Protokoll der Sitzung vom 20.11.2003

Der DGB hat eine Ausbildungsquote von gerade einmal 1,4 %, die IG Metall von gerade 0,6 %.

(Zuruf von der CDU: Erschütternd! - Weitere Zurufe von der CDU: Hört! Hört!)

Und ver.di hat eine grandiose Ausbildungsquote von 0,3 %. Ich finde, daran sieht man sehr deutlich, wie wenig Interesse die Gewerkschaft an jungen, intelligenten und fleißigen Menschen hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ihr Herr Brase, Mitglied des Deutschen Bundestages und Gewerkschafter, hat gesagt: Es gibt ja viele Ausnahmetatbestände. - Ein Ausnahmetatbestand besteht z. B. darin, dass man insolvent ist. Da frage ich mich, wie man so etwas feststellen will, wenn man kurz vor der Insolvenz steht. Mir ist dann sehr schnell eingefallen: Solange Rot-Grün in Deutschland regiert, so lange steht eigentlich fast jedes Unternehmen in Deutschland kurz vor der Insolvenz.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Thomas Oppermann [SPD]:) Was re den Sie eigentlich für einen Unsinn! Ist Ihnen das klar? Schnösel!)

Ihr Parteitag ist jetzt vorbei, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich fordere Sie auf - die Beruhigungspille für die Linken hat doch gewirkt, jetzt wird es Zeit für gesunden Menschenverstand -: Hören Sie auf mit Ihrem Misstrauen gegen unternehmerische Freiheit, gegen Initiative, stoppen Sie Bürokratie, stoppen Sie Dirigismus und unterstützen Sie endlich privatwirtschaftliches Engagement! Der Staat ist nicht Problemlöser Nr. 1. Das Problem in der Gesellschaft ist Ihre Staatswirtschaft. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Oppermann, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

Meine Damen und Herren, der Kollege Lenz hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben hier von Herrn Dr. Rösler wieder ein Glanzstück seiner Ideologie vernehmen können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Rösler, wenn Sie hier die SPD-Fraktion und diejenigen, die sich ebenfalls um genügend Ausbildungsplätze bemühen, verunglimpfen, dann sage ich Ihnen: Viele von uns - dazu zähle ich mich auch - bemühen sich seit langer Zeit um Ausbildungsplätze. Ich habe schon vor 25 Jahren als Jugendvertreter um Ausbildungsplätze gekämpft. Da sind Sie möglicherweise noch mit der Rassel um den Tannenbaum gelaufen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Dumme Sprüche!)

Sie hätten sich möglicherweise auch besser informieren sollen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

- Im Gegensatz zu Ihnen jetzt bin ich eben aufmerksam gewesen und habe zugehört. Ich habe die herzliche Bitte, dass Sie das auch machen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Nur Sprüche, dumme dazu!)

Es muss schon erlaubt sein, auch mal dagegen zu halten, wenn Sie hier Falsches behaupten.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten sich über den Gesetzentwurf etwas besser informieren sollen. Es handelt sich dabei um einen Gesetzentwurf, der möglicherweise nie in Kraft treten muss.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der CDU und von der FDP - Glocke des Präsidenten)

- Hören Sie zu! Immer ruhig bleiben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie den Kollegen bitte ausreden.

Das Gesetz muss möglicherweise nie in Kraft treten, nämlich dann, wenn Sie mit dem gleichen Engagement, wie Sie hier auf die SPD und auf die rot-grüne Regierungskoalition schimpfen,

(Zuruf von der CDU: Mit Recht!)

bei den Industrie- und Handelskammern und bei den Unternehmen dafür werben, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung zu stellen. Daran mangelt es nämlich.

(Beifall bei der SPD)

Reden wir einmal darüber, warum nur noch 30 % der Unternehmen ihrer gesetzlichen Verpflichtung, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, nachkommen. Reden wir einmal darüber, dass 58 % das hat eine Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft ergeben – der Betriebe eine Ausbildungsplatzabgabe fordern. Das sind nämlich die Betriebe, die trotz schwieriger Situation noch ausbilden. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fühlen uns jedenfalls der Aufgabe verpflichtet, allen ausbildungsfähigen und allen ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu verschaffen, und von diesem politischen Vorhaben

werden wir auch nicht ablassen. Das ist zumindest unsere politische Verpflichtung.

Meine Damen und Herren, jetzt ist es an der Zeit, aufzuhören mit Appellen und mit guten Reden. Jetzt geht es darum, die Unternehmen auch in die Pflicht zu nehmen. Deswegen unterstützt die SPDLandtagsfraktion ausdrücklich diesen Gesetzentwurf. Ich sage noch einmal: Dieses Gesetz soll an ein Auslösekriterium gekoppelt werden, und auf der Basis des Berufsbildungsberichtes soll jeweils am 30. September eines Jahres festgelegt werden, ob es überhaupt zu einer Ausbildungsplatzabgabe kommen wird und wenn ja, in welchem Umfang sie erhoben werden soll. Deshalb sage ich noch einmal: Alle Unternehmen haben genügend Zeit; sie können jetzt handeln, damit es gar nicht zu einer Ausbildungsplatzabgabe kommen muss. In diesem Sinne ist es richtig, vernünftig über dieses Thema zu reden und hier nicht, wie Sie, Herr Dr. Rösler, in Polemik zu machen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort hat jetzt der Kollege Hoppenbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir in den letzten Monaten beim Thema Ausbildungsplatzabgabe erlebt haben, zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik der Bundesregierung der vergangenen Jahre. Auf der einen Seite stellt sich der Bundeskanzler hin und sagt sehr staatstragend: Jetzt fangen wir an. Jetzt machen wir ernst. Jetzt entlasten wir die Betriebe von Ausgaben, von Abgaben und von Bürokratie. Und auf der anderen Seite gibt es eine Abteilung bei Rot-Grün, die pausenlos darüber nachdenkt: Wie können wir die Betriebe weiter belasten? Wie können wir sie quälen? Wie können wir absahnen?

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Das ist das Spiel, das teilweise sehr kuriose Züge annimmt. Ich glaube, in keinem Land der Welt wird getankt für die Rente. Oder: Wir rauchen für die Gesundheit und für die Sicherheit.

(Heidrun Merk [SPD]: Da kann ich nur noch lachen!)

- Dann müssen Sie lachen. Aber wo gibt es das sonst? Das hat nur einen Vorteil: Als ich mir ein dickes Auto kaufen wollte, konnte ich meiner Frau sagen: Damit sichere ich die Rente unserer Oma.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Sonst hätten Sie sich kein dickes Auto ge- kauft?)

Den Vorteil hatte es. Aber sonst begreift niemand, warum es diese Zusammenhänge gibt.

Ich möchte aus dem rundblick vom vergangenen Freitag zitieren, der es auf den Punkt gebracht hat. Dort steht:

„Sozialistenherzen schlagen eben immer noch höher, wenn es um das Planen und Regeln geht und um das Einrichten von Behörden und Institutionen, die umverteilen und so für Gerechtigkeit sorgen sollen.“

Ich sage Ihnen: Der rundblick hat Recht.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt ein tiefes Misstrauen bei den Sozialdemokraten und bei Rot-Grün gegen alles, was nicht staatlich geregelt wird, und gegen alles, worüber der Staat die Kontrolle nicht hat.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Können wir jetzt mal etwas über Ausbildungs- plätze hören?)

Natürlich macht es uns betroffen, wenn junge Menschen auf der Straße stehen,

(Zurufe von der SPD)

die als erste Botschaft nach der Schule hören: Leute, ihr werdet nicht gebraucht. Der Arbeitsmarkt ist nicht offen für euch.

(Elke Müller [SPD]: Was machen Sie dagegen? - Gegenruf von Ursula Körtner [CDU]: Rot-Grün muss weg in Berlin!)