Protokoll der Sitzung vom 30.10.2003

insgesamt übersichtlicher und auch wirtschaftlicher zu gestalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Selbstverständlich hat die Verwaltungsreform in Zeiten wie dieser, in der das Land und die Kommunen aufgrund der Verschuldung ihrer Haushalte und ihrer Zinslasten um die Zukunftsfähigkeit, ja auch um ihr Überleben kämpfen, auch die Reduzierung der Personalkosten zum Ziel, Herr Gabriel. Aber das, bitte schön, ist nicht alles. Wir werden in den nächsten Jahren etwa 6 000 Stellen „entbehrlich“ stellen. Aber trotz der finanzpolitischen Zwänge verfolgen wir mit der Verwaltungsmodernisierung nicht in erster Linie das Ziel, den Haushalt des Landes zu konsolidieren. Allerdings hat sie ihren Beitrag dazu zu leisten.

Im Innenausschuss haben wir alle Argumente bereits ausgetauscht. Lassen Sie mich aber zur Handlungsfähigkeit unserer Regierung, Frau Leuschner, noch einiges anführen. Wir haben vier Leitungspositionen bei den Bezirksregierungen nicht wieder besetzt.

(Hermann Dinkla [CDU]: Richtig!)

Sonderstaatssekretär Meyerding bringt die Verwaltungsreform mit seinen Projektgruppen zügig und konsequent voran.

(Zuruf von der FDP: Guter Mann!)

Er wird bereits bis Ende November dieses Jahres die Ergebnisse dem Minister vorlegen. Bei diesen Projektgruppen, Frau Leuschner, sind auch Mitarbeiter der Bezirksregierung beteiligt.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Reden Sie mal mit denen!)

- Meine Kollegen und Kolleginnen und ich reden relativ häufig mit ihnen, auch mit Vertretern der Personalräte. Alle Projektgruppen haben als Standardvorgaben die Aufgabenkritik.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

So müssen Antworten auf folgende Fragen gefunden werden: Welche Aufgabe wird konkret erledigt? Welche steht am Anfang? Welche Aufgabe kann künftig ersatzlos oder eingeschränkt wegfallen? Welche Aufgabe kann privatisiert, welche kommunalisiert werden, und welche Aufgabe kann dezentral oder zentral erledigt werden? Dabei steht die Frage an: Müssen überhaupt noch Auf

gaben zentral erledigt werden? Ganz wichtig ist die Frage: Was ist die wirtschaftlichste Lösung der Aufgabenerfüllung?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Beantwortung dieser Fragen, versehen mit den Maßstäben von mehr Wirtschaftlichkeit und mehr Bürgernähe, werden im Ergebnis zu einem weitgehend zweistufigen Verwaltungsaufbau in Niedersachsen führen.

Vor Privatisierung, vor Kommunalisierung bestimmter Aufgaben wird also immer die Aufgabenkritik mit ihren Merkmalen Aufgabenverzicht und Aufgabenabbau stehen. Bei der Aufgabenverlagerung auf die Kommunen wollen wir nach dem Konnexitätsprinzip verfahren. Daher, meine Damen und Herren von der Fraktion der Grünen, konnten wir diesem Punkt Ihres Antrages auch zustimmen, stimmt er doch mit unserem schon vor der Landtagswahl geäußerten Willen überein, den Kommunen keine zusätzlichen Aufgaben zu übertragen und damit Belastungen aufzuerlegen, ohne Konnexität und Konsultation nach österreichischem Vorbild zu beachten. Wir haben Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, ja schon in den ersten Monaten bewiesen, dass wir unsere Wahlversprechen einhalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Da wir bei der Aufgabenverlagerung auf die Landkreise das Konnexitätsprinzip beachten werden, dürften die Befürchtungen des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, dass die Gemeinden bei einer Aufgabenverlagerung auf die Landkreise diese über die Kreisumlage mitfinanzieren sollen, auch grundlos sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir wollen keine Landräterepublik schaffen, aber wir wollen die Eigenverantwortung der Kommunen und damit auch die der Landkreise stärken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt mit ihrem Antrag unsere Absicht, die Bezirksregierungen aufzulösen. Ich habe schon im JuniPlenum gesagt, wir begrüßen diesen Antrag, können ihm aber nicht in allen Punkten zustimmen - insbesondere dann nicht, wenn es darum geht, weitere Aufgaben bei den Bezirksregierungen zu belassen -, weil Sie damit unsere Verwaltungsmodernisierung eher behindern denn befördern wol

len. Deshalb haben wir im Ausschuss eine geänderte Fassung erarbeitet. Wir werden dieser Beschlussempfehlung zustimmen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat sich der Abgeordnete Bode zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Leuschner, am 2. Februar haben die Niedersachsen über unterschiedliche Politikangebote abgestimmt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD - Sigmar Gabriel [SPD]: Aber Sie haben dabei nicht gut abgeschnitten!)

Es tut mir Leid, aber ich kann es nun einmal nicht ändern, dass Sie nur zweiter Sieger geworden sind.

Es gab eine ganz klare Unterscheidung: Die FDP hatte die Abschaffung der Bezirksregierungen in ihrem Wahlprogramm, die CDU hatte die Abschaffung der Bezirksregierungen ebenfalls in ihrem Wahlprogramm, und Sie hatten das alte Modell in Ihrem Wahlprogramm.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Und das war wahlentscheidend?)

Die Entscheidung ist gefallen. Es tut mir Leid, dass wir jetzt auch noch tun, was wir vor der Wahl gesagt haben. Das ist für Sie ungewöhnlich, aber wir machen es trotzdem.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Entscheidung, dass wir die Bezirksregierungen abschaffen wollen, ist im Übrigen nicht, wie Sie es immer darstellen, vom Himmel gefallen, sondern war das Ergebnis eines sehr langen Abwägungsprozesses in unserer Partei.

Warum sind wir nun zu der Überzeugung gekommen, dass die Bezirksregierungen abzuschaffen sind? - Die Menschen und auch die Unternehmen haben nicht nur den Eindruck, dass sie überverwaltet werden, sondern sie werden es tatsächlich. Sie werden von der Bürokratie, die wir ihnen auf

drücken, erdrückt und entsprechend in ihrer Freiheit beschnitten.

(Beifall bei der FDP - Oh! bei der SPD)

Wir werden mit der Bürokratieebene Bezirksregierung eine schreckliche Bürokratieebene in den Mülleimer werfen und so den Menschen in Niedersachsen die Freiheit zurückgeben.

(Beifall bei der FDP)

Nachdem die Grünen im Juni ihren Antrag eingebracht haben und wir für einige Formulierungen durchaus sehr viel Sympathie gezeigt haben, haben wir im Ausschuss einen Änderungsvorschlag erarbeitet. Dieser Änderungsvorschlag steht jetzt zur Abstimmung.

Ich meine, Herr Dr. Lennartz, dem müssten Sie doch leichten Herzens zustimmen können. Denn darin sagen wir doch nicht nur, wir schaffen die Bezirksregierungen ab, sondern darin begrüßen wir doch auch die Entscheidung der Landesregierung - bzw. fordern dies weiter ein -, erst einmal eine Aufgabenkritik vorzustellen. Wir sind nämlich der Meinung, dass nicht alles kommunalisiert werden muss, sondern dass sehr viel gleich abgeschafft werden kann. Des Weiteren sagen wir, dass wir neben den Aufgabenverzicht eine Privatisierung stellen und danach die Kommunalisierung wollen. Und erst wenn wir bei der Kommunalisierung nicht vorankommen, wollen wir eine andere Organisationsform auf Landesebene schaffen.

Weil Sie immer sagen, dass wir damit die Kommunen finanziell überfordern - und auch meinen, dass wir das tatsächlich tun -, haben wir hier auch noch einmal ganz eindeutig gesagt, dass über allem das Konnexitätsprinzip steht, d. h. dass die Kommunen für alle Aufgaben, die sie dann übernehmen, vom Land mit entsprechenden Finanzmitteln ausgestattet werden. Das ist auch etwas, was Sie von Ihrer eigenen Politik nicht kennen. Wir machen es trotzdem.

(Beifall bei der FDP)

Im letzten Teil heißt es - damit hat Minister Schünemann im letzten Plenum schon begonnen -, dass möglichst schnell alle Aufgabenbereiche zu benennen sind, die künftig ganz verzichtbar sind. Das ist ein wesentlicher Punkt. Das nämlich sind die Bürokratiefelder, die wir in den Mülleimer wer

fen müssen. So geben wir den Menschen die Freiheit zurück, und da könnten Sie ruhig mitmachen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung hat sich Minister Schünemann gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass der Landtag mit der heutigen Entschließung seine breite Unterstützung für die Verwaltungsreform der Landesregierung ausdrückt. Unsere Ziele und unsere Vorgehensweise werden eindrucksvoll unterstützt. Ich habe die Verwaltungsreform schon an verschiedenen Stellen, auch hier im Parlament, vorgestellt. Deshalb will ich nur noch auf einige wenige Punkte eingehen.

Frau Leuschner, an Ihren Ausführungen war sehr interessant, dass Sie nicht mit einem einzigen Wort die Aufgabenkritik erwähnt haben. Das ist der zentrale Unterschied zwischen dem, was die neue Landesregierung macht, und dem, was die alte Landesregierung versäumt hat.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Das habe ich aber im Ausschuss gesagt!)

Sie haben die Aufgaben nämlich nicht auf den Prüfstand gestellt. Sie haben zwar auch Stellen gestrichen - das will ich Herrn Gabriel durchaus zugestehen -, aber damit haben Sie nur die Arbeit verdichtet und eben nicht Bürokratieabbau betrieben. Aber genau das ist in der heutigen Zeit notwendig, und das geht die neue Landesregierung auch vehement an, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)