- den kennen die auch nicht! - „Eine Krise ist immer ein produktiver Zustand.“ Lassen Sie uns diesen produktiven Zustand nutzen, um Niedersachsen
(Starker, lang anhaltender, in rhythmi- sches Klatschen übergehender Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Der Minister hat für die Regierungserklärung etwa 49 Minuten gebraucht. Ich werde das bei der Zuteilung der Redezeit für die Fraktionen berücksichtigen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was wir gerade gehört haben, wird uns von Ihnen, Herr Minister Stratmann, als Beginn einer neuen Ära niedersächsischer Hochschulpolitik angedient. Sie ist es leider, weil begonnene Reformen abgewürgt und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen nachhaltig geschädigt werden.
Ihr Konzept, Herr Minister Stratmann, ist keines, das die Hochschulen optimiert. Es ist ein reines Sparmodell, dazu noch mit heißer Nadel gestrickt. Statt bei Ihrem Finanzminister für die Hochschulen zu kämpfen, philosophieren Sie über „Krise als Chance“ und sehen sich im Rückgriff auf Lichtenberg sogar als Fackelträger der Wahrheit.
Sie, verehrter Herr Minister, glauben immer noch, dass die Hochschulen durchschnittlich nur 1,7 % sparen müssen. Aber wie sieht dieser Durchschnitt für einzelne Hochschulen aus? - 5,5 % für die TU Braunschweig, 11,2 % für Clausthal, 2,3 % für die Universität Oldenburg, 1,7 % für Osnabrück und für Nienburg und Buxtehude 100 %.
Sie wollen uns einreden, dass Sie nach objektiven Kriterien gestrichen haben. Das glauben Ihnen doch nicht einmal Ihre eigenen Leute. Jeder Journalist im Lande hat Ihnen inzwischen nachgewiesen, dass nicht Qualität eines Ihrer Hauptkriterien ist, sondern dass schlecht kaschierte Regionalinteressen zum Zuge kommen.
Oder warum haben Sie ausgerechnet leistungsfähige Fachhochschulstandorte dichtgemacht? Warum müssen ausgerechnet unsere forschungsstärksten Universitäten - wie die TU Braunschweig, die MHH, die Universitäten in Göttingen oder Clausthal - am meisten bluten? - Die Höhe der Kürzungen verhält sich jedenfalls umgekehrt proportional zu den DFG-Rankinglisten. Als Ihre Mitarbeiter Ihnen die Listen gereicht haben, müssen sie diese offenbar falsch herum gehalten haben.
Dann Ihre beste Idee, Herr Stratmann: Studiengebühren zur Stopfung der Haushaltslöcher an den Hochschulen. - Dabei haben Sie doch längst bewiesen, was mit zusätzlichen Einnahmen geschieht. Sie haben die Langzeitstudiengebühren schneller beim Finanzminister abgeliefert, als die Hochschulen sie überhaupt verplanen konnten.
(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Was hat denn Herr Gabriel gemacht? - Gegenruf von Sigmar Gabriel [SPD]: Wir lassen das Geld in den Hochschulen, und Sie nehmen es ihnen weg!)
Sie haben dabei mitgemacht, meine Damen und Herren von der CDU. Dann erwarten Sie, dass Ihnen auch nur irgendjemand im Lande glaubt, dass die Studiengebühren bei den Hochschulen verbleiben werden? Meine Damen und Herren, Sie glauben auch an den Weihnachtsmann.
(Beifall bei der SPD - David McAllister [CDU]: Das sagen Sie einmal Frau Bulmahn! - Weitere Zurufe von der CDU)
Meine Damen und Herren, diese Regierungserklärung ist eine Bankrotterklärung für die Landeshochschulpolitik.
Die Entscheidung dieser Landesregierung, bei den Hochschulen zu streichen, ist eine falsche Entscheidung. Sie ist erstens falsch, weil Hochschulen kein Ballast für unser Land sind. Hochschulen sind die Brutkästen für Innovationen und Lebensadern in ihren Regionen. Wir können auf unsere Universitäten und Fachhochschulen stolz sein. Jeder Standort ist ein Wirtschaftsfaktor für Niedersachsen.
weil der nationale und internationale Wettbewerb um knappe Forschungsmittel und um die besten Köpfe härter geworden ist. Schon jetzt sind die süddeutschen Hochschulen klar im Vorteil.
Herr Minister Stratmann, den Speck, den Sie bei den Hochschulen ausgemacht haben, können wir beim besten Willen nicht entdecken.
Die Wahrheit sieht anders aus: Die niedersächsischen Hochschulen sind schon jetzt viel schlechter ausgestattet als ihre Konkurrenz in Bayern und Baden-Württemberg.
- Weil z. B. Ihre alte Bundesregierung dafür gesorgt hat, dass die Forschungsgelder jahrzehntelang in den Süden dieses Landes geflossen sind.
Allein die beiden Universitäten in München können über ein Budget von 1,6 Milliarden Euro im Jahr inklusive Drittmittel verfügen. Unsere niedersächsischen Hochschulen zusammen haben dagegen nur einen Etat von knapp 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung. Angesichts der jetzt schon bestehenden Unterfinanzierung unserer Hochschulen kann von fairem Wettbewerb nicht die Rede sein. Wie unsere Hochschulen mit noch weniger Geld und noch schlechterer Ausstattung im Ranking wieder nach oben klettern sollen, bleibt Ihr privates Geheimnis.
Fest steht, dass sich im Feld von Wissenschaft und Forschung in den nächsten Jahren die Frage von Top oder Flop entscheiden wird. Anstatt die Hochschulen für die Aufholjagd aufzurüsten, wirft diese Landesregierung ihnen Knüppel zwischen die Beine.
(David McAllister [CDU]: Warum zerreden Sie denn alles, was Herr Stratmann gesagt hat? - Bernd Althusmann [CDU]: Warum loben Sie uns eigentlich nicht einmal?)
Die Kürzungen sind drittens falsch, weil kein tragfähiges Konzept erkennbar ist. Gerade unsere forschungsstärksten Hochschulen - und somit unsere Leistungsträger - müssen das meiste Geld abliefern. Das so genannte Hochschuloptimierungskonzept optimiert nur eines: die Universitäten in Bayern und Baden-Württemberg.
Dem Ansehen Niedersachsens als Forschungsland hat es schon jetzt geschadet. Herr Minister, Sie sagen: Alle müssen sparen, da könnten die Hochschulen nicht ausgenommen werden. - Es sparen aber nicht alle. Frau Ministerin von der Leyen bekommt einen Schattenhaushalt, Herr Schünemann 1 000 Polizisten und Herr Busemann 2 500 Stellen für neue Lehrer.
Diese Landesregierung wollte eine Bildungsoffensive. Aber, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Bildung endet nicht vor den Toren der Hochschulen.
Es ist ein Armutszeugnis, wenn diese Landesregierung meint, das Land habe mit der Einstellung von 2 500 Lehrern seine Schuldigkeit getan. Wer so argumentiert, der hat wenig verstanden.
Denn eines steht doch fest - das wissen Sie -: Ab 2005 werden die Schülerzahlen sinken. Die Studierendenzahlen dagegen steigen weiter. Das ist
gut so. Auch in Niedersachsen haben wir Nachholbedarf. In der Bundesrepublik liegt die Quote der Hochschulabsolventen derzeit bei nur 19 % eines Altersjahrgangs. Der Durchschnitt aller OECD-Länder liegt bei 26 %. Fest steht schon heute, dass der zukünftige Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften mit 12 % Universitätsabsolventen und 7 % Fachhochschulabsolventen nicht gedeckt werden kann. Wir brauchen also dringend mehr junge Menschen, die ein Studium beginnen wollen und auch abschließen. Die Chancen dafür stehen gut. Niedersachsen hat die stärksten Zuwachsraten bei den Neuimmatrikulationen. Wir haben jetzt in Niedersachsen mehr als 30 000 Studienanfänger. Im Jahre 2010 werden es sogar 35 000 sein. Angesichts dieser Zahlen kann ich Ihre Schlussfolgerungen, Herr Minister Stratmann, nicht nachvollziehen.
Frau Kollegin, einen Moment, bitte. Ich bitte darum, das Mikrofon so weit wie möglich hochzufahren. Sie sind nicht zu verstehen.