Gitta Trauernicht-Jordan

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Januar dieses Jahres hat die SPD
Fraktion einen Entschließungsantrag zum Thema strafunmündige Kinder vorgelegt. Dieser wurde im zuständigen Sozialausschuss beraten und soll nun auf Vorschlag der CDU/FDP-Mehrheit im Niedersächsischen Landtag abgelehnt werden.
Abgelehnt wird damit u. a., dass der Bedarf an Plätzen in Niedersachsen differenziert dargelegt wird. Abgelehnt wird, dass bis Mitte dieses Jahres ein Konzept vorgelegt werden soll. Abgelehnt wird auch, dass bei der Unterbringung von Kindern mit Freiheitsentzug mit anderen Bundesländern verbindlich zusammengearbeitet wird. Abgelehnt wird ebenfalls, dass die finanziellen Risiken für die Träger bei Unterauslastung dargelegt werden.
Meine Damen und Herren, abgelehnt werden also durchaus vernünftige Forderungen. Warum eigentlich? - Weil die CDU-Fraktion und insbesondere ihr jetzt abwesender Vorsitzender und der ebenfalls abwesende Innenminister nicht länger reden, sondern handeln wollen. Ich zitiere Herrn McAllister vom 3. April 2003 im Niedersächsischen Landtag. Damals hat er gesagt:
„... wir, die neue bürgerliche Koalition, beenden jetzt eine jahrelange Debatte zu diesem Thema. Wir wollen nicht länger reden, wir wollen jetzt handeln!“
Meine Damen und Herren, das ist nichts als Kraftmeierei!
Mindestens 20 Plätze in Niedersachsen - so der Innenminister - sollten kurzfristig zur Verfügung gestellt werden. Die taz titelte: Der Innenminister hat ein Patentrezept für jugendliche Intensivtäter gefunden. - Der Bedarf sei klar, so die Sozialministerin; sechs bis zehn Plätze würden sofort zur Verfügung gestellt. Der Kultusminister bestätigte dies bei einer Befragung hier im Niedersächsischen Landtag nochmals, machte aber die Einschränkung: Wir machen diese sechs bis zehn Plätze nur für männliche Kinder und bis zu 15-jährige Jugendliche.
Meine Damen und Herren, nach 14 Monaten bürgerlicher Mehrheit stellten wir im April 2004 fest: kein Platz in Sicht. - Was heißt das eigentlich? Spielt die Sozialministerin Katz‘ und Maus mit dem Innenminister? Will sie es nicht? Oder kann sie es nicht?
Am 10. April 2004 heißt es in der OstfriesenZeitung: Verhandlungen des Sozialministeriums mit der Emder Initiative für Intensivpädagogik sind gescheitert. Wir werden uns nach einem anderen Träger umschauen, so der Ministeriumssprecher. Na, dann schauen Sie mal!
Im November 2003 stand das Thema geschlossene Unterbringung auf der Tagesordnung der gemeinsamen Kabinettsitzung NiedersachsenHamburg. Das Ergebnis war aber gleich Null.
Es drängt sich also die Frage auf: Was machen Sie da eigentlich? Hat es denn nun im letzten Jahr unversorgte Fälle gegeben? Was ist denn mit den sechs Kindern, für die Sie einen unabweisbaren Bedarf diagnostiziert hatten? Oder ist die Lage vielleicht doch deutlich differenzierter, dass nämlich der Bedarf für niedersächsische Kinder in Einrichtungen außerhalb Niedersachsens abgedeckt werden konnte? Hat es unterlassene Hilfeleistung in Ihrer Amtszeit gegeben? Oder ist es tatsächlich möglich gewesen, den Kindern die notwendige und geeignete Hilfe auf andere Weise zu geben?
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen und von der Regierung, ich fordere Sie auf, nach 14 Monaten bei diesem Thema keine dicken Backen mehr zu machen.
Ich habe Ihnen schon vor einem Jahr gesagt: Dieses Thema eignet sich nicht für politische Profilierungen. Es ist ein höchst sensibles Thema.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir streiten nämlich nicht politisch über die Frage, ob es überhaupt Freiheitsentzug für Kinder geben kann. Diese Frage ist politisch längst entschieden. Schauen Sie in das Bürgerliche Gesetzbuch, schauen Sie in das Kinder- und Jugendhilfegesetz! Selbstverständlich kann es Situationen geben, in denen Freiheitsentzug notwendig und geeignet ist. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Glück stellen dies nicht Politiker und Politikerinnen fest, sondern geeignete Fachkräfte. Außerdem muss diese Entscheidung von Gerichten bestätigt werden. Das Verfahren ist also klar.
Die Frage, um die es in Niedersachsen geht, ist, ob es einen spezifischen Bedarf für eine Einrichtung innerhalb Niedersachsens gibt. Nun glauben manche, sich damit profilieren zu müssen, dass es eine eigene Einrichtung in Niedersachsen gibt. Die letzte eigene Einrichtung des Landes hat die CDUgeführte Regierung in den 70er-Jahren abgeschafft, und zwar, wie ich meine, zu Recht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht also um die Frage des Bedarfs. Deswegen fordere ich Sie noch einmal auf: Legen Sie endlich eine differenzierte Bedarfsanalyse vor! Das Kriseninterventionsteam - KIT - hat einen sehr differenzierten Bericht erstellt. Darin wurde dargelegt, dass für sechs Kinder aus Sicht der Fachleute möglicherweise eine geschlossene Unterbringung in Betracht komme. Aber es hatte noch keine Hilfeplanung gegeben, und es hatte erst Recht noch keine Bestätigung des Gerichtes für diese Entscheidungen gegeben. Der Bericht weist darauf hin, dass sechs Kinder nicht sechs Plätze bedeuten; denn diese Kinder werden ja nicht das ganze Jahr geschlossen untergebracht.
Das heißt, die differenzierte Bedarfsanalyse ist nötig. Nach 14 Monaten ohne Einrichtung in Niedersachsen ist sie sogar nötiger denn je; denn es stellt sich doch die Frage, wo diese Kinder eigentlich geblieben sind.
Lassen Sie uns also eine solide Diskussion über die Frage des Bedarfs führen, und beantworten Sie uns die Frage, warum Sie nicht Kooperationsverträge mit anderen Bundesländern, insbesondere mit Hamburg, mit denen Sie offensichtlich bereits darüber gesprochen haben, abschließen wollen. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass es auch eine pädagogisch komplexe Frage ist, ob Freiheitsentzug hilft.
Meine Damen und Herren, wir alle müssen zur Kenntnis nehmen, dass es hinter der Fassade einer saturierten Gesellschaft, hinter dieser heilen Welt unvorstellbar schreckliche Lebensbedingungen von Kindern gibt, und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Folgen für diese Kinder nicht durch Wegschluss wegsperren lassen.
Beachten Sie also den Rat von Fachleuten. Ich zitiere die Diakonie. Auch sie warnt vor weiteren Kürzungen in der Kinder- und Jugendpolitik und sagt, es wäre völlig kontraproduktiv, wenn die Kommunen in der Jugendhilfe sparen müssten, während die Landesregierung für sechs bis zehn vorgesehene Plätze in einer geschlossenen Unterbringung einen Millionenaufwand betreibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns dieses Thema differenziert bearbeiten - das biete ich Ihnen an -, und stimmen Sie unserem Antrag doch noch zu. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Februar hat die SPD-Fraktion einen Entschließungsantrag vorgelegt mit dem Titel „Frühkindliche Bildung in niedersächsischen Kindertageseinrichtungen ausbauen und sicherstellen“. Jetzt, im April, einen Tag vor dem Landtagsplenum, hat Minister Busemann einen so genannten Orientierungsplan vorgelegt.
Minister Busemann, Sie sind ja ein ganz Schneller.
Meine Damen und Herren, offensichtlich aber mal wieder zu schnell für die Regierungsfraktionen. Diese nämlich lehnen unseren Entschließungsantrag ab.
Herr Minister, ich hoffe, Sie haben Ihre Fraktion inzwischen davon überzeugt, dass ein Orientierungsplan einen Sinn und auch einen Zweck hat und die Fraktionen Ihren Arbeiten auch zustimmt. Für unsere Seite ist es jedenfalls klar: Das war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Auch das Verfahren war in Ordnung, also Runder Tisch, dialogorientiert. Ich bin mit dem sehr einverstanden, was Sie gemacht haben, Herr Minister. Damit dann aber auch schon genug des Lobes; denn es stehen wichtige Aufgaben auf der Tagesordnung. Ich möchte einige beispielhaft nennen.
Erstens. Herr Minister Busemann, beenden Sie die Verunsicherung über die Standards.
Die Debatte, die gestern Herr Schünemann wieder einmal begonnen hat, macht deutlich, dass er nicht weiß, was Verfügungszeiten sind. Er versteht unter dem Begriff „Verfügungszeiten im Kindergarten“ Zeiten, die zur freien Verfügung des Finanzministers stehen. Sie als Fachminister wissen das aber besser. Kümmern Sie sich darum, dass die Verfügungszeiten für Erzieherinnen ausgeweitet und nicht abgesenkt und zur Disposition gestellt werden. Überlassen Sie dieses Feld nicht dem Innenminister.
Zweitens. Sorgen Sie für Verteilungsgerechtigkeit und für Anreize zum Ausbau der Ganztagsplätze sowie der Krippen- und Tagespflege. Kippen Sie die ungerechte Kinderkopfpauschale. Auch hier bitte ich Sie: Überlassen Sie auch dieses Feld nicht Herrn Minister Schünemann.
Drittens. Korrigieren Sie die Einsparungen im Bereich der Sprachförderung. Sie haben bereits jetzt die Mittel von 8 Millionen auf 6 Millionen abgesenkt. Im Bereich der Fortbildung für die Sprachförderung sollen die Mittel von 2003 bis 2005 auf 10 % des ursprünglichen Ansatzes gekürzt werden. Überlassen Sie das Feld nicht dem Finanzminister Herrn Möllring. Kümmern Sie sich darum, dass die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen.
Viertens. Herr Minister Busemann, nutzen Sie die demografische Entwicklung, und sorgen Sie mit dafür, dass das durch frei werdende Kindergartenplätze frei werdende Geld nicht zur Disposition steht, sondern für den Ausbau von Ganztagsplätzen und für den Ausbau von Plätzen für Null- bis Dreijährige. Auch hier kann ich nur darauf aufmerksam machen, dass das Modell von Herrn Schünemann ein Sparmodell ist, weil die Kinderzahlen zurückgehen. Das ist Absicht und kein Zufall.
Dazu eine Anmerkung. Das weiß auch der Landrat Bröring. Er ist ein wirklich fitter Landrat. In seinem Gebiet steigt die Zahl der Kinder. Nach dem neuen Verteilungsmodell würde er mehr Geld für das Emsland bekommen. Wenn Herr Bröring dies geschafft und in seinem Landkreis gleichzeitig die geschlossene Unterbringung verhindert hat, dann sollte man das Emsland in „Bröring-Land“ umtaufen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein fünfter Punkt. Klären Sie darüber auf, dass Plätze für Null- bis Dreijährige nicht als neuer Anspruch durch die rot-grüne Bundesregierung auf den Plan kommen. Bereits jetzt sind die Kommunen verpflichtet, ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen für Null- bis Dreijährige auszubauen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich mache Sie darauf aufmerksam, wer diesen Anspruch gesetzlich verankert hat. Das war 1991 mit dem Kinderund Jugendhilfegesetz die damalige CDU/CSU-FDP-Bundesregierung. Der Rechtsanspruch ohne finanziellen Ausgleich für die Kommunen wurde 1992 von der damaligen Jugendministerin ins Gesetz gebracht. Die damalige Jugendministerin steht Ihnen auch heute noch für Debatten zur Verfügung. Es war nämlich Frau Merkel.
Nicht zuletzt, Herr Minister Busemann, vertreten Sie ganz konsequent auch die Philosophie dieses Orientierungsplans, der in Ihrem Hause von kundigen Mitarbeiterinnen erarbeitet worden ist. Dieser Orientierungsplan enthält eine Botschaft: drei Jah
re Kindergarten für alle, frühkindliche Bildung von Anfang an. - Das bedeutet, dass der Orientierungsplan in Zukunft auf die Zielgruppe der Nullbis Dreijährigen gerichtet sein muss und nicht, wie Sie jetzt gerade in einem Zeitungsinterview formuliert haben, auf ein vorschulisches Bildungsjahr. Das wäre die falsche Richtung. Also: drei Jahre Kindergarten für alle und die Ausweitung der Kindertagesbetreuung mit der Möglichkeit, Bildung auch für Null- bis Dreijährige zu organisieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Weiteres ist meiner Meinung nach noch wichtig. Deshalb müssen wir auch bei der sprachlichen Ausformulierung sehr vorsichtig sein. Vorschulische Bildung findet nicht mehr statt bzw. hat nicht mehr stattzufinden, weil es deutlich macht, dass es um die Vereinnahmung der Kindertagesbetreuung durch Schule geht. Es ist aber umgekehrt so, dass Schule von der Kindertagesbetreuung lernen kann. Hier gab es schon immer soziales Lernen, ganzheitliches Lernen, Lernen in altersgemischten Gruppen und Lernen in sozial gemischten Gruppen. Vor diesem Hintergrund muss es heißen: Bildung ist mehr als Unterricht und Stoffvermittlung. Das weiß die Kindertagesbetreuung schon lange. Lernen wir aus diesem Bereich für die Weiterentwicklung von Schule. - Vielen Dank.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass der Orientierungsplan im Kabinett im Januar 2003 von der alten Landesregierung verabschiedet wurde und dass dort im Einzelnen schon festgestellt wurde, wie er auszusehen hat?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion lehnt diesen Antrag ab. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend. Der erste Grund: Dieser Antrag selbst ist nicht konsistent. Der zweite Grund: Er ist auch nicht überzeugend angesichts der Herausforderungen im Bereich der Kindertagesbetreuung.
Warum ist dieser Antrag nicht konsistent? - Er negiert die jetzt schon vorhandene Bewegungserziehung. Das ist in der Anhörung deutlich geworden. Er bürokratisiert diesen Bereich durch Übungsleiterscheine. Er drückt sich um die Finanzierung der
angekündigten Projekte. Er nimmt nicht zur Kenntnis, dass in anderen Bereichen wie dem Niedersächsischen Kinder- und Jugendplan und der Schulpolitik Kürzungen stattfinden, die zulasten der Bewegungserziehung gehen.
Warum ist dieser Antrag nicht überzeugend? - Er ist deswegen nicht überzeugend, weil die gesamte Fachliteratur und alle Expertinnen und Experten immer wieder darauf aufmerksam machen, dass die körperliche Entwicklung von Kindern nicht zu trennen ist von der sozialen Entwicklung, der emotionalen Entwicklung und der geistigen Entwicklung. Dieser Ansatz muss ein ganzheitlicher sein; ein Gesamtkonzept ist erforderlich.
Das heißt, dieser Antrag ist ein falsches Signal in einer Zeit, in der es große Herausforderungen im Bereich der Kindertagesbetreuung gibt. Da reicht es auch nicht, Frau Vockert, dass Sie auf einen Antrag Ihrer Fraktion aus der letzten Legislaturperiode aufmerksam machen.
Das Problem ist ja gerade, dass Herr Minister Busemann seit einem Jahr zu dieser Thematik nichts, aber auch gar nichts anzubieten hat außer der Sprachförderung. Aber die Sprachförderung war letztlich das, was von uns auf den Weg gebracht worden ist und letztlich nur noch vollendet wurde.
Um eine Brücke zu schlagen, hat meine Fraktion im Ausschuss einen Ergänzungsvorschlag unterbreitet, um das Thema Bewegungserziehung gemeinsam mit den anderen Aspekten voranzutreiben. Hier waren Sie leider nicht beweglich genug. Deswegen gibt es nur die Konsequenz, diesen Antrag abzulehnen.
Um deutlich zu machen, worum es im Bereich der Kindertagesbetreuung zurzeit wirklich gehen muss, hat meine Fraktion einen eigenen Entschließungsantrag zur frühkindlichen Bildung in Kindertageseinrichtungen entwickelt. Er wird heute Nachmittag debattiert. Ich freue mich auf diese Debatte. - Vielen Dank.
Der Landesregierung ist sicherlich bekannt, dass es nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz nicht nur einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz gibt, sondern auch einen Anspruch auf den bedarfsgerechten Ausbau von Plätzen für Krippen und Ganztagsplätzen für Schulkinder. Welche Ziele setzt sich die Landesregierung mit Blick auf die Schaffung dieser Plätze, und wie kann diese Tatsache bei einem Kinderfaktor überhaupt berücksichtigt werden?
Herr Minister, dass die Kommunen zuständig sind, ist mir natürlich geläufig. Deswegen frage ich noch einmal ganz präzise nach: Wollen Sie den Kinderfaktor angesichts der Tatsache, dass manche Kommunen Angebote für Krippenkinder, Hortkinder oder im Ganztagsbereich haben, so ausgestalten, dass Sie damit die Kommunen, die diese Angebote bereits machen, belohnen? Oder wollen Sie umgekehrt ein Anreizsystem schaffen, damit die Kommunen, die diese Angebote bisher nicht oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen, zusätzliche Ressourcen zur Verfügung haben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Bericht des Kriseninterventionsteams wird von 38 Kindern berichtet, von denen zwei bereits in Heimen mit Freiheitsentziehung waren und sechs als „geeignet“ bezeichnet wurden.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Welche Fallkonstellationen im Einzelnen liegen hier vor - Alter, Geschlecht, Biographie, Verhalten, Angebote der Jugendhilfe etc. -, und nach welchen mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz und mit dem Grundgesetz kompatiblen Verfahren wurde die so genannte Eignung festgestellt?
2. Welcher Bedarf an Heimplätzen mit Freiheitsentzug wird von den niedersächsischen Jugendämtern benannt - Platzzahl und Art der Örtlichkeit, also Region -, und welche Anzahl von Plätzen hat die Landesregierung mit welchen Trägern an welchen Orten in Planung?
3. Welche Art und Dauer der Finanzierung von Plätzen mit Freiheitsentzug sieht die Landesregierung vor, und wird sie ebenfalls Plätze für diejenigen der 38 Kinder finanziell fördern, die intensive sozialpädagogische Betreuung ohne Freiheitsentzug erhalten?
Herr Minister Busemann, wie viel Prozent der Hauptschulklassen haben schon jetzt maximal 26 Schüler, und wann wollen Sie erreicht haben, dass alle Hauptschulklassen maximal 26 Schüler haben?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über ein wichtiges Thema, vielleicht sogar über das Schlüsselthema von Schulpolitik, nämlich über die bessere individuelle Förderung von Kindern und jungen Menschen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister Busemann, ich hätte mir gewünscht, dass Sie Ihre Antwort auf diese Große Anfrage mit etwas mehr persönlicher Überzeugungskraft vorgetragen hätten. In der Schule würde man sagen, Sie hätten die Antwort runtergeleiert.
Meine Damen und Herren, ich war auf die Antwort der Landesregierung sehr gespannt. Leider - ich sage wirklich „leider“ - hat sich beim Lesen und auch in der heutigen Debatte bestätigt, was wir schon immer gemerkt haben: Sie haben immer noch nicht adäquate Schlussfolgerungen aus PISA, IGLU und TIMSS gezogen. Frau Korter hat dies bereits im Einzelnen dargelegt.
Ich fordere Sie auf: Überwinden Sie endlich Ihre Lernschwäche mit Blick auf internationale wissenschaftliche Studien. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass Ihr Zukunftskonzept, die begabungsgerechte Dreigliedrigkeit, ein Irrweg ist.
Es macht die politische Arbeit zugegebenermaßen einfach, wenn das konservative Weltbild heißt: Es gibt minderbegabte, normal begabte und hoch begabte Menschen, und man weiß auch schon in der 4. Klasse, wer wohin gehört.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Ihre Töpfentheorie kann man gerade nicht mit Auszeichnung bewerten, auch nicht, wenn Sie jetzt eine neue Terminologie verwenden und die Menschen in Leistungsschwache und Leistungsstarke unterscheiden wollen. Sie gehen an die Förderung junger Menschen einfach mit einer falschen Grundhaltung heran. Es ist die falsche Grundhaltung, mit der Sie aus PISA angeblich Konsequenzen ziehen. Ich sage Ihnen: Ihre politische Beratungsresistenz wird sich bitter rächen. Wer bereit ist, aus den empirischen Studien Konsequenzen zu ziehen, der muss auch bereit sein, sein bisheriges schulpolitisches Weltbild infrage zu stellen und neu auszurichten.
Meine Damen und Herren, „neu ausrichten“ heißt z. B.: Frühe Förderung - Sie haben es gesagt fängt im Kindergarten an. Aber: Drei Jahre Kindergarten für alle - das ist das Credo mit der darin liegenden Chance, in altersgemischten Gruppen, in heterogenen Gruppen eine umfassende Bildung der Sinne zu betreiben, kognitive Fähigkeiten zu entwickeln und die Entwicklung sozialer Kompetenzen zu ermöglichen.
Sie aber setzen auf das dritte Kindergartenjahr als vorschulisches Jahr. Das jedoch ist ein falsches Verständnis von vorschulischer und früher Förderung.
„Neu ausrichten“ heißt auch, eine Ausweitung der von uns auf den Weg gebrachten Sprachförderung vorzunehmen. Sie aber kürzen bereits im zweiten Jahr die Haushaltsmittel. Auch das ein falscher Weg, meine Damen und Herren.
„Schulpolitik neu ausrichten“ heißt ferner, die heterogene Zusammensetzung als Chance für besseres Lernen zu begreifen. Das heißt, die Chancen höherer Schulabschlüsse insgesamt zu ermöglichen. Sie aber - Herr Klare hat es noch einmal eindrucksvoll dargelegt - setzen auf frühe Selektion
in drei Begabungsgruppen. Sie setzen auf drei Wege durch die Bildungslandschaft. Das ist falsch.
Die Durchlässigkeit auf so genannte besondere Einfädelungsspuren zu reduzieren ist auch nicht originell. Aber selbst bei dieser Variante haben Sie offensichtlich den Faden verloren. Mein Kollege Claus Peter Poppe wird Ihnen gleich unter Tagesordnungspunkt 29 darlegen, wie undurchlässig Ihre zum Schulgesetz vorgelegten Verordnungen sind.
„Schulpolitik neu ausrichten“ heißt auch, die Qualität des Unterrichts in den Mittelpunkt zu stellen, den einzelnen Schüler bzw. die einzelne Schülerin individuell zu fördern sowie das unmittelbare Interesse jedes einzelnen jungen Menschen am Bildungsprozess deutlich zu machen und darzulegen. Das heißt, die Praxis des Lernens und Lehrens in der Schule zu verändern, damit verbundene Unterrichtsdefizite aufzugreifen und die Fortbildung zu intensivieren. Nicht so aber die CDU und die FDP. Sie streichen bei der Lehrerfortbildung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, welche Zielmarke setzt sich die Landesregierung für den schulischen Erfolg in Niedersachsen? - Es ist verblüffend - die Antwort der Landesregierung auf diese Frage bringt es zutage -: Sie setzt sich keine Ziele. Peinlicherweise legitimiert sie das mit einem Hinweis auf die Planwirtschaft der ehemaligen DDR. Welch ein Fauxpas, meine Damen und Herren!
Zur Frühauslese und zur mangelnden Durchlässigkeit kommen weitere falsche oder fehlende Weichenstellungen durch die Landesregierung hinzu. Ich nenne sie nur kursorisch:
Ganztagsschulen sind kein Thema, die Lernmittelfreiheit wird eingeschränkt, die Hausaufgabenhilfe wird gestrichen, Schülerbeförderung wird zur finanziellen Belastung von Eltern, Qualitätsabbau ergibt sich aus der Streichung des Landesprogramms n-21, auf Phänomene wie Gewalt wird mit Anweisungspädagogik reagiert. Meine Damen und Herren, die Liste der Mängel in der Schulpolitik ist nach einem halben Jahr Regierungszeit schon bemerkenswert.
Ich sage es noch einmal: Ihre unheilvolle Bildungspolitik zieht keine Konsequenzen aus PISA.
Chancengleichheit schaffen, individuelle Förderung ermöglichen, das sind die zentralen Ziele für die Bildungspolitik. Sie machen genau das Gegenteil.
Meine Damen und Herren, aber die Antwort auf die Große Anfrage birgt auch für uns als Opposition positive Botschaften. Die Antwort belegt nämlich noch einmal unmissverständlich, dass nicht Sie, Herr Minister Busemann, sondern die alte Landesregierung Konsequenzen aus PISA und den anderen Bildungsstudien gezogen und die Weichen für die Zukunft gestellt hat.
Ich belege: Insbesondere zum Bereich der Kindertagesbetreuung gab es den Kabinettsbeschluss zur frühkindlichen Bildung in Kindertagesstätten mit diversen Maßnahmen auf der Handlungsebene. Diese führen Sie fort. Sie sind differenziert dargelegt. Die von uns auf den Weg gebrachte Sprachförderung wird von Ihnen entsprechend umgesetzt. Der frühe Fremdsprachenunterricht und die Förderpläne für Kindertagesstätten und Grundschulen - die Weichen in diesen Bereichen sind vor Ihrer Regierungszeit für die Zukunft gestellt worden. Ich nenne des Weiteren spezielle zusätzliche Förderangebote für sozial und kulturell benachteiligte Schülerinnen und Schüler, wie z. B. den Nachhilfeunterricht, insbesondere die flächendeckende Einführung der Verlässlichen Grundschulen, den Ausbau der Gesamt- und Ganztagsschulen und – last, but not least - eine Vielzahl von Maßnahmen zur Sicherung der Qualität im Unterricht und das Konzept der selbständigen Schule.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich bedanke mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kultusministeriums namens meiner Fraktion, dass sie diese eingeleiteten bildungspolitischen Maßnahmen so differenziert und ausführlich aufgearbeitet haben.
Für Ihre Politik und Position, Herr Minister Busemann, fand sich zu Beginn der Antwort auf die Große Anfrage eine treffende Beschreibung:
„Je nach politischem Standort werden vor allem die PISA-Ergebnisse unterschiedlich interpretiert und auf unterschiedliche politische Folgerungen
gezogen - oft mit ideologischen Scheuklappen.“
Herr Klare, nach Ihren Ausführungen kann man nur sagen: Ja, das sind ideologische Scheuklappen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Erkenntnisse aus dieser Anfrage fasse ich wie folgt zusammen.
Erstens. Sie zeigt, dass die alte Landesregierung die Weichen nach PISA richtig gestellt hat. Die dargestellten bildungspolitischen Maßnahmen belegen dies eindrucksvoll.
Zweitens. Die neue Landesregierung bleibt ganz offensichtlich - trotz dieser Erkenntnisse, die Ihnen Ihre Verwaltung aufgeschrieben hat - bei ihrem zukunftslosen Konzept der begabungsgerechten Dreigliedrigkeit.
Meine Damen und Herren, das Fazit: Nach unserem politischen und pädagogischen Selbstverständnis hat jeder eine Chance auf lebenslanges Lernen und Erkenntniszuwachs. Diese Chance geben wir auch der Landesregierung und selbstverständlich auch Ihnen persönlich, Herr Minister Busemann.
Ich hoffe, Sie ergreifen diese Chance im Interesse unserer Kinder, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Aufgrund der Veränderungen der Finanzhilfe für die Kommunen durch das Niedersächsische Erwachsenenbildungsgesetz vom 17. Dezember 1999 wurde das zuständige Fachministerium in § 13 ermächtigt, „durch Verordnung einen Vomhundertsatz zu bestimmen, mit dem die Auswirkungen der Veränderungen der Finanzhilfe auf die Kommunen jeweils in den Haushaltsjahren 2002 und 2003 begrenzt werden“. Das Fachministerium hat für das Haushaltsjahr 2002 von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Von welchen konkreten Kürzungen müssen die niedersächsischen Erwachsenenbildungseinrichtungen für das laufende Haushaltsjahr ausgehen?
2. Beabsichtigt das Fachministerium, auch für das Haushaltsjahr 2003 von der Möglichkeit des § 13 Abs. 2 Gebrauch zu machen, um erneut einigen Kommunen zu helfen?
3. Wie beabsichtigt die Landesregierung - bei Erhalt der hohen Qualität öffentlich verantworteter niedersächsischer Erwachsenenbildung und ihrer auch in Zukunft unersetzbaren Rolle zur Sicherung von Fort- und Weiterbildung in unserem Bildungssystem -, die hier notwendigen Planungssicherheiten gerade auch im finanziellen Bereich für die Träger und Einrichtungen auf Dauer zu gewährleisten?
Herr Minister, teilen Sie die Einschätzung, dass aufgrund der neuerlichen Einsparungen im Umfang von 10 % innerhalb von zwei Jahren insbesondere gemeinwohlorientierte Angebote und damit finanziell schlechter gestellte Bevölkerungsgruppen betroffen sind, oder wie schätzen Sie die Auswirkungen dieser Einsparungen konkret ein? Welche Veränderungen im Bereich der Angebotsstruktur der Volkshochschulen wird es nach Ihrer Einschätzung geben?
Frau Präsidentin! Herr Minister, wie bewerten Sie die Aussage der Abgeordneten Trost: „Wir können es uns einfach nicht leisten, die Mittel für die Erwachsenenbildung zu kürzen, ohne gleichzeitig über ein Gesetz für Strukturverbesserungen zu sorgen.“? Wenn Sie diese Aussage positiv bewerten, warum haben Sie dann nicht selbst einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht? Wenn Sie diese Aussage ablehnen: Wie werden Sie sich verhalten, wenn die CDU-Fraktion einen solchen Gesetzentwurf einbringt?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Bewegter Kindergarten“ - so der Titel des Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, mit dem Sie das wichtige Thema der Kindertagesbetreuung aufgreifen. Die Landesregierung wird erstens gebeten - Frau Vockert, Sie haben es gesagt -, die Bewegungserziehung auszubauen. Darin sind wir uns sicherlich einig. Es wird kaum einen Abgeordneten/eine Abgeordnete geben, der/die diesem Vorschlag nicht zustimmen wird.
Aber dann wird es schon strittig. Ob man dafür aber Übungsleiterscheine braucht, sollten wir meiner Meinung nach die Expertinnen und Experten der kommunalen und der freien Träger fragen. Darüber kann im Ausschuss debattiert werden.
Bemerkenswert ist Ihre dritte Forderung. Ich erinnere einmal an die Zeiten, in denen Sie Modellprojekte noch als nicht besonders wegweisend bewertet haben. Wir sollen also der Forderung zustimmen, dass die Landesregierung in diesem Bereich Pilotprojekte/Modellprojekte auf den Weg bringt. Die Frage, die sich hier stellt, lautet: Soll dies mit oder ohne finanzielle Unterstützung des Landes geschehen? - Im Haushalt jedenfalls ist nichts dafür vorgesehen. Dafür beabsichtigen Sie allerdings, die Mittel für die Projekte, die die Sportjugend und andere Jugendverbände in Niedersachsen zum Thema Bewegung im Kindergarten über den Niedersächsischen Kinder- und Jugendplan durchführen, ganz auf null zu setzen. Vielleicht können wir uns hierüber ja einigen. Wir bringen einen Änderungsantrag ein, damit diese Impulsprogramme zum Thema Bewegung in Kindergarten und Schule auch weiterhin aufgelegt werden können.
So weit zum Antrag. Nun aber noch etwas Grundsätzliches. „Bewegter Kindergarten“ - wie ist diese Entschließung zu verstehen? - Wir hatten schon in der letzten Legislaturperiode vor genau einem Jahr einen fraktionsübergreifenden Antrag zum Thema Ausbau und Qualifizierung im Bereich der Kindertagesbetreuung beschlossen. Er beinhaltete umfassend die Themen Betreuung, Bildung, Erziehung, Qualitätssicherung, quantitativer Ausbau, Weiterentwicklung des Bildungsauftrags, Sprachförderung und vieles andere mehr.
Meine Damen und Herren, wir sind uns sicherlich darüber einig, dass die Wichtigkeit dieser Themen unbestritten ist. Das Konzept zur Sprachförderung hat die Landesregierung aufgegriffen. Das ist auch gut so. Ich hoffe, dass die anderen wichtigen Themen trotz der Betonung des Themas „bewegter Kindergarten“ nicht in den Hintergrund rücken. Ich hoffe, dass diese Themen weiter in der Diskussion bleiben. Der bewegte Kindergarten ist nicht schlecht, aber das KTH-bewegte Kultusministerium wäre noch besser. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erinnern wir uns: Im März brachten die Fraktionen von CDU und FDP einen Entschließungsantrag zum Thema Hilfe für Intensivtäter ein und forderten die Landesregierung auf, erstens die bereits eingeleitete Bestandsaufnahme abzuschließen und zweitens Rahmenbedingungen zur Umsetzung eines eventuell vorhandenen Bedarfs an freiheitsentziehenden Angeboten innerhalb von Niedersachsen zu schaffen.
Werter Herr Kollege, wir haben bereits eine grundsätzliche Debatte über die Positionierung zum Thema geschlossene Unterbringung in der ersten Beratung geführt. Deswegen möchte ich eher auf den Verlauf der Debatten in der Ausschussberatung eingehen.
Es ist ein Vierteljahr her, und nichts ist klar, wie Sie den Ausschussberatungen werden entnehmen können. Erstens liegt die Bedarfserhebung nicht vor, obwohl Frau von der Leyen sie mit einer Presseinformation für Mitte April angekündigt hatte. Zweitens sind die Rahmenbedingungen nicht ausformuliert. Es liegt nämlich kein pädagogisches Konzept vor. Es gibt keine Klarheit darüber, in welchem Umfang und in welcher Form die Plätze seitens der Landesregierung subventioniert werden sollen. Im Nachtragshaushalt ist dafür kein Haushaltstitel vorgesehen. Das heißt schlicht und ergreifend, dass Sie selbst nicht damit rechnen, dass in diesem Jahr zu diesem Thema noch irgendetwas Konkretes geschieht.
Was ist dort los? Schünemann prescht vor, und Frau von der Leyen kommt nicht nach. Die Sache liegt auf der Hand. Die Fakten sind nämlich gar nicht so eindeutig, wie es von der CDU häufig proklamiert wird. Oder enthalten Sie dem Parlament die erforderlichen Informationen über den Bedarf etwa vor?
Warum ist die Lage nicht so klar? Es gibt eine in der Natur der Sache liegende Diskrepanz in der Einschätzung von Polizei und Jugendhilfe über den Bedarf. Polizisten wollen, dass Kinder, die mehrfach auffällig werden, möglichst freiheitsentzie
hend untergebracht werden. Die Jugendhilfe sieht dies deutlich differenzierter. Dort liegt der erste Knackpunkt. Hier bedarf es einer Verständigung der Jugendministerin und des Innenministers.
Meine Damen und Herren, selbst wenn die Jugendhilfe sagt, dass sie möglicherweise von diesem Angebot, wenn es in Niedersachsen geschaffen würde, Gebrauch machen werde, dann ist das noch kein Bedarf; denn es bedarf erst der Entscheidung eines Gerichts, bevor man auch bei Kindern eine freiheitsentziehende Maßnahme vornehmen kann.
Man muss sehr vorsichtig sein, dass das Angebot nicht überhaupt erst eine Nachfrage schafft. Das machen auch die Gespräche mit den niedersächsischen Jugendämtern in den letzten Monaten deutlich. Die Ansage ist häufig: Ja, wenn es eine solche Einrichtung gäbe, dann könnte es sein, dass wir diese nutzen.
Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren. Wir haben darauf aufmerksam gemacht, dass sich Niedersachsen nicht dahin gehend ideologisch positioniert hat, dass keine geschlossene Unterbringung stattfinde. Wir verweisen auf Verfahren, die dazu notwendig sind, und zwar Hilfeplanverfahren und gerichtliche Entscheidungen. Wir verweisen auf die Möglichkeit, Plätze anderer Länder zu nutzen. Ich will Ihnen ein Beispiel aus meiner neuen Heimat im Wahlkreis Osnabrück-Land nennen. Dort sind in jüngster Zeit zwei Jungs in einer benachbarten geschlossenen Einrichtung Nottuln untergebracht worden. Das liegt kurz hinter der Grenze. Meine sehr geehrten Damen und Herren, daraus resultiert kein Problem.
Ich weiß, es ist schwierig. Aber es ist erforderlich. Wir brauchen die Bestandsaufnahme. Deswegen fordern wir in unserem Entschließungsantrag, dass diese Bestandsaufnahme endlich vorgelegt wird, damit wir eine differenzierte Basis haben, und zwar eine Basis nach vielfältigen Gespräche mit den öffentlichen und freien Trägern in Niedersachsen.
Legen Sie die angekündigte Bestandsaufnahme endlich vor. Lassen Sie uns darüber sprechen, wie viele Plätze Sie wo schaffen wollen. Wie sieht das fachliche Konzept aus? Mit welcher Dauer rechnen Sie bei der geschlossenen Unterbringung? Wie wollen Sie die Plätze subventionieren? Warum wollen Sie nur freiheitsentziehende Angebote von Jugendämtern subventionieren, warum nicht offene
Angebote mit einer intensiven pädagogischen Begleitung?
Was machen Sie, wenn Sie eine Gruppe z. B. für sechs oder zehn einrichten und nur zwei Plätze besetzt sind? Wer zahlt die restlichen Plätze? Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das alles sind konkrete Fragen, die auch ganz konkret beantwortet werden müssen.
Herr Schünemann und Frau von der Leyen haben große Ankündigungen gemacht. Sie müssen nun auf die Handlungsebene kommen. Ich weiß, dass das Sozialministerium, Frau von der Leyen, dazu sicherlich auch einiges konkret ankündigen wird. Es wird nämlich ganz offensichtlich ohne Bestandsaufnahme angefangen. Ich verstehe das. Der Druck seitens des Innenministeriums ist groß. Das Sozialministerium muss agieren. Man hat die Bestandsaufnahme noch nicht vorgenommen. Jetzt will man erst einmal anfangen. Also finden Gespräche mit dem Träger „EVI“ in Emden statt. Nichts gegen meine Heimatstadt. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, aus den bisherigen fachlichen Diskussionen ist doch eines klar geworden: Die öffentlichen und freien Träger wünschen dezentrale Lösungen. Sie wollen das Kind nicht irgendwohin verschieben, sondern sie wollen es bei sich halten, sie wollen die pädagogische Problematik selbst bearbeiten. Deswegen löst eine Einrichtung in Emden, an der holländischen Grenze, das Problem überhaupt nicht.
Außerdem stellt sich die Frage, warum man nicht Kooperationsvereinbarungen mit anderen Ländern eingeht. Warum betreiben wir nur gemeinsam Landesinstitute und Landesämter? Warum führen wir, wenn es in der Natur der Sache vernünftig ist, nicht auch gemeinsame Jugendprojekte durch? Herr McAllister hat doch einen ganz guten Draht, ein ganz gutes Verhältnis zu Herrn Oberbürgermeister Ole von Beust, sodass sich doch sicherlich auch Kooperationsvereinbarungen treffen ließen. Die wären preiswerter für das Land
und in der Sache wahrscheinlich genauso effektiv oder eben auch nicht, denn darüber lässt sich nach wie vor trefflich streiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Hilfe für Intensivtäter“ heißt der Entschließungsantrag, und er konzentriert sich ausschließlich auf freiheitsentziehende Maßnahmen. Das ist nicht unser Selbstverständnis. Wenn Sie sich unsere Entschließungsanträge aus der vergangenen Zeit anschauen, dann sehen Sie, dass wir auch ein Verständnis von präventiven Angeboten haben. Kinder brauchen Hilfe, und Hilfe bekommen sie durch präventive und entlastende Angebote, durch fördernde und stützende Angebote der Jugendhilfe. Das tut Not. Frau von der Leyen nennt dies Streuprogramme, die engagierten Fachpolitiker nennen es niedersächsischer Kinder- und Jugendplan. Dahinter verbergen sich so wichtige Projekte wie das Hebammenprojekt. Ein Mitarbeiter des Hauses, des MS, Herr Dr. Windorfer, wird Frau von der Leyen sicherlich die Notwendigkeit dieses sehr früh einsetzenden Projektes erläutern können. Das Schulschwänzerprojekt Auszeit wird darüber finanziert. Herr Hoofe wird erklären können, warum das Projekt Auszeit so wichtig ist. Alles das macht deutlich: Prävention tut Not. Missachten Sie nicht diese Projekte! Seien Sie, Frau von der Leyen, Lobby für diese Kinder; denn wir können nicht nur an den Symptomen ansetzen, wir müssen an die Ursachen heran, wir müssen die Kinder stützen. Deshalb fordere ich Sie auf: Machen Sie keinen Schnellschuss, aber kommen Sie mit der Bestandsaufnahme jetzt schnell zur Sache. Legen Sie die Bestandsaufnahme vor. Lassen Sie uns auf der Basis dieser Bestandsaufnahme eine intensive, engagierte und solide sachliche Diskussion führen; denn es geht um einschneidende Maßnahmen. Wer einmal Freiheitsentziehung erlebt hat, sich mit den Kindern hat einschließen lassen, der weiß, was das auch in Bezug auf die weitere Lebensgeschichte dieser Kinder auslöst. Deswegen sind bei diesem Thema äußerste Vorsicht und Umsicht geboten. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns offensichtlich einig: Die Situation für junge Menschen auf dem Ausbildungsmarkt ist zurzeit dramatisch. Die Lage ist so ernst wie nie. Das Landesarbeitsamt prognostiziert eine um 50 % größere Lücke als noch im letzten Jahr. Die Zahl der Ausbildungsplätze geht real zurück. 9 400 junge Menschen stehen auf der Straße. Hier gibt es erheblichen Handlungsbedarf, insbesondere auch deshalb, weil die jungen Menschen, die dieses Jahr nicht zum Zuge kommen, im nächsten Jahr den Nachfragedruck noch erhöhen werden.
Natürlich ist es in dieser Situation erfreulich, wenn der Ministerpräsident eine Telefonaktion unternimmt. Aber überschätzen Sie bitte nicht die Wirkung. 9 000 Betriebe sollen angerufen werden. 2 500 sind meines Wissens schon angerufen worden. 10 % der Betriebe sagen, sie könnten sich vorstellen, einen zusätzlichen Ausbildungsplatz einzurichten. Wenn es 5 % tun, sind das 150 zusätzliche Ausbildungsplätze. Das reicht natürlich nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deshalb ist es in dieser Situation unerfreulich, dass der Ministerpräsident nicht alle Bündnispartner mit in die Aktion einbezogen hat. Es ist unerfreulich, dass er das Bündnis für Arbeit und Ausbildung aufgelöst hat. Was bedeutet das denn? - Das bedeutet, dass die Wirtschaft aus der von ihr selbst eingegangenen Verpflichtung entlassen wird, in jedem Jahr in Niedersachsen zusätzlich 1 200 Ausbildungsplätze einzurichten, und dies vor dem Hintergrund der Tatsache, dass nur 30 % der Betriebe ausbilden. Sie sagen: Alles freiwillig, nur kein Druck. Dazu sage ich: Damit lassen Sie zu, dass
die für die Ausbildung zuständige Wirtschaft aus ihrer Verpflichtung entlassen und dieses mehr und mehr zu einer staatlichen Angelegenheit wird.
Sie wissen es selbst: Die Vollzeitschulen platzen zurzeit aus allen Nähten. Der Steuerzahler zahlt die Lehrer. Sie setzen insofern noch eines drauf, indem Sie durch Ihre Umschichtungspolitik diese zusätzlichen Lehrer zunehmend zulasten der Schwächsten, der Behinderten und der jungen Menschen, finanzieren.
Das ist eine Kette, die politisch nicht richtig ist.
Fazit muss also sein, dass der Druck auf der zuständigen Wirtschaft gelassen wird. Meine Damen und Herren, diese findet ja auch gute Lösungen. Gucken Sie hin, und versuchen Sie, diese Lösungen zu vervielfältigen. Ich erinnere an die Tarifverträge der Metallindustrie, an das Umlagesystem von Kammern und daran, dass manche Kammern Prüfungsgebühren erlassen. All das sind Schritte in die richtige Richtung. Ihre Aufgabe als Landesregierung wäre es, diesen Prozess zu moderieren. Tun Sie das bitte auch!
Ein weiterer Punkt ist die angesprochene Verbundausbildung, die sich bewährt hat. Zum Glück haben Sie sich durch die erste Beratung informieren und auch belehren lassen und haben die vorgesehenen Einsparungen in diesem Bereich wieder zurückgenommen. Ich weise aber noch einmal darauf hin: Sie müssen durch Umschichtungen mehr Geld bereitstellen. Sie müssen Ihre Aktivitäten zugunsten der jungen Menschen verstärken. Sie müssen an das Thema Stufenausbildung, modulare Ausbildung, herangehen.
Es müssen Motivation und Leistungsfähigkeit der jungen, unversorgten Menschen aufrechterhalten werden. Das heißt eben auch: Jugendsozialarbeit ist in diesen Zeiten eine politische Pflichtaufgabe.
Das Thema Ausbildung ist sehr ernst, aber das Thema Jugendarbeitslosigkeit auch. Sie wissen, die Zahl der jungen Arbeitslosen liegt wie im letzten Jahr bei ca. 40 000. Bei den Langzeitarbeitslosen haben wir in Niedersachsen im Mai noch eine sinkende Rate von 3,5 % gehabt. Das mag in Ihren Augen nicht viel sein, aber gemessen an der Bun
desentwicklung mit plus 22 % ist das die richtige Richtung. Deswegen gilt es, diese Entwicklung nicht zu verspielen, sondern durch Rahmenbedingungen vonseiten der Landespolitik weiter zu verstärken.
Wir wissen, dass sich die Integrationszuschüsse für den ersten Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bewährt haben. Setzen Sie die Mittel ein. Sorgen Sie dafür, dass diese Mittel tatsächlich den jungen Menschen und den Betrieben zugute kommen. Ich habe mir erzählen lassen, dass es hier in der Abwicklung Sand im Getriebe gibt. Setzen Sie mehr Integrationszuschüsse ein. Setzen Sie auf Übernahmevereinbarungen innerhalb von Tarifverträgen, und nehmen Sie diese Zielgruppe in die regionalen Wirtschaftskonzepte auf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! All das wird zurzeit als Chefsache von Ministerpräsident Wulff behandelt. Drei Minister haben Zuständigkeiten. Beide Fraktionsvorsitzenden haben sich das Thema auf die Fahnen geschrieben und eine Arbeitsgruppe eingerichtet. All das ist sehr vernünftig.
Aber die Ergebnisse stimmen noch nicht. Der Umgang mit wichtigen Partnern, z. B. mit den Gewerkschaften, lässt zu wünschen übrig. Zeigen Sie Handlungswillen, und gestehen Sie ein, dass es auch Handlungsmöglichkeiten auf der Landesebene gibt. Das setzt voraus, dass Sie sich zu ganz zentralen Zielen bekennen. Das erste Ziel ist, dass jeder Mensch einen Ausbildungsplatz braucht. Das zweite Ziel ist der Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen bei einem bundesweit anderen Trend. Das dritte Ziel, das auch wir verfolgt haben, ist die Halbierung der Langzeitjugendarbeitslosigkeit. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daran werden Sie gemessen werden, und nicht nur an den Inputs. – Ich bedanke mich.
Herr Minsterpräsident! In den vergangenen Jahren haben Sie uns jedes Jahr mit einem Entschließungsantrag mit dem Titel „Zehn Punkte zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit” befasst. In diesem Entschließungsantrag haben Sie die Landesregierung aufgefordert, die Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ganz generell zu erhöhen und die Mittel auf die jungen Menschen zu konzentrieren. Ich frage Sie: Warum haben Sie das mit dem Beschluss des Kabinetts von dieser Woche nicht umgesetzt?
Ich möchte noch eine zweite Frage stellen. Die Herzog-Kommission hat den Präsidien von CDU und CSU vorgeschlagen, zweifelhafte Maßnahmen, wie z. B. das JUMP-Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, vollständig zu streichen, um damit Geld einzusparen. Teilen
Sie diese Auffassung? Haben Sie diesem Beschluss ebenfalls zugestimmt?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Einschätzung der Lage sind wir uns ganz offensichtlich einig: Die Situation im Bereich der Berufsausbildung ist für junge Menschen zurzeit dramatisch. Ich möchte das an zwei Zahlen deutlich machen. Zurzeit kommen auf 100 Bewerber nur 81 Ausbildungsplätze. Das würde, wenn es so bliebe, bedeuten, dass 20 % unserer jungen Menschen keinen Ausbildungsplatz bekommen. Wenn Sie sich die regionalen Disparitäten angucken, werden Sie sehen, dass es in manchen Regionen noch viel dramatischer ist: Da kommen auf 100 Bewerber nur ca. 55 Ausbildungsplätze. Wir sind uns also einig, dass etwas zu tun ist; denn die Zahl der arbeitslosen jungen Menschen liegt zurzeit wieder bei fast 50 000.
Die Lage erfordert unverzügliches Handeln der Landesregierung. Sie hätte es eigentlich erfordert, dass es keine Pause in den Aktivitäten der Landesregierung gegeben hätte. Aber es ist leider so, dass die Situation der letzten Monate mit dem Zuständigkeitswirrwarr und dem Gerangel in der neuen Landesregierung zu den Ergebnissen geführt hat, die ich im Folgenden noch darstellen werde, meine Damen und Herren. Schließlich dürfen wir uns nicht nur auf der Ebene der Maßnahmen und Pro
gramme bewegen, sondern müssen wir auch nach der Effizienz und nach den Ergebnissen fragen.
Ich will es ganz deutlich machen: Aufgescheucht durch die Entschließungsanträge ist die Landesregierung jetzt in die Puschen gekommen, hat sich diese Woche mit dem Thema befasst und hat ein Konzept vorgelegt.
Wir gucken uns jetzt einmal gemeinsam an, was konkret dabei herausgekommen ist, wie dieses Programm zu bewerten ist.
Zunächst zwei Zahlen. Sie wissen, dass die alte Landesregierung bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit innerhalb von zehn Monaten von Platz 8 auf Platz 5 vorgerutscht ist. Harte Arbeit, energischer politischer Wille und zusätzliche Ressourcen haben dieses Ergebnis erbracht.
In den letzten zwei Monaten hingegen sind wir wieder auf Platz 6 zurückgefallen.
Eine zweite Zahl, Herr Minister Hirche, die Sie heute Morgen noch nicht kannten: Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, die Anzahl der langzeitarbeitslosen jungen Menschen zu halbieren. Das bedeutete, von ca. 10 000 auf 5 000 herunterzukommen. Im Dezember lagen wir bei 5 200, zurzeit liegen wir wieder bei 8 200. Diese Zahlen sind die Effekte Ihrer bisherigen Untätigkeit.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Sie noch in der Opposition waren, haben Sie keine Gelegenheit ausgelassen, jeden fehlenden Ausbildungsplatz der Landesregierung anzulasten. Es war nicht die Wirtschaft, es war nicht die Bundesebene, nein, es war die Landesregierung. Heute Morgen fanden wir es außerordentlich bemerkenswert, in der Rede des neuen Ministerpräsidenten zu hören, dass die originäre Zuständigkeit für die Schaffung von Ausbildungsplätzen bei der Wirtschaft liegt und dass die Effekte der jüngsten Zeit auf die Bundesregierung zurückzuführen sind.
Offensichtlich haben Sie es nicht mitbekommen. Das liegt womöglich auch daran, dass die Tatsache, dass dieses Thema nicht nur drei Minister beschäftigt, sondern auch noch zur Chefsache gemacht worden ist, letztlich dazu führt, dass die Informationen doch nicht richtig gebündelt worden sind. Deswegen mache ich es noch einmal ganz deutlich.
Es gibt die ganz klare politische Ansage der Bundesregierung: keine Kürzung im Jugendsofortprogramm. Es gibt die klare Ansage an die Bundesanstalt für Arbeit: keine Kürzungen bei den berufsvorbereitenden Maßnahmen, sondern mindestens das Niveau des letzten Jahres. Und - davon, wie Sie das in die Hand nehmen wollen, habe ich noch gar nichts gehört - es gibt ein zusätzliches Programm der Bundesregierung, umgehend 100 000 junge Sozialhilfeempfänger in Arbeit zu bringen. Hierfür gibt es Pauschalen für die Kommunen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen Sie sich an die Arbeit! Gehen Sie daran! Beteiligen Sie sich an dem Programm, damit es für Niedersachsen erfolgreich umgesetzt werden kann!
Ich habe bereits heute Morgen darauf aufmerksam gemacht: In Ihrem Bestreben, der Bundesregierung die Schuld zu geben, sehen Sie offensichtlich nicht, woher wirklich Gefahr droht. Die HerzogKommission hat vorgerechnet, dass durch die Streichung der ABM-Stellen und durch die Streichung des Jugendsofortprogramms 9,5 Milliarden Euro eingespart werden könnten, und die Präsidien von CDU und CSU haben dem zugestimmt.
Meine Damen und Herren, das verstehe ich nicht unter Chefsache, dass der Niedersächsische Ministerpräsident so etwas zulässt. Denn wir brauchen ein Bundesprogramm für den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. Wir können froh sein, dass die sozialdemokratische Bundesregierung ein solches Programm auf den Weg gebracht hat. Zurzeit der Albrecht-Regierung hatten wir ohne diese Programme eine ganz andere Jugendarbeitslosigkeit. Sie lag regelmäßig bei 11,5 % und hatte Spitzenwerte von 12,9 %
Im Moment bewegen wir uns um eine Quote von 8 bis 9 %. Das heißt, wir brauchen diese zusätzlichen Programme. Natürlich müssen sie effizient sein, natürlich auch Praxisnähe haben, und natürlich müssen sie sich den Gegebenheiten der Wirtschaft entsprechend auf den ersten Arbeitsmarkt orientieren. Alle diese Weiterentwicklungen, diese Effizienzsteigerungen sind selbstverständlich. Das braucht jedes Programm. Es gibt keine statischen Vorstellungen von Programmen. Aber das ist noch keine neue Qualität von Politik.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum konnten wir in der letzten Legislaturperiode - entgegen dem Bundestrend - die Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen senken und diese erheblichen Ergebnisse bei der Langzeitjugendarbeitslosigkeit erzielen? - Wir haben das getan, wozu Sie uns immer aufgefordert haben, aber aus eigener Erkenntnis: Wir haben die Mittel auf junge Menschen konzentriert. Wir haben binnen eines Jahres den Anteil für junge Menschen von 23 auf 40 % erhöht und hatten die Weichen dafür gestellt, dass dies weiter steigt bis auf 50 bzw. 60 %. Das war auch immer Ihre Forderung. Umso verblüffender ist es, dass Sie das mit Ihrer Kabinettsentscheidung nicht gemacht haben, sondern dass Sie sich entschieden haben, bei diesen Mitteln zu kürzen. Das wird nicht reichen. Sie müssen zusätzliche Mittel bereitstellen!
Ein zweiter Punkt. Sie haben sich bei steigenden Schülerzahlen in der Vollzeitschule entschieden, keine zusätzlichen Lehrerstellen zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet schlicht und ergreifend Qualitätsverschlechterung auf den Schultern der Schwächsten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Jugendprogramme werden zurzeit ca. 38 Millionen Euro ausgegeben. Eine Steigerung um 10 bis 20 % würde erhebliche zusätzliche Handlungsmöglichkeiten nach sich ziehen. Diese Landesregierung hat sich am Dienstag entschieden, lediglich im Bereich der EU-Programme zusätzlich 500 bis 1 000 Plätze einzurichten. Dies ist noch kein qualitativer Sprung bei der Umschichtung zugunsten junger Menschen
- etwas, was Sie sich selbst immer auf die Fahne geschrieben haben.
Ich möchte das berühmte Zehn-Punkte-Programm noch einmal aufgreifen; denn es lohnt sich ein Vergleich zwischen diesem Zehn-Punkte-Programm, mit dem Sie in den letzten Jahren die politischen Debatten bestritten haben, und dem, was Sie jetzt beschlossen haben. Vergleiche ich Ihre Kabinettvorlage mit diesem Zehn-Punkte-Programm, stelle ich fest: zunächst - was ich schon sagte - keine zusätzlichen Mittel, sondern Kürzungen. Aber darin stand: zusätzliche finanzielle Unterstützung der Kommunen für zusätzliche Serviceagenturen und für den Ausbau von Koordinierungskreisen. Übrigens tauchen diese überhaupt nicht mehr auf; Sie wollen die offensichtlich doch nicht mehr umsetzen. Damals haben Sie gesagt, Sie wollten für jeden jungen Menschen einen speziellen Betreuer. - Davon ist auch nichts mehr zu sehen. Und der Hit des letzten Jahres - ich erinnere mich daran sehr gut; der kam vom Ministerpräsidenten, vom damaligen Oppositionsführer -: ein jugendspezifisches Kombilohnmodell. Nichts davon ist mehr da. Nun sind Sie in der Regierung und könnten Ihre Ideen umsetzen. Offensichtlich hat Sie der Mut verlassen,
oder aber es gilt das Prinzip: neue Rollen, neue Einsichten, oder gar „Was schert mich meine Rede von gestern“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus dem Zehn-Punkte-Programm ist dem Ministerpräsidenten das Konzept der Jugendbüros am besten in Erinnerung. Das ist sehr charmant. Dass er dabei immer wieder die Vaterschaft reklamiert, irritiert mich als Mutter dieser Projekte. In der Regel wissen Mütter ja, wer die Väter sind. Das ist mit Sicherheit nicht der Ministerpräsident gewesen.
Was bleibt also von dem Entschließungsantrag Ihrer Fraktion? Was bleibt von der Kabinettsvorlage? - Wenn man sich das ganz genau anschaut, dann ist es im Kern das Konzept der alten Landesregierung. Das kann uns im Prinzip freuen, weil es ganz offensichtlich ein erfolgreicher Weg war. Das
zeigt der Vergleich mit der Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit in den anderen Bundesländern. Ich bin froh, dass Sie an dieser Stelle nicht Bayern und Baden-Württemberg nacheifern, denn Sie wissen ja, dass dort die Jugendarbeitslosenzahlen immens steigen.
Es ist also im Kern das Konzept der alten Landesregierung, das heißt, es sind zielgruppenorientierte Programme. Ich finde es schön, dass sich hier die CDU-Fraktion durchgesetzt hat. Ich erinnere mich noch an die Aussagen von Herrn Rösler: „Weg mit diesen ganzen Programmen, wir brauchen eine nachhaltige Lösung für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.“ Ich wäre sehr interessiert zu hören, was das ist; möglicherweise haben Sie ja neue Ideen. Aber zunächst einmal brauchen wir weiterhin diese Programme, und so ist es auch beschlossen.
Sie sagen: Das Neue ist die Vernetzung, alles unter einem Dach, die Weiterentwicklung. Meine Damen und Herren, ich sagte es bereits: Synergieeffekte, Weiterentwicklung und Vernetzung sind selbstverständlich, das sind alte Kamellen, das hatte ich schon auf den Weg gebracht. Das wird auch weitergeführt. Im Ausschuss werden wir natürlich im Detail diskutieren, denn Sie sind doch sicherlich auch Anhänger des Subsidiaritätsprinzips und der Pluralität der Trägerstrukturen. Was heißt also „ein einheitliches Dach“? Was heißt „ein einheitliches Programm“? - Ich bin gespannt auf Ihre Umsetzung. Aber das ist alles nur eine Marginalität.
Dass die Programme auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet und praxisnah sein müssen, ist selbstverständlich, das war auch mein Anliegen; denn der Ernstcharakter solcher Angebote ist wichtig. Sie müssen aber auch an der Lebenswelt orientiert sein und die jungen Menschen dort abholen, wo sie stehen. Deswegen ist es auch selbstverständlich und gut, die Hauptschule und die Berufsberatung zu stärken.
Mich freut, dass die Kabinettsvorlage auch die politische Programmatik, die wir auf den Weg gebracht haben, voll übernimmt. Das Prinzip hieß „Je früher, desto besser“, deswegen die Jugendbüros, „Keine Sozialhilfe, sondern Arbeit und Qualifizierung“ und „Fördern und Fordern“. Von diesem Prinzip bin ich absolut überzeugt. Jeder junge
Mensch hat Anspruch auf eine Arbeit und eine Ausbildung, aber eine Solidargemeinschaft hat auch einen Anspruch darauf, dass die jungen Menschen diese Solidargemeinschaft nicht ausnutzen, sondern ihren Beitrag zu einem guten Ganzen leisten.
Nein, ich möchte meine Zeit nutzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Prinzip könnte das, was jetzt geschieht, meine Fraktion also freuen, tut es auch im Kern im Interesse der jungen Menschen. Aber ich muss Ihnen sagen: Wir hatten uns erst auf den Weg begeben. Man kann auf diesem Weg nicht stehen bleiben, man muss die Anstrengungen verstärken, verdoppeln. Wir wissen: Die Schere zwischen den Ausbildung Suchenden und den Angeboten wird immer größer. Deshalb bringe ich es noch einmal auf den Punkt: Es reicht noch nicht!
Erstens. Kürzen Sie nicht zulasten der jungen Menschen, sondern konzentrieren Sie die Mittel auf diese Zielgruppe. Setzen Sie als Landesregierung mehr statt weniger Geld ein, und reden Sie sich nicht mit Effizienzstrategien heraus; die brauchen Sie zusätzlich.
Zweitens. Verhindern Sie auf Bundesebene die Absicht von CDU und CSU, das Jugendsofortprogramm zu streichen. Nehmen Sie wahr, dass Weiterentwicklungen wie eine größere Praxisnähe von Arbeitsminister Clement längst auf den Weg gebracht worden sind. Nutzen Sie die zusätzlichen Bundesprogramme. Warten Sie nicht ab, sondern übernehmen Sie Koordinierungsfunktionen, übernehmen Sie Verantwortung.
Ein Letztes, meine sehr geehrten Damen und Herren. Setzen Sie sich Ziele. Nicht ein Maßnahmenbündel ist das Konzept, sondern man muss sagen, was man für die junge Generation will. Wir brauchen einen Ausbildungsplatz für jeden jungen Menschen. Deshalb müssen Sie eine Vereinbarung mit den Unternehmen haben, dass nicht 30 %, sondern 40 % der Unternehmen ausbilden. Dann hätte jeder junge Mensch einen Ausbildungsplatz. Halten Sie an dem Ziel der Halbierung der Langzeitjugendarbeitslosigkeit fest. Zeigen Sie politische
Verantwortung im Interesse der jungen Menschen. – Ich danke Ihnen.
Herr Minister Hirche, da Sie gesagt haben, dass sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt seit 1998 ständig verschlimmert habe, frage ich Sie: Wie erklären Sie sich, dass die Quote der arbeitslosen jungen Menschen in den 80er-Jahren viel höher lag und in Niedersachsen in den 80er-Jahren - in absoluten Zahlen gerechnet - doppelt so viele junge Menschen arbeitslos waren wie heute?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kurz nach Amtsantritt preschte der neue Innenminister vor und verkündete, man werde jetzt unverzüglich 20 Plätze in einem geschlossenen Heim in Niedersachsen für Kinder einrichten.
Sehr geehrter Herr Innenminister, ich finde, ein Blick über die Landesgrenzen lohnt. Sie haben auf Bayern verwiesen. Man muss aber auch auf Hamburg verweisen, denn man will ja bei dem Thema nicht als Tiger starten und als Bettvorleger landen. Deshalb sollte man aus den Erfahrungen anderer lernen.
In Hamburg gibt es, wie Sie ja wissen, eine CDUSchill-Regierung. Sie hat 120 Plätze für straffällige Kinder angekündigt. Sie ist dann über 90, 60 inzwischen auf 20 Plätze gekommen. Von diesen 20 Plätzen waren vier Plätze belegt. Was heißt „belegt“? Meistens waren die jungen Menschen nicht da, sodass das Thema Ausbruch viel stärker als das Thema pädagogische Effekte dieser Einrichtung die öffentliche Diskussion bestimmt.
Ein zweiter Hinweis: Es waren bisher überhaupt gar keine Kinder in dieser Einrichtung, obwohl das Thema Kinder immer im Mittelpunkt der Debatte
über geschlossene Unterbringung steht, weil man, wie Frau Janssen-Kucz so recht gesagt hat, für die Jugendlichen das Jugendstrafrecht hat. Wenn junge Menschen für ihre Taten bestraft werden müssen, dann greift das Jugendstrafrecht. Dafür haben wir auch in Niedersachsen Einrichtungen, wie Sie wissen.
Die Frage ist also, was zu tun ist, um in dieser Situation nicht überzureagieren und das Thema nicht zu einem politischen Profilierungsthema zu machen und endlich aufzuhören, nach 30 Jahren ideologischer Debatte über das Thema
geschlossene Unterbringung den Blick auf das freizubekommen, was an Handlungen notwendig ist.
Herr McAllister, in der letzten Sitzung waren Sie noch so charmant zu sagen, außer einem Thema würden Sie nichts kritisieren. Schauen wir mal, wenn ich zu Ende geredet habe.
Ich war also ganz froh, als ich den Entschließungsantrag der CDU- und der FDP-Fraktion sah, weil ich dachte, dass Sie die politische Reißleine gezogen haben. Sie haben nämlich darauf aufmerksam gemacht, dass es ein Verfahren der bisherigen Landesregierung gibt, dass es eine Bedarfserhebung gibt und dass es gut ist, diese Bedarfserhebung abzuwarten und dann auf dieser Basis weiterzumachen.
Nun hat allerdings Herr McAllister mit seiner Rede doch noch einmal deutlich gemacht, dass es doch wieder stärker um die Zuspitzung des Themas der geschlossenen Unterbringung geht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist für jemanden wie mich, die seit 20 Jahren in der Jugendhilfe wirkt, manchmal wirklich schwer erträglich, diese Diskussion anzuhören, weil die Fakten diese Art der Diskussion überhaupt nicht tragen. Wir haben ein Bürgerliches Gesetzbuch und ein Kinder- und Jugendhilfegesetz. Dort steht, unter welchen Voraussetzungen freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern und jungen Menschen durchgeführt werden dürfen. Diese Voraussetzungen sind eng umrissen.
Auch der 11. Jugendbericht, die Fachdiskussion und die Gesetze machen es deutlich: Es muss Gefahr für Leib und Leben der Kinder vorliegen, bevor man dieses harte Instrument der geschlossenen Unterbringung, der freiheitsentziehenden Maßnahme, tatsächlich anwenden darf.
Dann steht in diesem Gesetz auch - deswegen brauchen wir uns überhaupt nicht zu streiten -, in welchem Verfahren eine solche Entscheidung zustande zu kommen hat. Es muss ein Hilfeplanverfahren der örtlichen Jugendämter geben, und es muss eine gerichtliche Entscheidung geben. Wenn beides vorliegt, dann muss selbstverständlich die freiheitsentziehende Maßnahme durchgezogen werden. Darüber brauchen wir uns überhaupt nicht zu streiten. Wir brauchen uns nicht in Pro- und Kontragruppen aufzuteilen. Das ist die Lage.
Nun ist die Lage zum Glück auch die, dass das in äußerst seltenen Fällen bei Kindern tatsächlich die richtige und angemessene Maßnahme ist. Je besser die Jugendhilfe wirkt, umso seltener braucht sie dieses Instrument der geschlossenen Unterbringung bei Kindern. Deswegen war eine ganz wesentliche fachliche und politische Orientierung der letzten Jahrzehnte das Prinzip: je früher, desto besser. Sobald ein Kind auffällig wird, müssen wir pädagogische Angebote machen, müssen wir sehen, was das Kind das braucht, um sich zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit entwickeln zu können.
Deswegen verwundert es auch nicht, dass in Hamburg bislang kein Kind in dieser Einrichtung war. Denn die Jugendhilfe dort hat diesen Weg beschritten, den auch wir hier seit Jahren beschreiten. Wir schauen, welche Alternativen es gibt. Wir schauen, ob die Träger dafür sensibilisiert sind, frühzeitig in zugespitzte Krisensituationen hineinzugehen.
Ich begrüße deshalb die Presseinformation der neuen Sozialministerin, Frau von der Leyen, weil ich glaube, dass sie diese Linie weiter durchzieht. Das ist der Presseinformation zu entnehmen. Es wird weiter das Kriseninterventionsteam geben, das wir eingerichtet haben. Wir brauchen es übrigens nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf den kommunalen Ebenen. Denn wir müssen sofort merken, wenn es mit den Kindern bergab geht.
Deswegen brauchen wir diese Vernetzungsstellen vor Ort, damit man früh genug merkt, wenn etwas aus den Bahnen, aus den Fugen gerät. Wir brauchen sofort die Handlung der pädagogischen Träger vor Ort, sei es der freien oder der kommunalen Träger. Die Realität zeigt: Dann braucht man die geschlossene Unterbringung als letztes Mittel häufig nicht mehr. Denn Sie müssen sich alle vergegenwärtigen: Diese Kinder wollen keine Verbrecher werden. Sie wollen eigentlich nur ein gutes Leben haben, zumeist eine Familie haben. Sie wollen das haben, was diesen Kindern häufig verwehrt worden ist. Deswegen können und müssen wir mit Blick auf die Kinder anders agieren, als sich hier über geschlossene Unterbringung zu profilieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht jetzt um die Frage des Bedarfs. Natürlich kann sich ein Land, kann sich eine Regierung damit profilieren, dass sie sagt: Wir haben ein eigenes geschlossenes Heim. - Aber ich möchte Sie warnen. Die CDU-Regierung unter Albrecht hat das letzte geschlossene Heim, das Landesjugendheim, abgeschafft. Herr Schünemann, gehen Sie diesen Weg nicht mehr. Das ist ein Weg zurück. Wenn Sie tatsächlich Einrichtungen wollen, sollte bei sieben Einrichtungen in vier Bundesländern geprüft werden ob etwa Plätze in Hamburg frei sind und ein Kooperationsvertrag mit Hamburg geschlossen wird, bevor Sie ein eigenes Heim einrichten.
Aber gut, wenn Sie denn meinen, Sie brauchen hier ganz speziell vor Ort die Möglichkeit, dann rege ich an, dass wir im Fachausschuss nach der Bedarfserhebung darüber sprechen. Wenn denn die freien Träger nicht bereit sind, diese Angebote zu machen, könnten kommunale Jugendhilfeträger tätig werden. Es liegt in der Verantwortung der kommunalen Jugendhilfeträger, dafür Sorge zu tragen, dass es die notwendigen und geeigneten Maßnahmen gibt. Und wenn dies auch solche mit freiheitsbeschränkenden Maßnahmen sind, dann müssen diese kommunalen Träger sie auch zur Verfügung stellen. Da gibt es Handlungsmöglichkeiten.
Ich bitte Sie sehr im Interesse der Kinder, der Redlichkeit von Politik und unseres eigenen Rückgrats: Lassen Sie uns nicht über ein geschlossenes Heim reden, sondern lassen Sie uns lediglich über pädagogische Konzepte reden, in denen an dem Lebensort der Kinder auch freiheitsbeschränkend
agiert werden kann, wenn es Not tut. Darüber entscheiden aber nicht Politiker, sondern Fachleute in einem geregelten Verfahren.
Lassen Sie uns all die problembeladenen Kinder nicht in einem einzigen Heim zusammenpferchen. Lassen wir nicht zu, dass sie kaserniert werden, sodass sie nichts Gutes voneinander lernen können. Schaffen wir ihnen einen lebenswerten Lebensort, und begrenzen wir ihre Freiheit mit angemessen pädagogischen Mitteln, so es Not tut und eine richterliche Entscheidung dafür vorliegt. Das ist ein Weg, den wir gut miteinander gehen können. Bislang liegen keine Anzeigen der Jugendämter vor, dass es in Niedersachsen einen ungedeckten Bedarf gibt. Sollte ein solcher Bedarf zutage treten, dann gibt es, wie wir gesagt haben, einen Handlungsbedarf.
Ich bin erfreut darüber, dass auch Sie der Meinung sind, dass zuständig für diese Fragen nicht der Innenausschuss, sondern der Sozialausschuss ist. Dort sollten diese Fragen diskutiert werden. Vielleicht können wir es ja noch in dieser Legislaturperiode schaffen, das bisher immer nur ideologischpolitisch behandelte Thema geschlossene Unterbringung so zu entwickeln, dass deutlich wird, dass es uns allen nur um die Kinder geht, nicht aber um unsere eigene Profilierung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Rösler, Recht haben Sie. Ausbildungs- und Arbeitsplätze schaffen die Unternehmen, die Betriebe. Dies haben sie zugesagt. Fordern Sie sie auf, dass sie diese Ausbildungsplätze auch tatsächlich für alle jungen Menschen zur Verfügung stellen. Wir wären froh, wenn wir zusätzliche Arbeitsmarktprogramme nicht mehr benötigten.
Aber leider haben auch Sie, Frau von der Leyen, Recht. Wir brauchen eine aktive Arbeitsmarktpolitik, und deshalb freue ich mich, dass sowohl die FDP-Fraktion als auch die CDU-Fraktion ganz offensichtlich in der Wirklichkeit angekommen sind. Beide fordern Programme ein. Aber Sie betreiben Geschichtsklitterung,
denn es waren sozialdemokratische Landes- und Bundesregierungen, die diese speziellen Arbeitsmarktprogramme für junge Menschen auf den Weg gebracht haben.
Die Lösung liegt auf der Hand. Sie führen das fort, was wir auf den Weg gebracht haben. Das haben Sie gerade dargestellt, und das ist auch gut so. Sie konzentrieren die arbeitsmarktpolitischen Mittel auf junge Menschen. Aber, Frau von der Leyen, schon jetzt gibt die Landesregierung mehr als 30 Millionen Euro für die jugendpolitischen Pro
gramme aus. Ich fordere Sie auf: Machen Sie Nägel mit Köpfen. Steigern Sie diese Summe noch. Geben Sie noch mehr Geld für die jungen Menschen aus, und sichern Sie vor allen Dingen die Jugendwerkstätten.
Nun zum Thema Bundesanstalt für Arbeit. Es ist nicht richtig, dass die Bundesanstalt für Arbeit vorgegeben hat, die Mittel für junge Menschen zu kürzen. Es ist nicht richtig, dass der Bundeskanzler und der Bundesarbeitsminister diese Politik verfolgen. Lesen Sie in der Hartz-Fibel nach. Hören Sie sich den Bundesminister und den Bundeskanzler an. Die Ansage ist ganz klar: Jeder junge Mensch kriegt ein Angebot, und es ist eine Aufgabe der Arbeitsverwaltung, dies zu tun.
Freuen Sie sich, dass die Programme auf den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet werden. Dort, wo es sich um Angebote der Jugendsozialarbeit handelt, ist dies eine Aufgabe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz. Diese Aufgabe kommt dem Land und den Kommunen zu. Hier hat der Bund mit Mitteln der Arbeitsverwaltung und mit Mitteln der Versicherten bislang auch seinen Teil dazu beigetragen.
Setzen Sie sich an einen Tisch und sichern Sie die Arbeit der 100 wertvollen Jugendwerkstätten hier in Niedersachsen. Geben Sie dem Ganzen nicht nur einen neuen Namen, auch wenn der Name „pro aktiv“ schön klingt. Machen Sie weiter, indem Sie mehr Mittel bereitstellen. - Vielen Dank.