, dass sich dies verbessert. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Helmhold. - Nächste Rednerin ist nun Frau Ministerin Ross-Luttmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seniorengerechte Politik bedeutet nicht nur Politik für Seniorinnen und Senioren, sondern vor allen Dingen eine Politik mit ihnen. Es geht bei dieser wichtigen Thematik um unser aller Einstellung, um die Frage, wie wir alle den älteren Menschen begegnen, wie wir sie achten und ob wir ihnen mit der Wertschätzung begegnen, die sie im Hinblick darauf verdienen, was sie unserer Gesellschaft gegeben haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von daher ist es so wichtig, dass sich die Seniorenpolitik diesem Thema widmet, und ich danke dafür, dass dieses Thema heute auf der Tagesordnung steht. Wir haben über die Frage zu diskutieren, was es bedeutet, unsere alten Menschen in die Mitte der Gesellschaft zu stellen. Wir müssen für eine Beteiligung von Senioren werben und aufzeigen, dass alte Menschen über enormes Wissen verfügen sowie Potenziale und Fähigkeiten haben, die für die ganze Gesellschaft eine großartige Ressource darstellen. Diese Ressourcen wollen und müssen wir nutzen. Wir müssen Tendenzen der Ausgrenzung Älterer ganz entschieden entgegentreten und deutlich machen, dass wir ältere Menschen als eine unendliche Bereicherung unserer Gesellschaft verstehen.