Herr Minister, ich habe eine Frage zu etwas anderem als Zahlen. Im Hauptschulerlass heißt es, dass die Kinder in Bezug auf viele Dinge gestärkt werden sollen. Das ist auch in Ordnung so. Aber an einer bestimmten Stelle haben Sie entweder etwas übersehen oder bewusst nicht hereingeschrieben. Warum soll das selbständige Lernen der Hauptschüler nicht gestärkt werden? Dieser Gesichtspunkt fehlt ausdrücklich in dem Erlass.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, selbständiges Lernen ist eigentlich das Stichwort für ein abendfüllendes Thema. Es ist doch wohl selbstverständlich, dass wir alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen in allen Schulformen
zu selbständigen Bürgern erziehen und ihnen Werte vermitteln, ihnen Wissen vermitteln und sie zu selbständigem Denken erziehen. Aus welcher Denkschule kommen Sie denn?
Es ist außer Betracht, entzieht sich unserer Vorstellungskraft, dass wir Schüler zu unselbständigem Denken erziehen würden.
Herr Kollege Meinhold, sehen wir in den Auftrag unserer Verfassung zur Schule, schauen wir in den entsprechenden Auftrag unseres Schulgesetzes und in das Schulgesetz insgesamt, schauen wir in die dortigen Vorgaben zur Hauptschule hinein, schauen wir in den Grundsatzerlass zur Hauptschule: Es ist doch selbstverständlich, dass wir zum selbständigen Denken und darüber hinaus erziehen.
Aber jetzt, da Sie das Thema Hauptschule angesprochen haben: Ich finde die Diskussion in unserem Lande und die Bereitschaft insbesondere auch der Wirtschaft, diese neuen Wege mitzugehen, sehr interessant. Das ist ein Hinweis darauf, dass bislang vieles falsch gelaufen ist und dass wir es endlich angepackt haben.
Mehr Unterricht, kleinere Klassen, vernünftige Bedingungen - diese Faktoren haben Sie nie hingekriegt; wir schaffen es in schwieriger Zeit. Die Berufsvorbereitung an der Hauptschule mehr zu gewichten und an schwieriger Stelle durch Sozialarbeit zu begleiten, diese Faktoren sind ein Stück Gesellschaftspolitik. Darauf wären Sie nicht einmal gekommen. Dass Schwarze und Gelbe darauf kommen müssen, das ist eh ein Wunder. Aber ich bin der Meinung, dass wir gemeinsam etwas Wunderbares erreicht haben. Das hat auch seine Schwierigkeiten. Wir brauchen die Wirtschaft dazu, aber ich habe gute Signale, dass es funktioniert - mit selbständigen Schülerinnen und Schülern.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vor der Wahl hatte die CDU versprochen, dass in den Grundschulklassen 1 bis 4 ein Lehrerwochenkontingent von 100 zur Verfügung gestellt würde. Sie haben nun in Ihrer Beantwortung der Dringlichen Anfrage vorhin - ich meine, es war die Frage 2 - den Wert 94 genannt. Besitzen Sie die Größe, zuzugeben, dass Sie - wenn diese Zahl zutreffend ist - ein Wahlversprechen gebrochen haben?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Professor Lennartz, besitzen Sie die Größe, anzuerkennen, dass diese Regierung auf fünf Jahre gewählt ist, zwar erst neun Monate regiert, aber schon eine ganze Menge gemacht hat?
- Das ist keine Drohung. Wir machen auch mehr als fünf. Das wissen Sie ja auch. - Meine Damen und Herren, was haben wir im Schulbereich in diesen neun Monaten geleistet: Schulgesetz, Lehrereinstellungen, Verordnungen vorgelegt, Grundsatzerlasse vorgelegt, von denen neutrale Kritiker sagen, sie wären kleine Kunstwerke in sich.
- Solche Reaktionen ergeben sich, wenn man sich nicht mit Erlassen befasst und sie nicht sorgfältig liest, sondern sich nur auf Fragestunden kapriziert.
Zurück zur Grundschule: Wir haben wohl 1 852 Grundschulstandorte in Niedersachsen, davon gehören 240 Standorte zu den von mir unverändert sehr geschätzten voll betreuten Halbtagsschulen.
Die große Masse, 1 500 bis 1 600 Schulen, sind so genannte Verlässliche Grundschulen. Es gibt noch ungefähr 50 bis 60 Grundschulen „herkömmlicher Art“. Durch die bessere Stundenausstattung - wir wollen den Unterricht um zwei zusätzliche Stunden im zweiten Jahrgang der Grundschule ergänzen führen wir die Stundenausstattung von blamablen Werten wie 88, 90 oder 92 auf 94. Das ist eine deutliche Verbesserung, mit der wir uns in der Republik wieder sehen lassen können. Bislang war das ein Armutszeugnis für Niedersachsen.
Es lohnt sich auch, Parteiprogramme, Wahlaussagen und Reden des damals angehenden, heute amtierenden Ministers genau zu lesen. Wir haben gesagt: Unser Ziel ist es, bis zu 100 Stunden zu kommen, damit wir so gut wie Bayern werden. Dieses Ziel habe ich noch lange nicht aufgegeben.
Aber ich habe noch 51 Monate, um das vielleicht auch mit Ihrer Hilfe umzusetzen, weil ich noch auf Vorschläge zum kreativen Gestalten warte.
Herr Minister, wenn Sie Herrn Dr. Lennartz schon nicht direkt antworten, frage ich Sie auf ein Zitat hin. In der Nordsee-Zeitung wird die Landtagsvizepräsidentin, Frau Vockert, in Bezug auf die Kürzungen bei den Vollen Halbtagsschulen mit dem Satz zitiert: „Der Vorwurf des Wahlbetrugs ist berechtigt“. Stimmen Sie ihr zu?
(Heinrich Aller [SPD]: Ja oder Nein? - Wolfgang Jüttner [SPD]: Wenn Nein, warum nicht? - Walter Meinhold [SPD]: Frau Vockert darf sagen, was sie will!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Poppe, da ich die Kollegin Vockert bestens kenne und weiß, welch bildungspolitischer Sachverstand in ihr steckt, entspricht alleine schon nicht ihrem Wortschatz, sich in irgendwelchen Medien so verkürzt auszudrücken.
Darüber hinaus weiß die Kollegin ganz genau, wie wir Bildungspolitik gestalten und was wichtig und verhandelbar ist. Der Sachstand ist, dass meine Amtsvorgängerin mit all Ihren Stimmen vorhatte, im Zusammenhang mit der Einführung der Verlässlichen Grundschulen alle Schulstandorte mit voll betreuten Halbtagsschulen in Niedersachsen auszuradieren.
Dann könnten Sie heute schon deswegen keine solchen Fragen mehr stellen, weil es diese Schulen gar nicht mehr gäbe. Auch das wurde durch den Wahltermin verhindert. Man muss die Dinge aber auch richtig beleuchten. In schwieriger Zeit kommen durchaus die Vorhalte, dass überall gekämpft werden muss, dass eine vernünftige Unterrichtsversorgung gewährleistet sein muss und dass Ressourcen wirtschaftlich zusammengeführt werden müssen. Vielleicht müssen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung im Ganzen die voll betreuten Halbtagsschulen, die ich sehr schätze - das habe ich vorhin schon gesagt -, die auch ihr eigenes Profil haben sollen und die auch noch immer eine wesentlich bessere Ausstattung mit Stunden und Lehrkräften haben - wenn Sie mir die Wortschöpfung so gestatten -, mit einem Solidarbeitrag beitragen. Wenn wir in dem Bereich die Vertretungsregelung auf ein Normalmaß herunterbringen, sodass nicht schon allein wegen eines Vertretungsbedarfs a priori eine Lehrkraft da ist, sondern diese Schulen, wenn Vertretungsbedarf besteht, auf das zurückgreifen, worauf alle anderen Schulen auch zurückgreifen, nämlich auf Feuerwehrkräfte und andere, dann, so glaube ich, ist das ein vertretbarer Eingriff, der die voll betreuten Halbtagsschulen in ihrer Substanz, in ihrem Kern, in ihrem Profil, in ihrer Besserstellung aber überhaupt nicht tangiert.
In diesem Zusammenhang auch nur darüber nachzudenken, dass so etwas wie Wahlbetrug diskussionsfähig ist, verstehe ich einfach nicht.
Meine Damen und Herren! Es ist eine gewisse Unruhe aufgekommen, ob auch jeder, der sich gemeldet hat, auf der Rednerliste vermerkt ist. Ich lese einmal vor, wen ich noch auf der Liste habe: Frau Trauernicht, Herr Klare, Herr Wulf zur zweiten Zusatzfrage, Herr Wenzel zur zweiten Zusatzfrage, Herr Janßen, Herr Hagenah zur zweiten Zusatzfrage, Herr Voigtländer, Frau Pfeiffer, Frau Bertholdes-Sandrock, Frau Helmhold zur zweiten Zusatzfrage, Herr Briese, Frau Steiner, Frau Seeler,
Herr Meinhold zur zweiten Zusatzfrage, Frau Janssen-Kucz und Herr Voigtländer zur zweiten Zusatzfrage. Das ist die jetzt noch offene Rednerliste.
Herr Minister Busemann, wie viel Prozent der Hauptschulklassen haben schon jetzt maximal 26 Schüler, und wann wollen Sie erreicht haben, dass alle Hauptschulklassen maximal 26 Schüler haben?
Frau Präsidentin! Frau Ministerin a. D. Dr. Trauernicht, ich weiß nicht, ob Sie vorhin, als diese Frage schon einmal gestellt und beantwortet wurde, zugegen waren.