Aber nun zu den Gesetzentwürfen. Mit der Abschaffung des Errichtungsverbotes, Herr Minister, geht es nicht um eine Strukturdebatte. Warum? Schon heute gehören Gesamtschulen zur Schullandschaft Niedersachsens, also kann man keine Strukturdebatte führen, wenn man mehr Gesamtschulen haben will. Deshalb lassen Sie diese Polemik weg, wir wollten nur über Strukturen und nicht über Qualität reden. Uns geht es um etwas anderes: Uns geht es darum, dass endlich der Elternwille in diesem Lande respektiert wird.
Das ist in Niedersachsen in weiten Teilen nicht möglich, weil, wie Sie wissen, das Angebot dafür nicht vorgehalten werden kann. Die Bedingungen dafür müssten zunächst einmal hergestellt werden.
Der Wunsch nach mehr Integrierten Gesamtschulen zeigt sich nicht nur an der Zahl der abgelehnten Schülerinnen und Schüler von über 2 000, sondern zeigt sich auch an der zunehmenden Zahl an Initiativen, die Gesamtschulen in ihren Gemeinden haben wollen. Aber nicht nur diese Initiativen, sondern auch die Gemeinderäte wissen mittlerweile, warum es nötig ist, Gesamtschulen vorzuhalten. Frau Korter hat vorhin ein Beispiel aus Friesland genannt - ich will das nicht wiederholen -, wo der gesamte Kreistag einschließlich der Vertreter der CDU dies mitgetragen hat. Diese CDU-Stimmen in Friesland sind keine Ausnahme. Die klug denkenden Kommunalpolitiker der CDU vor Ort, von denen es eine ganze Menge gibt - auch ich kenne einige - vertreten eine Auffassung, die erheblich von dem abweicht, was Sie auf Landesebene machen.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen gibt es eine Gesamtschulbewegung, an der Sie nicht vorbeikommen. Wir - sowohl die SPD als auch die Grünen - wollen, dass zum Schuljahr 2008 weitere Gesamtschulen errichtet bzw. gegründet werden können, um dann ihre Arbeit aufzunehmen.
Hier ist der Haken an dem Vorschlag des Ministerpräsidenten zu sehen. Wenn denn überhaupt neue Gesamtschulen errichtet werden - da bin ich skeptisch, Frau Korter - bedeutet der Vorschlag des Ministerpräsidenten, dass dies frühestens 2009, aber nicht eher geschehen kann. Neue Gesamtschulen will man aber nicht einfach so zulassen. Warum blockiert man die Streichung eines Halbsatzes? Man will die Gründung neuer Gesamtschulen von Bedingungen abhängig machen. Erstens geht es um die Frage, ob die Zügigkeiten voll ausgeschöpft sind. Es geht also um große Schulen. Zweitens. Wie ist das mit der Schaffung von Außenstellen? Drittens. Wehe man kann vor Ort das gegliederte System nicht vorhalten. Auch dann kann keine neue Gesamtschule errichtet werden. Schauen Sie sich doch einmal die Strukturen in Niedersachsen an! Herr Ministerpräsident, Sie haben uns damit eine verdorbene Praline serviert nichts anderes. Glauben Sie nur nicht, dass die Eltern das nicht merken werden.
- wie in den meisten europäischen Ländern - noch besser gefördert werden, als dies im gegliederten Schulsystem möglich ist. Die Schwäche des gegliederten Systems - das wissen Sie - liegt eindeutig darin, dass zu früh aussortiert wird. Die Aussortierung nach Klasse 4 hier in Deutschland ist europaweit die Ausnahme und ist in Europa nicht nachvollziehbar. Sie wissen, dass wir mit der kurzen Frist von vier Jahren den fatalen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg nicht aufbrechen können. Schauen Sie sich aber einmal die Gesamtschulen an, gehen Sie an die Robert-Bosch-Schule, die gerade ausgezeichnet worden ist!
- Das ist keine Ausnahme. Sie wissen, dass es mehr solcher Schulen gibt. Längeres gemeinsames Lernen fördert Lernschwache und Lernstarke und erhöht insgesamt das Lernniveau, reduziert es aber nicht.
Es gibt noch einen ganz praktischen Grund für die Einrichtung von Gesamtschulen. Gemeinsames Lernen macht auch mit Blick auf die demografische Entwicklung Sinn. Bei sinkenden Schülerzahlen wird es insbesondere im ländlichen Raum sehr schwierig werden, das gesamte Spektrum von Bildungsabschlüssen im bestehenden gegliederten System wohnortnah vorzuhalten. Deshalb werden sich auch die Kommunalpolitiker Ihrer Partei zu dieser Frage in einer Weise verhalten, wie Sie sich dies derzeit noch nicht vorstellen können.
Mit einer Schule, in der bis zum Ende der Sekundarstufe I alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet und individuell gefördert werden, ist es hingegen möglich, alle Schulabschlüsse wohnortnah anzubieten.
Das ist so zu verstehen, dass Sie Ihre Redezeit bereits überschritten haben. Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich komme zum Schluss. Unser politisches Ziel ist es, bis zum Jahr 2013 im Sekundarbereich I für jedes Kind wohnortnah eine Gemeinsame Schule anbieten zu können. Die Logik der Aufhebung des Errichtungsverbotes besteht darin, dass den bestehenden Gesamtschulen und den Gesamtschulen, die dann gegründet werden, hierbei eine zentrale Rolle zukommt. Ihre pädagogische Arbeit realisiert heute schon viele Grundprinzipien der gemeinsamen Schule. Sie haben die besten Voraussetzungen diesen Weg zu beschreiten. Wir wissen aber, dass noch viel Überzeugungsarbeit auf diesem Weg nötig ist. Diese Überzeugungsarbeit wollen wir leisten. Wir werden nicht von oben verordnen, sondern bei den Eltern, bei den Schülerinnen und Schülern und in den Kommunen um nachhaltige Unterstützung werben. Die Anzeichen dafür sind ausgesprochen gut.
Zu einer Kurzintervention hat sich der Abgeordnete Thiele gemeldet. Herr Thiele, Sie kennen sich mit der Geschäftsordnung aus.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will endlich die Debatte über das Wahlprogramm beenden, da sie müßig ist. Auf der Basis dessen, was im Vorfeld des Landesparteitages diskutiert worden ist, gab es einen Antrag des Kreisverbandes Göttingen, den wir dankbar aufgenommen und diskutiert haben. Er stellt dar, dass die Gesamtschulen in Niedersachsen ein willkommener ergänzender Bestandteil unseres Schulsystems sind.
Das ist die Basis, auf der wir auch das diskutieren, was hier im Plenum besprochen wurde und was der Ministerpräsident für die Zeit nach der Wahl vorgeschlagen hatte, nämlich eine Aufhebung des Errichtungsverbotes durchzusetzen.
- Sie müssen das K-Zeichen nicht zeigen. Nach unserer Geschäftsordnung können Sie gleich auf mich antworten. Ich bin seit 1991 Mitglied des Kreistages in Leer. Johanne Modder weiß das. In den letzten zehn Jahren haben wir, bevor die CDU die Landesregierung gestellt hat, Folgendes erlebt. Damals gab es noch kein Errichtungsverbot im Schulgesetz. Ihre Kollegen im Kreistag in Leer, die - manchmal mit den Grünen und manchmal mit der FDP - die Mehrheit hatten, haben fleißig hin und her diskutiert. Eine IGS, eine KGS, dann wieder eine IGS - alles Mögliche stand im Schulentwicklungsplan. Aber nichts haben sie gemacht. Dann haben wir das Schulgesetz novelliert, und innerhalb kürzester Zeit ist ein neues Gymnasium entstanden und sind neue Realschulen und Hauptschulen entstanden. Die Schulsysteme, die wir hatten, sind stabilisiert worden. Das ist eine hervorragende Leistung dieser Landesregierung.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Da ich wusste, dass das kommen würde, habe ich mich darauf vorbereitet. In dem Entwurf, der dem Landesparteitag vorgelegt wurde, stand, bevor der Ministerpräsident diese Äußerung gemacht hatte, folgender Satz: Bestehende alternative Schulformen in Niedersachsen, die unser gegliedertes Schulsystem ergänzen, stellen wir auch weiterhin nicht in Frage. Das war die Aussage, bevor der Ministerpräsident einen weiteren Schritt getan hat.
Ich habe gedacht, Sie würden an diesen Satz eine Ergänzung anfügen. Das haben Sie aber nicht getan. Ich sage Ihnen, was Sie gemacht haben. Sie hatten den Mut, zwei Begriffe in das Programm zu schreiben. Sie haben den Mut gehabt, zu sagen: Neben den Hauptschulen und den Realschulen schreiben wir jetzt auch - das stand vorher nicht darin, das ist das Wahnsinnsergebnis Ihres Parteitages - Kooperative Gesamtschulen und Integrierte Gesamtschulen hinein.
Sie beschreiben, was wir in Niedersachsen seit Jahren haben. Sie haben aber nicht die Äußerung Ihres Ministerpräsidenten aufgenommen, dass Sie für die Zukunft, wenn Sie denn die Wahl gewinnen, weitere Gesamtschulen zulassen wollen. Das macht deutlich, dass Sie den Ministerpräsidenten an dieser Stelle zunächst einmal haben vorlaufen lassen, um hinterher zu sehen, wie es sich entwickelt.
(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Herr Meinhold, kommen Sie zu uns. Wir können Sie gut gebrauchen! - Heiterkeit)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen sicherlich noch auf Wahlprogramme zu sprechen. Darum geht es mir zunächst einmal aber nicht.
Am Anfang meiner Ausführungen möchte ich ganz herzlich der Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim gratulieren. Das ist eine tolle Leistung. Ich kenne allerdings nicht die Kriterien für die Vergabe des Preises.
Im Gegensatz zu Ihnen kenne ich die Schule. Ich bin dort gewesen und habe mich von dem Konzept überzeugen können.
Ich freue mich aber genauso über die hervorragenden Ergebnisse unserer Gymnasien, die sie bei nationalen und internationalen Vergleichstests erreicht haben. Sie stehen überall an der Spitze.
Sie sind, was die Punktzahl betrifft, mindestens so gut wie die immer so hoch gelobten finnischen Systeme.
Meine Damen und Herren, ich freue mich aber auch ganz besonders über großartige Projekte an unseren Hauptschulen.