Zweitens: Medizintechnik und medizinisch/neurologische Forschung. Hier ist vor allem die Universität Göttingen zu nennen - Stichwort Hirnforschung -, der deutschlandweit einzigartige Verbund von Instituten der Max-Planck-Gesellschaft und anderen Forschungseinrichtungen auch an der MHH und der TiHo.
Drittens: Mobilitätswirtschaft. Meine Damen und Herren, in keinem anderen Land - das sage ich mit Selbstbewusstsein - werden so gute Schiffe, so gute Autos und so gute Schienenfahrzeuge gebaut, wie es bei uns in Niedersachsen an den Ihnen bekannten Standorten der Fall ist. Wir bauen auch für die Luft- und Raumfahrt. Auch das soll erwähnt werden.
Fünftens: Regenerative Energien und Brennstoffzellen. Sie wissen, dass die Landesregierung trotz schwierigster Bedingungen ein Programm zur Förderung der Brennstoffzellen aufgelegt hat.
Meine Damen und Herren, wir werden diese Bereiche weiter ausbauen. Wir werden auf diesen Kompetenzfeldern nicht nur bundesweit, sondern auch europa- und weltweit wieder Spitze werden.
Ich möchte einen weiteren wirklich wichtigen Bereich nennen, der die Hochschulfinanzierung, die Sicherung von Drittmitteln betrifft. Ich greife hierzu einen Gedanken aus den Gesprächen mit der Landeshochschulkonferenz auf, die wir im August dazu geführt haben. Die Hochschulen würden es begrüßen - alle, ohne Ausnahme -, wenn das Land die Voraussetzungen dafür schaffen würde, selbst Studiengebühren erheben zu können. Ich selbst würde lieber - auch das sage ich - einen anderen Begriff wählen, der etwas klarer macht, worum es hierbei eigentlich geht. Es geht nicht um Gebühren oder Steuern, meine Damen und Herren, sondern es geht um Investitionen in die Zukunft. Das ist
wichtig! Die OECD hat einmal berechnet, welche Rendite solche Investitionen in die Zukunft abwerfen, nämlich sage und schreibe 9,1 %. Hierbei handelt es sich um eine Traumrendite. Ich glaube, dass wir in unserem Land begreifen müssen, dass es der falsche Weg ist, in diesem Punkt ständig in Kategorien wie Gebühren und Steuern zu denken, sondern wir müssen den jungen Menschen Chancen bieten, in ihre eigene Zukunft zu investieren. Ich merke, dass dazu eine immer größere Bereitschaft besteht.
Eine wesentliche Hürde, die von der Bundesregierung aufgebaut worden ist, müssen wir allerdings beseitigen. Sie wissen, dass es im Hochschulrahmengesetz ein Verbot dazu gibt. Ich bin sicher, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Verbot aufhebt und wieder deutlich macht - auch das will ich an dieser Stelle sagen -: Bildungskompetenz ist Länderkompetenz. Ich finde es zunehmend unerträglich, wie der Bund versucht, hier Kompetenzen an sich zu ziehen.
Die Länder leisten sich den Bund und nicht umgekehrt. Das muss gerade im Bildungsbereich immer wieder deutlich gemacht werden.
Wenn es um Studiengebühren geht, will ich an dieser Stelle auch eines deutlich sagen: Die Einführung solcher Gebühren, solcher Investitionen in die Zukunft ist mit dieser Landesregierung nur unter folgenden Bedingungen zu machen:
Erstens. Die Einnahmen aus solchen Investitionen müssen den Hochschulen zur Verbesserung der Studienbedingungen verbleiben.
Zweitens. Wir können uns in der dramatischen Lage der öffentlichen Haushalte kein System leisten, das Vorfinanzierungen in Milliardenhöhe braucht.
Drittens. Die Einführung muss von den Hochschulen selbst ausgehen. Ich habe die Absicht, den Hochschulen freizustellen, ob sie Studiengebühren nehmen, und wenn ja, in welchen Bereichen und in welcher Höhe, bis maximal 500 Euro. Diese 500 Euro entsprechen übrigens genau dem Betrag, der bis 1971 in diesem Land als Studiengebühren bezahlt werden musste, wenn man die Inflationsrate seitdem hochrechnet.
Ich bin daher der Landeshochschulkonferenz sehr dankbar dafür, dass sie uns dieses Thema mit in unser Hausaufgabenbuch geschrieben hat. Wir sind fest entschlossen, daran zu arbeiten.
Leider gibt es noch keine belastbaren Zahlen, die wir Ihnen vorlegen könnten. Dennoch möchte ich am Beispiel der Universität Hannover deutlich machen, welche Chancen sich daraus ergeben. Mit rund 24 000 Studierenden in diesem Wintersemester - dabei ist davon auszugehen, dass nur 50 % der Studierenden Studiengebühren bezahlen, weil die anderen großzügig befreit würden ergäbe sich eine Größenordnung von 12 Millionen Euro pro Jahr. 12 Millionen Euro pro Jahr nur für die Universität Hannover! Was kann man mit diesem Geld alles Sinnvolles anstellen!
Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, dass dies auch einen enormen Qualitätsschub für die Studierenden bedeutet. Das Wichtigste ist, dass endlich der Wettbewerb zwischen den Hochschulen hergestellt wird, den wir brauchen und der den Namen Wettbewerb tatsächlich verdient, um Qualitätssicherung - denn Wettbewerb erzeugt immer Qualität - zu erzeugen und zu sichern.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen unsere Entscheidungen ehrlich dargelegt. Ich sage noch einmal: Der Weg, den wir gegangen sind, ist kein bequemer Weg. Ich weiß wirklich, wovon ich rede. Wir kürzen gezielt und eben nicht mit dem Rasenmäher, weil wir keine flächendeckende Mittelmäßigkeit wollen.
Abschließend bitte ich noch einmal um Verständnis dafür, dass der Zeitkorridor nicht der war und ist, den wir uns wünschen würden. Dies lässt die derzeitige Dramatik der Haushaltssituation nicht zu.
Meine Damen und Herren, ich komme auf meine Ausgangsbemerkung zurück. Ein Land, das heillos überschuldet ist, ein Land, dessen Hochschulen und Universitäten in einer Krise stecken, ein Land, das sein Hochschulsystem neu strukturieren muss - das ist eine Beschreibung, die auf das heutige Niedersachsen passt. Aber ungefähr genau so beschrieben Zeitgenossen auch den Zustand des
Staates Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Preußen ging es damals viel schlechter als Niedersachsen heute. Der Krieg gegen Napoleon war verloren, das Heer war vernichtend geschlagen, und ein Großteil des Territoriums war an die Franzosen gefallen.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass man in diesem Land ungern mit Preußen verglichen wird, aber an dieser Stelle passt es. „Preußen stand am Abgrund“ - so formulierten es die Augenzeugen.
Der berühmteste Augenzeuge und Chronist war damals Wilhelm von Humboldt. Auch er erkannte die miserable Verfassung seines Preußen, seines Staates. Aber er ließ sich von der allgemeinen Verzweiflung nicht anstecken. Stattdessen sah er in den Reformen des Universitätswesens einen Schlüssel für eine zukünftige positive Entwicklung des Gemeinwesens.
Dafür, dass es bei Ihnen einige gibt, die offensichtlich selbst mit dem Namen Humboldt nichts anfangen können, kann ich nun wirklich nichts.
Das zeigt aber, lieber Bernd Busemann, dass wir mit unserer Schulpolitik völlig richtig liegen, damit hier künftig Kollegen sitzen, die solche Namen dann auch richtig zu bewerten wissen.
(Rebecca Harms [GRÜNE]: Das steht doch schon in der Erklärung! Herr Mi- nister, wir haben das schon auswen- dig gelernt!)
- Hören Sie sich doch zumindest das Zitat von Humboldt an! Jeder sollte doch die Gelegenheit nutzen und versuchen - das ist zumindest immer
Das Gute war für ihn exzellente Bildung, die international konkurrenzfähig ist. Mit diesem Geist, meine Damen und Herren, ist es ihm gelungen, Bildungseinrichtungen zu schaffen, die heute noch in der ganzen Welt als Vorbild dienen.
Ich finde, dass das der Geist ist, den auch Niedersachsen jetzt braucht. Diesen Geist zu entfachen, das erfordert Mut auch zu unpopulären Entscheidungen, die verständlicherweise nicht allen gefallen können. Dennoch sind sie unumgänglich.
„Niemand kann die Zukunft enträtseln; aber ich weiß nicht, ich habe einem manchem wunderbar scheinenden Mut.“
Wir brauchen diesen wunderbar scheinenden Mut, diesen optimistischen Mut, meine Damen und Herren. Humboldt war mit seinem optimistischen Konzept sehr erfolgreich, erfolgreicher als je ein anderer Bildungsplaner. Wenn es uns in Niedersachsen gelingt, liebe Opposition - bei der Regierung brauche ich es nicht anzusprechen -, auch nur einen Bruchteil seines Mutes einzusetzen und aufzuwenden, sehe ich für unsere Wissenschaftslandschaft gute Zeiten auf uns zukommen. Wenn es uns gelingt, meine Damen und Herren, endlich die verkrusteten Strukturen aufzubrechen und die Chancen, die darin begründet liegen, auch als Chancen zu begreifen, wenn es uns gelingt, gemeinsam endlich den Mehltau wegzublasen, der auf diesen Strukturen liegt, dann mache ich mir um unsere Zukunft keine Sorge.
- den kennen die auch nicht! - „Eine Krise ist immer ein produktiver Zustand.“ Lassen Sie uns diesen produktiven Zustand nutzen, um Niedersachsen